Johann Wilhelm Freiherr von Gutschmid
Johann Wilhelm Freiherr von Gutschmid (* 2. November 1761 in Dresden; † 2. Februar 1830 ebenda) war ein sächsischer Geheimer Rat, Direktor der Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation, Präsident des Geheimen Finanzkollegiums und Konferenzminister.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
[Bearbeiten] Kindheit in Dresden
Während Johann Wilhelm aufwuchs, bekam sein Vater von oberster Stelle gewichtige Aufgaben in Dresden. So erhielt Christian Gotthelf von Gutschmid 1762 die Leitung des Geheimen Archivs und wurde im Herbst 1763 vom sächsischen Kurfürst Friedrich Christian als Lehrer seines ältesten Sohnes Friedrich August (* 1750) berufen. Auch seine eigenen Söhne unterrichte Christian Gotthelf größtenteils selbst.
- "Christian Gotthelf v. G., geb. am 12. December 1721 zu Kahren bei Cottbus als Sohn des dortigen Pfarrers, studirte seit 1740 in Halle Theologie, bis ihn Kränklichkeit veranlaßte zur Jurisprudenz überzugehen, begleitete einen jungen v. Vieth auf die Universität Leipzig, ließ sich dort 1749 als Advocat nieder, erhielt 1756 als Nachfolger K. F. Hommel’s die ordentliche [222] Professur des Lehnrechts, wurde, 1758 zum Hof- und Justizrath berufen, mehrfach zu diplomatischen Geschäften in München, Augsburg und Warschau verwendet, erhielt 1762 die Leitung des Geheimen Archivs und war Mitglied der Restaurationscommission. Gleichzeitig zum Bürgermeister von Leipzig gewählt, verwaltete er dieses Amt bis 1771, obwol meist in Dresden lebend; denn im Herbst 1763 berief ihn Kurfürst Friedrich Christian als Lehrer seines ältesten Sohnes Friedrich August in den Rechts- und Staatswissenschaften, als welcher er nicht blos seinen Zögling mit Gründlichkeit in diese Disciplinen einführte, sondern auch dessen Vertrauen in solchem Grade gewann, daß er von ihm zu den höchsten Aemtern befördert wurde und den größten Dank seiner Pflichttreue und Rechtlichkeit, zugleich auch den wohlthätigsten Einfluß auf die Regierung des sächsischen Staates ausübte. Er war es, der den jungen Kurfürsten bewog, sich dem nachtheiligen Einflusse seines Oheims und Vormundes Xaver zu entziehen. 1766 wurde er Vicekanzler, 1768 arbeitete er einen neuen Finanzplan für Sachsen aus."[1]
[Bearbeiten] Um 1779: Student in Leipzig
Am 24. September 1779 trug sich "Wilhelm Frh. von Gutschmid" in Leipzig, wo er studierte, in das Album des Karl von Thümmel (1758 bis 1790) mit einem Sinnspruch ein:
- "Gebt den Menschen alle Reichthümer, Titel u Ehrenstellen, u nehmt ihn auf einmahl alle Freundschaft, so werden alle Glückseeligkeiten des Lebens, für ihn auf einmahl verschwinden."[2]
Der etwa gleichaltrige Carl August Böttiger studierte zu dieser Zeit (ab 1778) ebenfalls in Leipzig, mußte aber nach dem großen Brand von Gera 1780 die Universität verlassen, als seine Eltern in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten und seine finanzielle Unterstützung deswegen versiegte. Die Freundschaft von Johann Wilhelm Freiherr von Gutschmid und Carl August Böttiger hielt dennoch ein Leben lang, wie erhaltene Briefe vom 5. Januar 1811 und vom 28. Mai 1824 belegen.[3][4]
[Bearbeiten] 1797/1799: Geheimer Finanzrat in Dresden
Im Jahr 1797 wohnte der "geheime Finanzrath ... Wilh. Frhr. v. Gutschmid" An der Elbbruͤcke Nr. 230, und zwar nicht "im Eckfluͤgel, welcher im zweyten Stocke einen aus Stein gehauenen gefluͤgelten Saturn hat", sondern "im Fluͤgel, welcher fast an die Elbbruͤcke anstoͤßt". Dort betrieb der "Speisewirth" Christian Samuel Neumann eine Gaststätte und verlieh Reitpferde, die er an den nahen Elbwiesen (ehemals Mönchswiese) untergebracht hatte. Mit von Gutschmid wohnte noch der "geheime Kabinetskanzlist" Johann Bernhard David Dietricht in dem "Flügel". Nicht nur die Nr. 230, sondern auch die Nr. 229 gehörte dem Großhandelskaufmann Karl Gottfried Kretzschmar dem Älteren, der am Markt 229 "unter der Raggion: Ulbricht und Komp. ... das Komtoir im Erdgeschoß" hatte.[5]
