Paul Schumann
Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Paul Schumann (* 12. August 1855 in Großenhain; † 24. September 1927 in Dresden) war ein führender Kulturreformer seiner Zeit. Er gehörte zu den Mitbegründern des Dürerbundes und der Dresdner Volkshochschule.[1]
[Bearbeiten] Familie
Paul Schumanns Eltern, Robert Conrad Theodor Schumann und Louise Charlotte Clementina geb. Sachse, stammten aus Großenhain. Der Vater war zuletzt in Zschertnitz ansässig.
Schumann heiratete in erster Ehe am 27. September 1884 in Dresden Elsbeth Doehn, Tochter des deutsch-amerikanischen Schriftstellers Rudolf Doehn. Ihr erster Sohn, Herbert Schumann (* 4. September 1885), starb früh (20. August 1892) nach einem Fenstersturz. Ihr zweiter Sohn, Wolfgang Schumann, geboren am 22. August 1887, wuchs nach der Scheidung seiner Eltern am 8. Januar 1894 im Hause seines Stiefvaters Ferdinand Avenarius auf und wurde später ein bekannter Journalist und Schriftsteller. Am 20. Juli 1895 heiratete Schumann in Blasewitz Gertrud Marie Sophie Catharina Kothe und in dritter Ehe am 3. März 1906 in Charlottenburg die aus Grevesmühlen stammende Dresdner Schriftstellerin Elise Fanny Josephine Luise Johanna Wilhelmine Gebhart. Ein Kind aus seiner zweiten Ehe war Gerda Sophie Hedwig, geboren am 25. Juli 1896.[2] 1908 wurde in Schumanns dritter Ehe sein Sohn Gebhart geboren.[3]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Schumann besuchte das Gymnasium Dreikönigschule in Dresden und die Fürstenschule Grimma. Nach seinen Studien der Architektur, Klassischen Philologie und Kunstgeschichte in Leipzig, Tübingen und am Polytechnikum Dresden promovierte er 1884 an der Universität Leipzig bei Anton Springer mit der Arbeit Barock und Rococo: Studien zur Baugeschichte des 18. Jahrhunderts mit besonderem Bezug auf Dresden. Schon 1881 erschienen die ersten Aufsätze von ihm im Dresdner Anzeiger, bei dem er am 1. September 1884 einen Vertrag als Kunstkritiker erhielt. Bis 1888 lehrte Schumann an der Müller-Gelinekschen Realschule, einer Privatschule in der Reitbahnstraße 11, die ihn noch 1892 als Mitdirektor führte.[4] Ab 1888 war Schumann für das Feuilleton des Dresdner Anzeigers verantwortlich.
Schumann gehörte wie sein Schwiegervater, Rudolf Doehn, dem Literarischen Verein und der Litterarischen Gesellschaft an. Ab 1887 arbeitete er eng mit Ferdinand Avenarius in der Redaktion der Zeitschrift Der Kunstwart zusammen. Um 1890 betrieb Schumann in der Gutzkowstraße 11 einen eigenen Verlag, der u. a. seine Französische Lautlehre für Mitteldeutsche herausbrachte. Er wohnte in den nächsten Jahren Ostra-Allee 30 bzw. Am Fürstenplatz 2.[5] Auch nachdem seine erste Frau Else Ferdinand Avenarius geheiratet hatte, blieb Schumann mit jenem eng verbunden. Sie wohnten nach 1895 gemeinsam in einer von Schilling und Graebner auf der Wachwitzer Straße 3 erbauten Villa. Avenarius und Schumann brachten in dieser Zeit die Zeitschrift Das Kunstgewerbe heraus.[6] 1900 wurde Schumann zum Professor ernannt, 1902 gründete er mit Avenarius gemeinsam den Dürerbund. Wie Avenarius war Paul Schumann Mitglied im Deutschen Werkbund.
Als langjähriger Leiter des Feuilletons und verantwortlicher Redakteur beim Dresdner Anzeiger machte sich Schumann v. a. auch mit seiner Polemik gegen Karl May einen Namen.[7] 1889 beschwerten sich 33 namhafte Dresdner Künstler, darunter die Maler Leon Pohle und Friedrich Preller der Jüngere und die Bildhauer Ernst Hähnel und Johannes Schilling, ohne Erfolg über seine Kritiken an der etablierten Kunst bei der Verwaltung der Güntz-Stiftung.
