Božkov

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Božkov (auch: Boschkov oder Boschkow) war eine altsorbische Streusiedlung am Bornberg in der Südvorstadt (heute: nördlich des Beutlerparks).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Erstmals Erwähnungen fand diese Streusiedlung in den sorbisch-orthodoxen Quellen zu 926 bis 928[1][2] und zu 991 bis 997[3]. Der Ortsname bedeutet Leute des Božk. Aber auch der Quell und Bach hießen Božkov. Ob der Born (und Bach) den Ortsnamen stiftete oder umgekehrt, ist ungeklärt.

Die Streusiedlung wurde an diesem fruchtbaren Boden und quellreichen Bach vermutlich bereits unmittelbar nach der altsorbischen Landnahme der Nisaner im 7. Jahrhundert gegründet.

Grabfunde mit Beigaben aus der Kugelamphoren-Kultur (3450 v. Chr. bis 2700 v. Chr.) belegen eine Besiedlung dieses besonders günstigen Areals bereits vier Jahrtausende vor der elbslawischen Landnahme.

Kurz vor dem Jahr 1200 erfolgte die grundherrschaftliche Zusammenfassung der zuvor in den Niederungen siedelnden slawischen Bewohner zwecks optimalerer Flächennutzung und Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion zu Rundlings-Dörfern. Infolge dieser Verdorfung entstand der Rundling Boschkau,

Dieses Rundlingsdorf entstand an einem neuen Platz, während die altsorbischen Hofstellen dem Grundherren zufielen. Es hatte lediglich noch den alten Namen mit der Streusiedlung gemein.

Božkov wurde zu 1212 (als Wehrdorf) erwähnt.[4] Demzufolge besaß das neue Božkov zu diesem Zeitpunkt nachweislich bereits die Form eines Rundlings: eng aneinander liegende Häuser und Höfe und eine Umfriedung (Einhegung). Die erste deutsche urkundliche Überlieferung stammt von 1315 in der falsch transkribierten Form Boscou (U 2042).

[Bearbeiten] Božk

Božk wird als Stammesältester oder Stammesführer aus der vordeutschen Zeit angesehen. Als der Lokator des kurz vor 1200 im Auftrag der neuen deutschen Grundherren entstandenen Rundlings kommt er entgegen anderslautenden Meinungen einiger Historiker kaum in Frage.

[Bearbeiten] 6./7. Jahrhundert: Quellheiligtum und frühe Besiedlung während der slawischen Landnahme

Božkov entstand sehr zeitig am Heiligen Brunnen der Nisaner am Bornberg (heute Beutlerpark).

Auf der seit der Eiszeit im Dresdner Süden angewehten und angespülten Lößlehmdecke entstanden sehr fruchtbare Böden. Der Heilige Brunnen ermöglichte eine sehr frühzeitige Besiedlung dieses Bereiches bereits seit der Jungsteinzeit (Neolithikum). Nach der Vita des heiligen Josef von Kayticz war er bei der Auflösung der Akademie Nisan zu Ostern (20. April) 1212 in das "uralte Dorf Božkov"[5] (= Boschkow, deutsch: Boschkau) gegangen. Demzufolge war dieser Bereich schon damals Jahrhunderte zuvor besiedelt worden, wahrscheinlich bereits mit der slawischen Landnahme im 6. Jahrhundert oder 7. Jahrhundert. In der versumpften Zone der Elbterrassen war das Siedeln bis auf Fischerdörfer, welche umfangreiche Jehsen in der Elbe errichteten, in der Frühzeit schlecht möglich (vgl. Drežďany (Dresden) = Sumpf- oder Auwaldbewohner).

[Bearbeiten] Wasser: bei den Slawen und damit den Sorben ein heiliges Element

Wasser galt den Sorben als heiliges Element und hatte offenbar eine zentrale Bedeutung. Die Sorben siedelten immer sehr in der Nähe von Gewässern, vor allem Fließgewässer.

Quell- u. Stromgötter gibt es ... bei allen Slawen, weil ihnen Ströme, Bäche, Quellen heilig waren. .. Flußgöttinnen [hießen] Rusalki, jugendliche, schöne, sanfte, freundliche Gottheiten mit langen, grünen, wallenden Haaren, welche sie, auf Felsen in Bächen sitzend, im Sonnenschein trocknen, kämmen u. flechten.[6]

