Bernhard Richard Flachs

Bernhard Richard Flachs (* 18. Juni 1866 in Pirna; † 4. Oktober 1944[1] ebenda) war ein sächsischer Jurist, Rechtsanwalt und Notar, zuletzt im Rang und mit Titel eines königlich-sächsischen Justizrates. Er war langjähriges Mitglied des Pirnaer Stadtverordneten-Kollegiums, zuletzt als Vorsteher. Flachs war Mitglied des Pirnaer Geschichtsvereins und vielseitig geschichtsinteressiert. Er stiftete einen Großteil seiner privaten Büchersammlung der Stadt Pirna.
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[Bearbeiten] Familie
Bernhard Richard Flachs entstammte der weit verzweigten Pirnaer Seifensiederfamilie Flachs. Der Name Flachs ist geschichtlich zuerst in einer Urkunde vom 14. April 1386 im Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae der Stadt Pirna mit „Hannos Flachs“ als „gesworn Ratmann“ nachweisbar. Auch drei Jahre später ist dieser Hanns Flachs als Ratsherr aufgeführt. Flachs entstammte dem dritten Ast der Familie, sein Urgroßvater väterlicherseits war der Pirnaer Seifensiedermeister Johann Gottlob Flachs (1771–1844), sein Großvater der gleichnamige Johann Gottlob Flachs (1807–1879), Seifensiedermeister in Pirna.
Richard Flachs war das älteste Kind des Pirnaer Seifenseidermeisters, Stadtverordneten und Bezirksvorstehers, dem späteren Privatus Gottlob Bernhard Flachs (* 2. Dezember 1839 in Pirna; † 1928 ebenda) und dessen 1865 geheirateter Ehefrau Auguste Emilie geb. Jacob († 1900 in Pirna), Tochter des Pirnaer Tischlermeisters Otto Jacob[2] und dessen Ehefrau geb. Uhlemann. Flachs hatte drei Geschwister, u.a.:
- Emil Otto Flachs (1874–1926), Königliches Gymnasium in Dresden-Neustadt, studierte in Freiburg im Breisgau und in Leipzig Medizin, Dr. med., Frauenarzt in Plauen im Vogtland mit einer eigenen Privatklinik, königlich-sächsischer Medizinalrat, Stabsarzt der Reserve der kaiserlichen Marine.
- Kurt Arthur Flachs (1875–1940), Abitur am Königlichen Gymnasium in Dresden-Neustadt, studierte an der TH Dresden, Ingenieur, Regierungsbaumeister, Offizier, zuletzt Direktor der Deutschen Reichsbahn und Vizepräsident der Reichsbahndirektion Dresden.
Richard Flachs verlobte sich am 16. Juni 1894 mit seiner zukünftigen Ehefrau, die er während seiner Zeit in Dresden kennenlernte. Flachs heiratete am 26. April 1895 Anna Elisabeth geb. Ketzscher (* 21. Juni 1876 in Dresden; † 25. Januar 1949[3]), Tochter der Pirnaer Bankiers Georg Ketzscher (* 23. August 1853 in Reudnitz bei Leipzig; †) und dessen Ehefrau Anna geb. Kaurich. Das Ehepaar Flachs hatte zwei Kinder.
- Richard Werner Flachs (* 9. März 1896 in Pirna), Abitur am Vitzthumschen Gymnasium in Dresden, studierte Jura, Rechtsanwalt und Notar in Pirna.
- Elisabeth Katharina ("Käthe") Flachs (* 8. Oktober 1897 in Pirna), besuchte die städtische höhere Mädchenschule in Pirna ⚭ Dr. jur. Ernst Rudolf Prietzel, bis 1936 2. Bürgermeister in Bunzlau/Liegnitz,[4] ab 1937 als Bürgermeister a.D. in Dresden.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Richard Flachs wurde am Tag des Einzugs der preußischen Armee in Pirna während des Deutschen Krieges 1866 geboren, bei dem das Königreich Sachsen an der Seite von Österreich stand. Flachs besuchte anfangs die Volksschule und anschließend die Realschul-Sexta in Pirna, ab Ostern 1877, mit dem Eintritt in die Quinta das Gymnasium in Bautzen, wo er bei dem Zeichenlehrer Julius Lauschke wohnte, einem jüngeren Stiefbruder seiner Großmutter. Flachs wurde auch in Bautzen im dortigen Petridom konfirmiert. Ab Ostern 1882 wechselte er in die Fürstenschule St. Afra nach Meißen, wo er in die Obersekunda für seine höhere Schulbidlung eintrat. Dort legte er zu Ostern 1885 sein Reifezeugnis ab.
