Joseph Flügel
Joseph Flügel, auch Josef Flügel (* 18. Juli 1836 in Meißen; † 14. August 1910 in Dresden)[1] war ein sächsischer Jurist und Beamter, zuletzt am Dresdner Oberlandesgericht im Rang und mit Titel eines Geheimen Justizrates.
[Bearbeiten] Familie
Joseph Flügel entstammte der sächsischen Familie Flügel. Sein Urgroßvater Johann Georg Flügel war kurfürstlicher Diener auf Schloss Hartenfels in Torgau. Flügels Großeltern waren der Bautzner Schneider Johann Traugott Flügel († 1817) und dessen Ehefrau Maria Elsiabeth geb. Wünsche (1769–1816), Tochter des Bautzner Leinen- und Barchent-Webermeisters Johann Georg Wünsche.
Flügel war der Sohn des Professors an der Landes- und Fürstenschule St. Afra Gustav Leberecht Flügel (* 18. Februar 1802 in Budissin; † 5. Juli 1870 in Dresden) und dessen 1832 geheirateter Ehefrau Wilhelmine Constanze geb. Breuer (* 1804; † 21. Oktober 1890 in Dresden),[2] Tochter des Johannes Breuer. Flügels Vater war Doktor der Philosophie und Lizentiat der Theologie und seinerzeit weltweit geachteter deutscher Orientalist.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Flügel erhielt seine höhere Schulbildung an der Landes- und Fürstenschule St. Afra in Meißen, in die er am 4. Januar 1849 eintrat, als sein Vater Gustav Lebrecht Flügel dort noch als Professor unterichtete. Sein Reifezeugnis erhielt er mit seinem Abgang von der Schule sechs Jahre später, zu Ostern 1855. Danach immatrikulierte er sich an der Universität Leipzig, wo er ein Studium der Rechtswissenschaft absolvierte.
Nach seinem ersten Staatsexamen kam Flügel 1858 nach Dresden und ist erstmals im Adressbuch von 1859 als Rechtskandidat verzeichnet. Zu dieser Zeit wohnte er noch in der Wohnung seiner Eltern in der Liliengasse 4.[3] 1859 wurde er Akzessist,[4] ein Jahr später Protokollant,[5] 1861 Auditor [6] und 1862 Aktuar beim königlichen Amtsgericht.[7] 1863 wechselte er zum Dresdner Bezirksgericht.[8] 1866 promovierte Flügel an der Universität Leipzig zum Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. jur.) und ist erstmals als solcher im Dresdner Adressbuch 1867 aufgeführt.[9] Im gleichen Jahr wurde er Bezirksgerichtsassessor.[10] 1871, nach dem Tod seines Vaters, erbte Flügel dessen Haus in der Liliengasse 4.[11]
1873 wurde Flügel zum königlich-sächsischen Gerichtsrat am Bezirksgericht in Dresden ernannt.[12] 1879 wechselte er im Rang eines Rates an das königliche Landgericht.[13] Ein Jahr später, 1880 wurde er Kammerdirektor am Landgericht,[14] wiederum ein Jahr daruf Landgerichtsdirektor.[15] 1885 zog Flügel mit seiner Mutter in die Hausnummer 17 in der Liliengasse,[16] das er gekauft hatte, nachdem er das Haus in der Liliengasse 4 verkauft hatte. 1888 wurde Flügel zum königlichen Oberlandesgericht versetzt und dort zum Oberlandesgerichtsrat ernannt.[17] 1891 wurde er zum Mitglied des Oberkriegsgerichts berufen und erhielt den Rang und den Titel eines königlich-sächsischen Oberjustizrates.[18] Nach dem Tod seiner Mutter kaufte Flügel das dreistöckige Wohnhaus in der Leubnitzer Straße 24 und bezog dort die Wohnung im Erdgeschoss,[19] wo er bis zu seinem Tod wohnte.[20]
1899 wurde Flügel noch von König Albert in den Rang eines königlich-sächsischen Geheimen Justizrates erhoben. Im gleichen Jahr wurde er als Oberlandesgerichtsrat a.D. (außer Dienst) pensioniert.[21]
Da Flügel ohne Nachkommen starb, stiftete er sein Vermögen und seine Sammlungen. In seinem Testament vermachte er der Universität Leipzig ein Vermögen von 60.000 Mark, was heute einer Kaufkraft von über 300.000 Euro entspräche, zur Förderung der orientalischen Sprachwissenschaften, mit denen sich sein Vater beschäftigt hatte.[22] Flügels in Gold und Sepia bemaltes Tee- und Kaffeeservice aus Meißner Porzellan,[23] das er in seinem Vermächtnis der königlichen Porzellansammlung hinterlassen hatte und an diese 1911 ging, galt mehrere Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Es wurde 1955 in Leuben bei Meißen wiedergefunden, wobei die Zuckerdose und die Kaffeetasse fehlten.[24] Auch sein Hauseigentum in der Leubnitzer Straße wurde in eine Stiftung, der Flügelschen Stiftung umgewandelt. Diese existierte bis 1945.[25]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 1893: Ritterkreuz 1. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
[Bearbeiten] Quellen
- P.H. Kreyssig: I. Nachtrag zu Dr. A.H. Kreyssigs Afraner Album, Hrsg. vom Verein ehemaliger Fürstenschüler zum 350jährigen Stiftungsfest der Kgl. Landes- und Fürstenschule St. Afra zu Meissen, Chrimmitschau 1893, Digitalisat der SLUB, S. 60
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Datensatz auf Ancestry
- ↑ Sterberegister Dresden 1890, Datensatz auf Ancestry
- ↑ Adressbuch Dresden 1859, S. 55, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1860, S. 65, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1861, S. 71, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1862, S. 75, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1863, S. 80, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1864, S. 83, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1867, S. 86, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1868, S. 87, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1871, Häuserbuch, S. 504, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1874, S. 96, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1880, S. 117, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1881, S. 124, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1882, S. 115, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1886, S. 133, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1889, S. 150, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1892, S. 176, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1893, S. 184, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1910, Häuserbuch, S. 1763, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1900, S. 239, SLUB
- ↑ Notizen und Mitteilungen in: Deutsche Literaturzeitung, Wochenschrift für Kritik der Internationalen Wissenschaft, Band 31, Weidmannsche Buchhandlung, 1910, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 85
- ↑ Landtags-Acten vom Jahre 1911, Ausgaben 3-41, C.C. Meinhold und Söhne, 1913, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 36
- ↑ Porzellansammlung, Inv.-Nr. 1561 in: Uta Neidhardt, Sabine M. Vogler, Staatliche Kunstsammlungen Dresden: Zurück in Dresden: eine Ausstellung Ehemals Vermißter Werke aus Dresdener Museen ; Skulpturensammlung, Rüstkammer, Kupferstich-Kabinett, Gemäldegalerie Alte Meister, Gemäldegalerie Neue Meister, Kunstgewerbemuseum, Porzellansammlung, anläßlich der Ausstellung im Dresdener Schloß - Georgenbau, vom 9. April bis 12. Juli 1998, Ed. Minerva Farnung, 01.01.1998 - 255 Seiten, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 245
- ↑ Adressbuch Dresden 1943/44, Häuserbuch, S. 1869, SLUB