Izabela Czartoryska
Die Księżniczka (= Fürstin) Izabela Dorota Fortunata Czartoryska geb. Gräfin von Flemming (auch Isabella; * 3. März 1746 in Warschau; † 17. Juni 1835 in Wysock) war eine polnische Aristokratin (gehörte also zur Szlachta) und die Ehefrau des Fürsten Adam Kazimierz Czartoryski. Durch ihre Ehe (die sie pockennarbig begann) verbanden sich zwei der wohlhabendsten und politisch einflussreichsten Familien Polens. Ihr Mann wurde mehrfach als zukünftiger König von Polen angesehen.
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[Bearbeiten] Die Bedeutung von Izabela Czartoryska
Izabela Czartoryska wirkte als Schriftstellerin, Philanthropin, Mäzenin, Salonnière und Kunstsammlerin.
Als engagierte Patriotin wurde sie zu einer der populärsten Figuren der polnischen Geschichte.
[Bearbeiten] Hauptquartier ab 1794 in Dresden-Neustadt am Kohlmarkt Nr. 11
Ihr Hauptwohnsitz war damals eigentlich die Fürstenresidenz Puławy an der Weichsel, sie hielt sich aber aus Sicherheitsgründen seit ihrer Flucht vor den preußischen Truppen im Jahr 1794 bevorzugt in Dresden auf, wo ihr Onkel Karl Georg Friedrich von Flemming Geheimer Kabinettsminister des Auswärtigen und als General der Infanterie der Sächsischen Armee für Militärkommandoangelegenheiten zuständig gewesen war. Ihr Vater Georg Detlev von Flemming diente bereits unter August dem Starken als sächsisch-polnischer General der Artillerie. Auch kannte sogar ihr Ehemann Dresden aus seiner Studienzeit ab 1752.[1]
1795 wurde Polen endgültig zwischen Preußen, Österreich und Rußland (auf)geteilt - bis 1918.
Sie bewohnte das Haus Kohlmarkt Nr. 11. In Dresden zur zweckmäßigen Kenntniß seiner Häuser und deren Bewohner 1797 ist sie als "Ihro Durchl. Frau Fuͤrstinn Czartoryska" erwähnt. Mit ihr zusammen wohnen "Demoiselle Caeglia Charlin, Gouvernante bey der Fr. Fuͤrstinn Czartoryska" und "Hr. Ignaz Wroczynski [Wroczyńskie], Haushofmeister bey der Fr. Fuͤrstinn Czartoryska". Desweiteren wird erwähnt: "Dieses Haus besitzt Hr. Hofrath, D. Biedermann."[2] Ihr Mann wurde nicht erwähnt, weil er desöfteren auf Reisen durch ganz Europa war. Im Adressbuch fanden nur Personen Eingang, die länger als ein Jahr sich an dem Ort befanden. Demzufolge weilte die "Fuͤrstinn Czartoryska" zum Redaktionsschluß des Werkes im Jahr 1796 schon länger als ein Jahr in Dresden, also mindestens seit 1795, was mit der Flucht aus ihrem Fürstensitz 1794 und der 3. und endgültigen Teilung Polens (die dann zur vollständigen Aufteilung für 123 Jahre wurde) im Jahr 1795 korrespondiert. Da das Adressbuch keine wirtschaftlich unselbständigen Personen ohne Rang aufnahm, wohnten im Haus Kohlmarkt Nr. 11 auch noch eine ganze Reihe niederer Bediensteter der "Fuͤrstinn Czartoryska".
"Ihro Durchl. Frau Fuͤrstinn Czartoryska" mußte sich als Flüchtling in Dresden als Mieterin einquartieren. Durch die preußische Besetzung ihres Weichsellandes waren ihre Verhältnisse ungeklärt. Ihr Gatte reiste damals viel durch ganz Europa, um Unterstützung für die polnische Nation zu finden. 1797 entstand die polnische Nationalhymne Noch ist Polen nicht verloren. Niemand der damaligen polnischen Patrioten erlebte den neuen Nationalstaat, der erst 1918 entstand - 123 Jahre nach der 3. und engültigen polnischen Teilung durch Preußen, Österreich und Rußland.[3].
[Bearbeiten] Die fürstliche Residenz Puławy
1782 wurde die Siedlung Puławy Eigentum von Adam Kazimierz Czartoryski und stieg bald zu einem wichtigen Teil des politischen und kulturellen Lebens in Polen auf. 1795 bei der Dritten Teilung Polens fiel der Ort an Preußen.