Im Jahr 1799 wurde der "Flügel" dann als "Nst. an der Elbbruͤcke N. 230b" bezeichnet.[6] Die lukrative Gaststätte im Haus bewirtschaftete mittlerweile Johann Sperling, der das Haus "R. 171, D. an der Mauer zw. der Weberg. und Scheffelg."[7] besaß, das vor der Entfestigung Dresdens allerdings in einem toten Winkel lag, weswegen er Lochgasse Nr. 446 wohnte, nicht weit vom Altmarkt. Christian Samuel Neumann hatte vom "Speisewirth" Johann Friedrich Biltz die sehr einträgliche Gaststätte in der Ritterstraße 152 übernommen, im Nachbarhaus der Ecke mit der Hauptstraße (= Nr. 153), genau gegenüber den "Casernen" gelegen. Die lukrative Pferdevermietung an der Elbbrücke gab Christian Samuel Neumann allerdings nicht aus der Hand, sondern betrieb sie weiterhin selbst.[8] Auch der "geh. Kabinetskanzlist" Johann Bernhard David Dietrich wohnte noch immer mit Johann Wilhelm von Gutschmid zusammen in diesem Haus.[9]
[Bearbeiten] 1810: Direktor der Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation (bis 1825)
Im Jahr 1810 wurde von Gutschmid Direktor der Landes-Ökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation. Er behielt diese Position bis 1825.
[Bearbeiten] Briefwechsel mit Friedrich Justin Bertuch (Weimar)
Im Jahr 1811 war Johann Wilhelm von Gutschmid im Briefwechsel mit dem bedeutenden Handelsunternehmer und Verleger im klassischen Weimar, Friedrich Justin Bertuch (1747 bis 1822).[10]
[Bearbeiten] 1815/1816: Präsident des Geheimen Finanzkollegiums und Direktor der Landesökonomie-, Manufaktur- und Kommerziendeputation
Im Adressbuch von 1816 (mit Sachstand von 1815 ist der wirklich geheime Rat (ohne Session) "Seine Exczellenz Herr Wilhelm Freiherr von Gutschmidt" als "Praͤsident des geheimen Finanz Collegii" verzeichnet. Er hatte infolge seiner Hochzeit 1812 die lukrative Wohnung im 2. Obergeschoß An der Brücke 230b (das Narrenhäusel) verlassen und diese wahrscheinlich einem Generallieutenant Gutschmidt überlassen, dessen Witwe noch lange dort nachweisbar ist. Von Gutschmid wohnte jetzt Große Klostergasse 9A.[11] Auch im Adressbuch von 1817 steht der gleiche Eintrag.[12]
[Bearbeiten] 1819: Aufsätze als Konferenzminister zum Geheimen Finanzkollegium
Aus dem Nachlaß des sächsischen Königs Friedrich August II. haben sich Aufsätze des Konferenzministers Johann Wilhelm Freiherr von Gutschmid aus dem Jahr 1819 erhalten, das Ressortverhältnis des Geheimen Finanzkollegiums und die Departementseinrichtung betreffend. Diese Aufsätze verfaßte er zeittypisch nicht allein, sondern gemeinsam mit seinem Kollegen, dem damaligen Konferenzminister Georg August Ernst von Manteuffel (1765 bis 1842).[13]
[Bearbeiten] 1820: Als Konferenzminister - Gesetz zur Leipziger Handelsabgabe
Am 16. September 1820 unterzeichnete er als zuständiger Konferenzminister in Dresden zusammen mit dem König Friedrich August dem Gerechten (1750 bis 1827) die Abschrift eines amtlichen Gesetzestextes zur Leipziger Handelsabgabe (am 18. März 1820 veröffentlicht).[14]
[Bearbeiten] Familie
[Bearbeiten] Reichsfreiherrenstand ab 1765 (in Sachsen ab 1769 anerkannt)
Johann Wilhelm Freiherr von Gutschmid entstammte dem am 20. Oktober 1765 in Wien durch Kaiser Joseph II. in den erblichen Reichsfreiherrenstand erhobenen Adelsgeschlecht von Gutschmid, das im Mannesstamm erloschen ist.[15] Die Anerkennung des Titels im Kurfürstentum Sachsen fand am 30. Dezember 1769 statt. Die Vertreter dieses Adelsgeschlechts waren lutherisch.[16]
[Bearbeiten] Herkunft
Stammvater der Familie ist Martin Gutschmid (1653–1720), Pfarrer in Uetz bei Paretz (heute Ketzin/Havel). Von Gutschmids Großvater war Christoph Friedrich Gutschmid (1683–1758), Pfarrer in Kahren bei Cottbus, wo auch sein Vater geboren wurde.
