Scholastikus
Der Scholastikus (auch Scholasticus, lateinisch scolasticus) war der ab 1183 nachweisbare Leiter der Domschule Meißen. Er wurde vom Bischof von Meißen aus dem Kreis der Meißner Domherren berufen. In der offenbar relativ spät gegründeten Domschule Meißen (die Gründung des Bistums Meißen war 968) gab es nie den an Domschulen im 11. und 12. Jahrhundert üblichen magister scholarum, dafür aber in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts die damals abweichende Bezeichnung Schulmeister (schulmeistir, schulmeyster).
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Scholaster
Der eigentliche Scholaster ist der Leiter einer Stiftsschule. Er gehört zu den Dignitäten, d. h. den herausragenden Ämtern und Würden eines Stifts. In der Rangfolge steht er an dritter Stelle nach dem Propst und dem Dechanten, den er im Falle einer Vakanz auch vertritt.
[Bearbeiten] Domscholaster
Der beauftragte Leiter einer Domschule wird speziell als Domscholaster (auch Domscholast, Domschulmeister, magister scholarum) bezeichnet und ist ein Würdenträger des Domkapitels.
In England gab es seit 597 Kathedralschulen, allerdings in Klöstern.
Auch im deutschen Sprachraum wurden Domschulen in Klöstern errichtet. Das Willibald-Gymnasium in Eichstätt und das Dom-Gymnasium Freising führen sich auf Klosterschulen zurück, welche der Tradition nach um 740 gegründet wurden. allerdings entwickelten sie sich erst im 11. Jahrhundert zu Domschulen. Nachweislich durch die Admonitio generalis von 789 wurde das Gymnasium Paulinum in Münster gegründet. Das Kloster in Münster wurde 797 durch Liudger dem heiligen Paulus geweiht, was als Beginn der schola paulina angesehen wird. Mit der Admonitio generalis wurde u.a. die Gründung von Domschulen befohlen. An jedem Bischofssitz und jedem Kloster mussten Schreib- und Leseschulen gegründet werden.
[Bearbeiten] Klosterscholaster
Der beauftragte Leiter einer Klosterschule wird speziell als Klosterscholaster (auch Klosterscholast, Klosterschulmeister, magister scholarum) bezeichnet und ist ein Würdenträger des Klosters.
Klosterschulen gibt es seit dem 6. Jahrhundert. Der Überlieferung nach hatte bereits Benedikt von Nursia (* um 480 in Nursia, heute Norcia bei Spoleto in der Provinz Perugia, im umbrischen Apennin; † 21. März 547 auf dem Monte Cassino) Klosterschulen gegründet. Die Kathedralschulen (Domschulen) in den englischen Bischofsstädten Canterbury (597), Rochester (604) und York (627) wurden an Klöstern gegründet.
Im deutschen Sprachgebiet wurde im 725 gegründeten Kloster Reichenau eine erste Klosterschule eingerichtet. Der Überlieferung nach beansprucht die noch heute existierende Schule Flade in St. Gallen die Ehre der ältesten Schule im deutschen Sprachbereich (sie ist aber erst zu 819 belegt).
Für den Raum Nisan (= Dresden) erlangte die Klosterschule der 769 gegründeten Reichsabtei Hersfeld ab 965 eine höhere Bedeutung.
[Bearbeiten] Johannes Müller: Die Anfänge des sächsischen Schulwesens (1887)
Johannes Müller schreibt in "Die Anfänge des sächsischen Schulwesens":[1]
- S. 7 "Die älteste Schule Sachsens ist die mit dem Dome zu Meissen verbundene. Hier in Meissen, dem Centrum des früheren kirchlichen und klerikalen Lebens Sachsens, hat die vaterländische Schulgeschichte ihren Anfang genommen. Die Existenz der Domschule, wenn man sie kurzweg so nennen darf, ergibt sich aber zunächst nur aus dem Vorkommen von Scholastici in der Reihe der Meissner Domherren. Der erste urkundlich belegbare ist ein "Sigemundus scholasticus" am 9. Juni 1183. Ob dieses Amt schon lange vorher begründet worden ist, wissen wir nicht. Meissen als Sitz der Wissenschaft und in Sonderheit den Bischof Benno (1066 bis 1106) als Pfleger derselben im 11. uns 12. Jahrhundert anzusehen, liegt kein Grund vor; die Benno zugeschriebene Anweisung zum Briefstil (liber dictaminum) und die Erklärung der Sonntagsevangelien (expositiones breves super evangelia dominicalia) auf der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel haben höchstwahrscheinlich nicht Benno, und noch weniger in der Zeit seines Messner Bisthums, sondern wohl den Abt des Benediktinerklosters Goseck bei Naumburg zum Verfasser. Die Reihe der nach Sigemund bekannten Domscholastici nach der Zeit ihres ersten urkundlichen Vorkommens ist folgende: 1206 (13. Dezember) Martinus scolasticus, 1214 (23. April) Wipertus, um 1222 H., 1227 (18. Oktober) Ulricus de Kurin, 1249 (8. Dezember) Erpho, 1262 (1. März) Conradus," 8 "1272 (21. Januar) Theodericus, 1277 (16. März) Conradus de Boruz, 1288 (20. August) Theodericus, 1307 (15. Juni) Otto de Donyn, 1339 (25. Oktober) Arnoldus (de Rydebeck), 1342 (23. Oktober) Tammo de Luppe, 1350 (12. Februar) Theodericus de Gogh (Goch), 1353 (11. März) Tyczko (Theodericus) de Capelndorf, 1377 (30. Januar) Theodericus de Gogh, 1383 Hermann. Die genannten Scholastici waren, wie anderwärts, sämtlich Domherren und stehen in der Reihenfolge der Urkundenzeugen meist immer hoch oben unter den Hauptwürdenträgern des Hochstifts, nach dem Bischof, Dekan und Propst vor oder auch gelegentlich gleich nach dem Kustus oder Kantor. Während anderwärts - in Mainzer, Kölner, Wormser Urkunden - der Titel scholasticus seit dem 13. Jahrhundert die allein übliche"
- 9 "und feststehende Bezeichnung für den einer Stiftsschule vorgesetzten Kanoniker war, nachdem vorher im 11. und 12. Jahrhundert die Benennung magister scholarum die gewöhnlichere gewesen war, so finden wir in Meissen, dass in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts ein und dieselbe Person sich bald des Titel scolasticus, bald des andern Titels schulmeistir bediente, während vorher nur der erstere üblich war. Eine Vereinigung des Scholasteramts mit einem andern lässt sich bis zum 15. Jahrhundert nur einmal belegen: den 16. März 1277 ist Conradus de Boruz ecclesiae scholasticus et custus. Die Verleihung der Schulmeisterei war Sache des Bischofs zu Meissen ... Über die Bepfründung der Meissner Scholasterei wissen wir so gut wie nichts. ... Auch über die Obliegenheiten des Scholastikus fehlen bestimmte Anweisungen, wie sie andernwärts ... überliefert sind."
[Bearbeiten] Siehe auch:
[Bearbeiten] Weblinks
- Scholaster (Q452189) (Leiter einer Stiftsschule) alias: Domscholaster
- Scholaster in der deutschsprachigen Wikipedia
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Neues Archiv für sächsische Geschichte und Alterthumskunde Achter Band. Dresden 1887, S. 7-9.