Franz Herrschel
Dr. phil. Franz Kurt Herrschel (* ca. 1875/80 in Zwickau; † 1945 in Rußland) war ein deutscher Chemiker, Prokurist, später Geschäftsführer und Teilhaber der Bienertmühlen in Dresden.
[Bearbeiten] Familie
Franz Kurt Herrschel entstammte der evangelisch-lutherischen Familie Herrschel, auch Herschel, einer traditionsreichen Bergwerksbesitzerfamilie seit dem frühen 19. Jahrhundert, früher ursprünglich begüterten Familie. Nachweislich ältester Spitzenahn ist Valten Herschel aus Bockwa, der 1583 starb.[1] Mit Johann David Herschel (1780–1858), Sohn des gleichnamigen Vaters (1758–1831), welcher wiederum Gerichtsschöppe sowie Gemeindevorsteher in Bockwa war, erscheint erstmals ein Bergwerksbesitzer im Zwickauer Steinkohlenrevier.[2] Dessen Sohn Johann David Cleophas Herrschel (1820-vor 1875) erbte den Bergwerksbesitz und vergrößerte ihn um Besitztümer in Oberhohndorf.[3] Ernst Herrschel wiederum übernahm später als Vertreter den Besitz des "Steinkohlenwerks J. D. Herrschel's Erben" in Bockwa,[4][5] das 1889 über 75.000 Tonnen Steinkohle förderte.[6]
Franz Herrschel wurde 1874 als Sohn des Bergwerks- und Gutsbesitzers Ernst Herrschel (* 24. November 1849 in Bockwa; † 29. Mai 1908 in Dresden)[7] und dessen Ehefrau Lina Herrschel geb. Ebert (* 11. Juni 1850 in Bockwa; † 25. Januar 1917 in Dresden)[8] geboren. Die Familie wohnte viele Jahre in dem Haus in der Wiener Straße 14.
Franz Herrschel hatte noch mindestens zehn Geschwister, u.a.:
- Ernst David Herrschel (* 1874 in Bockwa)[9], königlich-sächsischer Offizier, zuletzt im Rang eines Hauptmannes a.D.[10]
- Dr. phil. Robert Willy Herrschel (* 1877 in Bockwa) vierter Sohn, studierte in Berlin und Leipzig Staatswissenschaften und Philosophie, Inhaber der Firma "Gustav Köhler".[11]
- Rudolph Alfred Herrschel (* 1880 in Bockwa; † 1955 in Dresden), Kaufmann, Inhaber der Rohtabakgroßhandlung "Rudolph A. Herrschel [12] und ab 1921 Besitzer der Villa Abendstern, Grab auf dem Johannisfriedhof in Tolkewitz.[13]
- Dr.-Ing. Paul Richard Herrschel (* 1881 in Bockwa; † 1963 in Dresden), Fabrikbesitzer, Inhaber der "Dresdner Gärextraktfabrik" Dr. Paul Herrschel, später der Firmen "Oscar Wendler & Co." sowie "Arnold Schroeter Nachfolger",[14] Berdigt auf dem St.-Pauli-Friedhof in Dresden.[15]
- Elsa Herrschel (* 21. Oktober 1882 in Bockwa), Privatier ⚭ 1917 August Schmitt.[16]
- Heinrich Herrschel (* 1886 in Zwickau), elftes Kind, Leutnant der Reserve, studierte Rechtswissenschaften und arbeitete in Dresden ab 1922 als Jurist und ab 1923 als Notar,[17] u.a. mit einer Kanzlei in der Prager Straße, später am Eliasplatz.
Franz Herrschel heiratete Alice Esther Bienert (* 5. Mai 1894 in Plauen bei Dresden; † nach 1963), die jüngste Tochter des Mühlenbesitzers Theodor Bienert (1857–1935).
