Viktor Hähnlein
Der jüdische Arzt Dr. med. Viktor Hähnlein praktizierte in den 1920er und 30er Jahren im Stadtteil Löbtau. Um 1926/27 wohnte er Stollestraße 56 EG und hatte seine "Sprechstundenwohnung" Kesselsdorfer Straße 43 EG (Sprechzeiten von 9 bis 10 und halb 5 bis 6).[1] Von 1929 bis 1933 arbeitete und wohnte er Malterstraße 45 EG (Sprechzeiten 9–10, 4–6, sonnabends nachmittags 2–3). Zwischen 1931 und 1933 war er zudem Bezirksfürsorgearzt.[2]
Viktor Hähnlein war am 30. April 1896 in Bochum als Sohn des angesehenen Kaufmanns Moritz Hähnlein (auch Maier Hähnlein) und seiner Frau[3] geboren worden. Er hatte vier ältere Schwestern: Else (geb. 1878 oder 1879), Martha (geb. 1881, verh. Sabel), Lea (1883-1917) und Nelly (1886-1943, verh. Berendsen). Else Hähnlein und Martha Sabel wurden 1942 ins Ghetto Riga deportiert und nach dem Zweiten Weltkrieg für tot erklärt. Ein Stolperstein in der Bochumer Schützenbahn erinnert an Else.[4]
Nach dem Militärdienst (1914-1918) absolvierte Viktor Hähnlein ab 1918 sein Studium der Medizin in München und Rostock (1919). 1921/1922 erhielt er seine Approbation, promovierte in München über genetisch bedingte Störungen der Bewegungskoordination und schloss als Dr. med., praktischer Arzt ab.[5] Als junger Arzt veröffentlichte er mehrere Bücher.
Verheiratet war Hähnlein mit Margarete (andere Quelle: Margarethe) Schröter, "der treuen Helferin und Kameradin"[6], geboren am 11. Juli 1896 in Berlin. Das Paar bekam zwei Kinder: Annelies, geboren am 17. August 1927, und Renate, geboren am 14. Oktober 1928.[7]
Da Hähnlein Jude war[8], wurde er 1933 von der Zulassung zur Kassenpraxis ausgeschlossen und unterlag ab 1. April 1934 der Erstattungssperre durch die private Krankenversicherung Deutscher Ring Krankenversicherungsverein a.G. Daraufhin emigrierte Hähnlein mit Frau und Töchtern in die Schweiz, Belgien und Frankreich. Von dort aus reiste die Familie 1935 nach Dublin aus. Hähnlein emigrierte allein von Irland in die USA, wo er eine Praxis eröffnen konnte und anschließend die Familie nachholte.[9] Etwa 1948 starb er.[10] Viktor Hähnleins Nachfolger in der Praxis und Wohnung Malterstraße war ab 1934 Dr. med. Eduard Grube.[11]
[Bearbeiten] Werke
- Seelische Selbstbehandlung: Ihr Wesen und ihr Heilwert. Ärztliche Beratung zur Ergänzung der Sprechstunde, Nr. 17. Leipzig, Verlag von Curt Kabitzsch, 1926. 80 Seiten.
- Der Mut zur Gesundheit. Leipzig, Hesse & Becker Verlag, 1927. 176 Seiten.
- Hausbuch der Gesundheitspflege. Hrsgg. im Auftrage des Ärztlichen Ausschusses für hygienische Volksbelehrung, Dresden, von Dr. med. Viktor Hähnlein. Volkshygienischer Verlag Dresden 1927. Beitrag von Hähnlein darin: Hygiene der Wohnung. S. 19-39.
- Grundzüge der Krankenpflege, Verlagsanstalt Erich Deleiter Reihe Deleiters Gesundheitsbüchlein Nr. 19, 1926, 30 Seiten. (Auflistung der erschienen Gesundheitsbüchlein hinterer Rücken aus Nr. 38/39, in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig verfügbar)
- Preiswerte und ausreichende Ernährung. Verlagsanstalt Erich Deleiter Reihe Deleiters Gesundheitsbüchlein Nr. 12, 1926, 24 Seiten. (Auflistung der erschienen Gesundheitsbüchlein hinterer Rücken aus Nr. 38/39, in der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig verfügbar)
- Die Milch als Volksnahrungsmittel, Verlagsanstalt Erich Deleiter Reihe Deleiters Gesundheitsbüchlein Nr. 20, 1927, 26 Seiten.
- Gesunde Füsse! In der Reihe: Der Arzt als Erzieher H. 59 , München Verlag d. Aerztl. Rundschau Otto Gmelin, 1928, 77 Seiten.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Adreßbuch 1926/27 Teil 1, S. 243
- ↑ Adreßbuch für Dresden und Vororte 1932, 1. Teil Einwohnerverzeichnis, S. 246, 4. Teil Berufsklassen und Gewerbebetriebe, S. 13. Adreßbuch für Dresden und Vororte 1933, 1. Teil Einwohnerverzeichnis, S. 229 und 247, 4. Teil Berufsklassen und Gewerbebetriebe, S. 12. Caris-Petra Heidel (Hrsg.): Ärzte und Zahnärzte in Sachsen 1933-1945. Eine Dokumentation von Verfolgung, Vertreibung, Ermordung. Frankfurt am Main 2005. S. 118.
- ↑ Zum Namen der Ehefrau gibt es widersprüchliche Angaben: Regina oder Margarete, geb. Schröder (Quelle: Stolpersteine Bochum) oder Rosalie, geb. Rosenthal (Quelle: Die "Entjudung" des Wohnraums). Möglicherweise hatte Hähnlein sen. Kinder von verschiedenen Frauen.
- ↑ Schneider, Hubert: Die "Entjudung" des Wohnraums - "Judenhäuser" in Bochum. Berlin 2010. S. 112-114. Informationen zu Else Hähnlein, gefunden unter http://www.bochum.de/stolpersteine.
- ↑ Caris-Petra Heidel (Hrsg.): Ärzte und Zahnärzte in Sachsen 1933-1945. Eine Dokumentation von Verfolgung, Vertreibung, Ermordung. Frankfurt am Main 2005. S. 118/119. Historisches Matrikelbuch der Universität Rostock
- ↑ Widmung in "Der Mut zur Gesundheit"
- ↑ Caris-Petra Heidel (Hrsg.): Ärzte und Zahnärzte in Sachsen 1933-1945. Eine Dokumentation von Verfolgung, Vertreibung, Ermordung. Frankfurt am Main 2005. S. 119.
- ↑ historisches Matrikelbuch der Universität Rostock
- ↑ Caris-Petra Heidel (Hrsg.): Ärzte und Zahnärzte in Sachsen 1933-1945. Eine Dokumentation von Verfolgung, Vertreibung, Ermordung. Frankfurt am Main 2005. S. 118/119.
- ↑ Schneider, Hubert: Die "Entjudung" des Wohnraums - "Judenhäuser" in Bochum. Berlin 2010. S. 112.
- ↑ Adressbuch für Dresden und Vororte 1934, 2. Teil Einwohnerverzeichnis, S. 233 und 251, 3. Teil Berufsklassen und Gewerbebetriebe, S. 13.