Moritz Rudolph Richard Flachs

Moritz Rudolph Richard Flachs (* 31. Oktober 1863 in Dresden; † 1947 ebenda) war ein Dresdner Kinder- und Jugendarzt. Er war Leiter einer Kinder- und Jugendklinik in Dresden, Vorstandsmitglied und später Ehrenvorsitzender der Vereinigung Dresdner Schulärzte, Mitglied und Dozent der Akademie für ärztliche Fortbildung in Dresden. Flachs' Schaffen und Engagement war eng mit dem Aufbau und der Entwicklung der Kinderfürsorge und Kinderbetreuung und der Schulgesundheitspflege in der Stadt Dresden verbunden.[1]
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[Bearbeiten] Familie
Moritz Rudolph Richard Flachs entstammte der weit verzweigten Pirnaer Seifensiederfamilie Flachs. Der Name Flachs ist geschichtlich zuerst in einer Urkunde vom 14. April 1386 im Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae der Stadt Pirna mit „Hannos Flachs“ als „gesworn Ratmann“ nachweisbar. Auch drei Jahre später ist dieser Hanns Flachs als Ratsherr aufgeführt. Flachs entstammte dem zweiten Ast der Familie, sein Urgroßvater väterlicherseits war der Pirnaer Rechtsanwalt, Stadtsyndikus und kursächsischer Amtssteuereinnehmer Carl Friedrich Flachs (1765–1825), sein Großvater Moritz Flachs (1800–1865), Seifensieder in Dresden.
Richard Flachs war der Sohn des Dresdner Seifensiedermeisters Carl Rudolph Moritz Flachs (* 15. Februar 1831 in Dresden; 1880 ebenda)[2] und dessen 1862 geheirateter Ehefrau Anna Henriette geb. Rosenmüller (1838–1906),[3] Tochter des Dresdner Tischlers David Ludwig Rosenmüller (1805–1882).[4]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Richard Flachs studierte nach seiner höheren Schulbildung Medizin und promovierte nach seinem abgeschlossenen Studium zum Doktor der Medizin (Dr. med.).
Flachs ist erstmals 1890 im Dresdner Adressbuch als praktischer und niedergelassener Arzt, zu dieser Zeit noch in der Wohnung zusammen mit seiner Mutter, die als Witwe in der Dresdner Neustadt, in der Hauptstraße 18 im ersten Obergeschoss verzeichnet.[5] 1894 zog er in eine eigene Praxis im Erdgeschoss am damaligen Moltkeplatz 3, wo er erstmals als Spezialist für Kinderkrankheiten aufgeführt ist. Weiterhin ist im Adressbuch angegeben, dass Flachs englisch, französisch und italienisch spricht.[6] Am 1. April 1897 zog Flachs mit seiner Praxis in die damals renomierteste Geschäftsstraße von Dresden, in die Prager Straße 21.[7]
1898, mit 35 Jahren wurde Flachs neben seiner Tätigkeit als niedergelassener praktischer Arzt und Kinderarzt auch Arzt am städtischen Säuglingsheim in der damaligen Arnoldstraße 1.[8] Als solcher arbeitete er auch mit Dr. Karl August Lingner zusammen, der 1897 Vorstandsmitglied im Verein Kinderpoliklinik mit Säuglingsheim wurde.[9]
Bereits zwei Jahre später, 1900 wurde Flachs am Dresdner Säuglingsheim zum Oberarzt ernannt.[10] Das von Arthur Schloßmann gegründete Säuglingsheim mit einer Kapazität von anfangs fünf bis zehn, später 47 Säuglingsbetten hatte seinen Standort im Stadtteil Dresden-Johannstadt in unmittelbarer Nähe der jetzigen Kinderklinik und gilt als der eigentliche Vorläufer der heutigen Universitätskinderklinik in Dresden. Sachsen hatte damals mit 28 % die höchste Säuglingssterblichkeit in Europa. Es war zur damaligen Zeit üblich, Säuglinge von einer Klinikbehandlung auszuschließen, weil deren Kliniksterblichkeit extrem hoch war. Die Säuglingsklinik Johannstadt stellte die erste Klinik der Welt zur ausschließlichen Betreuung erkrankter Säuglinge dar. Es gelang Flachs zusammen mit Schloßmann, die Säuglingssterblichkeit dieser Klinik in wenigen Jahren von 42,1 % auf 22,9 % zu senken.
