Streuobstwiesen
Streuobstwiesen sind Obstbaumbestände aus hochstämmigen Gehölzen, die im Unterschied zu systematisch angelegten und wirtschaftlich genutzten Obstplantagen verstreut zwischen Wohngebieten liegen. Meist wachsen auf den Wiesen mehrere Obstsorten. Typisch ist die Mehrfachnutzung der Wiesen: „Obernutzung“ durch die Ernte der Früchte, „Unternutzung“ durch Mahd oder als Viehweide. Üblicherweise werden die Pflanzen nicht mit synthetischen Mitteln behandelt. Weil Streuobstwiesen durch ihren „artenreiche[n] Unterwuchs und die vielfältigen Kleinstrukturen wie Totholz und Baumhöhlen“ vielen Tierarten Lebensraum bieten[1], gehören die Wiesen in Sachsen zu den gesetzlich besonders geschützten Biotopen (Sächs. Naturschutzgesetz, § 26).[2]
Im Dresdner Stadtgebiet existieren knapp 280 Hektar Streuobstwiesen[3] in städtischem, privatem oder Vereins-Eigentum. Der Großteil der Wiesen liegt brach, weil die rentable Nutzung schwierig ist. Viele Wiesen befinden sich an Hängen oder in schwer zugänglichem Gelände, die Bäume sind alt und stehen ohne System auf dem Gelände, tragen wenig, das Obst hängt weit oben. Ernte und Mahd mit großen Maschinen sind nicht möglich. Nur einige der Wiesen werden bewirtschaftet.
[Bearbeiten] Fördermaßnahmen des Freistaates Sachsen
Der Freistaat Sachsen fördert sowohl die Unter- als auch Obernutzung von Streuobstwiesen, speziell die Neuanlage und Nachpflanzung. Förderrichtlinien siehe „Weblinks“.
[Bearbeiten] Naturschutz-Aktivitäten der Stadt Dresden
Das Umweltamt der Stadt Dresden als Untere Naturschutzbehörde hat die Aufgabe, Biotope wie die Streuobstwiesen zu schützen und zu erhalten. Es informiert über Streuobstwiesen und berät Interessenten zu Fördermöglichkeiten (Förderrichtlinien unter „Weblinks“), Aufforstung, Naturschutz- und Standortfragen. Zudem kümmert sich die Naturschutzbehörde darum, dass für Obstbäume, die Baumaßnahmen weichen mussten, neue Bäumchen gepflanzt werden. Dieser gesetzlich vorgeschriebene „Eingriffsausgleich“, den „Eingriffsverursacher“ bezahlen muss, macht einen großen Teil der Neupflanzungen aus. Einige junge Bäume finanziert die Stadt auch aus ihrem eigenen Haushalt.
Um die Streuobstwiesen zu erhalten, sorgt die Naturschutzbehörde auch dafür, dass die Wiesen nicht verbuschen oder nur noch wenige Pflanzenarten wachsen. Entweder lässt sie die Wiesen von Dritten als Weide nutzen (z.B. Schafe auf den Elbwiesen) oder einmal jährlich mähen.
Das Umweltamt fühlt sich auch dafür verantwortlich, „seine" Obstbäume fachgerecht zu verschneiden (sogenannte „Erziehungs-“ und „Entlastungsschnitte“), und bietet Kurse im Obstbaumschnitt an.[4]
[Bearbeiten] Streuobstprojekt der Grünen Liga Dresden
Die Grüne Liga Dresden nutzt und pflegt seit 1995 neun Streuobstwiesen mit insgesamt 12 bis 15 Hektar Fläche:
- Streuobstwiese Naußlitz
- Streuobstwiese Omsewitzer Grund
- Streuobstwiese Prohlis
- Streuobstwiese Ockerwitz
- Streuobstwiese Sobrigau
- Streuobstwiese Roßthal
- Streuobstwiese Cossebaude
- Streuobstwiese Mobschatz
- Streuobstwiese Pillnitz
Das Streuobstwiesen-Projekt der Grünen Liga (GL) Dresden verfolgt das Ziel, die Wiesen zu erhalten, auf mehreren Wegen:
- Pflege und Ernte: GL-Mitarbeiter und ehrenamtliche Helfer pflanzen Bäume nach, verschneiden die Gehölze, mähen, pressen Heuballen und ernten das Obst. Alle Arbeiten werden manuell oder mit kleinen Maschinen verrichtet.
- mobile Saftpresse „Apfel-Paradies“: Mit einer mobilen Kelterei fahren GL-Mitglieder zu festen Terminen bestimmte Orte am Dresdner Stadtrand und im Umland an. Dort können Hobbygärtner ihr Obst abgeben, das direkt vor Ort zu Saft verarbeitet wird. Im Unterschied zu Großkeltereien können die Obstlieferanten also nicht Saft aus einem „Pool“ vieler Lieferungen mitnehmen, sondern ihren Saft von ihren Früchten. So sollen private Besitzer von Streuobstwiesen animiert werden, das eigene Obst zu ernten, zu verwerten und sich um die Wiesen zu kümmern.
- Umweltbildung: Kindergruppen und Schulklassen können erlebnispädagogisch gestaltete Stunden auf bewirtschafteten Streuobstwiesen verbringen.
