König Heinrich IV.
Heinrich IV. (* 11. November 1050 vermutlich in Goslar; † 7. August 1106 in Lüttich) aus der Familie der Salier, ältester Sohn von Kaiser Heinrich III., war ab 1053 Mitkönig, ab 1056 römisch-deutscher König und von 1084 bis zu seiner durch seinen Sohn König Heinrich V. erzwungenen Abdankung am 31. Dezember 1105 Kaiser. Heinrich IV. wurde ein besonders zügelloser Lebenswandel nachgesagt. Sein größter Verdienst war die Verteidigung deutscher nationaler Interessen gegen den wachsenden Machtanspruch der Papstkirche.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Heinrich IV. stand nach dem Tod seines Vaters, Kaiser Heinrich III., im Jahre 1056 zunächst unter der Vormundschaft seiner Mutter Agnes. Die konnte sich gegen die mächtigen Reichsfürsten nicht behaupten und gab Herzog Gottfried Lothringen zurück, verlieh Graf Rudolf von Rheinfelden 1057 das Herzogtum Schwaben, verlieh Bayern an Otto von Northeim und entschädigte Graf Bertold von Zähringen 1061 mit Kärnten in der vergeblichen Hoffnung auf deren Loyalität. Ratgeber der Königin war Bischof Heinrich von Augsburg. Dessen Konkurrent, Erzbischof Anno von Köln, entführte Heinrich im Mai 1062 bei Kaiserswerth indem er ihn auf ein Schiff lockte und nach Köln brachte. Beteiligt an der Entführung war auch Egbert I. Als der König zu fliehen versuchte, wurde er von Egbert aus dem Rhein gerettet.
Mit der Entführung machte sich Anno, in Goslar zuvor mit dem späteren Bischof Benno von Meißen befreundet, selbst zum Vormund des Königs und gemäß der damaligen Regelungen faktisch zum Regenten. Durch seine Politik entstand ein lange nachwährender Konflikt zwischen Kirche und Königtum, da Anno die königlichen Rechte beschnitt, königliche Ländereien einzog und dem Königtum loyales Personal entmachtete.
Erzbischof Adalbert von Bremen, ein Freund des Vaters, gewann zunehmend an Einfluss. Er ließ Heinrich IV. 1065 in Worms in feierlicher Fürstenversammlung für mündig erklären und regierte nun für ihn in der Absicht, die königlichen Herrschaftsrechte in ihrem alten Umfang herzustellen und noch zu verstärken. Da verschwörten sich die Fürsten und zwangen Heinrich auf einem Reichstag zu Tribur im Jahre 1066, sich von Adalbert zu trennen und ihnen die Reichsverwaltung zu überlassen. Die Reichsfürsten verbündeten sich mit der Papstkirche. Im Zuge einer Erneuerungsbewegung der Kirche und Rückbesinnung auf christliche Werte gab es auch hier Zentralisierungsbestrebungen, vor allem stellte man aber die Oberhoheit des deutschen Königs in kirchlichen Angelegenheiten infrage.
Heinrich versuchte sich von der Vormundschaft der Fürsten zu befreien und die Herzöge dem Königtum zu unterwerfen. Er zog Adalbert wieder an den Hof. Herzog Otto von Bayern klagte er an, einen Mordanschlag gegen ihn verübt zu haben, und erklärte ihn, als er vor dem Reichstag zu Mainz nicht erschien, seines Herzogtums für verlustig. Herzog Rudolf von Rheinfelden entging knapp seiner Gefangennahme, Herzog Bertold verlor Kärnten.
Zur Sicherung seiner Herrschaft legte Heinrich in Sachsen und Thüringen viele feste Schlösser an und er versuchte, sich ein großes zusammenhängendes Territorium anzueignen. Vor allem der Harz, darunter Quedlinburg, war eine königliche Bastion. Mit der Markgrafschaft Meißen belehnte er 1067 seinen Vetter Egbert I., der nach dem Tod von Heinrichs Vater, Kaiser Heinrich III., mehrfach die Seiten gewechselt hatte.
