Albertstadt
Die Albertstadt war eine ehemalige selbstständige Militärstadt im Norden der Stadt Dresden und liegt heute als Stadtteil zwischen der Neustadt, Leipziger Vorstadt und den natürlichen Grenzen der Dresdner Heide und dem Heller. Sie schließt sich direkt nördlich des Alaunplatzes an die Äußere Neustadt an. Benannt wurde sie gegen Ende der ersten Bauphase nach dem sächsischen König Albert. Der seinerzeit nicht zu Dresden gehörende Gutsbezirk wurde in großen Teilen ab dem 7. Februar 1873 als Garnisonstadt mit einer zur damaligen Zeit größten zusammenhängenden Kasernenanlage errichtet.
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[Bearbeiten] Geschichte
Nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/ 71 vergrößerte sich die Dresdner Garnison der königlich-sächsischen Armee von ehemals ca. 3.000 Mann (1855) auf etwa 10.000 Mann (1873). Damit waren die bisherigen Unterbringungsmöglichkeiten der Dresdner Truppenteile zu klein geworden.
Als erster Kasernenbau der neuen, später Albertstadt genannten Armeestadt, nördlich des Alaunplatzes gilt die 1870 begonnene und 1871 fertig gestellte Neue Schützenkaserne für das Königlich Sächsische Schützen-(Füssilier)-Regiment Prinz Georg Nr. 108, das bereits 1869 von Leipzig nach Dresden verlegt wurde. Der Alaunplatz selbst wurde bereits seit 1841 als Exerzierplatz genutzt.
Der Bau der weiteren Kasernenanlagen begann ab Frühjahr 1873 unter der Leitung des sächsischen Oberst Andrée, später unter dem damaligen Oberstleutnant und späteren Generalmajor August Portius, die beide direkt dem damaligen Kriegsminister und General der Kavallerie, Alfred Graf von Fabrice unterstellt waren. Als Architekten wurden der Professor der Akademie der Bildenden Künste, Baurat Hermann Nicolai sowie die Herren Ries und Rumpel beauftragt.
Am 19. März 1877 genehmigte König Albert, der als einer der herausragendsten sächsischen Feldherren galt, den Namen Albertstadt. Die Armeestadt war seit dem 13. Juni 1883 ein selbstständiger Gutsbezirk und gehörte somit anfangs viele Jahre nicht zu Dresden. Als Gutsherr wurde der jeweilige sächsische Kriegsminister eingesetzt.
Mittelpunkt der Albertstadt war die über drei Kilometer lange und bis zu 30 Meter breite Aufmarsch- und Paradestraße, die ursprüngliche Heerstraße, die heutige Stauffenbergallee. Markant ist ebenfalls die 20 Meter hohe Prießnitzbrücke, die frühere Carolabrücke über das Prießnitztal.
[Bearbeiten] Gebäude und Kasernenanlagen des 1. Bauabschnitts (1873–1879)
Die Kasernen wurden mit hofseitig gelegenen langen Korridoren erbaut und besaßen neben Tief- und Hochparterre in der Regel zwei Hochgeschosse und ein Mansardgeschoss. Nur die Kasernen der Infanterie hatten drei Hochgeschosse.
Die ersten großen Gebäude im östlichen Teil der ursprünglichen Heerstraße, die am 1. Juni 1877 an das Militär übergeben wurden, waren die beiden Grenadierkasernen östlich der Marienallee.
Am 1. April 1878 konnten folgende Gebäude in der Albertstadt ihrer Funktion übergeben werden:
- die König-Albert-Kaserne, als Artilleriekaserne für die 1. Abteilung des Königlich Sächsischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 12 erbaut,
- die Trainkaserne für das 1. Königlich Sächsische Train-Bataillon Nr. 12,
- die Fabrice-Kaserne, als Gardereiterkaserne für das Königlich Sächsische Garde-Reiter-Regiment erbaut.
Ein Jahr später, am 1. April 1879 wurde die König-Johann-Kaserne als Pionierkaserne an das 1. Königlich Sächsische Pionier-Bataillon Nr. 12 zur Nutzung übergeben.
Weiterhin wurden im ersten Bauabschnitt der Albertstadt bis 1879 erbaut:
- die Königlich Sächsische Reitanstalt als eines der drei Reitinstitute des Deutschen Reiches,
- das Königlich Sächsische Proviantamt,
- die Militärstrafanstalt,
- die Munitionsanstalt und
- das Königlich Sächsische Arsenal,
- die Königlich Sächsische Kadettenanstalt und
- das Garnisonlazarett.
