Wölfe in Dresden
Nach etlichen Wolfs-Sichtungen Anfang und Mitte 2019 wurde dann im August durch eine gezielt aufgestellte Wildtierkamera ein erstes Wolfsrudel in der Dresdner Heide nachgewiesen, das sich hier zwischen Dachsenberg (mit 281 m ü. NN der höchste Punkt der Dresdner Heide) und Hofewiese angesiedelt hatte.[1]
Bis Oktober gab es 47 Hinweise auf den Wolf in der Dresdner Heide, davon 22 Sichtmeldungen. Das damalige "Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz" konnte in sechs Fällen den Wolf bestätigen.
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[Bearbeiten] Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz
Das "Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz" wurde am 13. September 2004 in Rietschen (seit 2008 Landkreis Görlitz) durch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft und den Niederschlesischen Oberlausitzkreis eröffnet, nachdem sich seit dem Jahr 2000 in Sachsen wieder Wölfe etabliert hatten (erste in Deutschland nachgewiesene Welpen). Dieses Kontaktbüro war eine in Europa einmalige Einrichtung. Finanziert wurde das Kontaktbüro mit Mitteln des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft und mit Fördermitteln gemäß der Richtlinie "Natürliches Erbe". 2014 befand es sich in alleiniger Trägerschaft des Landkreises Görlitz und musste deswegen 2020 geschlossen werden.[2]
[Bearbeiten] Aktuelle Situation
Die aktuelle (2025) "Fachstelle Wolf" des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie befindet sich in Nossen. (siehe Weblinks)
Ende 2024 wurden durch diese Einrichtung in Sachsen neben dem Wolfsrudel Dresdner Heide weitere 36 Wolfsrudel und sechs Wolfspaare bestätigt. Diese insgesamt 43 Wolfsterritorien liegen hauptsächlich östlich der Elbe (deswegen auch "Wolfsland" genannt), einige aber auch in Nordsachsen oder im hohen Erzgebirge. Es konnten 106 Welpen bei 33 Rudeln nachgewiesen werden. Gebiete hoher Bevölkerungsdichte wie der Elbtalkessel und das Erzgebirgsvorland werden von den Wolfsrudeln gemieden. (siehe Weblinks)
In der Dresdner Heide wurden 2024 sechs Wölfe nachgewiesen: ein Wolfspaar mit vier Welpen. Die Welpen von 2023 (sog. "Jährlinge"), die üblicherweise das Rudel noch verstärken würden, haben wahrscheinlich nicht überlebt. Am 3. August 2023 entdeckten Waldarbeiter drei geschwächt wirkende Wolfswelpen. Zwei davon konnten noch flüchten, das dritte "Wölfchen" verstarb bereits in der Nacht zum 4. August beim Tierarzt an Parvovirose. Am empfänglichsten für diese schwere Infektionserkrankung, die hauptsächlich von Hunden übertragen wird (und deswegen auch "Hundepanleukopenie " genannt wird), sind Welpen im Alter von 2 bis 16 Wochen. Insgesamt wurden vier Welpen dieses Wurfes beobachtet. Sie könnten alle der Krankheit erlegen sein, wobei ein Nachweis fehlt.[3]
Die Dresdner Heide ist das westlichste Revier des sächsischen "Wolfslandes" östlich der Elbe. Im Westen und Süden versperrt der dichtbesiedelte Elbtalkessel mit der Stadt Dresden die weitere Ausbreitung. Im Osten grenzt das Revier Polenztal an, im Norden das Revier Laußnitzer Heide und im Nordosten das Revier Haselbach(tal). (siehe Weblinks)
[Bearbeiten] Geschichte
Die ehedem stabilen Wolfsbestände in Europa wurden im Mittelalter während der Rodungszeit durch die zunehmende Verdorfung zurückgedrängt. Der Jagddruck durch die in ihrer Weideviehhaltung geschädigten Bauern war aber noch gering, da die Jagd den Feudalherren vorbehalten blieb.
Durch die verstärkte Ausbreitung der Waldweide in Hutewäldern verstärkte sich der Konflikt mit dem plötzlich "bösen Wolf". Die Waldweide ersetzte eine aufwendige Rodung oder eine Anlage von Grünland. Bei der Waldmast (auch als Eckerich bekannt) wurden damals Hausschweine in die Wälder getrieben, wo sie sich von Eicheln, Bucheckern und Kastanien ernähren konnten. Andererseits mußte sich auch das Großvieh (Rinder und Pferde) infolge der Dreifelderwirtschaft zeitweise von der Waldweide ernähren. Das Grasland mußte nach der ersten intensiven Nutzung im Frühling für acht bis zehn Wochen ruhen, das nachwachsende Gras wurde geschnitten, getrocknet und als Heu für den Winter eingelagert. Erst im Herbst konnte das Großvieh die Grasweiden noch einmal nutzen. Die immer weiter verbreitete Tierhaltung führte in den Wäldern auch zu immer größeren Tierverlusten.