[Bearbeiten] Quellbrunnenverehrung

Brunnen galten als Sinnbild weiblicher Fruchtbarkeit. Ursprünglich wurde dabei kein Unterschied zwischen einer Quelle und einem Brunnen gemacht. Erst später wurde in natürliche und eingefasste Quellen unterschieden und nur letztere als Brunnen bezeichnet. In England war der Brunnenkult unter dem speziellen Namen "Wilweorthunga" bekannt. Alle heidnischen Bräuche wie "Wilweorthunga" (Brunnenverehrung), "Licwiglunga "(Beschwören der Toten = Ahnenkult), "Hwata" (Omen = Wahrsagen), "Galdra" (Magie = Zaubern) und "Frithspottum" (Friedenseinfriedungen mittels Bäumen oder Steinen = das Anlegen von heiligen Tabuzonen) wurden mit der kanonischen Gesetzgebung von König Edgar (reg. 959 bis † 8. Juli 975) unter Androhung des Landesverweises verboten:

"Wenn irgeneine "Wicca" (Hexe), ein "Wiglaer" (Zauberer), falscher Schwur, "Morthwyrtha" (Anbeter der Toten) oder irgendein verschmutztes, offensichtliches "Horcwean" (Hure) irgendwo im Land ist, wird der Mensch sie vertreiben. Wir lehren, daß jeder Priester das Heidentum auslöschen und "Wilweorthunga" (Brunnenverehrung), "Licwiglunga "(Beschwören der Toten), "Hwata" (Omen), "Galdra" (Magie), Menschenverehrung und die Gräuel, die die Menschen in verschiedenen Arten von Hexerei ausüben, und in "Frithspottum" (Friedenseinfriedungen) mit Ulmen und anderen Bäumen, mit Steinen und mit vielen Phantome, verbieten soll."[7]

Zwar sind die Vorschriften für die lateinische Mission der Reichsabtei Hersfeld ab 965 nicht überliefert, sie dürften sich aber nur unwesentlich von denen der zeitgleichen lateinischen Mission in England unterschieden haben. So war der Baum der heiligen Einfriedungen bei den Sorben vor allem die Linde und nicht die Ulme. Demzufolge war nicht nur das Brunnenheiligtum in Božkov von Linden eingefriedet, sondern auch in Kaytitz gab es Linden (vgl. Kaditzer Linde). Das sorbische Leipzig wurde zu 1015 von Thietmar von Merseburg als "urbs Libzi" (= Stadt der Linden; von sorbisch "lipa" = Linde) ersterwähnt.[8]

Mit der Christianisierung wurden viele Dinge aus der sogenannten heidnischen Vorzeit oft ins genaue Gegenteil verkehrt. Aus dem Quell des Lebens wurde der "Haderbrunnen" - genau so wie aus dem Lebens- und Liebesapfel der Apfel der Zwietracht und des "Sündenfalls" wurde. Manche Brunnen wurden deswegen mit dem Kreuz Christi "geprennt". Damit sollten sie ihres magischen, heidnischen Einflusses auf die Menschen beraubt werden. Solche Brunnen wurden fortan häufig als Tivuelprenne, Tevelprenne oder Teuflprenne (Teufelsbrunnen) bezeichnet.

[Bearbeiten] 926/928: das elbsorbische Quellheiligtum wird von Aquilina mit einem Kreuz zum "Teufelsbrunnen" geprennt

Aquilina von Nisan war eine Wandernonne aus Levý Hradec, die 925 nach Nisan kam. Sie besiegte noch im gleichen Jahr ihrer Vita nach einen Drachen, der in der Drachenschlucht bei Trachau hauste, als er nahe an den Ort zur Drachenbucht, einem damaligen Elbarm, zum Saufen kam.[9] Die Drachenknochen (möglicherweise Mammutknochen, die sich in Dresden häufiger fanden) wurden in der noch 925 aus Holz errichteten ersten Kapelle in Kayticz (= Kaditz) als Symbol des Sieges des Christentums über das Heidentum ausgestellt. Diese Tradition ist auch bei den orthodoxen Serben und Kroaten überliefert. Im Jahr darauf (oder den Jahren darauf, aber nicht im Jahr ihres Martyriums 929) wurde auch das Quellheiligtum der Nisaner von Aquilina mit einem Kreuz geprennt und damit zum "Teufelsbrunnen" erklärt.[10][11] Dies war nicht nur durch den "Sieg über den Drachen" möglich, sondern insbesondere durch das starke Anwachsen der sorbisch-orthodoxen Gemeinde in Nisan nach den "toten Jahren" der Verfolgung und des Massenmartyriums von 898 bis 902. Für sorbisch-orthodoxe Christen war damit die Brunnenverehrung tabu, sie lief aber insgeheim durch nichtchristliche Nisaner weiter.[12]

[Bearbeiten] 991/997: Brunnenkapelle des Ignatios von Krakau

Nach der Vita des heiligen Josef von Kayticz hatte Archimandrit Ignatios (eingedeutscht: Hatto) von Krakau eine Brunnenkapelle am Heiligen Brunnen bauen lassen und sie am Tag der Großen Wasserweihe (6. Januar) geweiht. Diese Weihe fand laut der Vita des Ignatios vor der Weihe der Margarethen-Kapelle am 22. Mai 998 zu Ehren der Margareta von Antiochia statt[13] welche schon im wislanisch-orthodoxen Krakau verehrt wurde.[14]. In Frage kämen also die Jahre 991 bis 997.

