Gotthardt Kuehl
Gotthardt Kuehl (* 28. November 1850 in Lübeck; † 9. Januar 1915 in Dresden) war ein bedeutender Impressionist und als Studienprofessor ein langjähriger Leiter der Kunstakademie. Er gilt heute als Begründer der Dresdner Malschule des 20. Jahrhunderts.[1]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Der Sohn eines Volksschullehrers begann zunächst eine kaufmännische Lehre. Schon 1867 wandte er sich aber der Kunst zu und wurde in Dresden mit einem Stipendium der Sächsischen Akademie der Künste bei Johann Karl Ulrich Bähr und Karl Wilhelm Schurig und ab 1870 in München bei Wilhelm von Diez ausgebildet. Bereits während des Studiums erhielt er Einladungen zu akademischen Kunstausstellungen, so 1873 nach Wien und 1874 nach Dresden. Ein 10-jähriger Aufenthalt in Paris prägte ihn nachhaltig im Sinne des französischen Impressionismus. In Holland lernte er Max Liebermann kennen, dessen Einfluss sich in vielen von Kuehls folgenden Werken widerspiegeln sollte. Diese wurden bei internationalen Kunstausstellungen in London, München und Madrid mit Medaillen geehrt, in Dresden aber von den Vertretern der akademischen Malerei heftig kritisiert. 1892 gehörte Kuehl wie Liebermann zu den Gründungsmitgliedern der Münchner Secession. Vor allem seine Interieurmalerien waren für den virtuosen Umgang mit Licht und Farbe berühmt. 1888 heiratete Kuehl in Lübeck die Tochter Henriette des Malers David Simonson.[2] Sein Schwager Ernst Oskar Simonson-Castelli gehörte in München zu seinen Schülern.
1893 übersiedelte Kuehl nach Dresden, wo er neben Carl Bantzer zu den bekanntesten Mitgliedern der Künstlerkolonie Goppeln zählte. Er wohnte zeitweise Wasastraße 8.[3] 1895 wurde Kuehl an die Dresdner Kunstakademie als Leiter des Ateliers für Genremalerei berufen. Er beeinflusste in den folgenden 20 Jahren die Akademie entscheidend. Außerdem war er Mitglied der Galeriekommission unter Karl Woermann.[4] Aus Distanz zur Salonkunst organisierte er mit Paul Schumann 1897 die I. Internationale Kunstausstellung im Ausstellungspalast und initiierte damit eine bedeutende Ausstellungsreihe.
Kuehl wurde als Künstler in Dresden zunächst angefeindet, seine Schüler und seine Nachfolger wie Bantzer, Otto Gussmann und später Robert Sterl begründeten Kuehls große Bedeutung für die Dresdner Malschule. Mit mehreren seiner Schüler wie Arthur Bendrat, Fritz Beckert und Georg Erler gründete er 1902 die Künstlervereinigung Die Elbier. Unter der Leitung von Ferdinand Dorsch, ab 1906 Kuehls Meisterschüler und später dessen Freund, entfaltete der Verein eine rege Tätigkeit und trat an die Stelle des Vereins bildender Künstler Dresdens, der sich nach einigen Jahren seines Bestehens wieder auflöste. Das künstlerische Streben der Elbier wie auch jenes von Gotthardt Kuehl verstand sich als Heimatkunst aus Stadt und Land.[5] Kuehl gehörte zudem dem Vorstand des Dachverbandes der deutschen Sezessionen, dem Deutschen Künstlerbund, an. Weitere Schüler seines Meisterateliers waren:
Max Ackermann | Artur Bär | William Baring | Erich Buchwald-Zinnwald | Georg Gelbke | Hans Hanner | Josef Hegenbarth | Rudolf Knöbel | Edmund Körner | Karl Kröner | Gustav Meyer-Buchwald | Hans Nadler | Paul Oberhoff | Karl Paul | Martin Erich Philipp | Johannes Schirmer | Gustav-Adolf Schreiber | Kurt Schwitter | Johannes Ufer | August Wilckens | Paul Wilhelm
Friedrich August III. ernannte Gotthardt Kuehl zum Geheimen Hofrat. Von 1906/07 bis zu seinem Tod 1915 lebte der Maler im 1. Obergeschoss der „Villa Wasa“. Seine Witwe Henriette wohnte auch nach seinem Tod noch dort.[6] Kuehls Grabstätte befindet sich auf dem Urnenhain Tolkewitz. Die Gotthardt-Kuehl-Straße in Strehlen trägt seinen Namen.
[Bearbeiten] Werke
Zu Kuehls bekanntesten Werken gehört Die Augustusbrücke zu Dresden im Schnee (1904), die sich heute in der Gemäldegalerie Neue Meister befindet.[7] Dieses Bild entstand wie verschiedene weitere Ansichten der Augustusbrücke in seinem Atelier im Glashaus auf dem Dach der Kunstakademie.[8] 1910 schuf er für den Stadtverordnetensitzungssaal im Neuen Rathaus elf Gemälde mit Ansichten von Dresdner Plätzen und Bauten. Er galt als legitimer Nachfolger von Bernardo Bellotto in der Darstellung von Stadtansichten, auch wenn sich ihr Malstil grundsätzlich unterschied, denn Kuehl betonte alles Farbige, ob die roten und gelben Straßenbahnwagen oder die grünen Kupferdächer. Im Stadtmuseum wurde für seine Werke ein Kuehl-Saal eingerichtet. Heute befinden sich viele seiner Werke in der Gemäldegalerie Neue Meister.[9]
Dresden vom Schlossturm
[Bearbeiten] Quellen
- Max Morold: Gotthardt Kuehl. In: Die Kunst für Alle. 21. 1906. Herausgegeben von Fritz Schwartz. München 1906. Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G.
- Gedächtnisausstellung
- Paul Schumann: Nachruf
- Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 774.
- Friedrich von Boetticher: Malerwerke des neunzehnten Jahrhunderts: Beitrag zur Kunstgeschichte. 1891, S. 785
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Kunst im 20. Jahrhundert: Dresden als Kunstort
- ↑ Pilz, Kurt, „Kuehl, Gotthardt“, in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 187 f., Onlinefassung
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden, 1904
- ↑ Waltraud Schumann: Gotthardt Kuehl. In: Dresdener Kunstblätter, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 1987, S. 102 ff.
- ↑ Paul Schumann: Dresden. Leipzig: E. A. Seemann, 1909
- ↑ Adressbuch 1907, 3. Teil, S. 681. Adressbuch 1915, 3. Teil, S. 627. Adressbuch 1920, 3. Teil, S. 658.
- ↑ Kuehls Augustusbrücke zu Dresden im Schnee
- ↑ Porträt bei der Galerie Dresden
- ↑ Eintrag in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Online Collection
[Bearbeiten] Literatur
- Gerhard Gerkens, Horst Zimmermann, Heike Biedermann: Gotthardt Kuehl. Verlag E.A. Seemann, 1993
- Ulrich Thieme, Hans Vollmer, Felix Becker: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart: Unter Mitwirkung von etwa 400 Fachgelehrten. Band 22, Verlag Seemann, 1928, S. 54-55