[Bearbeiten] Eltern
Gottlieb August Freiherr von Gutschmid war der Sohn des kurfürstlich-sächsischen Vizekanzlers und Geheimen Kabinettsministers, Baron Christian Gotthelf von Gutschmid (* 12. Dezember 1721 in Kahren bei Cottbus; † 30. Dezember 1798 in Dresden) und dessen Ehefrau Karoline Marie Wilhelmine geb. Müller (* 3. Januar 1733 in Knauthain bei Leipzig; † 13. Juni 1801 in Kleinwolmsdorf bei Radeberg), Tochter des kursächsischen Kammerkonsulanten, Steuerprokuratoren und Leipziger Advokats Johann Wilhelm Müller (1697–1773) und Schwester des Leipziger Bürgermeisters Carl Wilhelm Müller (1728–1801).
[Bearbeiten] Gutschmidstraße in der Leipziger Vorstadt - nach dem Vater benannt
Die Gutschmidstraße in der Leipziger Vorstadt (an der südlichen Seite des Bahndamms der Eisenbahn nach Leipzig) ist nach dem Vater benannt, der ab 1790 Kabinettsminister war - und nicht nach dem Sohn und Konferenzminister.
[Bearbeiten] Geschwister
Johann Wilhelm hatte noch sieben Geschwister, vier Brüder und drei Schwestern, u.a.:
- Christian Friedrich Freiherr von Gutschmid (1756–1813), Kanzler der Stiftsregierung Merseburg,
- Gottlieb August Freiherr von Gutschmid (1757–1815), königlich-sächsischer Wirklicher Geheimer Kriegsrat und Vizepräsident des sächsischen Geheimen Kriegsratskollegiums,
- Christoph Sigismund Freiherr von Gutschmid (1762–1812), sächsischer Generalleutnant,
- Georg Adolf Freiherr von Gutschmid († 1825), Berghauptmann und Direktor des Oberberg- und Hüttenamts in Freiberg.[17]
[Bearbeiten] Ehe
Johann Wilhelm Freiherr von Gutschmid heiratete am 31. Mai 1812 in Dresden Amalie Auguste Agnes von Burgsdorff (* 22. Juli 1786 in Merseburg; † 24. September 1852 in Pouch bei Bitterfeld), Tochter des Friedrich Adolph von Burgsdorff, Herr auf Zscherpitz und Münchenrode (1743–1799) und dessen Ehefrau Erdmuthe Wilhelmine Luise Freiin Senfft von Pilsach (1766–1816).
[Bearbeiten] Nachmietung nach der Hochzeit von Johann Wilhelm von Gutschmid im Jahr 1812
Möglicherweise handelt es sich bei
- 1831: "Gutschmidt, von, Fried. Urs. Rud., Generallieutenants Wittwe, Dresden, Brücke, an der (Neustadt) 230"[18] und
- 1832: "v. Gutschmid, Frfr. Frieder. Urs. Rud. Gen. Lieut. W., Excell., Nst. an der Bruͤcke 230b 2 Tr."[19] und
um eine sehr enge Verwandte, welche die lukrative Wohnung des Verheirateten übernahm. An der Brücke 3 war nach den zeitgenössischen Stadtplänen das Narrenhäusel. Möglicherweise lebte 1812 auch noch ihr Mann.
[Bearbeiten] Nachkommen
Das Ehepaar von Gutschmid hatte einen Sohn:
- Felix Theodor August Freiherr von Gutschmid (1815–1856), der am 28. Mai 1841 in Perlin bei Gadebusch Cäcilie Gräfin von Bassewitz (1819–1874) heiratete.