Diese Brunnenkapelle mußte wegen der Nässe aus Stein errichtet werden. Damit wäre sie möglicherweise der erste christliche Bau aus Stein im Gau Nisan gewesen. Die Frauenkirche wurde 1020 noch in Holz (wieder)errichtet, der Steinbau der Briesnitzer Kirche (vgl. Bresnice) wird in die Zeit um 1000 datiert. In Krakau wurde schon Jahrzehnte vor 990 in Stein gebaut.

[Bearbeiten] Sagenhafte Römisch-katholische Brunnenwallfahrten nach 1288

Um den heidnischen Brunnenkult gänzlich zu unterbinden, wurde er in veränderter Form vom römischen Katholizismus übernommen. So wurden zu diesen Brunnen Wallfahrten unternommen:


[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Sorbisch-orthodoxes Synaxarion D II, Bl. 49.
  2. Vita der heiligen Aquilina von Nisan IV, Bl. 56.
  3. Vita des heiligen Ignatios (Hatto) von Krakau III, Bl. 74.
  4. Vita des heiligen Josef von Kayticz II, Bl. 23.
  5. Vita des heiligen Josef von Kayticz II, Bl. 23.
  6. Das Wasser u. seine Gottheiten. Gleich den übrigen Völkern dachten sich auch die Slawen das Wasser durch Götter belebt, wiewohl sie dieselben nicht einer Hauptgottheit unterordneten. Zwar geschieht in russischen Volksliedern zuweilen eines Morskoj Zar (Meereskönigs) Erwähnung, da aber einige Stämme vom Meer gänzlich isolirt lebten, so ist hierin vielleicht der Grund zu suchen, daß eine eigentliche Meeresgottheit keine allgemeine Verehrung fand. Quell- u. Stromgötter gibt es dagegen bei allen Slawen, weil ihnen Ströme, Bäche, Quellen heilig waren. Die meisten Slawen (Russen, Serben, Slowaken, Czechen, Polen) nennen die Flußgöttinnen Rusalki, jugendliche, schöne, sanfte, freundliche Gottheiten mit langen, grünen, wallenden Haaren, welche sie, auf Felsen in Bächen sitzend, im Sonnenschein trocknen, kämmen u. flechten. Ein Eid der Slawen an einer Quelle geleistet war bes. verbindlich. Noch heute gibt es in Rußland heilige Brunnen, in welche man kleine Kupfer- od. Silberstücke wirst, zum Dank für den gespendeten Trank od. die durch denselben empfangene Genesung, u. kein Dieb vergreift sich an denselben. Die Sitte der Besprengung u. Untertauchung von Jünglingen u. Jungfrauen (Smitsch) am zweiten Ostertage, welche noch bis heute in einem Theile Rußlands, in ganz Polen u. Polnisch-Schlesien herrscht, weist ebenfalls auf eine heidnische allgemeine Wasserverehrung hin; endlich erinnern an die heidnische Wasserverehrung auch die noch in Rußland bestehenden großen Wasserweihfeste. Dem Wasser wurde auch eine Zauberkraft zugeschrieben, deren oft in alten Nationalliedern der Russen, Polen etc. Erwähnung geschieht, u. unzählige Opfer sollen an Quellen, Strömen u. Seen dargebracht worden sein, um sich von Zaubern zu lösen. In: Slawische Mythologie, Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 208-211.
  7. Kanonische Gesetzgebung (Teil XVI.) von König Edgar (reg. 959 bis † 8. Juli 975).
  8. Erstmals erwähnt wurde Leipzig zu 1015, als Thietmar von Merseburg von einer "urbs Libzi" (= Stadt der Linden; sorbisch "lipa" = Linde) berichtete (vgl. Chronikon VII, 25).
  9. Vita der heiligen Aquilina von Nisan IV, Bl. 43.
  10. Sorbisch-orthodoxes Synaxarion D II, Bl. 49.
  11. Vita der heiligen Aquilina von Nisan IV, Bl. 56.
  12. Vita der heiligen Aquilina von Nisan IV, Bl. 57.
  13. Vita des heiligen Ignatios (Hatto) von Krakau III, Bl. 74.
  14. Vita des heiligen Ignatios (Hatto) von Krakau III, Bl. 16.
  15. Dresdens alte Dorfkerne, Teil IV, S. 100.
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