Gottfried Hermann Judenfeind-Hülße
Gottfried Hermann Judenfeind-Hülße, auch Judenfeind-Hülsse, geboren als Gottfried Hermann Judenfeind (* 25. Januar 1849 in Leipzig; † 1909 in Niederlößnitz bei Kötzschenbroda) war ein königlich-sächsischer Ingenieur und Offizier, zuletzt als Direktor der Vereinigen sächsischen Artilleriewerkstätten im Rang als Oberst.
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[Bearbeiten] Familie
Gottfried Hermann Judenfeind entstammte der sächsischen Familie Judenfeind. Seine Großeltern väterlicherseits waren der königlich-sächsische Oberpostamts-Offiziant Johann Gottfried Judenfeind (* 7. Oktober 1765 in Borna; † 25. November 1831 in Leipzig) und dessen 1794 geheirateter Ehefrau Charlotte Rebekka geb. Kretzschmar (~ 3. September 1777; † 16. Mai 1844 in Leipzig),[1] Tochter des Schuhflickers Johann Siegismund Kretzschmar. Judenfeinds Großvater kam 1802 an das Leipziger Oberpostamt.
Gottfried Judenfeind war der zweite Sohn des Heinrich Robert Judenfeind (* 4. November 1815 in Leipzig; † 11. August 1852 ebenda) und dessen am 14. Oktober 1844 geheirateter Ehefrau Marianne („Marie“) geb. Michael (* 24. August 1810; † 23. Februar 1851 in Leipzig), Tochter des Amtskopisten zu Stolpen, Carl Traugott Michael. Judenfeinds Vater studierte ab 1837 Rechtswissenschaften, kam 1840 als Aktuar an das Leipziger Stadtgericht, wurde 1843 Actuarius am Leipziger Universitätsgericht,[2] 1845 Vize-Aktuar am Großprobsteigericht zu Leipzig und 1849 Notar.[3] Er wohnte in Leipzig in der Mittelstraße 4.[4]
Nach dem frühen Tod seiner Eltern wurde Judenfeind zusammen mit seinen zwei Brüdern von Mathematiker, Geheimen Regierungsrat und Professor an der TU Dresden, Julius Ambrosius Hülße (1812–1876) und dessen 1837 geheirateter Ehefrau Pauline geb. Schiffner adoptiert und aufgezogen. Einer seiner Brüder war der Mathematiker und Professor an der Technischen Universität Chemnitz Georg Heinrich Judenfeind-Hülße (1846–1903).[5]
Judenfeind-Hülße heiratete am 27. März 1876 in Dresden Marianne Sidonie Thekla geb. Klotz (* 1. November 1851; † 1923 in Niederlößnitz bei Kötzschenbroda), Tochter des Rudolph Ferdinand Klotz und dessen Ehefrau Thekla Dorothee Klotz. Das Ehepaar Judenfeind-Hülße hatte folgende Kinder:
- Ella Judenfeind-Hülße, eigentlich Pauline Elisabeth Judenfeind-Hülße (* 1878; † 27. November 1937 in Dresden), Kunsthistorikerin, Mitglied des Vereins für Geschichte Dresdens, wohnte nach dem Verkauf des elterlichen Hauses bis zu ihrem Tod in der Borstraße 14 in Radebeul, wo sie noch 1938 verzeichnet ist.[6]
- Johannes Hermann Judenfeind-Hülße (* 10. September 1883 in Dresden-Neustadt), studierte Medizin, 1909 Promotion zum Dr. med., danach königlich-preußischer Militärarzt im Leib-Grenadier-Regiment Nr. 8 in Frankfurt an der Oder,[7] nach dem Ersten Weltkrieg niedergelassener Arzt in Niederlößnitz, wohnte nach dem Verkauf des elterlichen Hauses 1936 in der Von-Otto-Straße 10 in Radebeul,[8] danach bis mindestens 1944 in Dresden in der Pillnitzer Straße 57.[9]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Judenfeind-Hülße wurde im Februar 1849 in Leipzig getauft. Er nahm nach seinem höheren Schulbesuch ab 1867 am Dresdner Polytechnikum in der damaligen mechanischen Abteilung ein Ingenieurstudium auf. 1869 entschloss er sich für eine militärische Karriere, trat als Kadett in die sächsische Armee ein, setzte aber sein Studium an der heutigen TU fort. 1870 wurde er zum Artillerie-Unteroffizier ernannt und erhielt am 12. Januar 1871 sein Offizierspatent im ersten Leutnantsdienstgrad als Secondé-Lieutenant der Artillerie. Gleichzeitig wurde er in der Dienstliste des Landwehr-Reserve-Bataillons Nr. 108 in Dresden geführt, da er weiterhin sein Studium fortsetzte. 1873 schloss Judenfeind-Hülße sein Ingenieurstudium in Dresden an der mechanischen Abteilung mit einer Belobigung ab.[10]
1874 wurde Judenfeind-Hülße à la suite des Fuß-Artillerie-Regiment Nr. 12 gestellt und 1875 zum Technischen Vorstand der Artillerie-Werkstatt in der Dresdner Albertstadt ernannt. In dieser Dienststellung der sächsischen Armee erhielt er am 1. Dezember 1875 seine Beförderung zum Zeug-Premier-Lieutenant. Er ist erstmals 1876 im Dresdner Adressbuch in einem Dienstzimmer am Zeughausplatz 1 verzeichnet.[11] 1877 zog er in das Arsenal-Administrationsgebäude am damaligen Königsplatz in der Albertstadt,[12] wo er bis ein Jahr vor dem Ende seiner aktiven Dienstzeit wohnte.