Anschließend diente Flachs als Einjährig-Freiwilliger beim 2. Grenadier-Regiment No. 101 "Kaiser Wilhelm, König von Preußen" in Dresden, wo er in der Dresdner Grenadierkaserne in der heutigen Stauffenbergallee, an der damaligen Heerstraße in der Dresdner Albertstadt bis Ostern 1886 seinen Dienst versah. Später, nach zwei während seines Studiums in den Jahren 1887 und 1890 geleisteten Reserveübungen in der königlich-sächsischen Armee, wurde er am 28. November 1890 zum Leutnant der Reserve ernannt.
Anschließend begann Flachs ein Studium der Rechtswissenschaften, anfangs an der Universität in München. Er ging aber noch 1886 zurück nach Sachsen, an die Universität nach Leipzig, wo er sein Jurastudium fortsetzte und trat dort in das Corps Budissa, einer Leipziger Burschenschaft der Universität ein. 1890, nach seinem ersten juristischen Staatsexamen, absolvierte Flachs seine Referendarzeit anfangs am Amtsgericht in seiner Heimatstadt Pirna. 1890 wurde er als Referendar zum Amtsgericht Hartenstein versetzt.[5]
1892 verteidigte Flachs seine juristische Abschlussarbeit mit der sehr guten Abschlussnote Magna cum laude für seine Dissertation in Leipzig zum Doktor der Rechte (Dr. jur.). Im gleichen Jahr kam er wieder nach Dresden, wo er erstmals 1893 im Dresdner Adressbuch als Referendar in der Pillnitzer Straße 61, im dortigen Hintergebäude, im ersten Obergeschoss verzeichnet ist.[6] Seine Referendarzeit absolvierte er hier anfangs am Dresdner Landgericht. Noch im gleichen Jahr wechselte er als Referendar zum königlichen Oberlandesgericht in Dresden. Dazu zog er in eine Wohnung in der zweiten Etage in der Zirkusstraße 19, wo er bis 1894 wohnte.[7] Zuletzt arbeitete er als Rechtsanwalt in der Kanzlei des späteren königlich-sächsischen Justizrates Hermann Bruno Windisch in Dresden.
Am 26. April 1894 erhielt Flachs seine Zulassung als Rechtsanwalt, ging im Mai desgleichen Jahre zurück in seine Geburtsstadt, nach Pirna, wo er sich als Rechtsanwalt in seinem Haus in der dortigen Albertstraße 12 niederließ.[8] Flachs ist erstmals 1904 als Mitglied des Stadtverordneten-Kollegiums von Pirna verzeichnet.[9] Ab 1908 ist Flachs neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt auch als königlicher Notar im Pirnaer Adressbuch aufgeführt.[10] 1909 wurde Flachs zum 2. Stellvertreter des Pirnaer Stadtverordneten-Kollegiums gewählt.[11] Ab 1911 war er 1. Stellvertreter des Kollegiums.[12]
Flachs war vor dem Ersten Weltkrieg Reserveoffizier beim 2. Grenadierregiment No. 101, um 1910 im Rang eines Hauptmannes der Landwehr mit dem Recht zum Tragen der Landwehruniform in der Öffentlichkeit. Er war Ehrenmitglied der Offiziersgesellschaft im Landwehrbezirk Pirna.
Gegen Ende der Regierungszeit des letzten sächsischen Königs Friedrich August III. erhielt Flachs den Rang und den Titel eines königlich-sächsischen Justizrates. Als solcher ist er 1920 im Pirnaer Adressbuch zu finden.[13] Auch nach der Novemberrevolution in Deutschland 1919 blieb Flachs als Stadtverordneter im Amt. 1925 ist Flachs erstmals als Vorsteher des Pirnaer Stadtverordneten-Kollegiums im Adressbuch verzeichnet.[14] Flachs war von 1927 bis 1933 als Abgeordneter der nationalliberalen Deutschen Volkspartei Mitglied des Stadtverordneten-Kollegiums.[15][16]
Flachs war ein leidenschaftlicher Hobby-Historiker, Heimat-Geschichtsforscher und Mitglied im Pirnaer Geschichtsverein. Als solcher veröffentlichte er eine Reihe von Artikeln, v.a. zur Stadtgeschichte von Pirna. 1936 überreichte Flachs' Sohn Werner zum 70. Geburtstag einen Ergänzungsband zu der Familienchronik, ähnlich wie das bereits Richard Flachs 1909 seinem Vater zu dessem 75. Geburtstag gewidmet hatte:
- Zur Geschichte der Familie Flachs 1386–1936, Überreicht zum 70jährigen Geburtstag des Seniors der Familie, des Pirnaer Justizrats Bernhard Richard Flachs, geb. am 18. Juni 1866...[17]
Flachs blieb bis spätestens 1938 als Rechtsanwalt und Notar tätig. Flachs stiftete 1926, im Jahr seines 60. Geburtstages, einen Großteil der privaten Bibliothek von ihm und von seinem Sohn Werner, insgesamt 337 Bände der Pirnaer Stadtbibliothek. Darunter waren 64 historische Bücher:
- 55 Bücher aus dem 19. Jahrhundert,
- 7 Bücher aus dem 18. Jahrhundert und
- je 1 Buch aus dem 17. und 16. Jahrhundert.