Schumann engagierte sich in insgesamt 56 Vereinen und mit zahlreichen Schriften für junge Künstler und Wissenschaftler, für die Pflege des kulturellen Erbes in Dresden, die deutsche Sprache, das Kunstgewerbe, die Freilichtmalerei, das Frauenstudium und den Naturschutz. Er gehörte zu den Organisatoren renommierter Ausstellungen, darunter der I. Internationalen Kunstausstellung von 1897 im Ausstellungspalast. Die Maler Arnold Böcklin, Max Klinger und Auguste Rodin hatten es ihm besonders angetan. Im Landesverein Sächsischer Heimatschutz leitete er die Abteilung für Naturschutz, im Dresdner Goethebund war er Schriftführer.[8] Im Sinne des Sächsischen Altertumsvereins erschien 1909 sein Werk Berühmte Kunststätten (Reprint 2002 bei panorama-art). Mit Cornelius Gurlitt verband ihn auch sein Engagement für die Kunsterziehungsbewegung. Bei der I. Internationalen Hygieneausstellung 1911 in Dresden gehörte er mit Carl Bantzer der Wettbewerbsjury beim Plakatwettbewerb an.
Nach dem Bau des Dürerbundhauses 1910/1911 wohnte Schumann zusammen mit Avenarius in der Bahnhofstraße 24,[9] bevor er 1914 wieder auf die Wachwitzer Straße zurückkehrte. Das Haus dort befand sich inzwischen im Besitz seiner dritten Frau.[10] 1919 zählte Schumann zu den Mitbegründern der Volkshochschule in Dresden, 1923 ging er beim Dresdner Anzeiger in den Ruhestand und übernahm nach Avenarius' Tod den Vorsitz des Dürerbundes. Die Bildhauerin Etha Richter schuf eine Bronzebüste von ihm,[11] Walter Hahn fotografierte ihn.
[Bearbeiten] Werke als Volltext
- Barock und Rococo, Studien zur Baugeschichte des 18. Jahrhunderts mit besonderem Bezug auf Dresden, Leipzig, 1885
- Rezension zu: Französische Lautlehre für Mitteldeutsche (2. Aufl., 1896)
- Führer durch die Architektur Dresdens, Dresden, 1900
- Dresden. Leipzig: E. A. Seemann, 1909, auf Commons
- Dresdner Kunstgewerbe. 1912
- Paul Schumann & Friedrich Kummer: Dresden und das Elbgelände. Verlag des Vereins zur Förderung Dresdens und des Fremdenverkehrs, 1918.
- Artikel zu Kunstausstellungen in Dresden: 1903, 1904, 1908, 1912/1, 1912/2, 1916, 1919, 1920, 1926, 1927
- Artikel zur Künstlergruppe Die Elbier
- Ausstellungen der Künstlervereinigung 1910, 1916, 1919
- Dresdener Architektur
- Dresdner Kunstgewerbe
- Dresdner Malerei 1750–1850
- Die Leihgabe Lahmanns in der Dresdner Galerie
- Dresden und seine Kunststätten, 1909; Reprint von 2011: ISBN 978-3-86195-673-3
- Biografien: Robert Diez, Gotthardt Kuehl, Max Slevogt als Graphiker und Illustrator
[Bearbeiten] Quellen
- Gerhard Kratzsch: Kunstwart und Dürerbund. Ein Beitrag zur Geschichte der Gebildeten im Zeitalter des Imperialismus. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1969. ISBN 3-525-36125-4
- Herbert Zeißig: Eine Deutsche Zeitung. 200 Jahre Dresdner Anzeiger. Dresden 1930
- Uwe Fiedler: Zur Stadtgeschichte von Dresden (archiviert)
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Wiltrud Gieseke, Karin Opelt: Erwachsenenbildung in politischen Umbrüchen: Programmforschung Volkshochschule Dresden 1945–1997. VS Verlag, 2003
- ↑ Ancestry.com: Eheregister und Geburtenregister im Stadtarchiv der Landeshauptstadt Dresden, Heiratsregister Berlin
- ↑ Gebhart Schumann im Handschriften-OPAC der SLUB
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden, 1892
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden, 1892
- ↑ Das Kunstgewerbe, herausgegeben von Ferdinand Avenarius und Paul Schumann
- ↑ Karl-May-Wiki
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden, 1904
- ↑ Mitgliederverzeichnis des Deutschen Werkbundes, 1913
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden, 1916
- ↑ Porträtbüste von Etha Richter, Aufnahme Bestand Deutsche Fotothek