Am 24. Februar 1877 wurde Judenfeind-Hülße zum Zeug-Hauptmann befördert, weiter als Technischer Vorstand der Artillerie-Werkstatt tätig. Als solcher wurde er am 1. April 1887 zum Major befördert, wieder à la suite des Fuß-Artillerie-Regiments Nr. 12 gestellt. Ab 1889, nach dem zeitweisen Wegfall der Dienststellung als Artillerie-Offizier vom Platz in der sächsischen Armee, war Judenfeind-Hülße ranghöchster Artillerieoffizier der Artilleriewerkstätten und Depots in Dresden nach dem damaligen Direktor, Generalmajor Wilhelm Herrmann Hammer. 1891, nach der Ernennung des neuen Direktors der Artillerie-Werkstätten, des damaligen Oberstleutnants Paul Richard Zerener, wurde Judenfeind-Hülße zum Unterdirektor der Artillerie-Werkstätten ernannt. Am 24. Januar 1892 wurde er unter gleichzeitiger Ernennung zum Oberstleutnant (ohne Patent) außerdem Inspizient des Artilleriematerials der sächsischen Armee.
Am 22. Februar 1899 erhielt Judenfeind-Hülße sein etatmäßiges Patent als Oberstleutnant unter gleichzeitiger Berufung als neuer Direktor der vereinigten Artillerie-Werkstätten und unter Beibehaltung seines Dienstpostens als Inspizient. Am 23. März 1901 erhielt er noch vom sächsischen König Albert den Charakter als Oberst. In diesem Dienstrang diente er bis 1906 als Direktor der Artilleriewerkstatt und Inspizient des Artilleriematerials.
Bereits 1904 kaufte Judenfeind-Hülße das Haus 37E in der Paradiestraße 8 in Niederlößnitz bei Kötzschenbroda von der Witwe Emilie Wilhelmine Berndt.[13] Anfangs setzte Judenfeind-Hülße Heinrich Grafe als Verwalter seines Hauses im heutigen Radebeuler Stadtteil ein.[14] Bereits Ende 1905 verlegte Judenfeind-Hülße seinen Hauptwohnsitz in seine Villa in Niederlößnitz,[15] wo er bis zu seinem Tod lebte. Am 19. Juni 1906 wurde Judenfeind-Hülße im Rang als Oberst a.D. (außer Dienst) unter Fortzahlung der gesetzlichen Pension und der Erlaubnis des Tragens der Uniform in der Öffentlichkeit in den Ruhestand versetzt.
Nach seinem Tod wohnte seine Ehefrau Thekla, die das Haus von ihrem Mann erbte, mit ihren Kindern weiter in Niederlößnitz.[16] Nach deren Tod erbten die Kinder die Villa als Erbengemeinschaft.[17]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 1885: Ritterkreuz 1. KLasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
- 1890: Ritterkreuz 1. KLasse des königlich-sächsischen Albrechtsordens
- 1898: Offizierskreuz des königlich-sächsischen Albrechtsordens
- 1899: Königlich-sächsisches Dienstauszeichnungskreuz für 25 Berufsjahre in der sächsischen Armee
- 1906: Komturkreuz 2. Klasse des königlich-sächsischen Albrechtsordens
[Bearbeiten] Quellen
- Ranglisten der Königlich-Sächsischen Armee, 1850 bis 1914, Digitalisierte Bände der SLUB
- Genealogische Daten aus Ancestry und Gedbas
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Neuer Nekrolog der Deutschen 1832, 10. Jahrgang 2. Teil, Ilmenau 1834, Digitalisat auf Google Books, S. 975
- ↑ Leipziger Adreß-Buch 1852, S. 46, SLUB
- ↑ Lebenslauf von Heinrich Robert Judenfeind in: Neuer Nekrolog der Deutschen 1852, Jahrgang 30. 1. Teil, Weimar 1854, Digitalisat auf Google Books, S. 546ff.
- ↑ Handbuch für Leipzig 1848, S. 60, SLUB
- ↑ Judenfeind-Hülsse, Georg Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie
- ↑ Adressbuch Dresden 1938, Vororte, S. 2282, SLUB
- ↑ Paul Wätzold: Stammliste der Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen, Berlin/Heidelberg 1910, Leseprobe auf Google Books, S. 550
- ↑ Adressbuch Dresden 1936, Vororte, S. 2225, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1943/44, S. 481, SLUB
- ↑ Liste Studierender von Technischer Bildungsanstalt (TBA)/ Polytechnischer Schule (PS)/ Polytechnikum Dresden (PT) für den Zeitraum (1828–)1836–1887, -J-, Universitätsarchiv, Datensatz auf tu-dresden.de
- ↑ Adressbuch Dresden 1876, S. 186, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1878, S. 203, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1904, Vororte, S. 2746, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1905, Vororte, S. 2775, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1906, Vororte, S. 2713, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1910, Vororte, S. 2831, SLUB
- ↑ Adressbuch Stadt Kötzschenbroda 1925, S. 154, SLUB
[Bearbeiten] Weblinks
- Gottfried Hermann JUDENFEIND auf Gedbas