Julia Pick
Julia Pick, geb. Winter (* unbekannt - † 20. August 1942 Dresden), war die Großtante von Hildegard Hamm-Brücher. Ihr Mann besaß eine Malzfabrik in Niedersedlitz, Wohnung im Judenhaus Wiener Straße 85, später in der Leubnitzer Straße 25 und im "Judenhaus" Caspar-David-Friedrich-Straße 15b. Im Juni 1942 von der Gestapo schwer misshandelt (sie war 78 Jahre alt), drohte ihr die Deportation nach Theresienstadt. Diesem Umstand zuvorkommend, tötete sie sich mit Veronal.
Zitat von Victor Klemperer 20. August, Donnerstag mittag
Frau Pick hat zum zweitenmal, und diesmal mit Erfolg, Selbstmord verübt. Veronal. Angst vor Gestapomisshandlung beim Abtransport, vielleicht auch Angst vor dem unbekannten Theresienstadt. Sie war in den letzten Tagen überlebhaft, führte abends fast allein das Wort, sagte häufig, man müsse "darüber hinwegdenken", "darüber hinwegreden". Dass sie Andenken verschenkte - ihres Mannes Mondstein-Frackhemdknöpfe für ihre Nichte Gaehde, ein schwarzes Oberjäckchen für Eva (die es zu Joachimsthals Leichenfeier ausgeliehen hatte und nun für Frau Pick tragen wird) - das konnte bei der Evakuierung nicht auffallen. - Wieder kam Ida Kreidl morgens herauf. Eva ging als erste herunter, um sieben Uhr, und sagte mir dann, diesmal sei es ernster, sie röchle stark. Eine Viertelstunde später war ich unten, da war schon kein Laut mehr, Mund offen, ein Auge offen, offenbar Tod. Wieder telefonierte ich vom Gärtner Mickley aus, dem ich das ganze Elend erzählte. Ich sagte zu Katz, Frau Pick sei offenbar Tot; er: Er komme gegen elf Uhr. Nachher hatte ich Gewissensbedenken: Ich konnte den Tod nicht mit Sicherheit feststellen, vielleicht war doch noch Rettung möglich - zum Glück für Frau Pick? Ich telefonierte also noch einmal: Katz erwiderte, wenn sich die Natur nicht helfe, so könne er auch nicht helfen, zum Auspumpen sei es bestimmt zu spät. Als er später kam, war schon Leichenstarre eingetreten.
[Bearbeiten] Quellen
- KLEMPERER, Victor, Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1942-1945, (Walter Nojowski Hrsg.) 2 Bde. (Aufbau Verlag, 6. Auflage 1996)
- SPURENSUCHE. Juden in Dresden, Dresden 1995
- HANNUSCH, Heidrun: "Dich haben wir, und du kommst uns nicht davon!" Zwei Dresdner Verwandte der Grande Dame der FDP, Hildegard Hamm-Brücher, wurden von den Nazis in den Tod getrieben, in: DNN 30.9.2002
- Adressbuch für Dresden und seine Vororte, 1932