- Aufpreisvermarktung: Während eine durchschnittliche Großkelterei Obst für 5-6 Cent pro Kilo ankauft, bietet das Streuobstprojekt Lieferanten 15 Cent/Kilo für Bio-Obst von privaten Streuobstwiesen. Der hergestellte Saft wird in Dresdner Bioläden verkauft, sodass der höhere Einkaufspreis wieder ausgeglichen wird. Auch auf diese Weise will die Grüne Liga Privatleute anregen, ihre Streuobstwiesen zu nutzen und zu pflegen.[5]
[Bearbeiten] Streuobstprojekt des BUND Dresden
Der BUND Dresden pflegt,erntet, verschneidet die Bäume, pflanzt junge Bäumchen nach und bietet Umweltbildungsmaßnahmen und Kurse zum Obstbaumschnitt an. Aktuell betreut der BUND Dresden zwei Streuobstwiesen. Von 2009 bis 2016 gehörte die Kellerwiese am Hohen Stein im Stadtteil Plauen zu den Pflegeobjekten. Zudem pflegt der BUND Dresden auch Bäume auf der Wiese am Körnergarten in Loschwitz. Beide Wiesen gehören dem NABU. Die Streuobstwiese an der Meißner Straße/Ecke Spitzgrundweg in Radebeul wird seit 2014 mit Unterstützung der Stadt Radebeul gepflegt.
[Bearbeiten] Weitere Streuobst-Projekte in Dresden und Umgebung
- Streuobstwiesen am Johannstädter Elbufer zwischen „Fährgarten“ und Waldschlößchenbrücke; eine besteht aus Bäumen der ehem. Kleingartenanlage am Käthe-Kollwitz-Ufer, die dem Hochwasser 2002 zum Opfer fiel, die andere mit 47 Obstbäumen wurde 2018 neu angelegt; beide verpachtet an Landwirt Uwe Menzel[6]
- Streuobstwiese in der Kleingartensparte „Erholungsheim e. V.“, Weinböhlaer Straße 40, angelegt ab April 2008[7]
- Die Grüne Liga Osterzgebirge bewirtschaftet etwa 25 Hektar (Streuobst-)Wiesen. Dazu veranstaltet sie im Sommer ein „Heulager“ im Bielatal.
- Die Dresdner Spezialitätenbrennerei „Augustus Rex“ stellt preisgekrönte Edelbrände aus alten Obstsorten her, die auf Streuobstwiesen in und um Dresden wachsen.
- Im Jahr 2002 übernahm der Kleingartenverein „Coschützer Hang“ e.V. die Pflege einer angrenzenden Streuobstwiese (550 m²).
- Dresden-Loschwitz: Streuobstwiese Körnerweg ca. Nr. 5 - Nutzung als Pferdekoppel durch Pferdehof Schmidt
- Naturraum Hellerau an der Karl-Liebknecht-Straße; 2016 Pflanzung von 50 Obstbäumen in 26 Sorten sowie Februar 2019 Bohren eines Brunnens durch Stadt Dresden
- Pirna: Streuobstwiese „Am Wasserwerk“[8]
[Bearbeiten] Streuobst-Projekte in Sachsen
- Der Landschaftspflegeverband Sachsen hat sich die Sicherung der Streuobstwiesen auf die Fahnen geschrieben. Besonders die Vermarktung der Produkte und die Vernetzung der Akteure sollen gefördert werden.
- Die Projektgruppe „Streuobst“ der BUND-Kreisgruppe Grimma kümmert sich um Nutzung und Pflege der Streuobstwiesen im Muldental.
- Der Natur-Hof Chemnitz - Verein zur Förderung von Landschaftspflege und Naturschutz e.V. kümmert sich um die Streuobstwiesen in Chemnitz und keltert die Äpfel zu „original Chemnitzer Streuobstwiesenapfelsaft“.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.dresden.de/de/08/03/055/01/03/01/c_09.php?lastpage=zur%20Ergebnisliste
- ↑ Jens Weber: Buntes Grünland. Wiesen und Weiden. In: Grüne Liga Osterzgebirge e.V. (Hrsg.): Natur des Ost-Erzgebirges im Überblick. Naturführer Ost-Erzgebirge, Band II. Dresden 2008. S. 328. www.vychodnikrusnohori.org/uploads/media/10_Wiesen.pdf. Streuobstwiese in der Wikipedia.
- ↑ Auskunft Umweltamt Dresden, 13.10.2011. (2007/2008 waren es 281 ha (Quelle: http://www.dresden.de/de/08/03/085-1/biotopschutz/besonders-geschuetzt.php?lastpage=zur%20Ergebnisliste)
- ↑ Sofern nicht anders angegeben, alle Informationen vom Umweltamt, 13.10.2011
- ↑ Sofern nicht anders angegeben, alle Informationen von Andreas Wegener, Leiter des Streuobstwiesenprojekts der Grünen Liga Dresden, 23.8.2011
- ↑ SZ-Immo-Magazin Mai 2019, S. 62
- ↑ http://www.kgveh.de/
- ↑ DNN 12.4.2012, S. 20
[Bearbeiten] Weblinks
- sächs. Förderrichtlinie „Natürliches Erbe“ (NE) für Streuobstwiesen, speziell Neu- und Nachpflanzung
- sächs. Förderrichtlinie „Agrarumweltmaßnahmen und Waldmehrung“ (AuW) für Nutzung der Wiesenflächen
- Streuobstwiesen-Projekt der Grünen Liga
- mobile Saftpresse „Apfel-Paradies“
- BUND Dresden:Streuobstwiese Radebeul
- Streuobstwiese bei Wikipedia