Collegium medico-chirurgicum
Das Collegium medico-chirurgicum war die erste chirurgische Lehranstalt zur wissenschaftlichen Ausbildung der Feldscher- und Barbiergesellen in Anatomie, Physiologie, Therapie und Chirurgie[1]. Sie hatte ihren Sitz in der Neustädter Kaserne im Flügel D[2]. Dieser wurde auch Anatomieflügel genannt, da sich dort das anatomische Theater befand, daneben auch das Hebammeninstitut, das chirurgische Hospital (Charité) und die kurfürstliche Invention- und Modellkammer[3].
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[Bearbeiten] Geschichte
Kurfürst Friedrich August II. begründete mit einem Reskript vom 8. Mai 1748 die erste medizinische Ausbildungsstätte in Dresden[4]. In diesem Zuge verfügte er am 18. September 1748 neue Gesellenstellen für Bader und Barbiere einzurichten. Als „Collegium medicum“, in Preußen bereits 1685 in Berlin begründet, hatte es die Aufgabe, Chirurgen für die sächsische Armee und Wundärzten Grundkenntnisse zu vermitteln[5]. Bis zur Gründung des Sanitaets-Collegii im Jahr 1768 zur Verbesserung des Medizinalwesens oblag ihm auch die Prüfung und Approbationserteilung für Ärzte.
Die Einrichtung existierte in ihrer Form bis zur Schlacht von Dresden im August 1813 und wurde am 17. Oktober 1815 mit der Chirurgisch-medicinischen Akademie abgelöst.
Im Laufe seiner über 60-jährigen Existenz kam es im Collegio medico-chirurgico zu diversen Unregelmäßigkeiten und kuriosen Begebenheiten.
[Bearbeiten] Fachgebiete und Struktur
- siehe Artikel Collegium medico-chirurgicum - Fachgebiete und Personen
Zu den unterrichteten Fächern zählten Pathologie und Therapie, Anatomie und Physiologie, materia medicae (Lehre von Arzneimitteln, die vom Stadtphysicus gelesen wurde) sowie Chirurgie und Zahnchirurgie. Zur Einrichtung gehörte auch ein Prosektor, die Pensionair-Chirurgi, die Secretarii und eine Bibliothek[6].
[Bearbeiten] Mitglieder, Lehrer und Schüler
- siehe Artikel Collegium medico-chirurgicum - Fachgebiete und Personen
Christian Samuel Gehe | Gottlieb Heinrich Güntz | Christian Heinrich Haenel | Johann August Wilhelm Hedenus | Johann Gottfried Leonhardi | Gottlob Heinrich Ohle | Christoph Eusebius Raschig | Heinrich August Schön | Johann Christoph Wild
[Bearbeiten] Literatur
- Hermann Franz Frölich, Das einstige Collegium medico-chirurgicum in Dresden, in: Dresdner Geschichtsblätter 6 (1897), S. 1–11.
- Ingrid Kästner, Medizinische Ausbildung in Sachsen im 18. Jahrhundert, in: Wilhelm Kirch (Hg.), Collegium medico-chirurgicum in Dresden 1748–1813 (Schriften der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden; Neue Folge 2), Dresden 1998, S. 5–19.
- Volker Klimpel, Das Dresdner Collegium medico-chirurgicum (1748-1813), Frankfurt am Main: Peter Lang 1995.
- Volker Klimpel, Zur Vorgeschichte, Gründung und Wirksamkeit des Dresdner Collegium medico-chirurgicum (1748–1813), in: NTM. Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 2,1 (1994), S. 39–50.
- Benjamin Seebröker und Alexander Kästner, Beschaffen, verwalten, begraben. Die Dresdner Anatomie und ihre Leichen, 1748–1817, in: Johanna Bleker / Petra Lennig / Thomas Schnalke (Hg.), Tiefe Einblicke. Das Anatomische Theater im Zeitalter der Aufklärung (Kaleidogramme; 167), Berlin 2018, S. 205–221.
- Peter Wunderlich, Das Collegium medico-chirurgicum zu Dresden (1748–1814), in: Georg Harig (Hg.), Chirurgische Ausbildung im 18. Jahrhundert (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaft; 75), Husum 1990, S. 181–191.
[Bearbeiten] Quellen
- Zentrale Bestände im Hauptstaatsarchiv Dresden: Bestand 10114 Collegium Medico-Chirurgicum, Sanitätskorps und Bestand 10115 Sanitätskollegium.
- August III.: Liebe getreue, nachdem Wir... ein Collegium Medico-Chirurgicum allhier errichten lassen, Dresden 1748, Digitalisat der SLUB.
- Christian Heinrich Hänel: Allgemeine Einleidung zur In[n]erlichen und äußerlichen Praxi des Menschlichen Cörpers : Signat. Dresden den 1. Nov. An[n]o 1748 bis ultimo 1749, Dresden 1749, Digitalisat der SLUB.
- Christian Heinrich Hänel: Grundsätze zur ausübenden Arzneykunst nach Anleitung des Boerhave, Dresden 1781, Digitalisat der SLUB.
