Dresdner Rundlinge

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Rundlinge (auch Runddörfer oder Rundlingsdörfer oder Rundweiler) sind nach der derzeit herrschenden Meinung Ausdruck einer planmäßigen Siedlungsform, die vor allem zwischen 1150 und 1250 in der Frühzeit des deutschen Landesausbaus von örtlichen Grundherren mittels Lokatoren zur Intensivierung der für sie lukrativen Getreideproduktion (Vergetreidung) entstanden sind.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Bis zu dieser Umgruppierung war die sorbische Altsiedellandschaft von winzigen Siedlungskammern geprägt, die von Wäldern umgeben waren. Die auf das Notwendigste beschränkten Rodungen blieben zumeist auf fließgewässernahe kleine Räume beschränkt. Die Steppenheidetheorie, wonach die Altsiedellandschaften von Natur aus waldfrei gewesen seien, hat die archäobotanische und archäologische Forschung bereits in den 1920er Jahren widerlegt.

In der Hauptentstehungszeit der Rundlinge herrschte die Mittelalterliche Klimaanomalie. Der wärmste Zeitraum auf der Nordhalbkugel lag zwischen etwa 950 und 1250.

Als Folge verdreifachte sich die deutsche Bevölkerung vom 11. bis zum 13. Jahrhundert von etwa vier auf 12 Millionen. Deswegen mußte das Ackerland dementsprechend ausgeweitet werden - zunächst auf Kosten der bis dahin noch anders genutzten Flächen und der Waldareale. Aber diese Binnenkolonisation in den Altsiedelgebieten (gemeint ist in diesem Zusammenhang das Territorium westlich der Elbe-Saale-Linie) war bei weitem nicht ausreichend. Schon in den Jahren kurz nach 1100 richtete sich das Augenmerk auf die Landnahme in den dünn besiedelten Gebieten der Germania Slavica. Nach einer Urkunde des Erzstiftes Magdeburg von 1108[1] wurde damit geworben, dass das Land reich gesegnet sei mit Fleisch, Honig und Mehl („sed terra eorum optima carne, melle, farina“). Es fand sich aber keine ausreichende Anzahl von Siedlungswilligen für den noch weitgehend unerschlossenen Raum. Erst der Wendenkreuzzug von 1147 stellte einen Wendepunkt in der Ostsiedlung dar. Von da an gab es signifikante deutsche Siedlerzahlen, die aber auch nicht ausreichten, so daß gerade in vom Altsiedelland weit entfernte Räume wie im Gau Nisan, aber auch im Gau Budissin (Bautzen) eine Besiedelung vor allem mit slawischen Lokatoren erfolgte.

Mit der Umgestaltung der Siedlungsform zu Rundlingen gingen ausgedehnte Rodungen einher, mit denen der Siedlungsraum bedeutend erweitert wurde. Die heute noch bestehenden Rundlinge sind demzufolge allesamt Produkte der Jungsiedellandschaft.

[Bearbeiten] Dorfgenese

Rundlinge entstanden hauptsächlich zwischen 1150 und 1250 durch Zusammenfassung der zuvor in den Niederungen siedelnden slawischen Bewohner zwecks optimalerer Flächennutzung und Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion. Diese Dorfgenese wird als Verdorfung bezeichnet.

Es ist möglich, daß Rundlinge auf ursprünglich slawische Rundweiler zurückzuführen sind, die aus pekuniären Erwägungen heraus vom Grundherrn zugestanden wurden. Hierüber gibt es aber keine Belege. Lediglich vereinzelte archäologische Funde weisen auf diese Möglichkeit hin, so in Dessau-Mosigkau und in Berlin-Machnow. Für Dresden gibt es dafür noch keine Anhaltspunkte. Die altsorbische Besiedlung scheint hier offenbar nichts mit den Rundlingen gemein zu haben. So befindet sich beispielsweise der Rundling Mockritz an einer ganz anderen Stelle als die altsorbischen Siedlunsfunde oder auch als die bandkeramischen Siedlungsfunde. Von einer Siedlungskontinuität an den Stellen der Rundlinge in Nisan kann eher nicht ausgegangen werden. Während in den Rundlingen keine slawische Keramik gefunden wurde, wurde an Stellen, wo slawische Keramik gefunden wurde, kein Rundling errichtet. Die typische sorbische Siedlungsform in Nisan war der Weiler mit fünf bis sechs Gehöften, der in der Regel von einer einzigen Großfamilie bewohnt wurde.

