Karl-Hermann-Saal
Das „kleine“ Saalgebäude, der "Karl-Hermann-Saal", an der Heidestraße 2 gehörte zum großen Komplex des Goehle-Werkes in Pieschen, einem von der Zeiss-Ikon AG 1939/1941 errichteten Rüstungsbetriebes. Im Goehle-Werk selbst wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Zubehörteile für die Flugzeugindustrie und den U-Boot-Bau hergestellt, wobei auch zahlreiche Zwangsarbeiter eingesetzt waren.
Nach Übergabe des demontierten Werkes durch die Sowjetische Militäradministration an die Bezirksleitung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im Jahre 1945 begann man mit dem Aufbau einer Druckerei. In ihr wurde 50 Jahre lang die „Sächsische Zeitung“ gedruckt.
Wegen seiner Größe (900 Plätze) war der „kleine“ Saal an der Heidestraße in den 1950er Jahren einer der renommiertesten Orte in Dresden, vor allem für kulturelle Veranstaltungen. Neben Auftritten von Künstlern der leichten Muse, den ersten Jugendweihen, Beratungen, Konferenzen und Kongressen war er am 7. Juli 1956 auch Geburtsstätte des ersten öffentlichen Jazzkonzerts in der DDR. Auf der Bühne musizierten damals unter anderem der Jazz-Pianist, Hochschullehrer und Komponist Günter Hörig (1927–2009) sowie der Musikjournalist und Jazzmusiker Karlheinz Drechsel (geb. 1930).
Seinen Namen erhielt der Saal um 1952/53. Der 1889 geborene Namenspate Karl Hermann, ein Fabrikarbeiter aus Ostpreußen und Mitglied der KPD, war 1924 Redakteur der KPD-Zeitung „Echo des Ostens“ sowie Mitglied der KPD-Bezirksleitung in Königsberg (heute Kaliningrad), später auch Lektor und Redakteur in Bautzen und Leipzig. Von 1946 bis zu seinem Tode (16. April 1952) arbeitete Karl Hermann als Redakteur an der „Sächsischen Zeitung“.
Von April 2005 bis Dezember 2013 befand sich im „kleinen“ Saal an der Heidestraße ein „Euro-Basar“, der Möbel, Türen, Fliesen, Haushaltgegenstände und anderes mehr zu vernünftigen Preisen anbot. Das Gebäude hat mit der Zentralwerk Kultur- und Wohngenossenschaft e.G iG einen neuen Eigentümer.
Neuerdings wird der Sall mitunter auch als Henny-Brenner-Saal bezeichnet. Henny Brenner musste Zwangsarbeit bei der Zeiss Ikon im Goehle-Werk leisten. Sie gibt darüber in einem sehenswerten Interview Auskunft, welches im Karl-Hermann-Saal aufgenommen wurde. [1]
Zu den Architekten des Goehle-Werkes, das seinen Namen dem Konteradmiral der deutschen Kriegsmarine Herbert Goehle (1878–1947) verdankt, gehörte auch der Professor für Raumkunst an der TH Dresden Emil Högg (1867-1954). Im Jahre 1991 erhielt in Radebeul die seit 1946 nach dem antifaschistischen Widerstandskämpfer Josef Wagner (1897–1943) benannte Straße den Namen Emil-Högg-Straße.