Auf Egbert I. sollte nach einer Zusage des Königs sein Sohn Egbert II. als Markgraf folgen. Da dieser aber beim Tod des Vaters im Jahre 1068 noch zu jung war, nahm Markgraf Dedo von der Lausitz, aus dem Hause Wettin, stellvertretend die Markgrafschaft Meißen an. 1074 wurde Egbert II. von Heinrich IV. damit belehnt. Dies fiel in die Zeit eines großen Aufstands der deutschen Fürsten unter sächsischer Führung gegen den König. Trotz seiner Jugend nahm Egbert II. an dieser Verschwörung gegen Heinrich IV. teil. Der brach daraufhin mit einem böhmischen Heer unter Vratislav in der Mark Meißen ein. Der König musste im Frieden von Gerstungen von 1074 versprechen, im Konflikt mit Otto von Northeim ein Fürstengericht entscheiden zu lassen und die Zwingburgen zu zerstören. Diese Demütigung veranlasste Heinrich, 1075 einen Heerbann gegen die Sachsen aufzubieten.
Nach dem Sieg des Königs fürchteten die am Aufstand beteiligten Fürsten und Geistlichen Heinrichs Rache. Auf ihre Seite trat Papst Gregor VII. Es begann der Investiturstreit, ein Kampf zwischen König und Papst, bei dem es im Kern um das Recht Bischöfe einzusetzen ging. Weil Benno von Meißen, wenn auch nur vorsichtig, Partei für den Papst ergriff, ließ ihn Heinrich IV. einkerkern. Auf Seiten des Königs standen Vratislav und dessen Schwiegersohn Wiprecht von Groitzsch. Heinrich belehnte 1075 Herzog Vratislav von Böhmen mit der Mark Meißen und statt Heinrich I. mit der Lausitz.
Der Konflikt zwischen Papst und König eskalierte weiter und am 24. Januar 1076 wurde auf einer Versammlung in Worms auf Betreiben des Königs der Papst für abgesetzt erklärt. Gregor sprach am 22. Februar 1076 den Bann über Heinrich. Viele Geistliche in Deutschland verbanden sich mit den wieder aufständischen Fürsten. Benno von Meißen wohnte der Synode in Rom bei. Ein Fürstentag in Tribur bestimmte im Oktober 1076, dass die Sache des Königs im Februar 1077 auf einem Reichstag in Augsburg unter dem Vorsitz des Papstes entschieden werden und er sich bis dahin der Regierung enthalten solle. Heinrich fügte sich, um seine sofortige Absetzung zu vermeiden. Um seiner von den Fürsten geplanten Demütigung auf dem Reichstag zuvorzukommen, bemühte er sich um seine Loslösung vom Bann und begab sich im Winter 1077, nur von seiner Gemahlin und seinem Sohn begleitet, bei strenger Kälte nach Italien. In Canossa ließ ihn der Papst drei Tage im Hof des Schlosses ausharren, bevor er am 28. Januar 1077 den Bann aufhob. Trotz der Befreiung Heinrichs vom Bann wählten die deutschen Fürsten Rudolf von Rheinfelden zum König. Als Rudolf in einer der darauf folgenden Schlachten fiel, war Heinrich zunächst wieder alleiniger König. Die Fürstenopposition wählte aber noch 1081 Graf Hermann von Lützelburg in Bamberg zum Gegenkönig, und der Papst bannte ihn erneut. Wieder ließ Heinrich IV. den Papst durch die deutschen Bischöfe absetzen und dieses Mal durch Clemens III. ersetzen. Heinrich zog 1081 mit einem mächtigen Heer über die Alpen, erhielt in Mailand die lombardische Königskrone, eroberte Florenz und belagerte Rom. Es ist überliefert, dass Wiprecht von Groitzsch bei der Erstürmung Roms im Jahre 1083 als Erster mit seinen 24 Mann die Mauer erklommen habe. Nach dem erfolgreichen Sturm auf die Stadt ließ sich Heinrich 1084 von Clemens III. zum römischen Kaiser krönen. Der vormalige Papst Gregor VII. hatte sich in die Engelsburg geflüchtet und rief den Normannenherzog Robert Guiscard zu Hilfe, worauf Heinrich von Rom abzog. In Deutschland war der größte Teil der Fürsten ihm jetzt günstiger gestimmt; auch die Sachsen und Thüringer unterwarfen sich ihm 1085 wieder und die Mehrheit der deutschen Bischöfe ergriff auf einer Synode in Mainz für Heinrich Partei. Der schwache Gegenkönig Hermann legte 1088 freiwillig seine Würde nieder.