[Bearbeiten] Gebäude und Kasernenanlagen des 2. Bauabschnitts (1890–1904)
Als Anfang der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts das deutsche und damit auch das sächsische Heer verstärkt und modernisiert wurde, wurden in der Albertstadt weitere Neubauten von Gebäuden notwendig:
- 1891: das Militärpostamt,
- 1892: das Fabrice-Mausoleum, das nach dem Tod des sächsischen Kriegsministers Alfred Graf von Fabrice errichtet wurde,
- 1892/ 93: die Arbeiterabteilungskaserne,
- 1894/ 95: die König-Friedrich-August-Kaserne für das Königlich Sächsische Infanterie-Regiment Nr. 177
- 1895–1900: die Garnisonkirche als zweigeteilte evangelische und katholische Kirche in einem Gebäude mit einem Glockenturm und
- 1896: das Königlich Sächsische Kriegsarchiv,
- 1900/ 01: die König-Georg-Kaserne als Kaserne für das Artillerie-Regiment Nr. 48 inkl. des dazugehörigen Offizierskasinos,
- 1901: das Wasserwerk Albertstadt,
- 1902: der Garnisonfriedhof,
- 1903: das Offizierskasino des Regiments Nr. 177 und
- 1903/ 04: die Kaserne Hausenstraße für die 1. Königlich Sächsische Maschinengewehr-Abteilung Nr. 12.
Danach waren alle wichtigen Kasernenbauten abgeschlossen. Komplettiert wurde die Albertstadt dann nur noch in den Jahren 1910/ 11 mit dem neu errichteten Soldatenheim südlich der Pionierkaserne.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahr 1914 stieg die Anzahl der Dresdner Garnison in der Albertstadt durch die Mobilmachung auf 45.000 Mann an, was zu einer Überbelegung der Kasernen sowie zur Errichtung von Notunterkünften in Barackenbauweise führte. Zur Versorgung der Einheiten entstanden hinter dem Arsenal mehrere Fabriken und Lagerhallen, die heute dem Industriegebiet Nord zugerechnet werden.
[Bearbeiten] Die Albertstadt von 1918 bis 1945
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden die umfangreichen Kasernen- und Fabrikationsanlagen in der damaligen Größe nicht mehr benötigt, da die Dresdner Garnison aufgelöst wurde. Entsprechend dem Versailler Vertrag wurden Fabriken, Werkstätten und Depots aufgelöst, an Industrielle und Firmen verkauft und für zivile Zwecke verwendet. Weitere Industrieansiedlungen entstanden nördlich des Arsenals. Mit der Gründung der Reichswehr 1921 kehrte wieder vollends Leben in die alten Kasernenanlagen ein, wobei die Kasernen auch nach dem Ersten Weltkrieg ständig von der laut dem Versailler Vertrag reduzierten Armee benutzt wurden.
Der Standort Dresden blieb zur Zeit der Weimarer Republik ein bedeutender militärischer Ausbildungsort. Noch Ende der Zwanziger Jahre war die Garnison Dresden mit über 5.000 Soldaten wohl die größte des Deutschen Reiches. Erwin Rommel wurde 1929 im Dienstgrad eines Hauptmanns als Lehrer an die Infanterieschule der Reichswehr berufen. Die Schule selbst war seit 1926 das Kernstück der damaligen Albertstadt, die auch 1927 Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Fähnrich und Offiziersanwärter besuchte.
Nach der Machtübernahme von Hitler begann auch in Dresden ab Januar 1933 die schrittweise Militarisierung, was zu einer Vervielfachung der Truppenstärke in der Albertstadt führte. Nördlich der Albertstadt, in Klotzsche entstand 1936 die neue Luftkriegsschule sowie ein neuer Flugplatz, der bereits 1935 in Betrieb genommen wurde. Im gleichen Jahr, im Mai wurde in der Albertstadt das erste Panzerregiment der Wehrmacht aufgestellt, das offiziell erst im Oktober 1935 so benannt wurde. Am Dresdner Heller entstand außerdem die Pionierschule der Waffen-SS. Im Sommer 1939, kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zählte die Dresdner Garnison wieder 20.000 Soldaten.