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Franz Herrschel ist erstmals 1917 im Adressbuch von Dresden als Dr. phil. verzeichnet, zu dieser Zeit noch im elterlichen Haus in der Wiener Straße wohnend.[18] 1925 zog er, mittlerweile als Chemiker arbeitend, in eine eigene Wohnung in die Sedanstraße 24 um.[19]
1927 übernahmen Theodor und Erwin Bienert Dr. Franz Herrschel zusammen mit Friedrich Bienert als persönlich haftende Gesellschafter in die OHG T. Bienert. 1928 zog Herrschel in die Schillerstraße 19 nach Loschwitz.[20] Ab 1930 ist Herrschel im Dresdner Adressbuch als Chemiker in den Bienertschen Mühlen verzeichnet,[21] ab 1937 als Mühlenbesitzer der Bienertmühlen, eigentlich genauer als Teilhaber.[22][23] Spätestens seitdem Franz Herrschel Mitglied nationalsozialistischer Organisationen wurde und während der Naziherrschaft auch aktiv deren Positionen vertrat, während Friedrich Bienert als weiterer Firmeninhaber immer mehr linke Positionen einnahm, ging Herrschel auf Distanz zu ihm. Ernst Herrschel saß 1943 auch im Vorstand und im Aufsichtsrat der Felsenkellerbrauerei in Dresden-Plauen.[24]
Kurz nach Kriegsende, im Sommer 1945 wurde Dr. Herrschel als nationalsozialistischer Wirtschaftsführer von der sowjetischen Militärpolizei verhaftet und auf einem Häftlingstransport nach Moskau geschickt, wo er vermutlich an einem unbekannten Ort ums Leben kam. Seine Ehefrau Esther hielt noch 1963 14,43 Prozent der Unternehmenanteile der Bienertmühlen, die in jenem Jahr knapp 300.000 Mark Gewinn erwirtschafteten.
[Bearbeiten] Quellen
- Friedrich Bienert und der Geist von Weimar, Hans-Peter Lühr in: Die Geschichte der Familie Bienert in: Dresdner Hefte 31. Jahrgang, Heft 116, 4/ 2013, herausgegeben vom Dresdner Geschichtsverein e.V., Gesamtredaktion Hans-Peter Lühr
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Valten Herschel auf www.myheritage.de, Anmeldung erforderlich
- ↑ Johann David Herschel auf www.myheritage.de, Anmeldung erforderlich
- ↑ 297 Nachlass Heinrich Gotthelf Klötzer im Staatsarchiv Sachsen auf www.archiv.sachsen.de
- ↑ Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1875, Online-pdf auf tu-freiberg.de
- ↑ Jahrbuch für das Berg- und Hüttenwesen im Königreiche Sachsen auf das Jahr 1889, Online-pdf auf tu-freiberg.de
- ↑ 1889 - TU Bergakademie Freiberg
- ↑ Letztmalig im Ernst Herrschel auf Find a Grave
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Dresden 1917, SLUB Dresden, S. 365
- ↑ Jahresbericht der Annenschule zu Dresden 1892 auf archive.org
- ↑ Adressbuch Dresden 1916, SLUB Dresden, S. 364
- ↑ Robert Willy Herrschel: Die Sächsische Sandsteinindustrie. London: Forgotten Books. (Original work published 1908)
- ↑ Adressbuch Dresden 1927, SLUB Dresden, S. 371
- ↑ Rudolph Alfred Herrschel auf Find a Grave
- ↑ Adressbuch Dresden 1936, SLUB Dresden, S. 430
- ↑ Paul Richard Herrschel auf Find a Grave
- ↑ Datensatz auf Ancestry
- ↑ Datensatz zu Adeline von Freymann auf www.vonfreymann-chronik.de
- ↑ Adressbuch Dresden 1917, SLUB Dresden, S. 365
- ↑ Adressbuch Dresden 1926, SLUB Dresden, S. 399
- ↑ Adressbuch Dresden 1928, SLUB Dresden, S. 407
- ↑ Adressbuch Dresden 1930, SLUB Dresden, S. 447
- ↑ Adressbuch Dresden 1937, SLUB Dresden, S. 450
- ↑ Adressbuch Dresden 1943, SLUB Dresden, S. 424
- ↑ Brauerei zum Felsenkeller bei Dresden auf www.albert-gieseler.de