Anna von Dänemark
Anna von Dänemark (22. November 1532 Hadersleben - 1. Oktober 1585 Dresden) war Kurfürstin von Sachsen ("Mutter Anna").
Die Tochter des dänischen Königs Christian III. lernte von ihrer Mutter Dorothea Spinnen, Nadelarbeiten, Heilkräuter sammeln, Hauswesen und Landwirtschaft.
1548 fand ihre Hochzeit mit August von Sachsen ("Vater August") in Torgau statt. Von ihren 15 Kindern starben 11 schon früh. Vor jeder Geburt legte sie ihre Leichentücher zurecht, damit sie im Ernstfall gleich bei der Hand wären. Sie wusch und butterte selbst, verarztete ihren Gemahl und versuchte auch Einfluss auf die Staatsgeschäfte zu gewinnen. Bei Hofbeamten fand sich eine Spottschrift über "Gynäkokratie" (Weiberherrschaft) am sächsischen Hof.
Kurfürst August geriet in so rasenden Zorn, dass er sogar seine konfessionelle Zugehörigkeit änderte: hatte er vorher die Anhänger Melanchthons, die "Philippisten", begünstigt, so schloss er sich nun den orthodoxen Lutheranern an. Sein Kanzler Craco starb auf der Folter, der philippistische Arzt Caspar Peucer kam ins Gefängnis (er hatte sich bei folgender brieflicher Äußerung ertappen lassen: "Hätten wir Mutter Annen erst, so sollt es nicht Not haben, den Herren wollten wir auch bald kriegen"), andere gingen ins Exil. Zur Feier dieses Ereignisses ließen die orthodoxen Lutheraner eine Medaille prägen "Zur Erinnerung an den Sieg der Rechtgläubigkeit über die Vernunft". Da sie selbst der Orthodoxie nahestand, war Anna zufrieden mit dieser Entwicklung.
Sie nahm das alte Recht der Fürstinnen, Gefangene loszubitten, nicht in Anspruch. Sie blieb unversöhnlich, auch als ihre Tochter Elisabeth einen Calvinisten heiratete, und beschwor die junge Frau, dem Gottesdienst am Hof ihres Gatten fernzubleiben, was zu einer schweren Ehekrise führte. Der Pfalzgraf verbot schließlich den Briefwechsel seiner Frau mit ihrer Mutter, sie führten ihn als Geheimkorrespondenz weiter. Als Elisabeth ein totes Kind gebar, schrieb ihr die Mutter, es sei besser, ihr Kind sei tot als calvinistisch.
"Mutter Anna" betrieb Landwirtschaft auf ihrem Vorwerk Ostra und im Zwingergarten, beschäftigte sich mit Medizin und Pharmazie. Sie erfand ein berühmtes Magenpflaster, legte 1581 die Dresdner Hofapotheke im Kanzleihaus an, erfand Augenwasser, Gegengifte, brannte Aquavit usw. In Annaburg ließ sie zwei Labore einrichten und stellte ein "Kunstbuch" mit Rezepten zusammen. Sie stand in Briefwechsel mit berühmten Ärzten, bildete junge Mädchen in der Kräuterkunde aus. Anna betreute Asylanten, Schwangere und Kranke. Sie gründete die Annenkirche vor dem Wilsdruffer Tor (Postplatz).
[Bearbeiten] Literatur
- Reinhard Delau: Aus der Geschichte des Ostrageheges (3): Aufblühen und Niedergang des Ostraer Kammergutes, in: SZ 1. November 1995
- Heide Inhetveen: Agrarpionierinnen. Frauen als Trägerinnen des landwirtschaftlichen Fortschritts, in: Hermann Heidrich (Hrsg.): Frauenwelten. Arbeit, Leben, Politik und Perspektiven auf dem Land, Bad Windsheim 1999 ISBN 978-3-926834-41-6
- Katrin Keller: Kurfürstin Anna von Sachsen (1532-1585), Regensburg, 2010
- Katrin Keller: Kurfürstin Anna von Sachsen. Von Möglichkeiten und Grenzen einer "Landesmutter", in: Jan Hirschbiegel, Werner Paravicini (Hg): Das Frauenzimmer. Die Frau bei Hofe im Spätmittelalter und Früher Neuzeit (Residenzforschung Bd. 11), Stuttgart 2000
- Thomas Klein: Der Kampf um die 2. Reformation in Kursachsen 1586-91; in: Mitteldt. Forschungen Bd. 25, Köln/Graz 1962
- Otto Posse: Die Wettiner, Leipzig 1897
- Hellmut Räuber: Gartenkunst und Landschaftsgestaltung, in: Die Union 4. Juni 1994
- August Victor Richard: Der kurfürstlich sächsische Kanzler Nicolaus Krell, Dresden 1859
- Ursula Schlude: Die Hofhalterin. Kurfürstin Anna von Sachsen 1532-1585, aus der WDR-Sendereihe "Frauen der Renaissance", WDR 2000. 15 min.
- Otto Eduard Schmidt: Kursächsische Streifzüge, Leipzig 1913
- Konrad Sturmhoefel: Kurfürstin Anna von Sachsen : Ein politisches und sittengeschichtliches Lebensbild aus dem 16. Jh., Halle 1905
- Carl von Weber: Anna, Churfürstin von Sachsen, Leipzig 1865