Andrej Alexandrowitsch Guber
Prof. Dr. Andrej Alexandrowitsch Guber, russ. Андрей Александрович Губер (* 20. Dezember 1900 in Kataf-Iwanowski/ Ural; † 9. Juni 1970 in Moskau) war ein sowjetischer Kunstwissenschaftler, Hochschullehrer und Museumsdirektor. Er wurde am 10. Mai 1963 zum Ehrenbürger der Stadt Dresden ernannt.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Andrej Alexandrowitsch Guber wurde als Sohn eines Land- und Forstwirts geboren. 1901 zog Guber mit seiner Familie nach Moskau. 1910 wurde er ins Moskauer Rostowzew-Gymnasium, eine ausschließlich für Jungen bestimmten Schule, aufgenommen. 1918 schloss Guber das Gymnasium mit Erfolg ab und schrieb sich im Herbst in der historisch-philologischen Fakultät der Moskauer Universität ein.
Nach der Oktoberrevolution in Russland wurde Guber 1919 in die Rote Armee einberufen und nahm als Soldat an Kampfhandlungen im Bürgerkrieg teil. 1921 kehrte er als Militärangehöriger zurück nach Moskau. Dort konnte Guber mit Genehmigung seiner Vorgesetzten an Vorlesungen der Moskauer Universität teilnehmen. 1922 beendete Guber sein Studium an der Moskauer Universität. Im Frühjahr 1923 wurde er aus der Roten Armee entlassen, die nach dem Bürgerkrieg wieder demobilisiert wurde.
Von Herbst 1923 bis 1930 arbeitete Guber an der Staatlichen Kunstakademie als wissenschaftlicher Mitarbeiter der terminologischen Kommission. Von 1926 bis 1939 war er außerdem Redaktionsmitglied der Enzyklopädie „Granat“ des russischen bibliografischen Instituts. 1927 erfolgte die Veröffentlichung seines ersten Werkes „Die Struktur des poetischen Charakters“. Der Artikel erschien in der Buchreihe „Künstlerische Formen“, einer Ausgabe der Staatlichen Akademie der Künste. 1938 begann Guber seine Lehrtätigkeit am Institut für Philosophie, Literatur und Kunst, wo er Kurse über die Kulturgeschichte der Antike, dem Mittelalter und der Renaissance gab.
Von 1939 bis 1948 war Guber leitender wissenschaftlicher Redakteur sowie Leiter der Abteilung für Literatur, Kunst und Sprachen am Staatlichen Institut der „Sowjetischen Enzyklopädie“. 1942 begann er seine Lehrtätigkeit an der Staatlichen Moskauer Universität, wo er bis 1959 Vorlesungen gab. 1944 verteidigte Guber seine Dissertation zum Thema „Die Theorie der Kunst von Giovanni Paolo Lomazzo“. Gleichzeitig erhielt Guber seine Berufung zum leitenden wissenschaftlichen Mitarbeiter und Chefredakteur des Staatlichen Museums für Bildende Künste A. S. Puschkin. Ab 1945 bis zu seinem Lebensende war er leitender Kurator dieses Museums.
Als 1945/46 die ersten Kunstexponate aus dem sowjetisch besetzten Teil von Deutschland nach Russland kamen, die von den sowjetischen Trophäenkommissionen in Ostdeutschland als Beutekunst beschlagnahmt worden waren, begann Guber seine Arbeit am sogenannten sowjetischen Sondervermögen. 1948 erhielt er neue Ausstellungsstücke für das Staatliche Museum für Moderne Kunst. Ein Jahr später, 1949, wurden die Museumshallen geschlossen, um nach den Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag des sowjetischen Diktators Josef Stalin (1878–1953) eine Ausstellung zu dessen Geschenken aus aller Welt zu eröffnen.
