Grüne Wiese

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Situationsplan um 1785 mit Lokalisierung des Gasthofes um 1900
Geschäftsanzeige in Zeitschrift 1897
Situationsplan um 1910
Das Ausflugslokal „Grüne Wiese“ war das Gebäude Zwinglistraße 24
Die „Grüne Wiese“ in Gruna ist heute asphaltiert und wird als Parkplatz genutzt. Einzig die Gestaltung der Trafostation an diesem Standort erinnert an das ehemalige Ausflugslokal um 1900.
Verteilerschrank am Trafohaus

Die „Grüne Wiese“ war ein Gasthaus zwischen Gruna und Seidnitz an der Kreuzung von Landgraben und der Straße nach Pirna gelegen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte des Hauses

Der Handelsweg nach Böhmen war stark mit der Grunaer Geschichte verbunden. Die damalige Pirnaische Landstraße (Bodenbacher Straße) war zunächst für die Dohnaer Burggrafen eine wichtige Verbindung nach Dres­den, denn bis zur „Dohnaschen Fehde“ im Jahre 1402 war das Dorf Gruna dem Amtssitz Dohna zugehörig und abgabepflichtig. Markgraf Wil­helm I. führte die meißnisch-böhmische Handelsstraße anschließend über Pirna, die nun für Gruna als Hauptstraße in diese Stadt an der Elbe eine ganz neue Situation schuf.[1] In Richtung Pirna verlief die Straße über die „brücke bie Grunow“ am Land­graben. Dort waren Zu- und Ab­fahrt in früheren Zeiten steil und gefährlich. Hier siedelte sich eine Ausspanne mit Schmiede und Schankbetrieb an. Ein Wirtshaus stand nachweislich mindestens seit 1439 an der Flussüberführung auf Grunaer Flur.[2]

„Die Gastwirtschaft hat ihren Namen von der vor dem Hause mit einer Obstallee bepflanzten Wiese erhalten und ist ein Lieblingsort der Dresdner, der­weil sie das ganze Jahr hindurch an Sonntagen sich hier vergnügen und im Winter oft ansehnliche Schlittenfahrten dorthin machen.“[3] Der Wirt erhielt das Privileg, Branntwein herzustellen und auszuschenken. Der Schnaps in der „Grünen Wiese“ war weithin bekannt und gelobt. Die „Grüne Wiese“ war als Dorfgasthof der kulturelle Mittelpunkt von Gruna, auch wenn er anfangs außerhalb der dörflichen Bebau­ung lag. Als „Ort der Erholung und des genüsslichen Speisens“ wurde die „Grüne Wiese“ seit dem 18. Jahrhundert mehr und mehr auch beliebter Aus­flugsort der Dresdner Bürger.[4]

1820 kaufte ein Bauer Thiele das Anwesen. Im Kaufvertrag wurden die Rechte und Privilegien aus dem 18. Jh. bestätigt: „Der Kauf geschieht mit allen seit dem 28. Februar 1716 darauf ruhenden Rechten und Privilegien: des Wein-, Dresdner und allerhand fremden Bierschanks, des Gastierens, Ausspannens, Backens, Schlachtens und des Branntweinbrennens sowie daselbst seit undenklichen Zeiten eine Schmiede befindlich ist.“[5]
Nach einem Besitzer­wechsel 1873 verlegte der neue Wirt Robert Thiele den Gasthof in einen Neubau. Die alten Gemäuer der historischen „Grünen Wiese“ waren Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr zeitgemäß. Ein neuer Gasthof „Zur Grünen Wiese“ an der Ecke Bodenbacher/Zwinglistraße wurde gebaut und war nicht weniger populär als sein Vorgänger. (Am ehemaligen Standort befindet sich heute der Parkplatz an der Rothermundtstraße.) Die alten Gebäude wurden abgebro­chen. 1875 entstand ein neues Vergnügungshaus mit Ballsaal für 800 Personen, Gesellschaftszimmer, Bräustübl und großem schattigen Garten.[6]

Nach den schweren Luftangriffen im Februar 1945 brannte das Gebäude vollständig aus und war total zerstört.

Kommerzienrat Julius Lud­wig Rothermundt, ein russischer Kaufmann, kam 1874 nach Gruna und kaufte das alte Anwesen der „Grünen Wiese“. Er ließ die meis­ten Gebäude abreißen und ein Landhaus mit einem Viereckturm bauen. Fastnacht 1945 brannte auch das Rothermundtschloss aus. 1974 wurden die Gebäudereste beseitigt.[7]

[Bearbeiten] Militärhistorische Begebenheiten

Die „Grüne Wiese“ war nicht nur ortskundlicher, sondern auch landesgeschichtlicher Zeuge durch die Lage am Landweg nach Böhmen.

Am 20. Januar 1742 zogen preußische Truppen auf dem Marsch nach Böhmen und Mähren an der „Grüne Wiese“ vorbei. Der Österreichische Erbfolgekrieg zwang Preußen zu ständiger Kriegsbereitschaft, um das im 1. Schlesischen Krieg geraubte Schlesien zu behaupten.

