Albert Willy Meyer
Albert Willy Meyer war der erste Flugplatzdirektor von Dresden.
Albert Willy Meyer wurde am 4. November 1885 geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Rainwiese (heute: Mezní Louka), wo sein Vater viele Jahre ein Gasthaus betrieb. Vor der Jahrhundertwende kam er nach Dresden und besuchte dort das Königlich Sächsische Gymnasium.
Die militärische Laufbahn von Willy Meyer begann als sächsischer Offizier in Döbeln. Dort wurde er am 14. Februar 1907 zum Leutnant im 139. Infanterie-Regiment befördert. Anfang des Jahres 1911 erlernte er das „Führen eines Kraftwagens“ sowie das Fahren eines Freiballons, was ihn sehr faszinierte. Nun fehlte nur noch eine Flugzeugführererlaubnis. Um diese abzulegen, musste sein Regimentskommandeur ihn freistellen, was dieser ungern tat. Er warnte Leutnant Meyer, dass die mit der Fliegerei verbundenen Schadensersatzforderungen im Falle eines Unglücks von ihm selbst zu tragen seien, weil Versicherungen Abschlüsse mit Fliegern ablehnten. Außerdem war er der Meinung, dass das Fliegen militärisch sehr bedeutungslos sein würde und eher eine Beschäftigung für müßige, reiche Sportsleute und Sensationsdarsteller sei. Willy Meyer ließ sich davon aber nicht beirren, selbst als der Ausbildungskurs mangels eines Flugzeuges abgebrochen werden musste. Mit Unterstützung des Flugpioniers Hans Grade gelang es ihm, am 18. November 1911 im Alter von 26 Jahren die Flugzeugführererlaubnis Nummer 136 zu erhalten.
Am 28. Oktober 1912 bewarb sich Leutnant Meyer beim damaligen Dresdner Oberbürgermeister Geh. Rat Dr. Gustav Otto Beutler um die Stelle des Flugplatzdirektors auf dem noch nicht einmal im Bau befindlichen städtischen Flugplatz in Dresden-Kaditz. Etwa sieben Monate später – am 10. Juni 1913 – gab Dr. Beutler vor dem Rat zu Dresden zu Protokoll, dass er für den Direktor des Dresdner Flugplatzes in erster Linie Leutnant Meyer empfehle, der als einer der besten Flieger gelte und die erforderlichen Fähigkeiten besäße, um die vielseitige und schwierige Stellung zu übernehmen. In der Sitzung des Gesamtrates der Stadt Dresden wurde Meyer unter sieben Bewerbern als Flugplatzdirektor mit Privatvertrag gewählt.
In den drei Paragrafen des Vertrages wurde festgelegt, dass Leutnant Meyer die Dienstbezeichnung „Flugplatzdirektor“ für ein Jahr übertragen werden sollte (für diesen Zeitraum hatte er eine Freistellung von seinem Regiment erhalten) und dass er das Flugwesen auf dem Platz zu organisieren und zu leiten habe, insbesondere für die Entwicklung eines regen Flugbetriebes durch Flugveranstaltungen zu sorgen habe. Für seine Tätigkeit war eine Vergütung von 10.000 Mark, die in monatlichen Teilzahlungen erfolgen sollte, vorgesehen. Außerdem erklärte sich die Stadt bereit, die Miet- und Umzugskosten zu erstatten.
Willy Meyer wohnte zunächst auf Untermiete in der Ferdinandstraße 17 und anschließend in der 1. Etage der Martin-Luther-Straße 4 in der Äußeren Neustadt. Ab 1. August mietete die Stadt für das Büro des Flugplatzdirektors drei Räume im dritten Stockwerk des Hauses „An der Kreuzkirche“ Nr. 18. Diese Entscheidung erwies sich jedoch als ungünstig, da die Wohnung viel zu weit vom Flugplatz entfernt und somit für spontane Entscheidungen nicht dienlich war.
Zu den ersten Arbeitshandlungen von Willy Meyer gehörte ein Rundgang über das zukünftige Flugplatzgelände mit dem Leiter des städtischen Grundstücksamtes Dr. Krüger, der zugleich sein Vorgesetzter war. Meyer machte Vorschläge, wo Flugfelder, Startbahnen, Tribünen und Hallen für Flugzeuge zweckmäßig angelegt bzw. gebaut werden sollten. Er wies darauf hin, dass Reichstelefon- und -telegrafenleitungen an der Scharfenberger und Overbeckstraße beseitigt werden müssten und an mehreren Stellen im Anflugraum Bäume zu fällen seien.
Am 26. Oktober 1913 wurden die städtische Luftschiffhalle und der Flugplatz in Dresden-Kaditz feierlich eingeweiht. Danach galt es für den Flugplatzdirektor dafür zu sorgen, dass notwendige Reparaturen veranlasst und Baumängel beseitigt wurden. Aber auch Geräte und Apparaturen waren nachzurüsten, um vor allem die Betriebsbereitschaft zu gewährleisten. Außerdem mussten Verhandlungen mit Firmen geführt werden, damit diese auf den Dresdner Flugplatz übersiedelten.
