Johann Andreas Schubert
Johann Andreas Schubert (* 19. März 1808 in Wernesgrün; † 6. Oktober 1870 in Dresden) war ein deutscher Ingenieur, Professor für Maschinenbau und Bauwesen, sowie Hochschullehrer der Technischen Bildungsanstalt Dresden.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Herkunft und Entwicklung
Johann Andreas SCHUBERT stammt aus einem mehr als 300 Jahre im Dorf Wernesgrün im vogtländischen Kreis Auerbach ansässigen, später verarmten, Bauerngeschlecht. Um 1770 besaß der Großvater Johann Michael "der Ältere" (* 1728, verehelicht mit Esther geb. MÖCKEL, † 1799) in Wernesgrün neben dem alten Schubertschen Halbhufen-Stammgut, auch ein zweites größeres Gut, welches jedoch durch eine hohe Schuldenlast sehr früh verkauft werden musste. Der Sohn des "älteren" Johann Michael SCHUBERT (Vater von Johann Andreas SCHUBERT) prozessierte gegen die "Unersättlichkeit des Lehns- und Gerichtsherrn" und geriet deshalb in, nach damaligen Verhältnissen aussichtslose, "Rechtsstreitigkeiten". Infolge des Prozesses entstanden erhebliche Gerichtsschulden und so musste auch das verbliebene Halbhufengut 1806 in fremde Hände verkauft werden. Die verarmte Familie des Johann Michael "des Jüngeren" (* 1756, † 1820) musste nach dem Verlust des Gutes in ein unweit der Dorfstraße gelegenes Häusleranwesen unweit der Dorfschule ziehen. Fortan sorgte Johann Michael "der Jüngere" als Tagelöhner und Fuhrmann für den Lebensunterhalt seiner Familie. Seine Frau, Johanna Sophia, eine gebürtige DÖHLER, Häuslerstochter aus Lauterhofen (* 1768, verehel. 1791, † 1838), gebar am Abend des 19. März 1808 ihr achtes Kind, den Sohn Johann Andreas. Getauft wurde er auf den Namen "Johann" in der zuständigen Kirche Auerbach/Vogtl. Seine Eltern nannten ihn stets nur Andreas, in Erinnerung an seinen als Dreijähriger verstorbenen Bruder.
Vom siebenten Lebensjahre an hütete Johann Andreas bei der verwandten Bauernschaft Kühe und Schafe, um üblicherweise den elterlichen Haushalt bei den Ernährungssorgen zu entlasten. Die Beschaffung von Heizmaterial oblag in den meisten Häuslerfamilien den schulpflichtigen Kindern. Auch Johann Andreas musste sich sehr früh an dieser Arbeit beteiligen, bei der von den Holzsuchern aus "forstökonomischen Gründen weder Karren noch Schlitten verwendet" werden durften. In der Wernesgrüner Dorfschule erlernte er das Lesen, Schreiben und Rechnen. In dieser Zeit, unter dem Einfluss all dessen, was sich in besseren und schlechten Zeiten seinen Augen und Ohren in der Familie und im wirtschaftlichen Leben der heimatlichen Umwelt darbot, verfestigte sich seine Verbundenheit zur Heimat und er beobachtete viel Zusätzliches, was ihm im späteren Leben höchst wertvoll und von Nutzen war.
