Heinrich Wilhelm Rachel
Heinrich Wilhelm Rachel (* 15. Februar 1783 zu Frauenstein/ Erzgebirge; † 16. Mai 1861 in Dresden) war ein sächsischer Buchhalter, Ökonom, Stadtrat und Stadtkämmerer zu Dresden. Er war Mitglied der Ökonomischen Gesellschaft im Königreich Sachsen sowie Hausbesitzer des Hauses in der Kleinen Schießgasse 1.
[Bearbeiten] Familie
Heinrich Wilhelm Rachel entstammte der ursprünglich aus dem mecklenburgischen Malchow stammenden Familie Rachel, die an der Rostocker Universität in den Jahren 1523 bis 1700 mit 14 Familienmitgliedern nachweisbar ist. Ältester nachweisbarer Urahn ist Johannes Rachel aus Malchow. Heinrich Wilhelm Rachel entstammte der Dresdner Linie der Familie mit dem Stammvater Moritz Rachel (1639–1697), der als Goldschmied von Kiel nach Dresden kam und Wilhelms Ururgroßvater war. Wilhelms Vater war der Frauensteiner Apotheker Christian Friedrich Rachel († 1808 in Frauenstein), Sohn des gleichnamigen kursächsischen Münzschreibers Christian Friedrich Rachel († 1783). Wilhelms Mutter war die Tochter des Frauensteiner Apothekers Lind, von dem sein Vater nach der Hochzeit die Konzession für die Apotheke erwarb. Wilhelm hatte noch zwei Brüder, wovon der ältere Tischlerobermeister wurde und ein weiterer die Apotheke des Vaters übernahm.
Heinrich Wilhelm Rachel heiratete am 21. Juli 1812 in der Dresdner Kreuzkirche Emilie Salome geb. Winkler (* 9. Juni 1788 in Dresden; † 1865 ebenda),[1] seine Cousine sowie Tochter seines Dresdner Onkels, Johann Gottlieb Winkler († 1813), der mit der Schwester von Wilhelms Vaters, mit Christiane Salome geb. Rachel (1750–1836) verheiratet war. Wilhelms Ehefrau Emilie Rachel lebte nach dem Tod ihres Ehemannes weiter im ehemals gemeinsamen Haus in der Kleinen Schießgasse 1.[2] Wilhelm und Emilie Rachel hatten vier Kinder:
- Julius Wilhelm Rachel (* 28. September 1813 in Dresden; † 13. Mai 1880 in Wien). Er lernte wie seine Brüder auf der Dresdner Kreuzschule, studierte Rechtswissenschaften, wurde Advokat (Rechtsanwalt) und Sachversicherer, war Mitte der 1850er Jahre Dresdner Stadtverordneter und betätigte sich auch als Schriftsteller. Dessen Sohn, Prof. Dr. phil. Max Hermann Rachel (1843–1904) war ein deutscher Gymnasiallehrer, zuletzt im Rang eines Professors als Konrektor am Vitzthumschen Gymnasium.
- Gustav Heinrich Rachel (* 8. Dezember 1815 in Dresden; † 15. Dezember 1886 ebenda). Er war ein sächsischer Ingenieur, viele Jahre im Rang eines königlich-sächsischen Baurats sowie Eisenbahner, zuletzt als Direktionsrat und Geheimer Finanzrat Mitglied der Generaldirektion der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen.
- Hermann Moritz Rachel (* 1. November 1819 in Dresden; † Juli 1842 in Leipzig). Er starb während seines Medizinstudiums in Leipzig am Nervenfieber.
- Anna Rachel (* 24. Juli 1824 in Dresden; † 1848 in Dresden). Sie starb ebenfalls am Nervenfieber.