1953, nach dem Tod von Stalin, wurde die Stalin-Ausstellung geschlossen und das Museum mit einer neuen Kunstausstellung eröffnet. 1955 war Guber Leiter der Ausstellung der in die UdSSR transportierten Exponate der Dresdner Gemäldegalerie, die von sowjetischen Kunstwissenschaftlern und Restauratoren aufgearbeitet wurden.
In den 1950er Jahren begann Guber seine Geschäfts- und Vortragsreisen in verschiedene Länder Europas und die USA:
- 1956 nach Italien zur 28. Biennale in Venedig
- 1957 in die Deutsche Demokratische Republik und nach Italien, u. a. zum Forschungskongress der Werke des italienischen Komödiendichters und Librettisten Carlo Goldoni (1707–1793)
- 1958 nach Italien zur 29. Biennale in Venedig
- 1959 in die USA zur Ausstellung der sowjetischen Kunst in New York
- 1960 nach Frankreich, Italien und Griechenland, außerdem nach Dresden, um als Mitarbeiter der UNESCO den Erhalt und die Restaurierung der Dresdner Kunstdenkmäler zu erforschen
- 1961 nach Brasilien zu einer Ausstellung zu sowjetischen Grafiken und Skulpturen sowie des Theaters in Sao Paolo.
1962 wurde Andrej Guber mit dem Ehrentitel „Verdienter Künstler der RSFSR“ ausgezeichnet. 1963 fuhr er abermals in die DDR nach Dresden, wo er am 10. Mai 1963 für seine Leistungen zum Erhalt und die Rückführung der Dresdner Kunstsammlungen zum Ehrenbürger der Stadt Dresden ernannt wurde, verliehen im Gobelinsaal in der Gemäldegalerie "Alte Meister".[1] Auf Beschluss der Regierung der DDR erhielt Guber den Vaterländischen Verdienstorden der DDR in Silber. Im gleichen Jahr wurde er zum Vorstandsmitglied der Denkmalskommission der UdSSR berufen und wurde Mitglied der sowjetischen Kommission zur Zertifizierung von Restauratoren.
1964 weilte Guber auf Einladung des Britischen Senats in England. 1965 wurde Andrej Guber zum ordentlichen Mitglied des sowjetischen Ausschusses des Internationalen Rates für Museen berufen. Im gleichen Jahr war er für die Verlegung des Kupferstichkabinetts in Moskau in das Werstowsky-Haus verantwortlich. 1967 unternahm er eine Vortragsreise in die Bundesrepublik Deutschland und 1968 in die Niederlande sowie die Volksrepublik Polen. Im Folgejahr, 1969, wiederholte er seinen Besuch in Holland.
Andrej Alexandrowitsch Guber starb nach schwerer Krankheit am 9. Juni 1970 in Moskau. Er wurde auf dem Nowodewitschi-Friedhof begraben. Nach seinem Tod übergab seine Familie Gubers Archiv und Bibliothek an das staatliche Puschkinmuseum.
[Bearbeiten] Quellen und Einzelnachweise
- Liste der Ehrenbürger der Stadt Dresden auf dresden.de
- Lebenslauf von Andrej Alexandrowitsch Guber auf margaritasurina.ru , abgerufen am 23. September 2012
- ↑ 1240 Bilder konnten in einem ausgezeichnet restaurierten Zustand wieder zurück nach Dresden gebracht werden, wo sie ab 1956 in der wieder eröffneten Gemäldegalerie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. 206 Bilder konnten nach Angaben der sowjetischen Kommission aufgrund des beschädigten Zustands nicht gerettet werden, 463 Gemälde – meist von geringer Größe – gingen auf dem Transportweg in die Sowjetunion „verloren“. Einige von diesen Bildern tauchten später bei internationalen Kunstauktionen im Westen bzw. in Privatkreisen wieder auf, wie z. B. das Bild von Jan Brueghel d. Ä. „Ebene mit Windmühlen“ von 1611, das 60 Jahre nach Kriegsende nach rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine, Deutschland, den Niederlanden, Belgien und den USA wieder nach Dresden zurückkehrte. Quelle: http://adamsnotes.net/?p=2699