Über die vertrauten engeren heimatlichen Bereiche hinaus ins weite, unbekannte Land zu reisen, das war schon immer das Verlangen junger Menschen. Besonders der gesprächige, hausierhandelnde Pate Michael LEIBOLD und auch der während des größten Teils des Jahres als Rußbuttenmann im Lande umherreisende elf Jahre ältere Bruder Christoph SCHUBERT verstanden es, mit ihren Berichten und Geschichten die Phantasie des Schulbuben Johann Andreas anzuregen. Im Jahre 1815 leistete der siebenjährige Johann Andreas während der Schulferien erstmalig dem Paten LEIBOLD auf einer seiner Handelstouren Gesellschaft. Gelegentlich begleitete Johann Andreas auch den Bruder Christoph ein Stück des Weges, welcher als Rußbuttenhändler im Vogtland unterwegs war. Im Sommer/Herbst 1817 führte solch eine Tour zunächst nach Reichenbach, um dort in den Haushaltungen, Kasernen, Buchdruckereien usw. mit Rußbutten zu handeln, kleinen Spangefäßen, in denen Kienruß aufbewahrt wurde. Nach einer Halbtagestour schickte der große Bruder den kleinen Andreas wieder noch Hause. Den mehrstündigen Rückweg sollte er allein zurücklegen. Johann Andreas kehrte jedoch nach einer Weile um, traf allerdings nicht wieder auf seinen Bruder. Nach mehrtägiger Wanderung und Umherirren kam er schließlich bis in die Gegend von Leipzig. Ihn überholte eine Reisekutsche, an der er sich hinten anhängte, um ein Stück mitzufahren. In diesem Wagen reiste der Polizeidirektor von Leipzig in die Messestadt, Oberhofrichter von RACKEL mit seiner Frau. Nachdem ihnen der Junge von seinem Missgeschick erzählt hatte, nahm man ihn mit nach Leipzig. Von RACKEL brachte ihn später nach Wernesgrün zurück und erwirkte nach längerer Unterredung von den Eltern die Genehmigung, Johann Andreas als Pflegesohn in Leipzig aufzunehmen und zu erziehen. Die dem Jungen gebotene Chance einer höheren Schulbildung und die Aussicht, dass seine künftigen Jugendjahre nicht mehr von den Entbehrungen im Elternhaus getrübt sein würden, gaben für den schweren Entschluss der Eltern den Ausschlag, sich von ihrem Kinde zu trennen. Johann Andreas traf Ostern 1818 bei seiner Pflegefamilie in Leipzig ein. Von RACKELs wohnten damals in einem mehrere Häuser umfassenden Gebäudekomplex, der früher als "Äckerleins-", später als "Hohmannshof" in der Messestadt allgemein bekannt war, im 1. Stock des Hauses Markt 11 (Ortslisten-Nr.174). Frau von RACKEL, eine geborene von SAHR, vermochte Johann Andreas die Mutter nicht zu ersetzen. Inmitten des neuen Milieus war ihm der gute alte Rackelsche Diener Friedrich (Gottlob HERSCHEL) ein tröstender Gefährte und er fühlte sich mehr zu seinem Pflegevater hingezogen. Er entwickelte sich mehr und mehr zu einem mit dem städtischen Leben und Treiben vertrauten Jungen. Von RACKEL nahm den mit Liebe an ihm hängenden Pflegesohn gelegentlich auch mit auf Reisen und hatte seine Freude an dessen Bescheidenheit. Von RACKEL hatte bereits vor der Ankunft Johann Andreas den Rektor der Thomasschule darum gebeten, einen Platz für den Jungen ab Ostern 1818 zu reservieren. Dem Wunsche eines hohem königlichen Beamten zu Leipzig trug man Rechnung und Johann Andreas wurde als "Externer", als außerhalb der Anstalt wohnender Schüler, aufgenommen.
Ein Jahr nach dem Abschied vom Elternhaus verstarb am 13. März 1820 der leibliche Vater im 65. Lebensjahr an den Folgen eines Sturzes von seinem Fahrzeug. Es folgte ein weiteres tragisches Ereignis. Am 11. Oktober 1820 starb plötzlich, kurz vor Vollendung seines 54. Lebensjahres, auch der Pflegevater von RACKEL. Auf Wunsch der Witwe und mit dem Einverständnis ihres Bruders, des Festungskommandanten Carl Ludwig SAHRER von SAHR, wurde der Verstorbene von Leipzig nach Königstein überführt und dort auf dem Garnisonfriedhof außerhalb der Festung begraben. Frau von RACKEL behielt auch noch nach dem Tode ihres Mannes den vogtländischen Pflegesohn in ihrer Obhut, zog jedoch zu Beginn des Jahres 1821 zu ihrem Bruder auf die Festung Königstein. Nach der Ankunft auf der Festung besuchte Johann Andreas vorerst die für die Kinder der Besatzung vorhandene Garnisonschule und bewohnte mit der Pflegefamilie das Kommandantenhaus. Um den begonnenen humanistischen Bildungsgang nicht unnötig lange zu unterbrechen, bemühte sich Frau von RACKEL gemeinsam mit ihrem Bruder für den Jungen eine andere geeignete Schule ausfindig zu machen. Die Wahl fiel auf das Freimaurer-Institut in Dresden-Friedrichstadt, in dem der Dreizehnjährige als Zögling und "KoststeIler" nunmehr ab Ostern 1821 bis Michaelis 1824 Aufnahme fand. Nach dem Tode SAHRER von SAHRs im Frühjahr 1823 zog auch Frau von RACKEL nach Dresden und verstarb Ende des Jahres 1839.