Im Winterfeldzug 1745 des 2. Schlesischen Krieges musste die Vereinigung der österreichischen und sächsischen Hauptkräfte verhindert werden. Es kam am 15. Dezember zur Schlacht von Kesselsdorf bei Dresden. Der Österreicher Prinz Karl von Lothringen hatte tags zuvor in der „Grünen Wiese“ und seine Truppe in den umliegenden Dörfern Grunas Quartier bezogen. Mit der Übergabe Dresdens an die Preußen am 17. Dezember 1745 bot der Alte Fritz die auch für ihn nötige Waffenruhe an. Heilig Abend brannte die „Grüne Wiese“, und am 25. Dezember kam es zum Frieden von Dresden, in dem der Breslauer Friede von 1742 bestätigt wurde. Schlesien blieb in preußischem Besitz.[8]

Während sich die Gegensätze erneut zuspitzten, wurde in Gruna die „Grüne Wiese“ wieder aufgebaut. Ohne Kriegs­erklärung fiel der preußische Armeekern am 28. August 1756 in Sachsen ein, das als Operationsbasis und wirt­schaftlicher Rückhalt dienen sollte. Friedrich der Große besetzte am 9. September die Stadt Dresden, schloss die sächsische Armee in der Eben­heit am Lilienstein in der Sächsischen Schweiz ein und zwang sie zur Kapitula­tion. Während des Siebenjährigen Krieges war Dresden lange Zeit preußisch besetzt. Fried­rich versuchte vergeblich, die feindlichen Truppen aus Sachsen zu drängen. Am 13. Juli 1760 schlug Friedrich sein Hauptquartier in der „Grünen Wiese“ auf. Die Österreicher und die Preußen lieferten sich in den Vorstädten anhaltende Gefechte, wobei der Alte Fritz durch einen Handstreich sächsischer Ulanen beinahe in Gefangenschaft geraten wäre. Der Hei­matforscher und Grunaer Lehrer Albert Zirkler berichtet voller Ironie, wie sich der König an diesem 19. Juli genötigt sah, sich im Nachtgewand unter dem Herd der „Grünen Wiese“ zu verbergen und angstvoll seiner Befreiung durch die Gardekompanie zu harren.[9]

In der Zeit der napoleonischen Fremdherrschaft wurde Gruna im Herbstfeldzu­ges 1813 direkter Schlachtenschauplatz.[10] Nach dem Ablau­fen des im Juni 1813 in Pläswitz vereinbarten Waffenstillstandes ging die Hauptarmee am 10. August unter Schwarzenberg von Böhmen über das Erzgebirge zum Angriff auf die sächsische Residenz vor, der jedoch wäh­rend der Schlacht am 26. und 27. August 1813 sich in vereinzelte Kämpfe zersplitterte und scheiterte. Im Großen Garten standen die verbündeten Russen und Preußen den Franzosen gegenüber. Der Park wurde bei den heftigen Kampfhandlungen völlig verwüstet. Am Landgraben hatten sich unter Deckung von vier Geschützen Franzosen verschanzt, die mit Kavallerie gegen die anrückenden Rus­sen vorbrachen. Die russische Reiterei schmetterte den Angriff zwischen der Gartenheimsiedlung und der Bodenbacher Straße ab und rieb die französische Kavallerie auf, welcher der Fluchtweg durch den Landgraben versperrt war. Bis zum 27. August hatten die Franzosen die Truppen Schwarzenbergs aus Dresden gedrängt, nachdem Napoleon aus Bautzen, dem schwachen Dresdner Korps unter Gou-vion Saint-Cyr zu Hilfe kommend, in die rechte Flanke und in den Rücken der Verbündeten gefallen war. Die Hauptar­mee musste sich daraufhin in Eilmärschen von Dresden u. a. über Gruna auf den schlechten Paßstraßen des Erzgebirges hinter den schützenden Kamm zurückziehen, doch zeichne­te sich das Ende Napoleons in diesen Tagen durch die Siege an der Katzbach und in Großbeeren bei Berlin bereits ab. Durch die günstige Stellung der Schlesischen Armee sowie durch das entschlossene, offensive Vorgehen Blüchers und die Gefahr eines erneuten Vorstoßes der Hauptarmee wur­den die Franzosen zur Räumung Dresdens am 11. Oktober 1813 gezwungen. Das Dorf Gruna wurde beim Abzug an­gezündet und brannte zusammen mit der „Grünen Wiese“ bis auf die Grundmauern ab.[11]

Am 15. Juni 1866 erlebte im Preußisch-Österreichischen Krieg das Dorf den Durchzug sächsischer Truppen und zwei Tage später der feindlichen Preußen. Die „Grüne Wiese“ war Stabsquartier.[12]

Nach dem Waffenstillstand am 11. November 1918 an der Westfront des I. Weltkrieges kehrten Teile der Dresdner Garnison nach der Eisenbahnentladung in Dresden-Reick über Gruna in die geliebte Heimat zurück, die nun nach der Rückkehr eine andere geworden, als sie es beim Auszuge gewesen war.[13]

Die zweite Hälfte des 20. Jh. überlebte die „Grüne Wiese“ nicht mehr. Gruna wurde beim Bombenangriff am 13./14. Februar 1945 zur östlichen Zerstörungsgrenze Dres­dens. Mit dem Dorfkern brannte die „Grüne Wiese“, von Brandbomben getroffen, ab.[14]

[Bearbeiten] Quellen

  1. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992
  2. Annette Dubbers, Gruna - Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils, ISBN 978-3-973199-50-4
  3. August Schumann, Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen im Jahre 1816
  4. Annette Dubbers,Gruna - Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils, ISBN 978-3-973199-50-4
  5. Annette Dubbers, Gruna - Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils, ISBN 978-3-973199-50-4
  6. Annette Dubbers, Gruna - Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils, ISBN 978-3-973199-50-4
  7. Annette Dubbers, Gruna - Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils, ISBN 978-3-973199-50-4
  8. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992
  9. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992
  10. Deutsche Schlachtfelder. Ereignisse und Wanderfahrten, hrsg. von Dr. Artur Brabant, kgl. Archivrat in Dresden, Bd. 3, Dresden 1913., S. 261
  11. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992
  12. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992
  13. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992
  14. Günther Stange (Red.), 100 Jahre Thomaskirche Dresden-Gruna, 1992

[Bearbeiten] Weblinks

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