[Bearbeiten] 1801: Sibyllentempel als "Tempel der Erinnerung" in Puławy
Ab 1798 ließ Izabela Czartoryska aber trotz der preußischen Okkupation in Puławy einen Sibyllentempel nach dem Vorbild des Tempels der Vesta in Tivoli erbauen, dem Standort der Tiburtinischen Sibylle. Architekt war der in Puławy geborene Chrystian Piotr Aigner[4], der auch viele andere Staffagebauten für den Park entwarf.[5] Der "Tempel der Vesta" in Tivoli (in der Antike Tibur) war damals durch Kupferstiche in ganz Europa berühmt. Schon in der Kunst der Gotik und Renaissance wurden desöfteren eine Reihe von Sibyllen dargestellt, häufig zusammen mit einer gleichen Anzahl von Propheten des Alten Testaments, darunter oft eine als ’’Tiburtinische Sibylle’’ identifizierbare Seherin.
Der Sibyllentempel in Puławy wurde mit der polnischen historischen Sammlung der Izabela Czartoryska bestückt und 1801 als "Tempel der Erinnerung" (an die historische Größe Polens) eröffnet, in dem Jahr, als Metternich nach Dresden kam. Izabela Czartoryska begründete damit die Sammlungen des späteren Czartoryski-Museums, des ersten polnischen Nationalmuseums.
Das 1801 eröffnete Museum enthielt die "Königliche Schatulle" (eine Truhe) mit 73 Preziosen verschiedener polnischer Königinnen und Könige (wie Portraits und persönliche Gegenstände), die Grunwald-Schwerter, königliche Juwelen sowie Kriegs- und Krontrophäen, aber auch Gemälde, Kunst- und Militärhandwerk sowie Erinnerungsstücke berühmter Persönlichkeiten. Ab 1809 wurden Militaria, Regalien und Dokumente im Sibyllentempel untergebracht und Gemälde (mit Werken von Leonardo da Vinci, Rafael und Rembrandt), Kunsthandwerk sowie Raritäten (darunter die 30 vor den Österreichern geretteten Wawel-Köpfe aus der Zeit um 1540) fanden im Gotischen Haus[6] (erbaut 1801 bis 1809) ihren Platz.[7]
- "Damals weilt die Fürstin Isabella Czartoryska in Dresden, die Gemahlin des berühmten Fürsten Adam, der zeitlebens mit Sicherheit darauf gerechnet hatte, von seinen Landsleuten zum Könige erwählt zu werden. Dieser ungeheuer reiche polnische Magnat hatte wegen des von ihm im Jahre 1794 gegen Rußland erregten Aufstandes, der durch den General Suworow niedergeschlagen worden war, aus seiner Heimat fliehen müssen. Fürst Adams wunderschöne, außerordentlich temperamentvolle Frau, die ein bewegtes Leben hinter sich hatte, machte Dresden zu ihrem Hauptquartier, während ihr Gatte in ganz Europa umherreiste und für sein Vaterland Freunde zu werben versuchte. Auch ihr gefällt der jugendliche kaiserliche Vertreter. Metternich erinnert sich der Mahnungen, die älteren Damen nicht zu vernachlässigen; ganz besonders dann nicht, wenn sie zu jenen gehören, die in ihrer Jugend große Erfolge in Liebesdingen gefeiert haben und es einfach nicht über sich bringen, sich mit ihrem wachsenden Alter abzufinden. Zu ihnen gehört die Fürstin Isabella und dazu ist sie die steinreiche Gemahlin eines hochgebildeten, stolzen Patrioten mit einer Feuerseele wie Adam Czartoryski, der zwar im Augenblick in Petersburg in Ungnade, doch ein Freund des gefühlvollen Thronfolgers Alexander ist, für dessen anmutige badische Gemahlin Elisabeth er glühend schwärmt. Eine solche Bekanntschaft muß gepflegt werden; so weiß die sechsundfünfzigjährige Matrone den jungen Diplomaten zu schätzen und hilft ihm wo sie kann."[8]
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Seine frühe Ausbildung erhielt Adam Kazimierz Czartoryski zu Hause unter der Aufsicht französischer Lehrer, z. B. wurde er in den Jahren 1740–1745 von Louis-Adrien Duperron de Castera, einem Komödienautor und Übersetzer, unterrichtet. Seit seiner frühen Jugend zeigte er besonderes Interesse sowohl an der antiken Literatur als auch an der Geschichte Polens. 1752 ging er zu weiteren Studien nach Dresden, Brüssel und Italien (zunächst wurde er von dem Verwalter, Ex-Jesuiten und Abenteurer Monet begleitet). Drei Jahre später (1755) begab er sich zu seiner ersten diplomatischen Mission nach Wien.
