Tharandter Wald
Der Tharandter Wald (früher auch Grillenburger Wald) ist ein fast geschlossenes Waldgebiet von ungefähr 60 qkm Größe südwestlich von Tharandt und südlich von Wilsdruff.
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[Bearbeiten] Beschaffenheit
Von etwas entfernten Aussichtspunkten der Umgebung[1] oder gar aus der Luft oder dem All (vgl. die Links zu den Bildern) zeigt sich der Tharandter Wald immer als ein geschlossener, dunkler, scheinbar ebener Waldstreifen, der nur von einzelnen, flachen Bergkuppen ein wenig überragt wird. Das Waldkleid verhüllt fast völlständig das von niedrigen Porphyr-Rücken und Sandstein-Tafeln geprägte Relief im Innern des Tharandter Waldes.
- vgl. Luftaufnahme des Tharandter Walds von 2019
- vgl. Blick aus dem All auf den Tharandter Wald - Bild der NASA - mit Ortsangaben zur Orientierung
[Bearbeiten] Höhenlage und Berge
Der weit überwiegende Teil des Tharandter Waldes befindet sich in 320 bis 380 m Höhenlage. Nur wenige Erhebungen überragen dieses Niveau, wobei von keinem der genannten Berge eine umfassende Überschau möglich ist:
- Tännicht (Porphyr), 461 m;
- Landberg (Basalt), 430 m;
- S-Berg (Kreidesandstein), 426 m;
- Ascherhübel (Basalt), 417 m;
- Markgrafenstein (Kreidesandstein), 414 m;
- Hartheberg (Kreidesandstein), 405 m und
- Borschelsberg (Kreidesandstein), 388 m.
Der Kreidesandstein als weichestes Material ist offenbar fünfzig bis achtzig Meter mehr abgeschliffen als der Porphyr.
[Bearbeiten] Wegesystem
Durch den Tharandter Wald führt der Herrenweg (auch Fürstenweg genannt). Dazu kommen ca. 200 Kilometer markierte Wanderwege.
Der Fürsten- oder Herrenweg ist heute Teil des Sächsischen Jakobswegs und führt von Spechtshausen durch den Tharandter Wald nach Grillenburg und weiter nach Freiberg. Er war auch ein früher Leichenweg.
[Bearbeiten] Geschichte
Der Tharandter Wald liegt oberhalb der Grenze des an urgeschichtlichen Funden so reichen Elbhügellandes zum diesbezüglich "unergiebigen" Erzgebirge.
[Bearbeiten] Jungsteinzeit
Neolithische (jungsteinzeitliche) Relikte wurden
[Bearbeiten] Bronzezeit
Aus der Bronzezeit sind Sachzeugen (Lanzenspitzen, Sicheln, Beile und Schmuck) erhalten geblieben.
Die einstige mittelalterliche Wehranlage auf dem Kienberg (oberhalb des forstbotanischen Gartens) und die Burgruine von Tharandt befinden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an Orten, die bereits vor drei- bis viertausend Jahren genutzt wurden.
[Bearbeiten] Hochmittelalter
Beginnend etwa im 12./13. Jahrhundert vollzog sich die bäuerliche (fränkische) Besiedlung in der Umgebung des Tharandter Waldes:
- Fördergersdorf,
- Herzogswalde,
- Niederschöna,
- Naundorf,
- Colmnitz,
- Klingenberg,
- Dorfhain und
- Höckendorf.
Von der bäuerlichen Erstbesiedlung des Erzgebirges (12. Jahrhundert bis 14. Jahrhundert) blieb der Tharandter Wald - bis auf die Rodungsinsel Grillenburg - weitgehend unberührt. Als Siedlungsversuche sind lediglich Warnsdorf (Rodung 1162) und Alt-Naundorf am Rodelandbach überliefert. Standen der landwirtschaftlichen Kolonisierung des Erzgebirgskammes vor allem klimatische Ursachen im Wege, so spielte beim Tharandter Wald der geologische Untergrund eine entscheidende Rolle. Die sauren und schwer verwitterbaren Porphyr- und Sandsteine sowie weiträumige Nassböden schränkten eine ackerbauliche Nutzung von vornherein ein. Allerdings kam dazu noch ein weiterer Grund: Der Tharandter Wald wurde bereits Anfang des 13. Jahrhunderts (vor 1216) markgräflicher Besitz und sollte der herrschaftlichen Jagd vorbehalten bleiben.
