Altsteinzeitlicher Lagerplatz im Plauenschen Grund
Der Altsteinzeitliche Lagerplatz im Plauenschen Grund wurde 1923 an der Eisenbahnlinie nahe der Bienertmühle entdeckt. Dort wurden neben einer Feuerstelle des Neandertalers mit Feuersteingeräten und -abschlägen auch Knochen und Gebißreste von Mammut, Wollnashorn und Wildpferd gefunden. Es handelte sich um einen Freiland-Rastplatz einer Wildbeutergruppe am Hangfuß des Plauenschen Grundes (direkt südlich der Bienertmühle). Die Gruppe Jäger durchstreifte offenbar sehr erfolgreich den Elbtalkessel. Flußtäler und ihr Einzugsbereich gehörten bereits in der Altsteinzeit zu den bevorzugten Aufenthaltsorten der Steinzeitmenschen.
Möglicherweise stammt der Altsteinzeitliche Lagerplatz im Plauenschen Grund aus der Warmphase des Hengelo-Interstadials. In modernen Rezeptionen wird dieser "um 40.000 v. Chr." datiert[1], wobei in der Archäologie 40.000 BP (Before Present) gemeint ist.
Definitionsgemäß werden Kulturen auch des späten Neandertalers um 40.000 BP noch der Periode des Mittelpaläolithikum zugerechnet.
Die dreibändige Geschichte der Stadt Dresden datiert den Rastplatz allerdings auf "etwa 50.000 v. Chr.".[2]
Diese Datierung würde mit dem sehr kurzen Glinde-Interstadial (um 51.500 BP) korrespondieren. Allerdings schwankten in den letzten über 100 Jahren die Datierungen des altsteinzeitlichen Rastplatzes immens. Der Online-Führer Dresden-und-Sachsen enthält sich deswegen völlig einer Datierung und legt sich darüber hinaus auch nicht darauf fest, ob der "Lagerplatz" der mittleren oder der jüngeren Altsteinzeit zuzuordnen ist:
- "Ein im Plauenschen Grund im Gebiet der Felsenkellerbrauerei nahe des Eiskellers entdeckter altsteinzeitlicher Lagerplatz einer Jägerhorde, die am Anfang der letzten Eiszeitperiode hier lebte, gehört zu den ältesten archäologischen Funden im Dresdner Stadtgebiet. Man fand Mammut-, Nashorn- und Wildpferdknochen sowie Feuersteingeräte und Feuerspuren."[3]
Selbst das Landesamt für Archäologie Sachsen drückt sich sehr salomonisch aus, wenn es um die Datierung geht:
- "Dass auch der Mensch bereits Teil dieser Lebenswelt war, belegen wenige Artefakte, also von Menschenhand bearbeitete Steine, die bereits im Jahr 1923 in Dresden–Plauen an der Eisenbahnlinie nahe der Bienertmühle gefunden wurden. Ihrer Zeitstellung nach wurden sie hergestellt noch lange bevor der moderne Mensch Homo Sapiens den Neandertaler verdrängte. Somit finden wir mit ihnen den Beweis dafür, dass diese Menschenart in Sachsen gelebt hat, auch wenn wir bislang keine Gebeine des Neandertalers gefunden haben."[4]
Offenbar fand die Bergung des Fundes unter Umständen statt, welche eine genauere Datierung unmöglich machen. Außerdem standen vor über 100 Jahren noch längst nicht alle Möglichkeiten einer modernen Datierung zur Verfügung.
Möglicherweise wich diese Gruppe Neandertaler dem Verdrängungsdruck des Cro-Magnon-Menschen aus, der um 40.000 BP von Südeuropa kommend mindestens das Allgäu erreicht hatte.[5] Es könnte sich demnach um die Spuren der letzten Generationen Neandertaler in Mitteleuropa handeln. Die jüngsten, zweifelsfrei datierten Fossilfunde von Neandertalern stammen aus der Mesmaiskaja-Höhle in Russland und wurden auf ein Alter von 39.700 ± 1.100 Jahren (cal BP) datiert.[6]
Bei den klimatischen Bedingungen, die während des Mittelpaläolithikums herrschten, benutzten die Neandertaler häufig Höhlen oder Felsschutzdächer (Abris = Nischenhöhle oder Felsdach, vgl. Halbhöhle) als Unterschlupf. Meistens wurden hierbei Eingangspartien oder Höhlenvorplätze bewohnt, da der eigentliche Innenraum der Höhlen wegen der Feuchtigkeit unbewohnbar war. Daher findet man dort nur selten Reste von Besiedlung. Der Plauensche Grund bot hierfür gute Bedingungen.
- vgl. Ausgewaschene Plänerschichten im Plauenschen Grund - Nahaufnahme (im Winter, so besser sichtbar)
- vgl. "Fluss im Plauenschen Grund" von Johan Christian Clausen Dahl (1788–1857), Öl auf Leinwand, 1820 - noch wild-romantische Landschaft
- vgl.Plauenscher Grund, Photographie von 1903 - noch natürlicher als heute
[Bearbeiten] Weblinks
- Altsteinzeitlicher Lagerplatz im Plauenschen Grund (Q130741231) (= Altsteinzeitlicher Rastplatz im Plauenschen Grund) bei Wikidata
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Christian Ruf, Kerstin Klauer-Hartmann: 800 Jahre Dresden: Eine Zeitreise, Edition Sächsische Zeitung, Dresden 2006, ISBN 978-3-93832-519-3, S. 15: "um 40.000 v. Chr.".
- ↑ Geschichte der Stadt Dresden. Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Hrsg. v. Karlheinz Blaschke. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1906-0. S. 29.
- ↑ Der Dresdner Raum in der Frühzeit (Steinzeit, Lausitzer Kultur, Germanen, Westslawen/Elbsorben) auf dresden-und-sachsen.de (abgerufen am 30. Oktober 2024).
- ↑ Mammuts und Neandertaler in Dresden. Mitteilung des Landesamtes für Archäologie Sachsen vom 3. Juni 2015 (abgerufen am 31. Oktober 2024).
- ↑ T. Higham, L. Basell, R. Jacobi, R. Wood, C.B. Ramsey, N.J. Conard: Testing models for the beginnings of the Aurignacian and the advent of figurative art and music: the radiocarbon chronology of Geißenklösterle. In: J Hum Evol. 62, 2012, S. 664–676.
- ↑ Jörg Orschiedt, Gerd-Christian Weniger (Hrsg.): Neanderthals and Modern Humans – Discussing the Transition. Central and Eastern Europe from 50.000–30.000 B.P. Kolloquium Neanderthal Museum 1999. Wissenschaftliche Schriften des Neanderthal Museums. Mettmann 2000.