Julius Zeibig
Prof. Dr. phil. Julius Woldemar Zeibig (* 22. Juli 1819 in Dresden; † 18. November 1905 in Obergorbitz bei Dresden) war ein deutscher Jurist, Stenograph und ehemaliger fürstlich-anhaltinischer, herzoglich-oldenburgischer und königlich-sächsischer Landtagsstenograph, zuletzt im Rang und mit Titel eines königlich-sächsischen Hofrats.
[Bearbeiten] Familie
Julius Woldemar Zeibig war der Sohn des Kaufmanns und Dresdner Schnittwarenhändlers Zeibig. Sein Vater war infolge des Napoleonischen Krieges und die dadurch gesunkenen Erwerbsverhältnisse verarmt. Seine Mutter Johanne Marie Zeibig, eine geborene Thüringerin, musste die Familie durch Wattemachen und Strohhutnähen ernähren, speziell nach dem frühen Tod des Vaters in den 1830er Jahren. Sie ist letztmalig 1848 im Dresdner Adressbuch verzeichnet.[1]
Julius Woldemar Zeibig war mit Auguste Friederike Caroline Zeibig verheiratet. Das Paar hatte mindestens einen Sohn:
[Bearbeiten] Leben und Wirken
[Bearbeiten] Schul- und Studienzeit
Julius Woldemar Zeibig besuchte die Freischule des Vereins zu Rat und Tat in Dresden und kam auf Fürsprache des Direktors Baumfelder als Quartaner auf das Gymnasium zum heiligen Kreuz. Bereits ab 1836 beschäftigte sich Zeibig mit der Stenographie und nahm bei Willner, einem Schüler von Franz Jacob Wigard, Unterricht. 1839 verließ Zeibig auf Wunsch seiner Mutter als Untersekundaner die Kreuzschule, trat in die Königlich Sächsische Chirurgisch-Medizinische Akademie in Dresden ein, um Militärarzt zu werden. Da er für den Beruf allerdings nicht geeignet war, ging er zurück auf das Kreuzgymnasium und bestand 1842 das Maturitätsexamen.
Danach ging Zeibig nach Leipzig, schrieb sich an der dortigen Universität ein und studierte Rechtswissenschaften. Während seiner Studienzeit trat er in die Burschenschaft „Arminia“ ein und geriet aufgrund politischer Aktivitäten in unangenehme Verwicklungen. 1845 legte er die juristische Staatsprüfung in Leipzig ab. Im gleichen Jahr bestand er bei Wigard die Prüfung zur Erlangung als Landtagsstenograph in Sachsen.
[Bearbeiten] Berufsjahre bis 1855
Wigard selbst schlug Zeibig zum Dienst im Ministerium vor. Somit wurde Zeibig vom Königlichen Ministerium noch 1845 nach Schlesien gesandt, wo er Verhandlungen der deutschen Land- und Forstwirte stenographisch aufnahm. Auch im Folgejahr 1846 kehrte Zeibig wieder zurück nach Breslau, um bei den Verhandlungen der Schlesischen Generallandschaft zu stenographieren.
Auf Wunsch seines Freundes Robert Rietschel unternahm Zeibig anschließend eine größere Reise über Prag und Wien nach Salzburg, weiter über die Alpen nach Italien bis Neapel. Seine Rückreise führte ihn über die Schweiz, Baden und Württemberg. Er kehrte nach einem Vierteljahr nach Dresden zurück. Hier begann er eine Tätigkeit als Rechtskandidat bei der Kanzlei „Eisenstuck & Minckwitz“, die er allerdings nur kurz ausübte. Zeibig ist deshalb erstmals 1847 im Dresdner Adressbuch als Kandidat der Rechtswissenschaften verzeichnet. Er wohnte anfangs bei seiner Mutter in der Scheffelgasse 6.[3]
Danach wurde Zeibig als Eisenbahningenieur in Hessen engagiert und überwachte dort den Bau der Fuldabrücke an der Friedrich-Wilhelms-Nordbahn. In dieser Stellung erreichte ihn ein Ruf an die Nationalversammlung nach Frankfurt am Main, wo er in der Zeit vom 18. Mai 1848 bis zum 30. Mai 1849 nicht nur als Stenograph arbeitete, sondern auch als Berichterstatter einer Leipziger Zeitung. Nach der Verlegung der Nationalversammlung nach Stuttgart siedelte er dorthin über, um weiter stenographisch der Versammlung beizuwohnen.