Im Haushalt der Familie Rachel lebten außerdem noch zeitweise die Mutter von Johann Gottlieb Winkler, Auguste Winkler, eine Schwester von Wilhelms Ehefrau sowie Caroline Geißler, die Tochter des Pastors Geißler aus dem erzgebirgischen Gränitz, der eine Zeit lang als Hauslehrer für Julius Rachel lehrte.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Heinrich Wilhelm Rachel besuchte in seiner Kindheit die Frauensteiner Stadtschule und kam später zum höheren Privatunterricht sowie zur Erziehung zu Pfarrer Blochmann im sächsischen Reichstädt bei Dippoldiswalde. Blochmann, dem Vater seines Jugendfreundes Justus Blochmann, dem späteren Leiter der Dresdner Erziehungsanstalt. Nach dieser Privatschulzeit sollte er ursprünglich nach dem Willen seines Vaters weiter ausgebildet werden. Allerdings ließen dies die finanziellen Verhältnisse nicht zu.
Rachel ging somit 1801, im Alter von 18 Jahren auf Wanderschaft nach Dresden, wo sein Ururgroßvater sich ungefähr 140 Jahre zuvor als Goldschmied niedergelassen hatte und wohnte anfangs bei seiner Tante Christiane Salome Winkler geb. Rachel, der Schwester seines Vaters. Dort lernte er seine Cousine und spätere Ehefrau kennen und fasste bereits als 18-Jähriger den Entschluss, diese zu heiraten, obwohl Emilie zu diesem Zeitpunkt erst 13 Jahre alt war. Rachel erlernte in Dresden ab 1801 die französische Sprache, ab 1804 nahm er auch Tanzunterricht.
Anfangs arbeitete Rachel für einen Monatslohn von 2 Talern bei einem.Juristen und besserte seinen Lohn durch diverse Schreibarbeiten auf, wo er durch eine wunderschöne Handschrift auffiel. Außerdem betätigte sich Rachel bei ihm bekannten und befreundeten Familien als Friseur. Durch Vermittlung seines Onkels Johann Gottlieb Winkler erhielt Rachel 1804 eine Stelle als niederer Beamter, genau als Buchhalter und Kassierer bei der sächsischen Hauptauswechslungskasse mit 120 Talern Jahresgehalt. Als die Kasse 1806 von Dresden nach Görlitz ausgelagert wurde, weil Napoelon im Krieg gegen Preußen, das zu dieser Zeit mit Sachsen gegen Frankreich verbündet war, nach Kursachsen einfiel, wurde Rachel für sein Verhalten von Winkler gelobt und zur Beförderung vorgeschlagen. Noch vor Rachels Abreise nach Görlitz und von dort weiter nach Breslau schwor seine nun 18-jährige Cousine Emilie am 14. Oktober 1806 ihm „ewige Freundschaft“. Ab diesem Zeitpunkt schrieb Rachel auch Liebesverse an Emilie, anfangs ohne Kenntnis deren Eltern. 1811 wurde Rachels Jahresgehalt auf 400 Taler erhöht. Im gleichen Jahr, am 26. Dezember verlobte sich Rachel mit Emilie, im Juli 1812 erfolgte die Trauung. Die Hochzeitsreise verbrachte das Brautpaar im Erzgebirge und im böhmischen Karlsbad.
Rachel ist erstmals 1812 im Dresdner Adresskalender als Assistent in der Hauptauswechslungskasse der sogenannten „Cassen-Billets-Kommission“, d.h. als niederer Beamter des königlich-sächsischen Zivilstaates verzeichnet. Er wohnte zu dieser Zeit in der Pirnaischen Vorstadt in der dortigen Pirnaischen Gasse 233.[3] 1813 übernahm Rachel das Amt als Kassierer der Hauptauswechslungskasse von seinem Schwiegervater Winkler, der im Sterben lag. Gleichzeitig wurde er im Dezember 1813 zum Generalgouvernement nach Leipzig berufen, wohin seine Behörde verlegt wurde. Sein Jahresgehalt wurde auf 1.500 Taler erhöht. Nach der Rückkehr des sächsischen Königs Friedrich August am 7. Juni 1815 nach Dresden, unternahm Rachel alle Anstrengungen, die Hauptauswechslungskasse wieder in die sächsische Hauptstadt zu verlegen, was ihm schließlich im November desgleichen Jahres bewilligt wurde. 1815 ist er dann bereits als Buchhalter und Kassierer in seiner Behörde angestellt und wohnte in der Kleinen Schießgasse 664, der späteren Hausnummer 1.[4] 1818 wurde Rachel Ehrenmitglied der ökonomischen Gesellschaft im Königreiche Sachsen, wo er anfangs Rechnungsdeputierter wurde. Im gleichen Jahr wurde er auch Mitglied des sächsischen Zivilverdienstordens.