Die Grillenburger Teiche gehen wahrscheinlich schon auf die Anfangszeit einer Burganlage oder/und eines Klosters am Ort des späteren Jagdschlosses Grillenburg zurück und dürften damit an die 800 Jahre alt sein.
[Bearbeiten] Spätmittelalter
Im 13. Jahrhundert und später kamen die Waldhufenfluren der Rodungsdörfer
- Hintergersdorf,
- Pohrsdorf,
- Hetzdorf (mit Herrndorf) und Somsdorf hinzu.
Die nach markgräflichem Willen vorgesehene Forstgrenze des Tharandter Waldes sollte ursprünglich (1173) viel weiter im Nordosten verlaufen.
Die Jagdpfalz "Grillenburg" wurde schon 1289 erwähnt und blieb über die Jahrhunderte hinweg als kurfürstliches Amt mit Jagdschloss der geographische Mittelpunkt des Tharandter Waldes.
[Bearbeiten] Chronik
- Im 12. Jahrhundert bestand für kurze Zeit im Zentrum des Waldes die Wüstung Warnsdorf an der wasserreichen Warnsdorfer Quelle im Einzugsgebiet der Triebisch, welche bereits auf das Jahr 1162 (dendro) zurückgeht
- Der aktive Abbau von Grillenburger Sandstein am Flügel Jägerhorn begann nachweislich etwa 1170 (für das Kloster Altzella)
- Anfang des 13. Jahrhunderts: Dietrich der Bedrängte (Meißner Markgraf ab 1197; † 17. Februar 1221) brachte den Tharandter Wald - einen noch ungerodeten Teil des Miriquidi-Urwaldes - in seinen Besitz. Zum Schutze seines Herrschaftsbereiches ließ er auf dem Markgrafenstein einen Wachturm und zur Befriedigung seiner Jagdgelüste eine Jagdpfalz anlegen. Von da ab sind im späteren Grillenburg immer wieder ausgiebige Jagdaufenthalte der Markgrafen und Kurfürsten nachgewiesen.
- 1216: Bau des Jagdsitzes in Grillenburg (heute: Jagdschloss Grillenburg)
- Im nach wie vor völlig von dem Wald umgebenen Ort Grillenburg wurden die Grundmauern einer umfangreichen romanischen Anlage aus dem 13. Jahrhundert gefunden -die noch vorhandenen Kellergewölben werden gedeutet als
- 1. Abtei/Grablege,
- 2.staufische bzw. markmeißnische Jagdpfalz oder als
- 3. Pilgerhospiz am Heiligen Weg bzw. Weg der Jakobspilger.
- 1220-1230: Kloster Altzella wird mit Grillenburger Sandstein weiter ausgebaut
- 1225: die Goldene Pforte am Freiberger Dom St. Marien wurde aus Grillenburger Sandstein hergestellt
- 1266-1290: beim Bau des Meißner Domes wird Grillenburger Sandstein eingesetzt
- 1289: Ersterwähnung als castrum tharant cum foresta...[2]
- 1294: Erwähnung zusammen mit der Burg Tharandt als …Tarant, duo castra…[3]
- 1430: die ursprünglichen Anlagen auf der gesamten Grillenburger Lichtung zwischen den Grillenburger Teichen wurden in den Hussitenkriegen bis auf die Grundmauern zerstört
- 1470: Herzog Albrecht ließ den Tharandter Wald "berainen" und umritt dazu höchstselbst die Grenzen
- 1549: ältester erhaltener Forstgrenzstein
- 1588:Tharandt-Triebisch, Tharandter Wald. Mühle am Zusammenfluss von Triebisch und Warnsdorfer Bach, Karte des Tharandter Waldes von M. Oeder, 1588
- 1598: Wilsdruff-Mohorn. Karte des Tharandter Waldes von M. Oeder um 1598
- 1646: der Schösser Georg Nizsche in Grillenburg lässt sich von den Förstern ausdrücklich bestätigen, dass keine "Landstraße" durch den Forst führe. Alle Wagen von Freiberg her hätten die alte große Hauptstraße über Herzogswalde und Grumbach zu benutzen. In Grumbach wurde damals das Geleitsgeld vereinnahmt und die Kutscher nahmen deshalb lieber ihren Weg durch den Grillenburger Wald. Dieser Weg war aber mit Schlagbäumen gesperrt, die Fuhrleute benutzten Nachschlüssel, wird 1688 berichtet. (1)
