Drusus
Nach dem ersten auf die deutsche Sprache fokussierten Wörterbuch des Josua Maaler (Zürich 1561) soll Dresden von dem römischen Politiker und Heerführer (sowie Stiefsohn des Kaisers Augustus) Drusus gegründet worden sein: "Draͤsen an der Elb. Trophea Drusi" (svw. "Drusus-Trophäe" oder "Eroberung des Drusus").
- vgl. Die Teütsch spraach. Alle wörter, namen und arten zuo reden in Hochteütscher spraach, dem ABC nach ordenlich gestellt unnd mit guotem Latein gantz fleissig unnd eigentlich vertolmetscht, dergleychen bißhär nie gesähen / Dictionarium germanicolatinum novum. Hoc est, Linguae Teutonicae, superioris praesertim, thesaurus / durch Josua Maaler, Burger zuo Zürich = a Iosua Pictorio Tigurino confectus & in lucem nunc primum editus. Mit Vorrede von Conrad Gessner. Christophorus Froschouerus, Tiguri 1561, S. 92a. (Google-Books)
Drusus kam auch bis an die Elbe. Nach den Erfolgen gegen die Sueben wandte er sich nach Norden und überquerte bei Hedemünden die Werra, die dem Cassius Dio offenbar als der Oberlauf der Weser galt. Vergeblich versuchten die Legionen die Cherusker zu stellen, die sich in die Wälder zurückzogen oder nach Osten auswichen. Ein Verwüstungszug blieb ohne entscheidende Schlachten und führte Drusus schließlich als ersten römischen Feldherren bis zur Elbe.
- vgl. Eine neue Karte des alten Germaniens, Rätiens, Vindeliziens und Noricums, die die wichtigsten Völker, Stämme, Städte, Dörfer, Flüsse, Berge usw. zeigt. "Imprimatur, Gu. Paynter, vice-can., Oxon., Sept. 28, 1700."
- vgl. Jan Jansson: "Novus Atlas, Sive Theatrum Orbis Terrarum: In quo Orbis Antiquus, Seu Geographia Vetus, Sacra & Profana exhibetur", Volume 6, 1657. Nach einer sehr ähnlichen Karte gleichen Namens, die Abraham Ortelius 1597 in seinem Parergon veröffentlichte (basierend auf griechischen und römischen Quellen, darunter Plinius, Strabon, Vergil, Cäsar und anderen). Schiffe und Ungeheuer schmücken die Meere. Im unteren rechten Quadranten befindet sich eine dekorative Titelkartusche mit neugierigen, kriegerischen Figuren in Tierfellen. Eine zweite Kartusche ist unten links zu sehen.
- vgl. Abraham Ortelius (1527 bis 1598): "Theatrum Orbis Terrarum". London, 1606 (i.e. 1608?). Platte xv xvi. - Die Orte sind alle sehr weit westlich verortet: Tropæa Drusi, allgemein an der Elbe lokalisiert, liegt auf dieser Karte an der Weser, dadurch verschiebt sich alles nach Westen: Luppia (heute im Raum Bernburg an der Saale lokalisiert) liegt auf dieser Karte südlich des Harzes zwischen Saale und Weser, Luphurdum (heute im Dresdner Elbtalkessel lokalisiert) liegt auf dieser Karte näher an der Saale als an der Elbe usw.
Im Raum Dresden wird nach neueren Erkenntnissen auch die germanische Siedlung Loupfourdon lokalisiert, die Claudius Ptolemäus um 150 n. Chr. auf der ältesten Karte Mitteleuropas in der Magna Germania einzeichnete.
Möglicherweise inspiriert durch den Drusus-Gründungsmythos schuf der Dresdner Zeichner und Kunstformer Philipp Daniel Lippert (1702 bis 1785) nach 1767 ein Profilbildnis des Drusus als Gemmenabdruck in Gips in einem randvergoldetem Papprahmen. Bis zu seinem Tod blieb Lippert Aufseher der Antikensammlung bei der Akademie der Künste.