Enthalten waren Werke zur Geschichte Sachsens, Dresdens und Pirnas, zur sächsischen Volkskunde und -dichtung sowie Wanderführer durch das Erzgebirge, die Sächsische Schweiz und durch Nordböhmen. Die Schenkung bildete eine wichtige Ergänzung für Lücken im Kernbestand. Dazu gehören u.a.:
- August Petermanns Treugemeinter Zurück-Denk-Zettel der ...Stadt Pirna wegen desselben großen Unglücks so ihr ... am 23. April 1639 widerfahren (Pirna 1681),
- die Erstausgabe (Pirna 1739) von Christian Heckels Historischer Nachricht ... sowie
- die reich illustrierte Saxonia Numismatica (Dresden 1705; Frankfurt und Leipzig 1714) von Wilhelm Erich Tentzel.[18]
2021 erschien im Landkalenderbuch für die Sächsische Schweiz und das Osterzgebirge ein Artikel über Flachs:
- Justizrat Dr. Richard Flachs: eine fast vergessene Pirnaer Persönlichkeit: sein Leben ineiner Villa mit denkmalgeschütztem Park.[19]
[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1914: Petermanns Pirnsche Chronik.[20]
- 1925: 40 Jahre Pirnaer Geschichtsverein in: Pirnaer Geschichtsblätter 2/1925[21]
- 1937: Die Mühlen in Alt-Pirna in: Pirnaer Geschichtsblätter 5/1937.
[Bearbeiten] Quellen
- Bernhard Richard Flachs: Stammbaum der Familie Flachs ca. 1570-1909 : Überreicht zum 70 jährigen Geburtstag des Seniors der Familie Gottlob Bernhard Flachs, geboren am 2. Dezember 1839: von Bernhard Richard Flachs, Datensatz auf Familysearch, Digitalisat auf Familysearch, jeweils Anmeldung erforderlich.
[Bearbeiten] Einzelnachweise und Hinweise
- ↑ Rainer Rippich: Justizrat Dr. Richard Flachs – eine fast vergessene Pirnaer Persönlichkeit. In: Landkalenderbuch für die Sächsische Schweiz und das Osterzgebirge 2022, S. 139–143, hier S. 139.
- ↑ Noch im Pirnaer Adressbuch 1879, S. 72, SLUB
- ↑ Rainer Rippich: Justizrat Dr. Richard Flachs – eine fast vergessene Pirnaer Persönlichkeit. In: Landkalenderbuch für die Sächsische Schweiz und das Osterzgebirge 2022, S. 139–143, hier S. 142.
- ↑ Datensatz im Reichs-Telefonbuch 1934, Humboldt-Universität Berlin.
- ↑ Justizministerialblatt für Sachsen, Band 24, Dresden 1890, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 43.
- ↑ Adressbuch Dresden 1893, S. 147, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1894, S. 152, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1895, S. 135, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1904, S. 3, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1908, S. 202, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1910, S. 1, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1912, S. 1, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1920, S. 11, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1925, S. 10, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1927, S. 14, SLUB
- ↑ Adressbuch Pirna 1932, S. 19, SLUB
- ↑ Werner Flachs: Zur Geschichte der Familie Flachs 1386–1936..., Pirna 1936, Datensatz der SLUB.
- ↑ BESTANDSBESCHREIBUNG in: Bibliothek des Stadtarchivs Pirna, Onlineversion der SUB Göttingen.
- ↑ Rainer Rippich, in: Landkalenderbuch für die Sächsische Schweiz und das Osterzgebirge... ; 15.2022(2021), Seite 139-143, Datensatz der SLUB.
- ↑ Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Pirna“
- ↑ Bernhard Fabian, Felicitas Marwinski Friedhilde Krause Eberhard Dünninger: Handbuch der historischen Buchbestände. Sachsen L-Z., Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 246.