Die Angst der Bauern nahm zu, weswegen sie ab dem 15. Jahrhundert den Wolf systematischer bekämpften.
Im 16. Jahrhundert versuchte man, den Wolf mithilfe von Lappjagd, Wolfsgruben, Wolfsangeln und Giftködern sogar auszurotten.
Im 17. Jahrhundert gab es groß angelegte Treibjagden und sogar Prämien für getötete Wölfe. Dadurch wurde der Wolfsbestand in weiten Teilen Mitteleuropas stark dezimiert und das einst zusammenhängende Vorkommensgebiet lückenhaft.
Zur Erinnerung an einen besonders starken Wolf, der am 20. April 1618 bei einer Treibjagd im Friedewald erlegt wurde, ließ Johann Georg I. die Wolfssäule Friedewald errichten. Dieses Jagddenkmal liegt in der Nähe des 1702 an der Dresden-Großenhainer Straße beim damaligen Forsthaus Kreyern eingerichteten Tiergarten, "Auergarten" genannt nach den Wisenten aus Litauen (im Volksmund Auerochsen). Im Jahre 1726 entstand im alten Falkengarten (etwa 500 Meter nordwestlich des heutigen Ortsteils) für die Tiere ein neuer "Auergarten" mit Tierwärterhaus. Seit 1728 war der Auergarten mit dem Schankrecht ausgestattet. Aus ihm entstand der heutige Ortsteil Auer westlich von Moritzburg.
Unter Johann Georg II. von Sachsen wurden zwischen 1656 und 1680 mindestens 2195 Wölfe erlegt. Demzufolge war der Wolf bereits um 1750 in weiten Teilen Sachsens (wie auch Deutschlands) als Standwild verschwunden, auch im Raum Dresden. Standwild ist Wild, das sich im Gegensatz zum Wechselwild ständig in einem Revier aufhält. Es ist deswegen besonders anfällig gegen Ausrottung.
In der Laußnitzer Heide nordöstlich von Dresden wurde am 11. November 1740 der letzte Wolf geschossen, an den die Wolfssäule Laußnitzer Heide erinnert. Die Laußnitzer Heide war seit dem Mittelalter ein Jagdrevier der Wettiner und unterstand 1740 dem Amt Radeberg. In der näher zu Dresden gelegenen Dresdner Heide war zu diesem Zeitpunkt der Wolf bereits ausgerottet. Im Friedewald wurde 1750 letztmalig ein Wolf gesichtet.
Das Wolfs-Revier Laußnitzer Heide ist heute wieder der nördliche Nachbar des Reviers Dresdner Heide. Im Friedewald ist noch keine neue Wolfsansiedlung festgestellt worden.
[Bearbeiten] Relikte des Wolfsbestandes
Am bekanntesten ist der Wolfshügel nach einem Wolfsgehege, das sich hier ab dem 16. Jahrhundert befand (spätestens nach den politischen Umwälzungen von 1830 aufgelöst). Auf dem 212 m ü. NN (nach anderen Angaben 211 m) hohen Wolfshügel mit Fernblick über das Elbtal und auf die markante Silhouette der Stadt Dresden wurde der heute noch bekannte Wolfshügelturm im Jahr 1911 errichtet (1945 gesprengt; Bemühungen zu einem Wiederaufbau laufen seit 2018).
An das vor 1740 ausgerottete Wildtier Wolf erinnern historische Namen wie Wolfsgrund, Wolfstal, Wolfsloch, Wolfsberg, Wolfswasser und Wolfssteig.
Ein Wolfsberg liegt in der nahen Sächsischen Schweiz. Auch hier hat sich der Wolf wieder angesiedelt - mit einem Rudel oberhalb des Polenztals und einem im Hohwald.
[Bearbeiten] Weblinks
- Fachstelle Wolf des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (Webseite)
- "43 Wolfsterritorien in Sachsen bestätigt" In: Medienservice Sachsen vom 12. Dezember 2024
- "Geschichte Wolf und Mensch" auf wolf.sachsen.de
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema Wölfe in Deutschland
- Wölfe in Deutschland (Q55524593) bei Wikidata - Artikel über die Situation der Wölfe in Deutschland
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ "Fotofalle bringt den Beweis: Erstes Wolfsrudel in der Dresdner Heide! Schon Dutzende Male soll der Wolf in der Heide gesichtet worden sein, doch erst jetzt herrscht Gewissheit: In dem Wald im Norden Dresdens hat sich ein Wolfsrudel angesiedelt! Den Beweis liefert eine Wildtierkamera." In: TAG24 vom 22. Oktober 2019 (abgerufen am 20. Januar 2025).
- ↑ "Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz feiert 10. Geburtstag" In: Medienservice Sachsen vom 13. September 2014 (abgerufen am 20. Januar 2025).
- ↑ "Das Wolfsrudel in der Dresdner Heide." In: DAWO! Dresdner Wochenzeitung vom 18./19. Januar 2025.