1989
Stadtwiki Dresden - Freiraum für Ideen und Wissen über Dresden
[Bearbeiten] Ereignisse
- 13. Februar: Eingabe des Superintendenten Dresden-West zum Reinstsiliziumwerk Gittersee[1]
- 7. bis 11. März: 1. Filmfest Süd in den Olympia-Lichtspielen, Organisator ist Jörg Polenz und es wurde u.a. ermöglicht durch den dortigen Filmvorführer, der auch Filme, die auf dem Index standen, zeigte[2]
- 31. März: Die Synode der sächsischen Landeskirche solidarisiert sich mit den Wahlkritikern und ruft zum Boykott der Kommunalwahlen am 7. Mai bzw. zur in der DDR unüblichen/„verdächtigen“ Nutzung der Wahlkabine auf.[3]
- 12. April: Uraufführung von Christoph Heins „Die Ritter der Tafelrunde“ am Staatsschauspiel (Regie: Klaus Dieter Kirst)
- 7. Mai: Kommunalwahlen
- 4. Juni: erster Bittgottesdienst gegen den Bau des umweltgefährdenden Reinstsiliziumwerk in Gittersee, ab da jeden Monat[3]
- 27. bis 29. Juni: internationale Konferenz zu „Sachsen und die Wettiner“[4]
- 9. Juli: Mit einem „Trommeln für China“ in der Kreuzkirche protestieren Jugendliche gegen das Massaker auf dem Pekinger „Platz des himmlischen Friedens“.[3]
- 26. September: Die Stadt Dresden ernennt den Physiker Manfred von Ardenne zum Ehrenbürger.
- 1. Oktober: 5. Elbe-Friedenslauf
- 1. Oktober: um 3:45 Uhr springen drei Personen auf einen der ersten Sonderzüge mit Ausreisewilligen auf, die von Prag über Dresden und Karl-Marx-Stadt nach Hof fahren; Westmedien berichten von der geglückten Flucht
- Am 3. Oktober stürmen etwa 800 Bürger den Hauptbahnhof. Insgesamt mehrere Tausend Bürger liefern sich eine Straßenschlacht mit der personell überforderten Polizei. Unter den Demonstranten sind besonnene Bürgerrechtler und normale Ausreisewillige genauso vertreten wie Chaoten und zufällig hinein geratene Passanten. Auch im Tal der Ahnungslosen war kurz zuvor bekannt geworden, dass Züge mit Ausreisewilligen von Prag nach Westdeutschland wahrscheinlich durch Dresden fahren würden. Der pass- und visafreie Verkehr zwischen der DDR und der Tschechoslowakei wird mit sofortiger Wirkung ausgesetzt und verschärft die angespannte Situation, in der sich Demonstranten und die von nun an sehr offensichtlich wankende Staatsmacht befinden. Vier Tage später kommt es in Leipzig zu der wahrscheinlich wichtigsten Großdemonstration, der noch größere folgen sollten.[5]
- 4. Oktober: In der Nacht (4./5. Oktober) Durchfahrt von Sonderzügen mit „Botschaftsflüchtlingen“ aus Prag. Räumung und Sperrung des Hauptbahnhofs. Schwere Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Volkspolizei. Schwere Sachschäden. Ein Streifenwagen der Transportpolizei brennt aus.[6][7][8]
- 6. Oktober: Mitarbeiter des Staatsschauspiels verlesen ihre Resolution „Wir treten aus unseren Rollen heraus“
- Am 8. Oktober nimmt die Dresdner Gruppe der 20 den Dialog mit der SED-Führung und zuvor Polizei auf. Mehrere Tausend Bürger wurden zuvor auf der Prager Straße nach einer Demonstration eingekesselt.
- Es war geplant, die Demonstration am 9. Oktober in Leipzig unter allen Umständen auch gewaltsam aufzulösen, was aber angesichts der 70.000 Teilnehmer den lokal Verantwortlichen nicht mehr möglich erschien.
- 9. Oktober: Erstes Rathausgespräch von Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer und der „Gruppe der 20“.[3] Anschließend werden rund 22.000 Besucher in vier Dresdner Kirchen über das Gespräch informiert.
- 10. Oktober: In der Tageszeitung „Die Union“ erscheint der Artikel „Es ist möglich, miteinander zu reden“ - ein erster Schritt in Richtung Pressefreiheit.