Die Albertstadt selbst blieb bei den Luftangriffen auf Dresden im Februar 1945 trotz Kenntnis bei den alliierten Truppen und der Beherbergung größerer Verbände des Ersatzheeres weitgehend unzerstört, vergleicht man das Ausmaß der Bombardierung mit dem der Dresdner Innenstadt.
[Bearbeiten] Die Albertstadt von 1945 bis 1990
Nach 1945 wurden die alten sächsischen Kasernenanlagen mehrheitlich von Einheiten der 1. Gardepanzerarmee der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD), sowie einzelne andere von den Einheiten der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und der Deutschen Volkspolizei (DVP) genutzt.
Das ehemalige königlich-sächsische Arsenal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zuerst viele Jahre als Ausstellungs- und Veranstaltungshalle für die Dresdner Bevölkerung genutzt, u.a. für den Weihnachtsmarkt, da die Dresdner Altstadt zerstört war. Von 1969 bis 1972 wurde das Arsenal zum Zentralen Armeemuseum der DDR umgebaut, das am 24. März 1972 eröffnet wurde.
Bereits seit 1952 waren Einheiten der Kasernierten Volkspolizei (KVP) – dem Vorgänger der Nationalen Volksarmee – in einigen Kasernen der Albertsstadt untergebracht. Am 18. August 1956 wurden in der Dresdner Albertstadt die ersten Truppenteile der 7. Panzerdivision (7. PD) der NVA gebildet. Im November 1963 bezog der Stab dieser Einheit das ehemalige Kadettenhaus in der Marienallee.
Zu DDR-Zeiten kam der Albertstadt weiterhin eine wirtschaftliche Bedeutung mit dem Industriegelände zu, während sie sich danach zu einer Kultur- und Verwaltungsstadt entwickelte.
[Bearbeiten] Die Albertstadt von 1990 bis heute
Nach der politischen Wende in der DDR übernahm die Bundeswehr die Kasernen der NVA und die bundesdeutsche Polizei die der Bereitschaftspolizei. Nach dem Abzug der russischen Truppen bis 1994 fielen die alten Kasernen zuerst als Vermögen an den Bund. Nach umfassenden Sanierungsarbeiten konnten viele Kasernenanlagen danach einer zivilen Nutzung, vor allem für Verwaltungszwecke übergeben werden.
Beim zweijährlich stattfindenden Tag der offenen Albertstadt können Neugierige die Einrichtungen auf dem ehemaligen Militärgelände besuchen, der Eintritt dazu ist frei.
[Bearbeiten] Straßen
Albert-Fromme-Weg | Am Kohlenplatz | Am Lagerplatz | An der Eisenbahn | An der Schleife | Arno-Holz-Allee | Auguste-Lewinsohn-Straße | Charlotte-Bühler-Straße | Clemens-Müller-Straße | Elisabeth-Boer-Straße | Else-Sander-Straße | Else-Ulich-Beil-Straße | Eva-Büttner-Straße | Hammerweg | Hans-Oster-Straße | Hartmut-Dost-Straße | Hellerschanze | Hellersiedlung Weg A bis N | Hermann-Mende-Straße | Holunderweg | Jägerpark | Kannenhenkelweg | Magazinstraße | Marienallee | Melitta-Bentz-Straße | Meschwitzstraße | O.-F.-Weidling-Straße | Olbrichtplatz | Proschhübelstraße | Provianthofstraße | Radeberger Straße | Schützenhöhe | Stauffenbergallee | Tannenstraße | Werner-Hartmann-Straße | Wolfgang-Mischnick-Straße | Zum Reiterberg
[Bearbeiten] Quellen
- Dresden als Garnisonstadt in Dresdner Hefte Nr. 53, 1/1998, 16. Jahrgang, Beiträge zur Kulturgeschichte, Dresdner Geschichtsverein e.V., 1998, Gesamtredaktion Hans-Peter Lühr, Sandstein-Verlag Dresden, ISBN 978-3-910055-94-0
[Bearbeiten] Weblinks
- Ansicht „Albertstadt“ auf openstreetmap.org mit Detailansicht
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Albertstadt“
- http://www.albertstadt.sachsen.de (Archivversion)
- Geschichte auf dresden.de
- Albertstadt auf www.dresdner-stadtteile.de (Archivversion)