Ab 1820 betätigte sich Rachel aktiv in der Dresdner Blindenfürsorge. Im gleichen Jahr kaufte er seiner Schwiegermutter, Christiane Salome Winkler das mit hohen Schulden behaftete Haus in der kleinen Schießgasse ab und erwarb dahinter ein weiteres Grundstück aus den ehemaligen Dresdner Befestigungsanlagen, wo er einen Garten anlegte und ein Gartenhaus bauen ließ. Der Dresdner Bürgermeister Jacobi war fünf Jahre Mieter in Rachels Haus, das aber insgesamt kaum Gewinn abwarf. Bei Rachels Tod war das Haus immer noch nicht schuldenfrei.
Am 16. Mai 1832 wurde Rachel nach der neuen Städteordnung als Stadtkämmerer in das Dresdner Ratskollegium gewählt und war fortan ununterbrochen Stadtrat.[5] Er war außerdem Mitglied des Armendirektoriums, Vorstand des Augenkranken-Heilvereins. Bei seiner Anstellung als Kämmerer wurde er außerdem zum Verwalter des städtischen Bauamtes zu Dresden und der Immobilien-Brandkasse, zum Deputierten bei der Personen-, Scheck- und Quatember-Steuer-Einnahme, bei der Inspektion der Sophienkirche sowie der Dorfkirchen sowie zum Administrator des Sophienkirchenvermögens verpflichtet. Im Juni 1836 gehörte Rachel mit zu den Gratulanten des Dresdner Stadtrates zum Regierungsantritt von Friedrich August II.. Mit der am 7. Dezember 1838 erfolgten Bestätigung der Statuten des Aktienvereins der „Societätsbrauerei“ zu Dresden, wurde Heinrich Wilhelm Rachel auch einer der Direktoren der Brauerei.[6]
Während der Revolution von 1848/49 wurde er von den politischen Gegnern vielfach angefeindet, da er zu den konservativen Mitgliedern des Dresdner Stadtrates gehörte. Beim Dresdner Maiaufstand wurde er beim Überschreiten einer Barrikade verletzt. 1853 ging er als Stadtrat in den Ruhestand und führte fortan den Titel „Stadtrat a.D.“ (außer Dienst).[7]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- Juni 1818: Goldene Medaille des königlich-sächsischen Zivil-Verdienst-Ordens
[Bearbeiten] Quellen
- Altdresdner Familienleben in der Biedermeierzeit, Paul Moritz Rachel, Dresden 1915, Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Dresden 1865, SLUB, S. 226
- ↑ Adressbuch Dresden 1862, SLUB, S. 200
- ↑ Dresdner Adresskalender 1812, SLUB, S. 86
- ↑ Dresdner Adresskalender 1816, SLUB, S. 74
- ↑ Dresdner Adresskalender 1833, SLUB, S. 207
- ↑ Codex Saxonicus, Chronologische Sammlung der gesammten praktisch-gültigen Königlich Sächsischen Gesetze, Band 2, Dr. jur. Wilhelm Michael Schaffrath, Leipzig 1842, Philipp Reclam jun., Online-pdf auf Google Books, S. 1186
- ↑ Adressbuch Dresden 1854, SLUB, S. 121