Für den Rundling in Alt-Leuteritz ist es denkbar, daß es sich um einen später durch den Grundherren (Hochstift Meißen) zugestandenen Rundling handelt. Leuteritz wurde 1139/1143 in einer auf das Jahr 1071 gefälschten Urkunde F 1071 (angeblich des Bischofs Benno von Meißen) als Luderuwice erstmals erwähnt. Die Hochmittelalterliche Ostsiedlung im Gau Nisan begann aber erst später, nämlich auf der Grundlage dieser "Borschen Schenkung" und weiterer Fälschungen des Bistums Meißen - die allesamt auf dem Übergang von Nisan vom böhmischen auf den deutschen König im Jahr 1142 basierten (Konrad III. gründete bald darauf die Burggrafschaft Dohna). Für Alt-Leuteritz ist es aber auch denkbar, daß der Rundling erst weit nach 1144 auf der Flur des Ortes entstand - nach dem Vorbild der Rundlinge der Hochmittelalterliche Ostsiedlung. Archäologische Funde können das momentan weder belegen noch bestätigen.

[Bearbeiten] Form

Die Bauernhöfe gruppierten sich keil- oder sektorenförmig um einen runden oder ovalen Platz, der bei der Anlage nur über einen Zugang verfügte. Einige dieser Rundlinge haben sich auch in Dresden bis in die Gegenwart erhalten.

[Bearbeiten] Rundlinge im Gau Nisan

Im Gau Nisan wurde der Rundlingsbau in der Nähe der kaiserlichen Burggrafenburg Dohna besonders intensiviert. Die Burggrafen von Dohna sind sicher seit 1156 belegt (der 1143 erwähnte Heinricus de Rodewa und der 1144 erwähnte Heinricus prefectus sind nicht sicher Heinricus castellanus de Donin von 1156 zuzuordnen).

In Nisan fand nach 1142 (vor allem in den Jahrzehnten um 1200) ein verstärkter Konzentrationsprozess altslawischer Siedlungen mit dem Auflassen alter Weiler und kleinerer Dörfer statt, um klar geformte Bauerndörfer zu schaffen. Ein Merkmal dieses Prozesses war der Übergang des Bodens an neue Eigentümer.

Noch signifikanter ist die Anzahl der Rundlinge im Altenburger Land, wo der deutsche König Konrad III. im Zuge der deutschen Ostkolonisation im Jahr 1147 die Burggrafschaft Altenburg einrichtete. Diese diente einerseits der Festigung der Position von Konrad III. im Reich, andererseits diente sie der Sicherung und Verwaltung des königlichen Gutes in und um die Kaiserpfalz Altenburg. Die gleiche Entwicklung im seit 1142 königlichen Gau Nisan begründet die relativ hohe Anzahl der hiesigen Rundlinge.