1906, nach dem Tod seiner Mutter, zog Flachs in die Sidonienstraße 6.[11] Am 1. bis 4. Oktober desgleichen Jahres nahm Flachs am Kongress für Kinderforschung und Jugendfürsorge in Berlin teil.[12] Ein Jahr, 1907 später wurde Flachs Leitender Arzt der 1897 ebenfalls von Arthur Schloßmann gegründeten, städtischen Kinderpoliklinik in der Dresdner Johannstadt,[13] die sich seit 1904 in der Wormser Straße 4 befand.[14]
Flachs blieb weit über das normale Rentenalter hinaus, bis zur Vollendung seines 75- Lebensjahres im Jahr 1938 Leiter auch in der neuen Kinder- und Jugendklinik in Dresden-Johannstadt.[15] Von 1927 bis 1930 wurde unter der Leitung von Stadtbaurat Paul Wolf und Professor Hans Bahrdt ein moderner Kinderklinik-Komplex des Stadtkrankenhauses Dresden-Johannstadt erbaut, den Flachs noch acht Jahre nach seiner endgüktigen Fertigstellung als Leiter führte. Das neue Ensemble bestand aus drei Gebäuden, die U-förmig das sogenannte Birkenwäldchen umschlossen. Der Bau dieses großzügigen Gebäude-Ensembles erforderte 7,6 Millionen Mark, eine für die damalige Zeit respektvolle Summe, und stellte nach der Errichtung des 1910 eingeweihten Rathauses das größte geschlossene Bauvorhaben der Stadt Dresden dar.
Flachs war sozial stark engagiert. Er war seit mindestens 1905 städtischer Schularzt,[16] seit 1907 Vorstandmitglied der Gesellschaft der Dresdner Schulärzte,[17] später Ehrenvorsitzender der Vereinigung der Dresdner Schulärzte sowie Mitglied und Dozent der Akademie für ärztliche Fortbildung in Dresden. Flachs war auch Mitglied des Vereins für Verbesserung der Frauenkleidung und Reformmode in Dresden.[18] 1938 erschien ein Notiz über Flachs zu seinem 75. Geburtstag,[19] unter anderem auch in den Dresdner Neuesten Nachrichten.[20]
Ab 1939 ist Flachs als Arzt in der Bernhardstraße 44, dort im zweiten Obergeschoss verzeichnet,[21] wo er noch 1944, in einem Mehrfamilienhaus des Prof. Dr. phil. et Dr.-Ing. e.h. Richard Edmund Graefe lebte.[22][23] Flachs starb zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unverheiratet und ohne Nachkommen. 21 Jahre nach Flachs' Tod wurde ein Beitrag über sein Leben und seine Verdienste in der Kinder- und Jugendheilkunde veröffentlicht.[24] In seinem 130. Geburtsjahr veröffentlichte die Sächsische Zeitung in drei Teilen eine Fortsetzungsserie zu Dr. med. Richard Flachs unter dem Titel:
- Ein berühmter Dresdner Kinderarzt und seine Verdienste für die hiesige Medizin: Dr. Richard Flachs, Verfasser: A.E. Flachs.[25]
[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1906: Die geschlechtliche Aufklärung bei der Erziehung unserer Jugend, Verlag Alexander Köhler.[26]
- 1914: Fürsorge für das vorschulpflichtige Alter.[27]
- 1914: Sexuelle Pädagogik.[28]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 1916: Ritterkreuz 1. Klasse des herzoglich-Sachsen-Ernestinischen Hausordens (Hausorden der vereinigten herzoglichen sächsischen Häuser).
