Ziegelwerk Gostritz F. Hermann Richter

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Fabrikgelände um 1900

Die Gostritzer Ziegelei wurde 1894 vom Baumeister Hermann Richter gegründet und gehörte bis Ende des Zweiten Weltkriegs zu den größten und modernsten Ziegelwerken in Dresden und Sachsen. Die Firma war unter der Adresse Gostritzer Straße 61-63 zu finden.[1]

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Mit der Industrialisierung und der Entwicklung zur Großstadt setzte in Dresden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine erhöhte Bautätigkeit ein. Im Zeitraum zwischen 1860-1900 entstanden im Raum Dresden zahlreiche neue Ziegeleien. Bevorzugt waren Gegenden mit reichlichen Lehm- und Tonvorkommen. Schwerpunkte bildeten dabei die Gebiete südöstlich der Altstadt im Bereich der Vororte Prohlis, Torna, Leubnitz-Neuostra und Gostritz.

Hermann Richter, seit 1886 mit seiner Baufirma in Dresden ansässig, nutzte um 1893 die Möglichkeit, ein geeignetes ton- und lehmhaltiges Grundstück in der Gemarkung Gostritz zu erwerben und zur Ergänzung seines Baubetriebes eine Ziegelei aufzubauen. 1893 begann die bauliche Einrichtung des Ziegelwerkes, welches 1894 als "Ziegelwerk Gostritz F. Hermann Richter" die Produktion auf der Gostritzer Straße aufnahm.

Durch fahrlässigen Umgang eines Jugendlichen mit offenem Feuer brannte die Produktionsstätte 1900 größtenteils ab. Es erfolgte ein Neuaufbau der Ziegelei. Das Werk war ausgestattet mit zwei Ringöfen, einem Pressenhaus, Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäuden sowie einer Fabrikantenvilla. Die Lehmgrube befand sich unmittelbar hinter dem Werksgelände. Neben Ziegeln und Dachziegeln wurden Blumentöpfe produziert, die bei der Vielzahl der umliegenden Gärtnereien Absatz fanden. Beim Neubau der Schule zu Leubnitz-Neuostra 1906/1907 lieferte das Ziegelwerk die Baumaterialien. In Spitzenzeiten waren bis zu 100 Arbeitskräfte im Werk beschäftigt. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte ein Neubau des Verwaltungsgebäudes und die Errichtung einer Dampfmaschine.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs entstand für die Ziegelindustrie eine neue Situation. 1940 produzierten in Dresden von den 26 Ziegelbetrieben nur noch 6. Große Teile der Facharbeiter wurden eingezogen oder in der Rüstungsindustrie dienstverpflichtet. Fremdarbeiter aus mehreren Nationen (Russen, Polen und Franzosen) sollten diese Lücke in Gostritz schließen, jedoch waren mit der notdürftig zusammengestellten Gefolgschaft keine Normalleistungen bei der Bedienung der Ringöfen zu erreichen. Weiterhin ergaben sich für die Ziegelindustrie auch im technischen Bereich der Produktion eine Reihe zusätzlicher Probleme, z. B. bei der Kraftstoff- und Brennstoffverfügbarkeit.

1942 verstarb der Begründer und Baumeister Hermann Richter. Das Baugeschäft führte der ältere Sohn, Bauingenieur Rudolf Richter, fort, nach Zerstörung der Geschäftsräume 1945 in der Innenstadt auch von Gostritz aus. Die Leitung des Ziegelwerkes übernahm bereits Anfang der 1930er Jahre der jüngste Sohn, Ziegelei-Ingenieur Gerhard Richter.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Stadtbild Dresdens durch das Inferno der Bombennächte geprägt. Die Innenstadt lag in Schutt und Asche. Unmittelbar nach Kriegsende begannen auf Weisung der Sowjetischen Militäradministration (Befehl Nr. 9 der SMAD) Wiederaufbau und Instandsetzung der wichtigsten Industriebetriebe, darunter auch der Bauwirtschaft. Noch existierende baustoffproduzierende Betriebe waren dabei äußerst wichtig. In der Fabrikantenvilla wurde 1945 eine russische Kommandantur eingerichtet.

