Otto Staudinger
Dr. phil. Otto Carl Heinrich Richard Staudinger (* 2. Mai 1830 in Groß Wüstenfelde bei Teterow, Mecklenburg-Schwerin; † 13. Oktober 1900 in Luzern, Schweiz) war ein deutscher Entomologe (Insektenkundler) und Dresdner Naturalien- und Insektenhändler.
[Bearbeiten] Familie
Otto Staudinger entstammte aus der ursprünglich bayrischen und weit verzweigten Familie Staudinger. Sein Großvater Lucas Andreas Staudinger (1770–1842) war ein ein deutscher Landwirtschaftslehrer und gründete 1797 die erste landwirtschaftliche Lehr- und Erziehungsanstalt in Deutschland.
Otto Staudinger wurde am 2. Mai 1830 als Sohn des Rittergutpächters Johann Diederich Andreas Staudinger (* 7. Februar 1797 in Groß Flottbek, Holstein; † 21. Januar 1851 in Lübsee, Mecklenburg) und dessen Ehefrau Adolfine geb. Schroeder (* 1794 in Putzar, Mecklenburg; † 1876) auf dem Rittergut Groß Wüstenfelde geboren. Ottos Vater hatte noch acht Geschwister.
Otto Staudinger verlobte sich im Herbst 1856 mit der Tochter des Entomologen Carl Grabow (1790–1859). Er heiratete sie am 21. Januar 1857. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor:
- Carmen Dolores Staudinger (* 2. November 1857 in Alhambra, Spanien), die 1880 den dänischen Entomologen Andreas Bang-Haas (1846–1925) heiratete, den späteren Teilhaber und später alleinigen Inhaber der Dresdner Insektenhandlung "Staudinger & Bang-Haas". Deren Sohn Otto Bang-Haas (1882–1948 übernahm ab 1913 die Insektenhandlung.[1]
- Paul Staudinger (* 19. Mai 1859 in Dresden; † 1933)[2]. Er wurde später Privatgelehrter, Ethnologe und Kolonialpolitiker und war wissenschaftlicher Teilnehmer der Afrikanischen Gesellschaft.[3]
- Gertrud Theodora Staudinger (* 30. Mai 1864 in Dresden; † 19. Juni 1940 in Bad Tölz), Mitglied im Verein für Geschichte Dresdens. Sie heiratete den späteren Dresdner Papiergroßindustriellen und Generaldirektor Hans Leo Reinhold (1853–1935). Der gemeinsame Sohn war der deutsche Verleger und Politiker Peter Reinhold (1887–1955).
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Otto Staudingers Interesse für Insekten begann bereits in früher Kindheit, wo er zuerst unter der Anleitung seines Hauslehrers Käfer und Schmetterlinge sammelte. 1849 begann er in Berlin ein Medizinstudium, wechselte aber im zweiten Semester zu den Naturwissenschaften und promovierte - nach einer krankheitsbedingten Unterbrechung des Studiums - im März 1854 mit der Arbeit "De Sesiis agro Berolinensis" zum Dr. phil.
Nach verschiedenen Reisen nach seinem Studium ging Staudinger 1859 nach Dresden, wo er mit seiner Familie in die Lüttichaustraße 21 zog.[4] Hier begann er Teile seiner Insektensammlung zu veräußern und eine Insektenhandlung aufzubauen. Staudinger war auch Initiator des Entomologischen Vereins "Iris" zu Dresden, der 1862 gegründet wurde und in dem namhafte Lepidopterologen aus aller Welt Mitglied waren.
1864 ließ er das Dianabad, eine Anlage mit Wannen-, Dampf und Römischen Bad an der Bürgerwiese 15 erbauen, dessen Besitzer er bis zum Abbruch im Jahr 1900 war.[5] Ostern 1874 zog die Familie Staudinger in die neu erbaute "Villa Diana" in Blasewitz. 1884 zog Staudinger zusammen mit seinem Schwiegersohn und der Insektenhandlung in die neu erbaute und größere "Villa Sphinx" über, die Mitte der 1890er Jahre mit einem zweistöckigen Flügel erweitert wurde. Seine Insektenhandlung war Ende des 19. Jahrhunderts die weltweit größte ihrer Art. Die Schmetterlingssammlung ist heute wesentlicher Bestandteil der Senckenberg Naturhistorischen Sammlung Dresden.[6]
Otto Staudinger gilt als der bedeutendste deutsche Lepidopterologe (Schmetterlingskundler) des späten 19. Jahrhunderts, heute vor allem bekannt durch die drei „Kataloge“:
- 1861: Catalog der Lepidopteren Europa's und der angrenzenden Länder, STAUDINGER, O. & M. F. WOCKE,
- 1871: Catalog der Lepidopteren des Europaeischen Faunengebiets, STAUDINGER, O. & M. F. WOCKE,
- 1901: Catalog der Lepidopteren des palaearctischen Faunengebietes, STAUDINGER, O. & H. REBEL
Obwohl Staudinger durch seine Dresdner Firma "Staudinger & Bang-Haas" weiten Kreisen als Schmetterlingshändler bekannt war, war seine umfassende zoologische Ausbildung der Garant für seine seriöse wissenschaftliche Beschäftigung mit Schmetterlingen. Neben zahlreichen eigenen Forschungsreisen hat er wie wohl kein anderer die Erforschung der Ostpaläarktis und vieler tropischer Gebiete gefördert, indem er Entomologen ausrüstete und ihre Sammelreisen finanzierte, deren Ausbeuten er meist selber publizierte, teils zur Bearbeitung an Spezialisten weitergab.[7]
Otto Staudinger starb auf einer Erholungsreise in die Schweiz und wurde nach seinem Tod auf dem Johannisfriedhof in Tolkewitz beerdigt.
[Bearbeiten] weitere Werke
- 1898: Lepidopteren, bearbeitet von Otto Staudinger, Verlag L. Friederichsen & Co.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Todesanzeige und Nachruf zu Andreas-Bang-Haas im Entomologischen Anzeiger Nr. 5/ 1925, S. 37 auf www.landesmuseum.at
- ↑ Paul Staudinger in der schwedischen Wikipedia
- ↑ Paul Staudinger im Deutschen Kolonial-Lexikon, 1920 auf www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de
- ↑ Adressbuch Dresden 1860, S. 203
- ↑ Adreß- und Geschäftshandbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Dresden für das Jahr 1868, Seite 281 auf adressbuecher.genealogy.net
- ↑ Schmetterlingssammlung auf www.senckenberg.de
- ↑ Otto Staudinger auf Lepiforum
[Bearbeiten] Quellen
- Dresdner Geschichtsblätter, Band 3, 1901-1904, Onlineausgabe der SLUB Dresden, S. 19
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Otto Staudinger“
- Otto Staudinger auf MyHeritage (Anmeldung und Login erforderlich)