Von Januar bis Juli 1914 nahm Leutnant Meyer auf dem Kaditzer Flugplatz häufig an Flugveranstaltungen teil, die bedingt durch den milden Winter bereits ab Jahresbeginn stattfanden. Fast an jedem Wochenende fanden Schau- und Passagierflüge statt, die er meistens mit einer D.-F.-W.-Taube (Hersteller: Deutsche Flugzeugwerke Leipzig) absolvierte. Ein besonderer Höhepunkt stellte jedoch die erste sächsische Luftpostbeförderung zwischen Dresden und Leipzig dar, die für den 10. und 11. Mai 1914 geplant war. Für diese Flugpost, die wohltätigen Zwecken dienen sollte, wurden Flugpostkarten gedruckt, die auf der Rückseite eine eingedruckte Flugmarke aufwiesen. Alle Karten waren mit Nummern versehen, auf die vier Flugzeug-Freiflüge ausgelost wurden. Auch Gedenkkarten, die anlässlich der Enthüllung des Schillerdenkmals auf der Hauptstraße in Dresden herausgegeben wurden, konnten verwendet werden. Darüber hinaus kamen in beiden Städten motivgleiche Sonderstempel zum Einsatz. Auf Grund ungünstiger Witterungsverhältnisse musste der Flug von Dresden nach Leipzig um einen Tag verschoben werden. Am Vormittag des 11. Mai starteten die beiden Flieger Leutnant Meyer und Römpler und beförderten mit ihren D.-F.-W.-Tauben in acht Postbeuteln 32.605 Luftpostkarten nach Leipzig. Den Rückflug am gleichen Tag führte Leutnant Meyer allein durch, da nur drei Postbeutel mit 11.314 Luftpostkarten aufgeliefert wurden.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges besetzte die Militärverwaltung den gesamten städtischen Flugplatz und die Luftschiffhalle. Auch das Wirken von Leutnant Meyer als Flugplatzdirektor fand ein jähes Ende. Am 2. August 1914 wurde er zum Heer einberufen. Sein Einsatz erfolgte an der Westfront in der Feldfliegerabteilung 23, die kurzfristig mit Kriegsausbruch in Großenhain durch das 3. Flieger-Bataillon Nr. 1 aufgestellt worden war. Am 29. September 1914 erhielt Meyer für seine hervorragenden Leistungen bei Flügen im Feindesland die Beförderung zum Oberleutnant und wurde mit dem „Eisernen Kreuz“ I. Klasse ausgezeichnet. Weitere Auszeichnungen bekam er 1915 und 1916.
Willy Meyer hatte vor dem Krieg in Dresden Editha Thamm kennen gelernt und am 18. März 1917 in Berlin-Charlottenburg geehelicht.
Trotz Kriegsverpflichtung hielt er Vorträge mit Lichtbildern, so am 22. November 1917 in der Aula der Technischen Hochschule Dresden zum Thema „Der Krieg in den Lüften“. Im Mai 1918 nahm er an einer Sitzung des Flugplatzausschusses in Dresden teil, wo über eine Versuchsflugpost zwischen Dresden und Leipzig, eventuell unter Einbeziehung von Chemnitz, debattiert wurde.
Das Ehepaar Editha und Willy Meyer informierten Verwandte und Bekannte darüber, dass am 6. Juni 1918 ihr Töchterchen Waldtraut gesund in Berlin geboren wurde. Damals wohnten sie unweit des Olympiastadions auf der Reichsstraße 103.
Mit Beendigung des Ersten Weltkrieges war auch Meyers militärisches Wirken beendet. Hauptmann Meyer teilte das Schicksal mit tausenden Offizieren, die im zivilen Sektor eine Arbeit finden mussten. Bis 1945 wohnte die Familie in Berlin-Wilmersdorf auf der Hanauer Straße 68. In dieser Zeit betrieb er mit seiner Frau ein Delikatessengeschäft; später war er Vertreter für Landmaschinen im Berliner Raum und Eberswalde. Nach 1945 musste die Familie umziehen, erst auf Untermiete und dann in eine Mietwohnung in der 3. Etage der Sulzaer Straße 18 in Berlin-Schmargendorf.
Am 18. März 1967 feierten Editha und Willy Meyer in Berlin das Fest der Goldenen Hochzeit. Sechs Jahre später, am 15. April 1973, verstarb nach längerer Leidenszeit Editha Meyer im 86. Lebensjahr. Willy Meyer schloss im Alter von 91 Jahren am 19. Februar 1977 in Berlin seine Augen. Er war einer der ältesten Flugpioniere der „Alten Adler Deutschlands“.
Bis zu seinem Tod war er geistig sehr rege. So verfasste er im Frühjahr 1976 mit der Schreibmaschine seine ersten Erlebnisse mit der Fliegerei in den Jahren 1910 und 1911 unter dem Titel „Streiflichter aus der Kindheit der deutschen Fliegerei“.