- 15. Oktober: Der Dresdner Jan Hübler und seine Frau Petra unternehmen von Südthüringen aus den letzten Ballon-Flucht-Versuch aus der DDR. Ein Regenguss zerstört den Ballon und vereitelt die Reise.[9]
- 16. Oktober: zweites Rathausgespräch; Berghofer schlägt vor, in der Stadtverordnetenversammlung thematische Zeitweilige Arbeitsgruppen einzurichten, in denen die Dresdner Bürger mitarbeiten können[3]
- 18. Oktober: Wortmeldung des Rektors der TU Dresden, Hans-Jürgen Jacobs, in der Universitätszeitung: Probleme löst man nicht auf Straße: ... Lautstarke Krawalle, krimminelle Gewalt und rowdyhaftes Verhalten unter dem »Reformschutzschild« lehne ich prinzipiell ab. Als Rektor einer sozialistischen Technischen Universität setze ich mich dafür ein, daß an unserer Hohen Schule der Ablauf Denken-Streiten-Entscheiden-Handeln-Kontrollieren immer besser funktioniert ...[10]
- 19. Oktober: die „Eine-Mark-Aktion“ beginnt, mit der die „Gruppe der 20“ legitimiert werden soll
- 23./26. Oktober: von der SED veranstaltete Massendialoge auf dem Theaterplatz und der Cockerwiese; Hans Modrow, Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED, und OB Berghofer stellen sich den Fragen der 50.000-100.000 Teilnehmer[3]
- 5. November: Baustopp für das Reinstsiliziumwerk in Gittersee verkündet[3]
- 6. November: erste von der SED-Bezirksleitung genehmigte Montagsdemonstration mit Kundgebung auf dem Julius-Fučík-Platz[11]
- 19. November: Großdemonstration auf dem Theaterplatz mit ca. 100.000 Teilnehmern[12]
- 24. November: im Kulturpalast wird ein Ortsverband der SDP (heute SPD) gegründet[13]
- 5. Dezember: Demonstrierende Dresdner Bürger erzwingen die Öffnung der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit und besetzen diese, um die Aktenvernichtung zu stoppen. Ein Bürgerkomitee sichert das Objekt.
- Die erste Ausgabe der Hochschulzeitung „ad rem“ erscheint in einer Auflage von 500 Stück.
- 19. Dezember: Helmut Kohl, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, trifft im Hotel Bellevue mit dem DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow zusammen. Am Abend spricht Kohl (eigentlich nicht geplant) vor der Frauenkirchenruine zu etwa 100.000 Menschen und bezeichnet dies rückblickend als den Moment, in dem er wusste, dass die DDR-Bürger die Wiedervereinigung wollten und diese wohl schneller vollzogen werden würde als gedacht.[14]
[Bearbeiten] Gestorben
- 28. März: Ruth Seydewitz, Journalistin und Schriftstellerin
- 23. September: Egon Pukall, Maler und Grafiker, wohnte zuletzt im Künstlerhaus Loschwitz
- 20. Dezember in München: Kurt Böhme, Opernsänger[15]
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.bundesarchiv.de/digitalisate/dy3023/dy3023_1118/dy3023_1118_279.png
- ↑ http://videos.arte.tv/de/videos/festival-25-jubilaeum-des-filmfest-dresden--7458260.html
- ↑ a b c d e f g Landeshauptstadt Dresden: Veranstaltungskalender Dresden '89 – Aufbruch zur Demokratie. August 2009.
- ↑ Sonderausgabe der Dresdner Hefte
- ↑ Lagebericht. Meldung der Volkspolizei am 3. Oktober 1989. Bild auf twitter, 30. Oktober 2014.
- ↑ Tagesschau vom 5. Oktober 1989 (ab 2:53 min), auf youtube.com.
- ↑ Tagesschau vom 6. Oktober 1989 (ab 0:52 min Filmaufnahmen vom 4./5. Oktober), auf youtube.com.
- ↑ MfS-Video: Die Ereignisse vom 4. Oktober und die entstandenen Schäden am Hbf Dresden. auf der Webseite des BStU.
- ↑ Die Zeit. 8.12.1989. S. 79.
- ↑ Universitätszeitung der TU-Dresden 19/89
- ↑ http://www.dresden.de/de/02/110/dresden89/chronologie/november.php
- ↑ https://www.tagesspiegel.de/themen/mauerfall/blog-der-weg-zur-deutschen-einheit-19-november-1989-demokratischer-aufbruch-wird-partei-/10994576-4.html
- ↑ http://www.ddr89.de/ddr89/sdp/SDP15.html und http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2269252
- ↑ Sächsische Zeitung vom 19.12.2009
- ↑ Dieter Härtwig: Vor 25 Jahren starb der beliebte Dresdner Opernsänger Kurt Böhme. In: DNN 20.12.2014