Ludwig Geyer
Ludwig Geyer (* 21. Januar 1779 in Eisleben; † 30. September 1821 in Dresden) war ein Maler, Schriftsteller und Hofschauspieler in Dresden. Er war mit der verwitweten Mutter von Richard Wagner verheiratet.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Ludwig Heinrich Christian Geyer wurde als Sohn eines Aktuars beim Oberaufseheramt Eisleben geboren. Dessen Vorfahren wiederum waren Musiker. In Artern verlebte Geyer seine Kindheit und hier erwachten seine Liebe zur Natur und seine Beobachtungsgabe. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Eisleben studierte Geyer in Leipzig zunächst Jura. Daneben nahm er Malunterricht bei Adam Friedrich Oeser an der Leipziger Kunstakademie. Als sein Vater 1799 eine Anstellung in Dresden antreten sollte, verunglückte er auf der Heimreise so schwer, dass er bald darauf starb. Der Sohn hatte nun nicht nur keine Mittel mehr für das Studium, er musste außerdem für die Familie sorgen. Dies gelang ihm, indem er sein Hobby zum Beruf machte und kleine Porträts verkaufte, die er auf ausgedehnten Reisen durch die Provinz anfertigte.
Um 1801 kehrte Geyer nach Leipzig zurück, wo er Friedrich Wagner kennenlernte, der sein schauspielerisches Talent entdeckte. Neben komödiantischen Rollen spielte er mit großem Erfolg Bösewichter wie Herzog Alba im Egmont. Geyer hatte Engagements in Magdeburg, Braunschweig und ab 1805 in Stettin. Nachdem dort 1806 die napoleonischen Truppen die Macht übernommen hatten, wechselte Geyer nach Breslau. Als auch dort die Franzosen eingerückt waren, kehrte er 1807 nach Leipzig zurück. Es war für Geyer hilfreich, dass sein väterlicher Freund Friedrich Wagner aufgrund seiner Französisch-Kenntnisse einigen Einfluss besaß. Am 6. Oktober 1809 gelang Geyer ein beachtetes Debüt in Leipzig und er wurde in das Ensemble von Franz Seconda aufgenommen, der für sich und seine Schauspieler den Titel "Königlich sächsischer Hofschauspieler" erworben hatte. In Magdeburg war er in die Freimaurerloge "Ferdinand zur Glückseligkeit" aufgenommen worden.
Wiederholt besuchte Geyer Dresden, wo er sich vom Bündnis des sächsischen Königs mit Napoleon distanzierte. 1814 ging die Secondasche Gesellschaft in der Dresdner Hofgesellschaft auf. Geyer gehörte bis zu seinem Tode 1821 zum Ensemble des Dresdner Hoftheaters, schrieb Bühnentexte und trat unter Carl Maria von Weber sogar als Sänger auf. Er übernahm die Partien des Alba im Egmont, des Jago im Othello, daneben noch unter Webers Leitung den Lorenz im Singspiel "Das Hausgesinde", den Farbenreiber Paul im "Adrian von Ostade" (Weigl) und den Thomas in der Solièschen komischen Oper "Das Geheimnis". Neben seiner Schauspielertätigkeit malte Geyer weiterhin Porträts, darunter von der Königin Marie Amalie von Pfalz-Zweibrücken und von Camillo Graf Marcolini. Dies war ein willkommener Nebenerwerb zur Ernährung seiner vielköpfigen Familie, zumal er bei einer Besoldung von 1040 Talern nur zweimal wöchentlich im Theater auftreten musste. Theodor Hell, Anfang 1815 Intendant von Hoftheater und Hofoper, gehörte zu den Taufpaten von Geyers Tochter Cäcilie. Sein bekanntestes Theaterstück war der "Der bethlehemitische Kindermord", das auch Johann Wolfgang von Goethe positiv beurteilte.[1]
Die Familie Wagner-Geyer wohnte in Dresden in der Moritzstraße 15, dann Wilsdruffer Straße, am Neumarkt und schließlich Waisenhausstraße 24.[2] Ihr Haus war ein beliebter Treffpunkt der Dresdner Gesellschaft. Zum Freundeskreis gehörten Kriegsrat Georgi, der Orchestermusiker Ferdinand Heine, die Schauspieler Christ, Haffner, Julius und Friderike Wilhelmine Hartwig. In Geyers Haus wurden mehrfach eigene kleine Theaterstücke aufgeführt, darunter das satirische Lustspiel "Die neue Delila".[3]
