Paul Scheven
Paul Louis Heinrich Adolf Scheven (* 14. Februar 1852;[1] † 30. November 1929 in Dresden) war ein deutscher Volkswirt und Staatsrechtler, Fabrikdirektor, Stadtverordneter, Schriftsteller, Publizist und Sozialpolitiker. Er wurde umgangssprachlich auch als "Dresdner Bettelmönch" bezeichnet und engagierte sich in Dresden für Mieter und in der Armenversorgung.
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[Bearbeiten] Familie
Paul Scheven entstammte der weit verzweigten evangelischen Familie Scheven. Scheven war der Sohn des Zittauer Kaufmanns Carl Georg Wilhelm Scheven. Sein Vater war Teilhaber der Zittauer Firma Wäntig & Co.[2] Er wohnte Mitte der 1870er Jahre in Zittau in der dortigen Bahnhofstraße.[3]
Paul Scheven heiratete am 1. März 1883 Katharina Elisabeth geb. Bauch (* 31. Mai 1861 in Zittau; † 6. August 1922 in Dresden).[4] Das Paar hatte folgende Kinder:
- Katharina Pauline Franziska Scheven (* 1. November 1894 in Dresden), Sprachlehrerin, zuletzt im Rang einer Studienrätin,
- Wilhelm Karl Johannes Scheven (* 27. März 1884 in Żyrardów/ Polen; † 1966), deutscher Jurist und Richter, u.a. im Rang eines Oberlandesgerichtsrates in Dresden, 1950 auch als Richter am Obersten Gerichtshof für die Britische Zone ⚭ 1915 Susanna geb. Nöther (1891–1976), jüngste Tochter des Dresdner Kunstmalers Adolf Nöther (1855–1943).
Schevens Ehefrau war eine Frauenrechtlerin und eine der ersten Dresdner Stadtverordneten. Nach ihr wurde in Loschwitz die Schevenstraße benannt.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Zu den Jahren zwischen 1870 und 1890 heißt es im Leipziger Tageblatt: Der Verfasser hat zwei Jahrzehnte lang mitten im industriellen Leben gestanden und während dieser Zeit im In- und Auslande mannigfache Gelegenheit gehabt, sowohl die Haus- als auch die Fabrikindustrie kennen zu lernen, zuletzt als Leiter eines größeren Fabrikunternehmens. [5]
Erst mit 37 Jahren begann Paul Scheven von 1889 bis 1893 Ökonomie und Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen zu studieren.[6] Seine Dissertation trug den Titel Die Lehrwerkstätte. [7]
Noch vor Studienabschluss kehrte er nach Sachsen zurück und wurde erstmals 1893 im Dresdner Adressbuch als Rentier verzeichnet. Er wohnte anfangs in der Kurfürstenstraße 32.[8] Im folgenden Jahr wurde er als Doktor (der Staatswissenschaften) und volkswirtschaftlicher Schriftsteller aufgeführt,[9] ab 1899 als Staatswissenschaftler. Scheven zog im Laufe der Zeit sieben Mal in Dresden um:
- 1894 in die Tieckstraße 17,[10]
- 1898 wieder in die Kurfürstenstraße, diesmal in die Hausnummer 5,[11]
- 1899 in die Bautzner Straße 52,[12]
- 1900 in die Eliasstraße 22,[13]
- 1903 wieder zurück in die Bautzner Straße, diesmal in die Hausnummer 27,[14]
- 1904 dann schließlich in die Angelikastraße 23,[15] wo er bis 1923 wohnte.