Zu Heinrichs gefährlichsten Feinden gehörte Egbert II.. Er wechselte in den Machtkämpfen für und gegen Heinrich IV. mehrfach die Seiten. 1089 entzog ihm der nunmehrige Kaiser alle Besitzungen. 1089 belehnte jener Heinrich I. als Dank für treue Dienste mit der Mark Meißen, die damit zu den Wettinern gelangte.
Der von Heinrich IV. eingesetzte Papst Clemens III. wurde nach dem Tod von Gregor VII. 1085 von dessen Nachfolger als Papst der antikaiserlichen Partei, Viktor III., und nach dessen Tod 1088 von Urban II. ständig befehdet. Darauf zog Heinrich wieder nach Italien, doch sein eigener Sohn, Konrad, trat zur Gegenpartei über und ließ sich 1093 zum König von Italien krönen. Papst Urban II. gelang es, mit seinem Aufruf zum Kreuzzug die Christen hinter sich zu scharen. Erst im Frühjahr 1097 kehrte Heinrich IV. nach Deutschland zurück und ließ 1098 seinen zweiten Sohn, Heinrich V., zum deutschen König wählen. 1100 starb Clemens III.
Die alten Konflikte brachen wieder auf, als ein neuer Papst, Paschalis II., Heinrich IV. erneut bannte. Dessen Sohn, Heinrich V., stellte sich gegen den Vater und wurde darin von der Mehrzahl der deutschen Fürsten unterstützt. Mit seiner wachsenden Religiosität hatte sich auch Wiprecht von Groitzsch von Heinrich IV. entfremdet. Als Gesandter der Mainzer Fürstenversammlung und von Heinrich V. erpresste er vom gefangenen Heinrich IV. zu Böckelheim 1105 die Auslieferung der Reichsinsignien. Am 31. Dezember 1105 musste Heinrich IV. förmlich seine Abdankung erklären. Er floh nach Lüttich, wo er starb, bevor er den geplanten Rachefeldzug gegen den Sohn unternehmen konnte.
Der Bischof von Lüttich ließ Heinrich IV. vorläufig beisetzen, aber Heinrich V. befahl, den Leichnam nach Speyer zu bringen, wo er fünf Jahre in einer nicht geweihten Seitenkapelle des Doms in einem steinernen Sarg unbestattet stand, bis der Papst 1111 den Toten vom Bann lossprach und seine Beisetzung im Dom erlaubte.
[Bearbeiten] Familie
Die Fürsten zwangen den sechzehnjährigen Heinrich 1066 zur Vermählung mit Berta, Tochter des Markgrafen von Susa. Nach der Geburt des ersten Sohnes im Jahre 1071, Konrad, besserte sich das Verhältnis der Eheleute. Der zweite Sohn, Heinrich, wurde sein Nachfolger. Die einzige Tochter, Agnes, heiratete den ersten staufischen Herzog von Schwaben und starb 1087. Heinrich IV. heiratete in zweiter Ehe 1089 Adelheid (Praxedis), Tochter des russischen Fürsten Wsewolod und Witwe des Markgrafen Udo von der Nordmark, die 1095 starb.
[Bearbeiten] Quellen
- Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 91-108.
- Siegfried Epperlein: Der Gang nach Canossa. illustrierte historische hefte, H. 11, Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1978