[Bearbeiten] Familie
1814 heiratete Geyer die Witwe Johanna Rosine geb. Pätz (1774-1848) von Friedrich Wagner, der nach der Leipziger Völkerschlacht an Typhus gestorben war. Es ist in der Wissenschaft auch heute noch umstritten, ob Geyer der leibliche Vater des im Jahre zuvor geborenen Richard Wagner (1813-1883) war.[4] Diese Frage besaß insofern zeitweise einige Brisanz, da bei Geyer auf eine mögliche jüdische Abstammung spekuliert wurde. Seine Frau hatte sieben Kinder mit in die Ehe gebracht. Geyer förderte deren musische Begabungen. So wurde Albert Wagner (1799-1874) Opernsänger und Regisseur. (Johanna Jachmann-Wagner war dessen Adoptivtochter). Wagners Lieblingsschwester, die spätere Hofschauspielerin Rosalie Wagner (1803-1837), debütierte 1818 in dem Stück "Das Erntefest" ihres Stiefvaters, ihre Schwester Luise (1805-1872) hatte bereits 1817 in Geyers Lustspiel "Das Mädchen aus der Fremde" ihr Debüt gegeben. Sie heiratete später den Verleger Friedrich Brockhaus. Klara Wagner (1807-1875) wurde Opernsängerin. Mehrfach trat Geyer mit seinen Stiefkindern gemeinsam auf der Bühne auf. Seine Tochter Cäcilie (* 26. Februar 1815, † 1893) heiratete den Leipziger Verleger Eduard Avenarius und war die Mutter von Ferdinand Avenarius und des Philosophen Richard Avenarius.
Albert Wagner (Stiefsohn)
Rosalie Wagner (Stieftochter)
Luise Wagner (Stieftochter)
Richard Wagner (Stiefsohn)
Ferdinand Avenarius (Enkel)
[Bearbeiten] Zitate zu Geyer
- "Der Freimütige" vom 1. August 1809: Herr Geyer, dieser brave Künstler, zu dessen Besitz man jeder Bühne, auch der größten, Glück wünschen darf, hat uns verlassen. Dieser Künstler ist auch ein geschickter Porträtmaler, Bresaus Einwohner verlieren ihn sehr ungern.[5]
- "Zeitung für die elegante Welt" vom 9. März 1810 zu seinem Auftritt in dem Lustspiel "Der Schauspieler wider Willen" in verschiedenen darin vorkommenden Verkleidungen: Er verstand die bald entgegengesetzten, bald durch Nüancen sich unterscheidenden Charaktere im Äußern sowohl, als in Haltung, Ton und Sprache dermaßen zu variieren, daß der Theaterbesucher an der Einheit der Person in allem Ernste zweifeln konnte. Dabei stellte er jede der einzelnen Rollen überaus geistreich und richtig dar.[6]
- Dresdner Abendzeitung vom 25. August 1819: Von Ihrer Majestät der Königin von Sachsen beauftragt, das Porträt ihres durchlauchtigsten Bruders, unseres Königs, zu malen, hatte Herr Geyer eine von Stielers Land verfertigte Abbildung dieses Monarchen vor sich, als er, bei seiner richtigen Auffassung und Vergleichung des Bildes mit der erhabenen Person des Königs bemerkte, daß die Ähnlichkeit doch nicht in dem Grade erreicht sei, wie er sie sich wohl herzustellen getraute, wenn er das Glück haben sollte, von Seiner Majestät auch nur eine einzige Sitzung, die nicht über eine Stunde dauern sollte, zu erhalten. Sein Wunsch wurde erfüllt, und das Bild des Königs ging aus seinen Händen mit einer Ähnlichkeit hervor, wie sie vollkommener wohl nicht erreicht werden kann. Es ist unbeschreiblich, welche große Sensation dieses Bild machte. Er malte nun auch Ihre Majestät die Königin, und vereinigte auch durch dieses Bild die Stimmen der unparteiischen Kenner für sich. Herr Geyer wurde nun mit Bestellungen überhäuft und es ist kaum glaublich, wenn man hört, daß er im Laufe von sechs Wochen an 30 Porträts gemalt hat, worunter sich die Bildnisse des Herzogs Wilhelm, des