Im gleichen Jahr zog er in die Sedlitzer Straße 3.[16] Hier lebte er bis zu seinem Tod. Da er am letzten Novembertag starb, nach Redaktionsschluss des neuen Adressbuches, ist er noch im Jahrgang 1930 verzeichnet.[17]
In Dresden war Paul Scheven in einer erstaunlichen Anzahl von Vereinen aktiv, häufig in leitender Funktion, und bekleidete verschiedene öffentliche Ämter:
- Evangelischer Arbeiterverein (Schriftleitung des Evangelischen Arbeiterblattes),
- Verein gegen Armennot und Bettelei (Vorsitzender von 1912 bis 1929),
- Verein Volkswohl (Vorstandsmitglied von 1900 bis 1929, Mitherausgeber der monatlich erscheinenden Vereinszeitschriften Der Helfer und Volksgeselligkeit),
- Allgemeiner Mietbewohnerverein zu Dresden (Vorstandsmitglied seit 1898, später stellvertretender Vorsitzender),[18]
- Stadtverordneter der Stadt Dresden (1902 bis 1904),
- Amt des städtischen Wohnungsausschusses (Mitglied),
- Amt des Zentralarbeitsnachweises (Vorstand während des Ersten Weltkrieges),
- Bund der Quäkerfreunde (Mitbegründer in Dresden),[19]
- Numismatischer Verein zu Dresden,[20]
- Verein für sächsische Volkskunde,
- Verein für Geschichte Dresdens,
- Bund für Gegenwartschriftentum.
Zu seinem 75. Geburstag 1927 wurde ihm, dem Numismatiker Scheven, eine besondere Freude, die Ehrung mit der goldenen Ehrendenkmünze der Stadt Dresden zuteil. [21] In Anlehnung an sein Ideal Franz von Assisi bezeichnete sich Paul Scheven selbst als Bettelmönch. [22] Der Verein gegen Armennot und Bettelei betrieb ein Heim für Altersarme, etwa zwanzig Parteien, im Elbgäßchen 8. Darüber hinaus konnte pro Monat 400 bis 500 Bedürftigen mit Lebensmitteln geholfen werden. Erhebliche Spenden für diese Arbeit sammelte Paul Scheven auf seinen Bittgängen: Jedermann in Dresden hat wohl den kleinen, schlichten, altersgrauen Mann einmal gesehen, wenn er in den Gastwirtschaften der Stadt bescheiden an die Tische fröhlicher Menschen trat und um eine Gabe bat. [21]
[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1894: Die Lehrwerkstätte [7]
- 1903: Allerlei aus und über Dresden. Teil 1 und 2
- 1912: Ein halbes Jahrtausend städtischer Armenpflege in Dresden (erschienen in: Festgabe des Vereins gegen Armennot und Bettelei zu Dresden, Seiten 14-34.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Lt. FamilySearch erst 1858 geboren
- ↑ Adressbuch Zittau 1863, S. 47, SLUB
- ↑ Adressbuch Zittau 1874, S. 108, SLUB
- ↑ Datensatz auf MyHeritage
- ↑ Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Frühausgabe, Seite 2, 1895-04-04.
- ↑ Universitätsarchiv Tübingen: Die Tübinger Studierenden 1818-1918. Ältere Studentenakten des Akademischen Rektoramtes
- ↑ a b Paul Scheven: Die Lehrwerkstätte, Erster Band. Technik und qualifizierte Handarbeit in ihren Wechselwirkungen und die Reform der Lehre, Verlag H. Laupp, Tübingen, 1894.
- ↑ Adressbuch Dresden 1893, S. 649, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1894, S. 666, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1895, S. 703, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1899, S. 633, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1900, S. 650, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1901, S. 684, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1904, S. 860, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1905, S. 877, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1924/25, S. 839, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1930, S. 853, SLUB
- ↑ Mitteilungen des Allgemeinen Mietbewohnervereins zu Dresden, Band 15.1903, Seite 19, SLUB
- ↑ Dresdner Nachrichten, Abendausgabe, Seite 3, 1927-03-03.
- ↑ Dresdner Nachrichten, Frühausgabe, Seite 33, 1910-10-30.
- ↑ a b Dresdner Nachrichten, Frühausgabe, Seite 3, 1929-12-02.
- ↑ Dresdner Nachrichten, Frühausgabe, Seite 4, 1929-12-05.
[Bearbeiten] Weblinks
- Scheven, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie
- Ölgemälde (Walter Wittig, 1928) im Bestand der Städtischen Galerie