Ab dem 23. August 1849 war Zeibig in Bernburg, wo er als Stenograph des anhaltinischen Landtages wurde. Dort blieb er bis Mitte März 1850. Im gleichen Jahr ging er als Stenograph zum Unions-Parlament nach Erfurt, das dort vom 20. März bis zum 20. April 1850 tagte. Anschließend ging er in das Herzogtum Oldenburg im heutigen Niedersachsen, wo er bis 1857 als Landtagsstenograph arbeitete. Dazwischen fand er 1854 zuerst als Hilfsstenograph und ab 1855 als Stenograph zweiter Klasse eine Festanstellung am Königlich-Sächsischen Stenographischen Institut in Dresden. In dieser Zeit wohnte Zeibig in der Großen Reitbahngasse 14,[4]
[Bearbeiten] Berufsjahre von 1856 bis 1890
1856 promovierte Zeibig zum Doktor der Philosophie und wurde Mitarbeiter des 1857 gegründeten „Korrespondenzblattes des Königlich-Sächsischen Stenographischen Instituts in Dresden“. 1858 beteiligte sich Zeibig mit mehreren Beiträgen am „Taschenbuch für Gabelsbergische Stenographen“. Im gleichen Jahr wurde er Vorstand der stenografischen Institusbibliothek in Dresden. Dieses Amt hatte er bis 1878 inne.[5]
Mit Unterstützung des sächsischen Ministeriums unternahm Zeibig 1860 eine längere Reise nach Frankreich, Belgien und England, um die dortige Stenographie zu studieren. 1863 erarbeitete er mit dem Baron Nicolaus von Tornauw die Übertragung der Gabelsberger Stenographie in die russische Sprache. Bereits spätestens ab Mitte der 1860er Jahre war Zeibig Mitglied 1. Klasse des Königlichen Stenographischen Instituts von Sachsen. Sein Buch „Die Rechtspflege und die Stenographie“ widmete er dem Staatsminister Dr. jur. Schneider. 1867 wurde er zum Professor der Stenographie berufen.
1869 begann Zeibig zusammen mit Heinrich Krieg die Herausgabe der Zeitschrift „Panstenographikon“, die für Kunden stenographischer Systeme aller Nationen dienen sollte. Mangels Unterstützung kam die Zeitschrift allerdings nicht über den ersten Band hinaus.
Von 1871 bis 1889 war Zeibig auch als Stenograph am deutschen Reichstag in Berlin beschäftigt. 1872 wurde er außerdem zum Internationalen Statistischen Kongress nach Sankt Petersburg berufen, um die dortigen Verhandlungen zusammen mit zwei weiteren Dresdner Kollegen stenographisch aufzunehmen. Nach dem Ende dieses Kongresses besuchte er auf der Rückreise Moskau und Warschau.
1879 fasste Zeibig die Stenographie in der Rechtswissenschaft in einer besonderen Schrift zusammen, ohne dabei nennenswerten Erfolg zu haben. Im gleichen Jahr unternahm er zu Pfingsten einen Ausflug ins elsässische Straßburg, wo er ebenfalls berufen wurde, die Verhandlungen des dort tagenden Landesausschusses für Elsass-Lothringen aufzunehmen. Bis 1883 reiste er regelmäßig nach Straßburg zu den folgenden Landesausschüssen.
1880 wurde Zeibig zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des Königlichen Stenographischen Instituts gewählt.[6] Bei dem 1887 in London stattgefundenen „International Shortlatid Congress“ wirkte Zeibig als auswärtiges Ausschussmitglied mit und beteiligte sich an den Verhandlungen des Kongresses.
1889 wurde Zeibig vom sächsischen König Albert zum königlich-sächsischen Hofrat ernannt.[7] Im gleichen Jahr gab er sein Amt als Landtagsstenograph auf und ging in Pension. Auf dem dritten internationalen Stenographenkongress 1890 in München hielt Zeibig als über 70-Jähriger einen mit Beifall aufgenommenen Vortrag über die Einrichtung eines stenographischen Musterbüros.
[Bearbeiten] Lebensabend
Zeibig wurde mehrfach zum deutschen Juristentag eingeladen und begleitete die sächsischen, schlesischen und deutschen Forstvereine auf deren Wandertagen. 1897 musste Zeibig aufgrund gesundheitlicher Probleme in den Ruhestand treten. Bei seinem Rücktritt aus dem Amt erfolgte gleichzeitig seine Ernennung zum Ehrenmitglied des Königlich-Sächsischen Stenographischen Instituts.
Nach der 1901 erfolgten Eingemeindung Grunas nach Dresden zog Zeibig ein letztes Mal um, diesmal in das Dorf Obergorbitz, wo er – von Krankheiten und Familienunglücken gezeichnet – im 87. Lebensjahr starb. Er wurde auf dem Johannisfriedhof in Tolkewitz beigesetzt.
Zeibig zog u. a. aufgrund vieler Reisen im Laufe seines Lebens über weitere 20 Mal in Dresden und Umgebung um, so:
- 1847 in die Weiße Gasse 6, wo auch der Schneider August Zeibig wohnte.[8]
- 1848 in die Dresdner Neustadt, in die Bautzner Straße 36,[9] wo er bis 1850 wohnte.
