Wurzener Straße
Die Wurzener Straße im Stadtteil Pieschen verläuft nördlich des alten Pieschener Dofkerns und verbindet die Leipziger Straße mit der Leisniger Straße. 1898 erhielt sie ihren heutigen Namen, zuvor hieß sie Nordstraße.
- „Die seit 1839 durch Pieschener Flur führende erste deutsche Ferneisenbahnlinie Leipzig-Dresden und der in den 1850er Jahren gebaute Pieschener Hafen bewirkten, dass sich die stadtnahe Vorortgemeinde Pieschen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend zu einem Wohngebiet für die Arbeiter der großen Industriestandorte in Übigau, Mickten und in der Leipziger Vorstadt entwickelte. Hatte Pieschen 1834 noch 347 Einwohner, so schnellte diese Zahl auf 15.325 im Jahre 1895 empor. Die Bevölkerungsexplosion führte zu akuter Wohnungsnot und machte 1878 einen Bebauungsplan notwendig. In dessen Folge entstanden Straßenzüge in geschlossener Bauweise mit mehrstöckigen Mietswohnhäusern, Mansardenwohnungen und zum Teil auch Hofüberbauungen. Die Zahl der Straßen in Pieschen erhöhte sich bis Anfang der 1890er Jahre auf insgesamt 28, die der Wohngebäude auf fast ein halbes Tausend. Zum 1. Juli 1897 wurde Pieschen nach Dresden eingemeindet. Rund die Hälfte der Pieschener Straßen musste im Zusammenhang mit der Eingemeindung und dem Vorhandensein gleichnamiger Straßen in anderen Teilen der Stadt Dresden umbenannt werden.“[1]
So auch die nördlich des Dorfkerns von Pieschen verlaufende Nordstraße, die seit 1866 diesen Namen trug. Sie war zunächst nur von der Leipziger Straße bis auf Höhe der 1911 benannten Braunschweiger Straße angelegt. Im Zusammenhang mit der Eingemeindung von Pieschen nach Dresden erhielt sie im Jahre 1898 den Namen der Stadt Wurzen, einem der ältesten Orte Sachsens.
Mit dem Bau des Schulhauses für die XI. Bürgerschule Dresden-Pieschen 1901/02 (heute Ärztehaus Wurzener Straße 5) wurde dann auch der östliche Teil der Straße ausgebaut und nachbenannt.
Als 1928 die nach Entwürfen des Dresdner Architekten Hans Richter (1882–1971) im Stile der Neuen Sachlichkeit errichteten und heute „Arno-Lade-Block“ genannten Wohnbauten fertiggestellt waren und im November 1929 das Sachsenbad als Volksbad Nordwest öffnete, wurden beide Teile der Straße miteinander verbunden.
Zu dieser Zeit existierte an der Wurzener Straße aber schon der Turn- und Spielplatz der Arbeitersportler Pieschens, angelegt in den Jahren 1922/23. Auf dieser Sportanlage fanden bis 1933 Fußballturniere und Wettkämpfe in der Leichtathletik sowie Massenturnübungen des Pieschener Arbeitersportvereins 01 statt. In den DDR-Jahren hieß die Sportstätte „Rudi-Pinkert-Stadion“ und war der Betriebssportplatz des VEB Transformatoren- und Röntgenwerkes.[2] Heute ist der Sportplatz Wurzener Straße 20 mit einer Kapazität von 2.000 Stehplätzen Spielstätte der ersten Mannschaft des FFC Fortuna Dresden-Rähnitz, einer der erfolgreichsten sächsischen Frauenfußballmannschaften.
