Ernst Rietschel
Ernst Rietschel (* 15. Dezember 1804 in Pulsnitz; † 21. Februar 1861 in Dresden) war einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer des 19. Jahrhunderts. Er strebte danach, Idealität mit treuester Naturwahrheit zu vereinigen. Zusammen mit Ernst Hähnel gilt er als Begründer der Dresdner Bildhauerschule.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Rietschel begann sein Studium 1820 u. a. bei Franz Pettrich (1770-1844) an der Kunstakademie Dresden und führte nach einigen Jahren selbständig eine etwa 2,5 Meter hohe Statue Neptuns für den Marktbrunnen in Nordhausen aus, die in Eisen gegossen wurde. 1826 ging er nach Berlin, wo sich Christian Daniel Rauch seiner besonders annahm und wo er 1828 aus der Konkurrenz um das akademische Stipendium zu einem Studienaufenthalt in Italien als Sieger hervorging. Da er aber als Nichtpreuße den Preis nicht erhalten konnte, wurde ihm dieser auf Empfehlung des Senats von der sächsischen Regierung ausgezahlt. 1830 besuchte er Italien, wurde aber schon im folgenden Jahr zurückgerufen, um in Rauchs Atelier die kolossale sitzende Statue des Königs Friedrich August von Sachsen für Dresden in Angriff zu nehmen (in Bronze gegossen, im Zwingerhof).
1832 wurde Rietschel zunächst als außerordentlicher Professor an die Dresdner Kunstakademie berufen.[1] Er entfaltete hier eine umfangreiche, schöpferische und Lehrtätigkeit. Sein Wirken fiel in die Zeit des Übergangs vom Klassizismus zum Realismus.[2] In Zusammenarbeit mit bedeutenden Architekten wie Gottfried Semper schuf er viele Bauplastiken. Zu seinen bekanntesten Schülern gehörten Johannes Schilling, Robert Henze, Adolf von Donndorf und Gustav Adolph Kietz. Eine Sammlung von Abgüssen seiner Werke befand sich zunächst im Rietschel-Museum im Palais im Großen Garten, gleichzeitig das Domizil des Sächsischen Altertumsvereins, in dem Rietschel aktiv mitarbeitete. Ebenso war er Mitglied der Montagsgesellschaft und des Literarischen Museums.[3]
Rietschel wohnte nach seiner Berufung an die Kunstakademie bis 1835 in der Reitbahngasse 443b[4] und nach schnell wechselnden Adressen[5] dann ab 1837 wie auch andere Künstler vor und neben ihm am Elbberg (Nr. 45).[6] Ab 1840 besaß er das Haus Lange Gasse 30.[7] Hier wohnte er mehrere Jahre mit Julius Hübner und Eduard Bendemann zusammen.[8] Die letzte Wohnanschrift Rietschels war Ammonstraße 4, pt.[9] Ernst Rietschel fand auf dem Trinitatisfriedhof seine letzte Ruhe. Adolf von Donndorf schuf für das Grab ein Medaillon. Auf der Brühlschen Terrasse wurde ihm 1876 von Johannes Schilling ein Denkmal errichtet. Die Abgüsse seiner Werke befinden sich seit 1889 in der Skulpturensammlung.[10] Die Rietschelstraße trägt heute seinen Namen.
[Bearbeiten] Hauptwerke
- bis 1835: Denkmal für König Friedrich August in Dresden, seit 2008 auf dem Schloßplatz
- 1835-1838: die Reliefs am Giebelfeld des Augusteums in Leipzig (beim Neubau von A. Trebst als Hochreliefs erneuert) und in der Aula daselbst der Zyklus von zwölf großen Reliefs, die Entwicklungsgeschichte der Menschheit darstellend
- 1839: Reliefs im Giebel des Dresdner Hoftheaters, die durch dessen Brand 1869 zerstört wurden
- 1841: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller (sitzend), am Eingang der Semperoper
- 1841: Grabmal für Diezmann in der Leipziger Paulinerkirche
- 1845: lebensgroße Darstellung Marias, am Leichnam Christi knieend, in der Friedenskirche zu Potsdam
- 1850: Thaers Statue in Bronze (Leipzig)
- 1851-1853: gemeinsam mit Ernst Hähnel Fassadenschmuck an der Gemäldegalerie, der an bedeutende Vertreter der Künste erinnern sollte, der Entwurf an der Nordseite stammte von Rietschel, der u. a. die Statuen des Perikles und Phidias, von Holbein, Dürer, Giotto und Goethe sowie zahlreiche Reliefs schuf[11]
- 1853: Lessings Statue (Braunschweig)
- 1857: kolossale Doppelstatue Goethes und Schillers (Weimar)
- 1860: Denkmal für Carl Maria von Weber in Dresden
- 1868: Einweihung des größten Denkmals für Martin Luther in Worms, die Lutherfigur bzw. der Kopf wurden häufig (teilweise nach abweichenden Entwürfen) nachgegossen, darunter 1885 an der Frauenkirche, in Freiberg und in Görlitz
Martin Luther vor der Frauenkirche (von Donndorf nach Rietschel)
[Bearbeiten] Quellen
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Stephan, Bärbel, "Rietschel, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 613-614
- ↑ Rainer Beck: Ernst Rietschel und die Überwindung des Klassizismus. Wilhelm Fink Verlag München, 2012
- ↑ Dirk Hempel: Literarische Vereine in Dresden. Kulturelle Praxis und politische Orientierung des Bürgertums im 19. Jahrhundert. Walter de Gruyter - Max Niemeyer Verlag, Berlin und New York, 2008.
- ↑ Adressbuch der Stadt Dresden (AB) 1835: Reitbahngasse 443b, AB 1834, AB 1833 - 1832 noch nicht verzeichnet.
- ↑ AB 1836: kleine Meißner Gasse 47, von Ostern an Johannisgasse 23b.
- ↑ AB 1839: Elbberg 45, 1 Treppe, AB 1838, AB 1837.
- ↑ AB 1840 (Hbs. Langeg. 30 3 Tr.)
- ↑ Frank Fiedler, Uwe Fiedler: Lebensbilder aus der Oberlausitz, Books on Demand, 6. Auflage, 2014
- ↑ Adress- und Geschäftshandbuch der Kgl. Haupt- und Residenzstadt Dresden für das Jahr 1861
- ↑ Eintrag in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Online Collection
- ↑ Artikel „Rietschel, Ernst“ von Richard Muther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 596–602
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Ernst Rietschel“
- Medien bei der Deutschen Fotothek
- Schriften über Rietschel bei books.google.com
- Bilder bei flickr.com