[Bearbeiten] Dohnaer Rundlinge

[Bearbeiten] Dresdner Rundlinge

[Bearbeiten] Radebeuler Rundlinge

[Bearbeiten] Weitere Rundlinge in Nisan

[Bearbeiten] Rundlingstheorie für Dresden

1893 veröffentlichte Bruno Krause[2] im Selbstverlage sein Werk Die geschichtliche Entwicklung der Königl. Haupt- und Residenzstadt Dresden vom sorbischen (wendischen) Dorfe an bis zur jetzigen Großstadt.[3] In seinen Planskizzen nahm er zu (um) 1206[4] einen sorbischen Rundling zwischen der Fährstelle und der Frauenkirche an, der dem sorbischen Rundling Altendresden gegenüberlag. Der ehemalige Fernweg führte nach seiner Darstellung von der Fährstelle zwischen zwei sorbischen Gehöften hindurch auf den Dorfplatz und über diesen dann zu einem Platz östlich der Frauenkirche, auf welchem die anderen Wege eintrafen, so auch eine Straße aus dem Gebiet der späteren Stadtgründung. Ein Rundling zwischen Frauenkirche und Elbe ist allerdings eher unwahrscheinlich.

Eine weitere Planskizze zu der Situation (um) 1216[5] zeigt bereits die Stadt neben dem angenommenen Rundling, wobei zwischen Frauenkirche und der Stadt lediglich ein schmaler Weg über eine Brücke über den wassergefüllten Stadtgraben führt. Diese Darstellung dürfte der Situation, dass die Ost-West-Verbindung nun durch Wilsches Tor und Frauentor führte, nicht gerecht werden. Weiterhin bleibt ein elbnaher Rundling fraglich. Nach neuerer Erkenntnis hatte die Besiedlung um die Frauenkirche eher präurbanen Charakter und war durch den Hafen an der Wasserstraße, die Elbfurt sowie den vorstädtischen Handelsplatz geprägt. Eine gültige Aussage über den Verlauf des stillgelegten alten Fernweges nach der Störung durch die Stadtgründung lässt sich schlecht treffen. Der neue Verlauf führte über die Brücke und durch Tore in die Stadt hinein und wieder heraus.

Die Planskizze IV[6] hat den sorbischen Rundling in einen losen Haufen von Gehöften der Fischergemeinde aufgelöst. Ein Weg zur Furt existiert hier nicht mehr. Die Frauenkirche war nach dieser Skizze vom Frauentor nicht mehr direkt, sondern über einen Umweg Richtung Rampische Gemeinde erreichbar. Die Gabel nach Pirna oder Ranvoltitz befand sich nach dieser Skizze noch östlich der Rampischen Gemeinde. Nach neuerer Ansicht lag sie ganz in der Nähe der Frauenkirche. Auch wird die Fischergemeinde viel weiter östlich vermutet, während um die Frauenkirche die Frauengemeinde gesehen wird.

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Urk. B. d. Erzstiftes Magdeburg I 193, S. 251, zitiert nach: Friedrich Lotter: Die Konzeption des Wendenkreuzzugs. Ideengeschichtliche, kirchenrechtliche und historisch-politische Voraussetzungen der Missionierung von Elb- und Ostseeslawen um die Mitte des 12. Jahrhunderts. Jan Thorbecke, Sigmaringen 1977, ISBN 3-7995-6683-X (Konstanzer Arbeitskreis für Mittelalterliche Geschichte. Vorträge und Forschungen. Sonderbd. 23), S. 60.
  2. Lehrer an der 5. Bezirksschule zu Dresden, Verfasser von Dresdener … , Inhaber des Ehrenkreuzes der Großherzoglich-Toscanischen Civil=Verdienstordens.
  3. Den Vertrieb übernahm der Komissionsverlag Alwin Huhle, der zu Karl Adlers Buchhandlung gehörte.
  4. Dresden zur Zeit der ersten Erwähnung 1206 (nach Bruno Krause, 1893). bei WMF Commons.
  5. Dresden zur Zeit der ersten Erwähnung als Stadt 1216 (nach Bruno Krause, 1893). bei WMF Commons.
  6. Dresden mit der 1299 ersterwähnten Stadtmauer (laut Fließtext um 1270; nach Bruno Krause, 1893). bei WMF Commons (Die Beschriftung der Planskizze IV ist fehlerhaft, sie ist eine Dopplung der Planskizze III.).
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