- 1732: Beschwerde der Gastwirte zu Grumbach, der Weg durch den Tharandter Wald sei "von undenklichen Zeiten her als ein Herrenweg gehaltenworden, dessen sich die hohen Herrschaften bei Jagden, Auerhahnbalz und Freyberger Reisen bedienten, keineswegs jedoch eine öffentliche Landstraße" (1)
- 1733: die Colmnitzer beschweren sich, sie hätten nur das Teilstück Grillenburg - Colmnitz auszubessern, und dies sei keineswegs ein Herrenweg, sondern nur ein bloßer Holz- und Flügelweg (1)
- 1735 beginnt ein Streit der Dorfbewohner am Rand des Tharandter Waldes wegen Ausbesserungspflichten am Fürstenweg zwischen Spechtshausen und Grillenburg. Die Beteiligten verlangten freies Durchfahrtsrecht für ihre Kalk- und Kohlenfuhren von Dresden über Tharandt, Spechtshausen und Grillenburg nach dem Gebirge zu. Die Einwohner der Orte "hinter dem Walde", also aus Colmnitz, Pretschendorf usw. brachten ihre Produkte an Getreide, Futter, Käse usw. zum Markt nach Dresden und nahmen rückzu Kohlen aus dem Plauenschen Grund und Kalk aus Braunsdorf mit (1)
- 1752: der "Fahrweg" von Dresden über Plauenscher Grund, Haynsberg und Spechtshausen nach Grillenburg soll ausgebessert werden, besonders auch durch Felsabsprengung beim Backofenfelsen, "wegen eines angegebenen Hirsches von 20 Enden und künftiger Auerhahnbalz des Hofes"[4]
- vgl. "Accurate Situations-Carte Von Einem Theile Des Churfürstenthums Sachsen 01" Koordinaten E 13°07'59"-E 13°24'47"/N 50°52'53"-N 50°46'11". Mit dem Tharandter Wald.
- vgl. Tharandt-Grillenburg. Seutter, Kirchenkreis Dresden, Mitte 18. Jh. (Sign.: VII 43) mit dem "Fürstl. Leichen Weg.
- 1796/1797 wurden die Heiligen Hallen angelegt, als Tharandter Promenaden mit Wegen, Denksteinen, Aussichtspunkten und Schutzhütten zwischen dem Zeisiggrund bzw. Schloitzbachtal und dem Weißeritztal rund um die romantische Ruine der Burg Tharandt und das Badetal - als Landschaftspark im Sinne der Frühromantik und der Empfindsamkeit erschlossen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
- vgl. Eines von 17 "Charakterbildern deutscher Bäume", die als ganzseitige Kupferstiche das Buch "Der Wald" von E. A. Roßmäßler illustrieren: Die Buche ("Tharand's heilige Hallen"), gezeichnet von Ernst Heyn und gestochen von Adolf Neumann. Das Bild zeigt "eine Partie aus dem linken Thalgehänge des Badethales von Tharand" …, "welche durch das bekannte Gedicht von Richard Roos als 'Tharands heilige Hallen' berühmt geworden ist." (Zitat aus dem Buch, S. 381)
- vgl. Opferstock, gewidmet dem abwesenden Freunde, Tharandt
- vgl. Beschriftung Opferstock Bergkirche Tharandt: "Für die Armen des Orts. / Wer Dürftige sättigt wie erquickt / Wird durch sein eignes Herz beglückt".
- vgl. Sonnentempel zwischen Tharandt und Somsdorf
- 1821: Tharandt-Triebisch, Tharandter Wald. Der (Niese-) Laux auf der Karte von Oberreit 1821
[Bearbeiten] Weblinks
- Tharandter Wald (Q2409158) - Waldgebiet in Sachsen, Deutschland - bei Wikidata
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Tharandter Wald“
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ z.B. von den Höhen um Freiberg, Frauenstein, Dippoldiswalde oder Freital
- ↑ Heinrich Magirius, Norbert Oelsner, Reinhard Spehr: Grillenburg. Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Arbeitsheft 10, Dresden 2006, Kartenbeilage.
- ↑ Leo Bönhoff: Das Hersfelder Eigen in der Mark Meißen (= Neues Archiv für Sächsische Geschichte. Bd. 44.) 1923, S. 31 m. Anm. 1.
- ↑ BACHMANN, Dr.: Grillenburg, in: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, 1936.