[Bearbeiten] Weblinks
- Johann Wilhelm von Gutschmid (1761-1830) in der Sächsischen Biografie
- Gutschmid, Johann Wilhelm Freiherr von in der Deutschen Biografie
- Johann Wilhelm von Gutschmid (Freiherr von Gutschmid) bei geneanet.org
- Brief von Leipziger Zeitung (Leipzig) an Friedrich Zarncke, 25.04.1887: Bittet um Angabe eines Ansprechpartners für das Verfassen eines Nekrologs. Gutschmid, Wilhelm von (1761-1830), Universitätsbibliothek Leipzig; Nachlass Friedrich Zarncke; Signatur: NL 249/1/R/258
[Bearbeiten] Anmerkungen
- ↑ Artikel "Gutschmid, Christian Gotthelf v." von Heinrich Theodor Flathe in: "Allgemeine Deutsche Biographie", herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 221–222.
- ↑ Albumblatt, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Sammlung Autographe, Signatur: A/650-51/2007.
- ↑ Brief von Wilhelm von Gutschmid an Carl August Böttiger, 05.01.1811, Germanisches Nationalmuseum, Historisches Archiv, DE-611-HS-482823.
- ↑ Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden ; Nachlass Böttiger, Carl August (1760-1835), Band 66, 4˚: Briefe Gu. an Böttiger, Signatur: Mscr. Dresd. h. 37,4˚, Bd. 66, Nr. 50, Dresden (Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden), 28.05.1824. - m. U., Deutsch. - Brief - Handschrift.
- ↑ Dresden zur zweckmäßigen Kenntniß seiner Häuser und deren Bewohner 1797, S. 434
- ↑ Adressbuch von 1799, S. 143.
- ↑ Adressbuch von 1799, S. 427.
- ↑ Adressbuch von 1799, S. 307.
- ↑ Adressbuch von 1799, S. 58.
- ↑ Brief von Friedrich Justin Bertuch an Wilhelm von Gutschmid, 10.06.1811, Deutsches Literaturarchiv Marbach; Cotta-Archiv, Signatur: Cotta$Mbl. 1.
- ↑ Adressbuch von 1816, S. 30: "Wirkliche geheime Raͤthe, die keine Session haben. Se. Exc. Hr. Wilhelm Frhr. v. Gutschmidt, Praͤsident des geh. Fin. Collegii, Grkrz. des Civil=Verdienst=Ordens, Nst. gr. Klosterg. 9 A."
- ↑ Adressbuch von 1817, S. 31: "Wirkliche geheime Raͤthe, die keine Session haben. Se. Exc. Hr. Wilhelm Frhr. v. Gutschmidt, Praͤsident des geh. Fin. Collegii, Grkrz. des Civil=Verdienst=Ordens, Nst. gr. Klosterg. 9 A."
- ↑ Wilhelm Freiherr von Gutschmid und Georg August Ernst Freiherr von Manteuffel: Aufsätze, das Ressortverhältnis des Geheimen Finanzkollegiums, Departementseinrichtung Provenienz: Nachlass König Friedrich Augusts II. (1797 - 1854); Sächsisches Staatsarchiv (Hauptstaatsarchiv Dresden), 10026 Geheimes Kabinett, Nr. Loc. 00404/06.
- ↑ Friedrich August, König von Sachsen, Rath, lieber getreuer. Auf neuren über das verschiedentliche Vorstellen des Leipziger Handelsstandes gegen das Publicandum vom 18ten März dieses Jahres ... unsere Entschließung im folgenden zu vernehmen geben, Autographensammlung der Universitätsbibliothek Leipzig, Signatur: ASL 3023, Dresden, 16.09.1820. - 6 Bl. (3 hs. S.).
- ↑ Österreichisches Staatsarchiv, AT-OeStA/AVA Adel RAA 162.20
- ↑ Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser. Perthes, Gotha 1893, S. 309–311.
- ↑ Schlechte, Horst, „Gutschmid, Christian Gotthelf Freiherr von“, in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 349, Onlinefassung, Genealogie Christian Gotthelf Freiherr von Gutschmid
- ↑ Adressbuch von 1831, von Gutschmidt.
- ↑ Adressbuch von 1832, S. 78.
- ↑ Adressbuch von 1840, S. 79.