[Bearbeiten] Geschwister des Johann Andreas SCHUBERT
Kinder des Fuhrmanns Johann Michael SCHUBERT:
- 1. Kind: Johann David (*28.10.1792)
- 2. Kind: Christian (*17.3.1795)
- 3. Kind: Christoph (* 24.3.1797)
- 4. Kind: Juliane (* 23.3. 1799; † 9.8.1806)
- 5. Kind: Johanna Sophia (* 22.3.1801)
- 6. Kind: Johann Andreas (* 23.1.1803; † 8.8.1806)
- 7. Kind: Christian Friedrich (* 16.7.1805; † Sept.1805)
- 8. Kind: Johann (Andreas) (* 19.3.1808)
- 9. Kind: Juliane (* 1810)
[Bearbeiten] Höhepunkte seines Lebens und Schaffens
- ab 1824 - Architekturstudium an der Bauschule der Akademie der bildenden Künste zu Dresden.
- 1827 bis 1828 - Volontär beim Hofmechanikus Rudolf Sigismund Blochmann in Dresden.
- 8. März 1828 - Anstellung als Lehrer für Buchhaltung und zweiter Lehrer für Mathematik an der zu eröffnenden Technischen Bildungsanstalt Dresden.
- 15. Februar 1832 - Erster Lehrer der mathematischen und technischen Wissenschaften an der Technischen Bildungsanstalt Dresden.
- 28. März 1832 - Lehrer der mathematischen Wissenschaft der Bauschule der Akademie der bildenden Künste zu Dresden.
- 28. April 1832 - Verleihung des Prädikats Professor.
- 3. Juni 1832 - Ehe mit Florentine geb. DENNHARDT.
- 7. Juni 1833 - Beantragung Privilegium für ein Oberelbe-Dampfschiffahrts-Unternehmen (abgelehnt).
- 6. Januar 1834 - Gründer des Gewerbevereins zu Dresden.
- Osterferien 1834 - Reise durch Sachsen zur Vorbereitung der Englandreise.
- 3. August 1834 - Beginn der Reise nach England.
- April 1835 - Reise durch Sachsen zur Information von Industrie- und Gewerbebetrieben über die Ergebnisse der Englandreise.
- Mai 1835 - Ehrenmitglied des Industrievereins für Sachsen.
- März-Mai 1836 - Als Techniker Mitglied der Kommission zur Gründung der Sächs. Elbe-Dampfschiffahrts-Gesellschaft.
- August 1836 - Initiator der Gründung des Actien-Maschinenbau-Vereins zu Dresden und dessen Maschinenbau-Anstalt Übigau.
- 1836-1839 - Vorsitzender der Direktion und technischer Direktor des Unternehmens unter teilweiser, zuletzt völliger Preisgabe der Lehrtätigkeit.
- 6. Juli 1837 - Inbetriebnahme des von Schubert erbauten ersten Oberelbe-Dampfschiffes „Königin Maria".
- 23. Mai 1838 - Inbetriebnahme Dampfschiff „Prinz Albert".
- 22. August 1838 - Dampfschiff „Dresden" in Betrieb genommen.
- Dezember 1838 - Versuchsfahrten mit der in Übigau erbauten ersten deutschen Lokomotive „Saxonia".
- 8. April 1839 - Triumphfahrt mit der „Saxonia" bei Eröffnung der Leipzig-Dresdner-Eisenbahn und Sabotageakt auf der Heimfahrt in Priestewitz.
- ab Ostern 1839 - Erster technischer Lehrer der Technischen Bildungsanstalt.