- 1917: Königlich-sächsisches Ehrenkreuz für freiwillige Wohlfahrtspflege
- 1918: Ritterkreuz 1. Klasse des königlich-sächsischen Albrechtsordens
[Bearbeiten] Trivia
Das zentrale Gebäude der 1930 eröffneten Johannstädter Kinderklinik und das Bettenhaus wurden am 13. Februar 1945 bei den Luftangriffen auf Dresden zerstört. Anschließend wurde das Zentralgebäude zur heutigen Chirurgischen Klinik ausgebaut, und aus dem Bettenhaus entstand die bis zum Herbst 1999 genutzte Kinderklinik.
[Bearbeiten] Quellen
- Bernhard Richard Flachs: Stammbaum der Familie Flachs ca. 1570-1909 : Überreicht zum 70 jährigen Geburtstag des Seniors der Familie Gottlob Bernhard Flachs, geboren am 2. Dezember 1839: von Bernhard Richard Flachs, Datensatz auf Familysearch, Digitalisat auf Familysearch, jeweils Anmeldung erforderlich.
- Geschichte der Kinderklinik in: Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin auf der [https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/kliniken-polikliniken-institute/kik/klinik/geschichte-der-kinderklinik Homepage des Uniklinikums Dresden
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Münchener medizinische Wochenschrift, Band 85, Ausgaben 27–52, 1938, Digitalisat auf Google Books, S. 1736.
- ↑ Datensatz auf Ancestry, Anmeldung erforderlich.
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Dresden 1906, S. 180, SLUB
- ↑ Datensatz auf Ancestry, Anmeldung erforderlich.
- ↑ Adressbuch Dresden 1892, S. 137, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1895, S. 157, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1897, S. 110, SLUB
- ↑ Erstmals im Adressbuch Dresden 1899, S. 124, SLUB
- ↑ Säuglingsheim im Lingner-Archiv.
- ↑ Adressbuch Dresden 1901, S. 137, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1907, S. 180, SLUB
- ↑ Bericht über den Kongress für kinderforschung und jugendfürsorge in Berlin (1.-4. oktober 1906), 1906, Digitalisat im Internet-Archive: Verzeichnis der Mitglieder und Delegierten
- ↑ Adressbuch Dresden 1908, S. 185, SLUB
- ↑ Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Arthur Schloßmann“
- ↑ Letztmalig als solcher im Adressbuch Dresden 1938, S. 170, SLUB
- ↑ Zeitschrift für Schulgesundheitspflege, Beiheft, Band 19, 1906, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. XIII u. 581.
- ↑ Internationales Archiv für Schulhygiene, Band 3, 1907, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 61.
- ↑ Friederike Berger: 'Der Verein für Verbesserung der Frauenkleidung und Reformmode in Dresden, Onlineartikel im Frauenstadtarchiv.
- ↑ Münchener medizinische Wochenschrift, Band 85, Ausgaben 27–52, 1938, Digitalisat auf Google Books, S. 1736.
- ↑ Datensatz der SLUB.
- ↑ Adressbuch Dresden 1939, S. 173, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1943/44, S. 176, SLUB
- ↑ Häuserbuch Dresden 1942, S. 93, SLUB
- ↑ K. Lorenz: Richard Flachs (1863–1947), Kinder- und Jugendarzt in Dresden in: Ärztliche Jugendheilkunde, Nr. 59, Jahrgang 1968, S. 64-68, s.a. Datensatz 1 und Datensatz 2 der SLUB.
- ↑ Erschienen in: Sächsische Zeitung. Dresden ; 48(1993), 99 v.29.4., 104 v.6.5., 110 v.13.5., Seite 26, Datensatz der SLUB.
- ↑ Vierteljahrsschrift für körperliche Erziehung, Bände 1-3, 1905, Digitalisat auf Google Books, S. 171.
- ↑ Hugo Selter: Handbuch der deutschen Schulhygiene, Band 1, Teil 1, 1914, Digitalisat in Internet-Archive, S. 322ff.
- ↑ Hugo Selter: Handbuch der deutschen Schulhygiene, Band 1, Teil 1, 1914, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 649.