Erwähnenswert auch die Tatsache, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf der Wurzener Straße eine Straßenbahn verkehrte. Die Dresdner Volkszeitung setzte im Mai 1926 ihre Leser davon wie folgt in Kenntnis:
- „Am 11. Mai 1926 hat die Städtische Straßenbahn den Sommerfahrplan mit einigen Veränderungen in Kraft gesetzt. Eine davon ist die Einrichtung der Linie 14, die vom Georgplatz kommend, über den Pirnaischen Platz, Sachsenplatz, Albertbrücke, Bischofsplatz, Fritz-Reuter-Straße, Harkortstraße, Bürgerstraße, Mohnstraße, Lindenplatz (Altpieschen), Braunschweiger Straße, Wurzener Straße zum Straßenbahnhof Mickten fährt und wieder in die Mohnstraße einbiegt. Durch die Linie 14 wird eine kurze Verbindung zwischen Mickten und Pieschen geschaffen.“
Fast zwei Jahrzehnte bestand diese „kurze Verbindung“. Seit dem 2. November 1946 fuhr die Linie 14 dann nicht mehr durch Altpieschen, sondern bog direkt über die Mohnstraße in die Leipziger Straße ein.
[Bearbeiten] Adressen (Auswahl)
- Nr. 5: einst XI. Bürgerschule[3]; 26. Volksschule; im Zweiten Weltkrieg Lazarett; nach Kriegsende zeitweise Stadtkrankenhaus; in DDR-Jahren Poliklinik Mickten (Haupthaus), rekonstruiert ab Januar 1986[4]; heute Ärztehaus Mickten
- Nr. 6: Apotheke am Sachsenbad (seit September 1994)[5]
- Nr. 8: Neubau eines Mehrfamilienhauses mit neun Eigentumswohnungen; Baubeginn: 2018, geplante Fertigstellung: Herbst 2019
- Nr. 11: in 1930er/40er Jahren Lebensmittelhandlung Karl Lippe[6]; heute Bäckerei/Konditorei/Café Scholze (Nr. 11–15)
- Nr. 12: Arno Lade, Arbeiterfunktionär und Widerstandskämpfer (Wohndauer 1927–1944)
- Nr. 13: in 1930er/40er Jahren Bäckerei Uhlmann[7], nach Ende des Zweiten Weltkriegs mussten sich Kunden im Innenhof nach Brot anstellen, damit die sowjetischen Besatzer nicht merkten, dass es frische Backwaren gibt[8]; in 1980er Jahren Produktionsstätte des Backwarenkombinats Dresden; heute Bäckerei/Konditorei/Café Scholze (Nr. 11–15)
- Nr. 15: in 1930er/40er Jahren Drogenhandlung Helmut Ramsauer[9]; heute Bäckerei/Konditorei/Café Scholze (Nr. 11-15)
- Nr. 15a (im Innenhof): ehem. Heizhaus der Siedlung, heute Firmensitz „h.e.i.z.Haus Architektur.Stadtplanung“
- Nr. 19: seit 1970 kombinierte Kindertageseinrichtung (Kita und Kinderkrippe), später Kindertageseinrichtung „Pfiffikus“; 2009 Abriss des alten Gebäudes und Neubau einer Kita, bis 2011 Betrieb im Ausweichquartier Weinbergstraße, Juni 2011 Einweihung der neuen Kita[10]
- Nr. 39: Maler Rudolf Friedrich
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Dr. Karlheinz Kregelin (1932–2004): „Namenbuch der Straßen und Plätze im Norden der Stadt Dresden“ (unveröffentlichtes Manuskript)
- ↑ Fernsprechbuch Bezirk Dresden 1988, S. 239
- ↑ Adressbuch für Dresden und seine Vororte, 1904
- ↑ SZ 22./23.(?)12.1985
- ↑ Pieschener Zeitung 1/2017, S. 7
- ↑ Adressbuch 1940, 5. Teil, S. 865
- ↑ Adressbuch 1940, 5. Teil, S. 865
- ↑ Liselotte Geppert in: Cäcilia Dietze: Heimat in Dresden-Pieschen 1930-1950. Zeitzeugenfilm, 2013.
- ↑ Adressbuch 1940, 5. Teil, S. 865
- ↑ http://www.kita-pfiffikus-dresden.de/willkommen-bei-der-kita-%E2%80%9Epfiffikus%E2%80%9C-geschichte-des-hauses