- 1856 in die Große Plauensche Gasse 6,[10]
- 1857 in die Lüttichaustraße 29,[11]
- 1858 in die Liliengasse 11,[12]
- 1860 in die Chemnitzer Straße 2,[13]
- 1861 in die Neue Gasse 37,[14]
- 1862 in die Hausnummer 12 der Neuen Gasse,[15]
- Ostern 1865 zog er in die Lange Straße 10,[16]
- 1866 in die Ammonstraße 45,[17]
- Ostern 1868 in den Rosenweg 5,[18]
- Ostern 1871 in die Pillnitzer Straße 32,[19]
- 1873 nach Lockwitz,[20] wo er bis 1875 blieb.
- 1875 wieder nach Dresden, diesmal in die Rampische Straße 14,[21]
- 1876 in die Striesener Straße 48,[22]
- am 1. April 1878 in die Schumannstraße 7,[23]
- 1887 in die Rosenstraße 96,[24]
- 1888 in die Gutzkowstraße 15,[25]
- am 1. April 1892 in die Gutzkowstraße in die Hausnummer 22.[26]
- am 1. April 1894 in die Reitbahnstraße 32,[27]
- 1895 in die Katechetenstraße 3,[28]
- 1897 nach Gruna in die dortige Beilstraße 7 und
- am 1. April 1898 in die Rosenbergstraße 10.[29]
[Bearbeiten] Werke und Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1863: Geschichte und Literatur der Geschwindschreibkunst, 2. Auflage im Jahr 1878, Nachträge 1899
- 1867: Die Rechtspflege und die Stenografie, Dresden, Verlag Gustav Dietze [30]
- 1888: Geschichte der Geschwindschreibkunst, engl.: Ancient and mediaeval shorthand, Brooklyn, Co- Autor Norman Peter Heffley [31]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 1881: Ritterkreuz I. Klasse des königlich-sächsischen Albrechts-Ordens
[Bearbeiten] Quellen
- Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog, X. Band, 1905, Berlin 1907, Verlag Georg Reimer, Digitalisat auf Google auf archive.org, S. 190ff.
- Dresdner Geschichtsblätter, Band 4, 1905-1908, herausgegeben vom Verein für Geschichte Dresden, Digitalisat, SLUB, S. 141, Totenschau
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Adress-Handbuch Dresden 1848, SLUB, S. 126
- ↑ Datensatz auf ancestry
- ↑ Adress-Handbuch Dresden 1847, SLUB, S. 273
- ↑ Adressbuch Dresden 1855, SLUB, S. 238
- ↑ Geschichte der stenographischen Sammlung der SLUB auf www.qucosa.de
- ↑ Erstmalig so im Adressbuch Dresden 1881, SLUB, S. 523
- ↑ Adressbuch Dresden 1890, SLUB, S. 718
- ↑ Eventuell ein Bruder oder ein Onkel. Adress-Handbuch Dresden 1848, SLUB, S. 126
- ↑ Adress-Handbuch Dresden 1849, SLUB, S. 142
- ↑ Adressbuch Dresden 1857, SLUB, S. 257
- ↑ Adressbuch Dresden 1858, SLUB, S. 243
- ↑ Adressbuch Dresden 1859, SLUB, S. 239
- ↑ Adressbuch Dresden 1861, SLUB, S. 267
- ↑ Adressbuch Dresden 1862, SLUB, S. 280
- ↑ Adressbuch Dresden 1863, SLUB, S. 298
- ↑ Adressbuch Dresden 1865, SLUB, S. 318
- ↑ Adressbuch Dresden 1867, SLUB, S. 340
- ↑ Adressbuch Dresden 1868, SLUB, S. 350
- ↑ Adressbuch Dresden 1871, SLUB, S. 369
- ↑ Adressbuch Dresden 1873, SLUB, S. 401
- ↑ Adressbuch Dresden 1876, SLUB, S. 450
- ↑ Adressbuch Dresden 1877, SLUB, S. 455
- ↑ Adressbuch Dresden 1878, SLUB, S. 475
- ↑ Adressbuch Dresden 1888, SLUB, S. 653
- ↑ Adressbuch Dresden 1889, SLUB, S. 682
- ↑ Adressbuch Dresden 1892, SLUB, S. 793
- ↑ Adressbuch Dresden 1894, SLUB, S. 865
- ↑ Adressbuch Dresden 1896, SLUB, S. 951
- ↑ Adressbuch Dresden 1898, Vororte, SLUB, S. 1738
- ↑ Onlineversion in den Digitalen Sammlungen der Bayrischen Staatsbibliothek
- ↑ Onlineversion auf archive.org