- Friedrich Lebegott Pitschel: Anatomische und Chirurgische Anmerkungen : welchen eine kurze Nachricht von dem Collegio Medico-Chirurgico zu Dresden, voran geschickt wird; Nebst fünf Kupferplatten, Dresden 1784, Digitalisat der SLUB.
- Johann August Tittmann (Hg.): Lehrbuch der Chirurgie: zu Vorlesungen für das Dresdner Collegium Medico-Chirurgicum bestimmt, 3 Abteilungen Leipzig 1800–1802, Digitalisat Abt. 1; Digitalisat Abt. 2; Digitalisat Abt. 3 der Digitalen Sammlungen der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt Halle.
[Bearbeiten] Anmerkungen und Weblinks
- ↑ Heidel, Caris-Petra in Vom Stadtkrankenhaus zum Universitätsklinikum - 100 Jahre Krankenhausgeschichte in Dresden, 2010, S. 3
- ↑ Adressbuch von 1812
- ↑ Adressbuch von 1797, S. 410ff.
- ↑ "Der am 21. Dezember 1739 zum ersten ständigen Generalstabsmedikus Sachsens ernannte Dr. med. Franz Josef Hoffmann ist es, der den Anstoß zur Gründung einer chirurgischen Lehranstalt in Dresden gegeben hat. Für seinen Plan zu einer verbesserten Ausbildung und Fortbildung des sächsischen Feld-Heilpersonals hatte er genug Vorbilder. Das nächste konnte ihm Preußen geliefert haben, das schon seit 1713 eine Anatomiekammer (Theatrum anatomicum) besaß, die 1724 auf Vorschlag des Generalchirurgen E. C. Holtzendorff in ein Collegium medico-chirurgicum zum Zwecke der Erziehung von Feld-Wundärzten verwandelt worden war. Mitte Januar 1740 erstattete Hoffmann unter Hinweis auf das Ausland einen amtlichen Bericht, in dem er die Nothwendigkeit der Errichtung einer wundärztlichen Lehranstalt befürwortete, deren Besuchern die für ihren künftigen Beruf höchst nöthigen Kenntnisse in der Anatomie, Physiologie etc. beizubringen seien. [2] Zwar vereitelte der 1741 ausbrechende schlesische Krieg zunächst ein behördliches Eingehen auf den Plan. Andererseits aber führte dieser Krieg erneut das Bedürfniß nach einem fähigeren Heilpersonal lebendig vor Augen. Ein Mann war es vorzugsweise, in dem die Gedanken Hoffmanns Wurzel gefaßt zu haben schienen, der Kasernenmedikus Dr. Pitschel. Dieser lernte als Leiter der Feldspitäler in Böhmen die Unbrauchbarkeit der sächsischen Unterwundärzte genügend kennen und fühlte sich dadurch veranlaßt, ihnen noch während des schlesischen Krieges gelegentliche Unterweisungen in ihrem Fache zu ertheilen. Als er nach Dresden zurückgekehrt von seinen ehemaligen Hörern um Fortsetzung dieses Unterrichts gebeten wurde, ging er bereitwillig darauf ein, reichte aber auch zugleich 1743 an höherer Stelle einen Plan zur Errichtung eines Collegium medico-chirurgicum ein. Insoweit ging man auf Pitschels Plan ein, als man ihm die gewünschten Vorträge gestattete und ihm dazu einen Raum in einer Dresdner Kaserne anwies. Der somit sehr bescheiden verwirklichte Plan Pitschels erhielt alsbald neue Nahrung durch den blutigen Verlauf des zweiten schlesischen Krieges (1744 bis 1745) und durch den glücklichen Umstand, daß 1746, als der Herzog von Weißenfels gestorben war, der Graf von Hennicke, mit der Uebernahme des Nachlasses vom Kurfürsten Sachsens beauftragt, in den Sammlungen des Herzogs anatomische Präparate vorfand und sie zu Unterrichtszwecken nach Dresden sandte. Jetzt schlug sich der Hofchirurg (vormals Leibchirurg des Herzogs von Weißenfels) Dr. Günther ins Mittel und befürwortete, sich an den früheren Plan von Hoffmanns anlehnend, von neuem die Gründung eines Collegium medico-chirurgicum. Mittels königlichen Reskripts vom 8. Mai 1748 wurde dieser Plan endgiltig genehmigt zu dem Zwecke, für die Armen tüchtige Wundärzte zu erziehen und das Publikum mit geschickten Wundärzten zu versehen, und so wurde im September 1748 das Collegium medico-chirurgicum in einem Flügel der Kaserne von Dresden-Neustadt für Vorträge eingerichtet." In: "Das einstige Collegium medico-chirurgicum in Dresden." Von Generalarzt z. D. Dr. Hermann Franz Frölich. In: Dresdner Geschichtsblätter, Band 2 (1897 bis 1900). VI. Jahrgang 1897, S. 1-11. Hier: S. 1f.
- ↑ Bestand 10114 Collegium Medico-Chirurgicum, Sanitätskorps beim Hauptstaatsarchiv Dresden
- ↑ Churfürstlich-Sächsischer Hof- und Staatscalender, 1787