- ↑ Dresden zur zweckmäßigen Kenntniß seiner Häuser und deren Bewohner 1797, S. 373.
- ↑ Mit Zustimmung Napoleons organisierten sich 1797 militärische Verbände von polnischen Freiwilligen (polnische Legion) zur Befreiung der Heimat. Dies wird auch in der Hymne deutlich, wenn davon die Rede ist, dass Dąbrowski seine Truppen von Italien nach Polen führen soll. Zuerst aber kämpften diese gegen die Österreicher in Norditalien zum Schutz der neuen Cisalpinen Republik, in die sie emigriert waren. Es bestand die Hoffnung, dass Napoleon als Dank die Wiedergründung des polnischen Staates unterstützen werde. Stattdessen gründete er 1807 das Herzogtum Warschau, welches lediglich ein weiterer Satellitenstaat Frankreichs war, und übergab es dem Kurfürsten von Sachsen,
- ↑ "In seinen Werken - der Rekonstruktion des Radziwill-Palastes (des Gouverneurspalastes; 1818-19) und der St.-Alexander-Kirche (1818-25) in Warschau, der Pavillons des Parks und der Kirche im Pulawy-Anwesen (1. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts) – strebte er nach Monumentalität und Einfachheit der Form. Er entwickelte Standardentwürfe für Wohn-, öffentliche und Industriegebäude, die in Polen weit verbreitet sind." Zit. nach: Artikel: "Айгнер Хрыстиан Петр". In: "Большая советская энциклопедия." (= Große Sowjetische Enzyklopädie) in 30 Bänden.
- ↑ Tadeusz Stefan Jaroszewski: "Chrystian Piotr Aigner 1756–1841" ("Studia i materiały do teorii i historii architektury i urbanistyki", Warschau 1965, Band 5.
- ↑ Das Gotische Haus wurde im 17. Jahrhundert als barocker Gartenpavillon für den nahegelegenen Palast gebaut. Der Pavillon wurde 1794 im russisch-polnischen Krieg zerstört. Czartoryska ließ den Pavillon 1801 bis 1809 im neugotischen Stil wieder aufbauen. Hierbei ließ sie antike Lapidaria einbauen, die sie auf ihren Reisen nach Italien und Spanien gesammelt hatte. Zweck des Pavillons war der Ausbau der Kunstsammlung der Czartoryskis, für die der Sibyllentempel zu klein geworden war. vgl. Das Gotische Haus auf einem Stich vor 1830.
- ↑ Das Gotische Haus wurde zum Aufbewahrungsort zahlreicher historisch-literarischer Reliquien, darunter Andenken an die Freiheitskämpfer Jeanne d’Arc, Wilhelm Tell und George Washington, ferner türkischer Trophäen aus der Zweiten Wiener Türkenbelagerung. Beeinflusst vom Gedankengut der Romantik, erwarb Izabela Czartoryska auch diverse Gegenstände von sentimentaler Bedeutung für das Gotische Haus, die Glanz und Elend des menschlichen Lebens symbolisierten, wie etwa Shakespeares Stuhl, Fragmente des angeblichen Grabes von Romeo und Julia in Verona, Überreste der Gebeine des El Cid und der Jimena aus der Kathedrale von Burgos, Überreste der Gebeine von Abelard und Heloisa sowie von Petrarca und seiner Laura und ein Schädelfragment Rousseaus. Zu den Objekten verfasste sie einen Katalog mit zahlreichen Essays, die die polnische Kultur in den Kontext europäischer Ideen stellten.
- ↑ Egon Caesar Conte Corti (1886-1953): "Metternich und die Frauen". Band 1: "Von der französischen Revolution bis zum Wiener Kongress: 1789 - 1815". Europaverlag, Wien - Zürich 1948, Kapitel II. "Im fröhlichen Dresden und ernsteren Berlin".