Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus
Die Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus wurde 1911 von Émile Jaques-Dalcroze zunächst in den Deutschen Werkstätten für Handwerkskunst provisorisch eingerichtet und zog nach der Fertigstellung im Folgejahr in das Festspielhaus Hellerau. Sie gilt heute als Geburtsort des deutschen Ausdruckstanzes und des Tanztheaters.
Die Planungen für ein solches Institut begannen mit den ersten Vorstellungen für die Gartenstadt Hellerau um 1906 und wurden konkret, als sich der Bühnenbildner Adolphe Appia und Émile Jaques-Dalcroze trafen und feststellten, wie gut neuartige Bühnengestaltung und die von Jaques-Dalcroze entwickelte rhythmische Gymnastik zueinander passten. Wolf Dohrn war 1909 von einem Auftritt von Jaques-Dalcroze in Dresden so angetan, dass er ihn überzeugen konnte, genau dieses Konzept im geplanten Festspielhaus zu verwirklichen.
Die Hellerauer Schule entwickelte unter Jaques-Dalcroze als pädagogischem Leiter rasch einen ausgezeichneten Ruf. 1913 wurden schon weit mehr als 300 Studenten ausgebildet, die natürlichen Bewegungen des Körpers zu finden und Körper, Seele und Geist zu einer Einheit werden zu lassen. An der Tanzschule wirkten bekannte Pädagogen:
Christine Baer-Frisell | Nina Gorter | Albert Jeanneret | Valeria Kratina | Marie Adama van Scheltema | Irma Schoenberg | Johanna Suppes
Bekannte Schüler in Hellerau waren:
Rosalia Chladek | Elfriede Feudel | Valeria Kratina | Marie Elisabeth Scheiblauer | Mary Wigman
Die Absolventen der Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus prägten ihrerseits weitere Schülerinnen und Schüler im Sinne von Jaques-Dalcroze. So studierten Gret Palucca und Dore Hoyer bei Mary Wigman.
Mit dem Tod von Wolf Dohrn im Jahre 1914 verlor Émile Jaques-Dalcroze seinen wichtigsten Fürsprecher und Mäzen. Wegen seiner Kritik an der deutschen Kriegsführung wurde er sogar zur unerwünschten Person. Auch die ausländischen Schüler verließen Hellerau und die Bildungsanstalt ging in Konkurs. Nach ihrer Neugründung wurde sie von Harald Dohrn, dem sieben Jahre jüngeren Bruder von Wolf Dohrn, geschäftlich und von Christine Baer-Frisell pädagogisch geleitet. 1925 wurde die Schule Hellerau für Rhythmus, Musik und Körperbildung nach Laxenburg/Wien verlegt. Weitere Versuche von Dohrn, auch in Hellerau die Tradition fortzuführen, blieben weitgehend erfolglos. Dohrn übergab das Gebäude 1938 den Nationalsozialisten.
[Bearbeiten] Quellen
- Hans-Stefan Müller: "Festspielhaus Hellerau". Diplomarbeit, 1996
- Chronik: 50 Jahre Gartenstadt Hellerau: Festschrift, 1959
[Bearbeiten] Literatur
- Hans Kappler: "Bei Jaques-Dalcroze in Hellerau". Neue Zeitschrift für Musik, 1. Februar 1921, S. 49-55
- Katja Rothe: Die Rhythmikerinnen: Zur Geschichte praktischen Wissens