- 1839 - Besuch der Industrieausstellung Paris im Auftrag der sächs. Regierung.
- September 1841 - Besuch der Industrieausstellung in Brüssel.
- 24. Mai 1845 - Vorsitzender der Kommission für die Begutachtung der Wettbewerbsentwürfe zur Überwindung der Göltzsch und des Elstertales.
- Sommer 1845 - Entwürfe und statische Berechnungen Schuberts für die Viadukte über das Göltzsch- und Elstertal.
- 1846 - Mitglied der technischen Kommission zur Überwachung der beiden Viaduktbauten.
- 19. April 1846 - Gründer und Vorsitzender des Sächsischem Ingenieur-Vereins.
- 28. April 1848 - Mitglied der sächs. „Permanenten Kommission für Erörterung der Gewerbe- und Arbeitsverhältnisse".
- 1849-1850 - Kommissarischer Direktor der Technischen Bildungsanstalt und der Dresdner Baugewerkenschule.
- 13. September 1849 - Dampfkesselinspektor für die Kreishauptmanschaft Dresden-Bautzen, sowie für sämtl. sächs. Lokomotiven- und Schiffsdampfkessel.
- Ostern 1851 - Lehrer und Vorstand der Bauingenieur-Abteilung der Technischen Bildungsanstalt.
- Osterferien 1851 - Reise nach Venedig, Triest und Wien.
- Januar 1852 - Mitglied der Prüfungs-Kommission für Techniker.
- 20. Januar 1853 - Mitglied der Technischen Deputation des sächs. Ministeriums des Innern.
- 1853 - Mitglied des Techn. Beirates des sächs. Finanz-Ministeriums.
- Juni/Juli 1854 - Mitglied des Beurteilungsausschusses der Industrieausstellung in München.
- 24. Mai 1855 - Ehe mit Sophie geb. EBEN.
- 29. Januar 1859 - Ritterkreuz des Sächs. Verdienstordens verliehen.
- 1859-1870 - Ehrenamtlicher Dirigent des Freimaurer-Knabeninstituts zu Dresden-Friedrichstadt.
- 16. April 1861 - Gründer (zusammen mit Karl Wilhelm Clauß) der Dresdner Handwerkerschule bzw. Gewerbeschule zu Dresden.
- 1862 - ehrenamtlicher Direktor der Gewerbeschule.
- 7. September 1865 - Ernennung zum Regierungsrat.
- Ostern 1869 - Emeritierung.
- 6. Oktober 1870 - verstorben in Dresden (Beerdigung auf dem evangelischem Matthäus-Friedhof in Dresden-Friedrichstadt).
[Bearbeiten] Gedenken
Anlässlich seines 175. Geburtstages wurde 1983 am Haus Friedrichstraße 46 eine vom Dresdner Künstler Martin Hänisch gestaltete bronzene Gedenktafel für Schubert (und August Röckel, Musikdirektor der königlichen Hofoper) enthüllt.[1]
- 125. Todestag (1995): Ausstellung im Dresdner Verkehrsmuseum mit Begleitheft (1995/96)
- 200. Geburtstag (2008)
- Ausstellung im Lingnerschloss durch BI Schloss Übigau
- Festveranstaltung zum 200. Geburtstag von Johann Andreas Schubert an der TU Dresden
- Nachbau der "Saxonia" vor dem Schloss Übigau
- Andreas-Schubert-Tag mit Lokomotivfest im Dresdner Eisenbahnmuseum (12. Juli 2008)
Das bis 2005 bestehende Johann-Andreas-Schubert-Gymnasium in Dresden-Gorbitz trug den Namen des Ingenieurs. Weiterhin wurde die Andreas-Schubert-Straße in der Südvorstadt nach ihm benannt.
Gedenktafel für Johann Andreas Schubert und August Röckel an der Friedrichstraße 46
[Bearbeiten] Quellen
- Arthur Weichold: Johann Andreas Schubert – Lebensbild eines bedeutenden Hochschullehrers und Ingenieurs aus der Zeit der industriellen Revolution, Verlag Technische Universität Dresden, 1968
- ↑ SZ 22.3.1983