Weiterhin mussten mehrere Millionen Kubikmeter Trümmer aus der Innenstadt beseitigt werden. Eine Großflächenenttrümmerung wurde eingeleitet. Die dabei geborgenen Baustoffe wurden anschließend zum Wiederaufbau verwendet. Nicht verwendbarer Schutt wurde aus der Innenstadt mit Feldbahnen und anderen Transportmöglichkeiten auf Großflächen und ehemaligen Lehmgruben verkippt. Im Beräumungsgebiet Südvorstadt wurde die Lehmgrube der Ziegelei Richter in Gostritz vorgesehen. Südöstlich des Hauptbahnhofes begann Anfang 1951 die Enttrümmerung. Das Gebiet umschlossen nördlich die Strehlener Straße, östlich die Franklinstraße, südlich die Reichenbachstraße und westlich die Reichsstraße mit der Umgebung vom Nürnberger Platz. Der Transport sollte mit einer Trümmerbahn erfolgen. Die Linie T3 wurde eingerichtet und hatte von Februar 1951 - Dezember 1951 folgenden Streckenverlauf (Streckenlänge: ca. 3,5 km): Schnorrstraße - Gutzkowstraße - Reichenbachstraße - Straßenbahnkreuzung Ackermannstraße - Teplitzer Straße - Gostritzer Straße - Lehmgrube Ziegelei Richter Gostritz. Ende September 1951 zeichnete sich ab, dass die Grube Gostritz spätestens im Dezember des Jahres verfüllt wäre. Somit bedurfte es einer Verlängerung der Bahn bis zur Lehmgrube der Ziegelei Kunath in Prohlis, welche ab Januar 1952 angefahren wurde.

Um 1950 begann auch in weiteren Ziegeleien die Produktion, jedoch war die Situation in der Ziegelindustrie problematisch. Wo die Produktionsanlagen nicht zerstört waren, fehlte es an Arbeitskräften, an Energie, Roh- und Brennstoffen. 1951 erfolgten bauliche Erhaltungsmaßnahmen am Pumpenhaus und an den Ringöfen. Die Schwierigkeiten bei Materialbeschaffung und Finanzierung spitzte sich zu. Diese Situation nutzte der Staat, um durch Kauf Anteile an solchen Betrieben zu erwerben und die Verstaatlichung von Privatunternehmen voranzutreiben. Im Januar 1953 fasste die Familie Richter den Entschluss, über West-Berlin in die Bundesrepublik zu flüchten.

Das Unternehmen wurde anschließend als VEB (B) Ziegelwerk Gostritz weitergeführt. 1956 erfolgte eine Erweiterung des Kesselhauses und 1961 vollzog sich die Umstellung von Kohle- auf Öl-Feuerung.

Die Tonvorkommen im Umfeld des Werkes waren gegen Ende der 1970er Jahre erschöpft. Zusätzlich führte die Ölkrise 1978 zur Einstellung der Produktion in dieser Ziegelei. Nach Nutzung durch Nachfolgegewerbe wurden die Produktionsgebäude 1993 abgerissen. Einzig erinnert heute das technisches Denkmal "Esse der alten Ziegelei" an die ehemalige Nutzung.

Auf dem Gelände wurde das Technologiezentrum Gostritzer Straße errichtet. Das Gelände der ehemaligen Lehmgrube wurde im Mai 1993 zum Flächennaturdenkmal "Alte Ziegelei Gostritz" gewidmet.

[Bearbeiten] Quellen

  1. Adressbuch von 1942

[Bearbeiten] Lageplan der Ziegelei um 1930/40

A...Ringofengebäude 1; B...Ringofengebäude 2; C...Baugerätelager; D...Trockengebäude; E...Trockengebäude; F...Altes Pressenhaus; G...Neues Pressenhaus; H...Maschinenhaus; J...Kesselhaus mit Anbau; K...Lagerschuppen; L1...Verwaltungsgebäude; L2...Kohlenbühne; M...Wohn- und Lagergebäude; N...Kantine; O...Schlosserei und Schmiede; P...Kraftwagenhalle; Q...Speisewärmerhaus

[Bearbeiten] Legende zum Lageplan

[Bearbeiten] Bildergalerie

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