Feldmarschalls Fürsten Wrede, des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Grafen von Rechberg mit Familie, des Oberzeremonienmeisters Karl Grafen von Rechberg, des Generalleutenants Grafen Anton von Rechberg, des preußischen und französischen Gesandten u. a. befinden. Er mußte zuletzt, da sein Urlaub zu Ende ging, eine Menge Bestellungen ablehnen. Es muß dem Künstler zur besonderen Ehre gereichen, diese Auszeichnung in einer Stadt zu genießen, wo die Hauber, Kellerhofen, Ettlinger in diesem Fache der Malerei doch so berühmt sind; aber ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß in dem Punkte der Ähnlichkeit, gleich auf die erste Anlage, es keiner Herrn Geyer gleichtut. Diesen schnellen Blick, diese richtige Auffassung, habe ich kaum bei einem Künstler für möglich gehalten.[7]
- Carl August Böttiger in Geyers Nekrolog: Jede engherzige Berechnung schwieg, im Vertrauen auf Gott und seine Talente reichte er der ganz unbemittelten Witwe des bis zum Tode treu erfundenen Freundes die Hand und wurde Vater von sieben Waisen.[8]
- Carl August Böttiger: Sein Beruf zur Malerei war der früheste und entschiedenste. Wäre es ihm vergönnt gewesen, seine ganze Kraft der Porträtmalerei allein widmen zu können, so würde man die Werke seines Pinsels, unabhängig von dem gern bezahlten Reize der Ähnlichkeit, auch als wahre Kunsterzeugnisse in den Gallerien aufbewahren. (In der Literatur fehlen Angaben zur Originalquelle, d. h. Herkunft des Zitats, siehe Quellen.)[9]
- Carl August Böttiger: Wer ihn kannte, war stets zweifelhaft, ob er seiner vielfachen Kunstfertigkeit, oder seiner geistreichen Unterhaltung, oder seinem tiefen Gefühl, wo es Liebe und Pflichterfüllung galt, seinen Beifall zunächst schenken sollte. Doch den Feinsinnigen, der sich ausgezeichneter und nach Vermögen ausgebildeter Naturanlagen bewußt war, der das Vollendete in sich gestalten und nach Idealen streben konnte, befriedigte nie das, was er wirklich leistete. (In der Literatur fehlen Angaben zur Originalquelle, d. h. Herkunft des Zitats, siehe Quellen.)[10]
[Bearbeiten] Quellen
- Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905
- Corinna Kirschstein, Geyer, Ludwig Heinrich Christian (Pseudonym E. Willig), in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., bearb. von Martina Schattkowsky
- Meixner, Elisabeth, „Geyer, Ludwig Heinrich Christian“, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 359 f.
- Gerhard Kratzsch. Kunstwart und Dürerbund. Ein Beitrag zur Geschichte der Gebildeten im Zeitalter des Imperialismus. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1969. ISBN 3-525-36125-4.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Der bethlehemitische Kindermord
- ↑ Richard Wagner und Dresden. Dresden war wichtige Lebensstation des wohl größten Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts / Feiern 2013, bei der Dresden Marketing GmbH.
- ↑ Ein Anfangs lustiges, aber gegen das Ende höchst trauriges Schäfer- und Ritterspiel in einem Act
- ↑ "Wagner's Name Geyer" in der New York Times
- ↑ Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 40-49.
- ↑ Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 40-49.
- ↑ Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 66-78.
- ↑ Dresdner Abendzeitung 1821, Nr. 259/60
- ↑ Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 40-49.
- ↑ Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 66-78.
[Bearbeiten] Weblinks
- Werke bei europeana.org
- Ludwig Geyer (dort, wo man vom Stadtwiki abschreibt, ohne zu zitieren - Version 22. April 2012)