Die Theorie einer Gründung Dresdens durch Drusus war lange Zeit anerkannt, wurde aber bereits im 18. Jahrhundert angezweifelt:
- "Einige haben sich seltsam genug eingebildet, Drusus, der Stiefsohn des Kaisers August, habe den ersten Grundstein zu dieser Stadt geleget. Es ist aber noch nicht erwiesen, daß die Römer jemals bis in die hiesigen Gegenden gekommen."
- vgl. Benjamin Gottfried Weinart: Topographische Geschichte der Stadt Dresden (Hilschersche Buchhandlung, Dresden 1777–1781), S. 11.
Zur gleichen Zeit übernahm Johann Christian Hasche aber noch die Drusus-Theorie (Umständliche Beschreibung von Dresden. Lpzg. 1781. Bd. I. S. 2. 18.), die sich dann selbst noch knapp hundert Jahre später bei Johann Georg Theodor Grässe als Sage niederschlug:
- "Dresden soll von einer römischen Colonie herrühren, die Drusus Germanicus auf dem Taschenberg, damals einem durch Kunst gemachten Hügel, von dem noch jetzt das von der Schloßgasse nach dem Zwinger führende Gäßchen den Namen hat, angelegt habe. Sein Name soll entweder aus [86] den Worten Tropaea Drusi (die Siegeszeichen des Drusus) oder den drei Seen, welche früher hier waren, nämlich dem Jüdenteich, der Entenpfütze und dem eigentlich so genannten, später völlig ausgeschütteten See, der sich in einen Ober- und Untersee theilte und von dem noch die Seegasse, die große und kleine Oberseergasse und die sogenannte Gasse am See ihren Namen haben, benannt worden sein."
- vgl. Johann Georg Theodor Grässe: "Name und Ursprung der Stadt Dresden". In: "Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen", Band 1. S. 85-86, Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Verlag Schönfeld, Dresden 1874
Grässe verwies allerdings die Drusus-Theorie bereits in das Gebiet der Sage und merkte an:
- "Schäfer, Städtewahrzeichen (Lpzg. 1858) Bd. I. S. 65. leitet den Namen mit Recht aus den Slavischen Trasi Fähre oder Drazdonedz Steuererhebeort her, s. a. Obermüller, Kelt. Wtbch. Bd. I. S. 405." (ebenda)
Aber auch Grässes Ansicht gilt mittlerweile als überholt:
- vgl. Etymologie Dresdens.
Sogar Johann Christian Hasche selbst rückte nach 40 Jahren Beschäftigung mit der Geschichte Dresdens von der Drusus-Theorie ab:
- "Was neuere Scribenten zu ganzen Heeren, Einer dem Andern nacherzählen, ist lächerliche Sucht, den Ursprung seiner Stadt im finstern Alterthum und unter berühmten Völkern zu finden. Schade nur, daß der Beweis fehlt, und die Erfahrung geradezu widerstreitet. Zwey Einwürfe sehe ich voraus von Leuten, die mehr gelesen als gedacht haben. Eine alte Sage macht Dresden zu einer Römischen Kolonie, welche Drusus auf dem Taschenberge, einer noch jetzt so benannten Gasse, angelegt, wo er seine Trophäen errichtet. Gelehrte und Ungelehrte haben diese Sage aufgeputzt und fortgepflanzt und sie dadurch wahrscheinlich zu machen gesucht. (...) Der zweite Einwurf: Ein Heer von Scribenten weiß es auf ein Haar zu sagen, daß Dresden 808 erbaut und Karl der Große ihr Stifter sey. Selbst Weck, dem alle übrigen nachgebetet haben, beruft sich sogar auf Regino, Abt zu Prüm (...). Aber wirklich ist auch Karl, so wenig wie Drusus, bis ins Meißnische gekommen."
- Johann Christian Hasche: Diplomatische Geschichte Dresdens von seiner Entstehung bis auf unsere Tage, Bd. 1, Dresden 1816, S. 18-21.
Für Informationen zu Drusus, die über den Bezug zu Dresden hinausgehen, siehe zum Beispiel: