Johannes Kleinstück
Dr. phil. Gustav Johannes Kleinstück, auch Hans Kleinstück (* 24. September 1884 in Zwätzen bei Jena; † 1958) war ein deutscher Lehrer sowie langjähriger Rektor des Vitzthumschen Gymnasiums in Dresden, zuletzt im Rang eines Oberstudiendirektors.
[Bearbeiten] Familie
Gustav Johannes Kleinstück entstammte der Gelehrtenfamilie Kleinstück. Er war der Sohn des Lehrers an der Großherzoglichen Carl-Friedrich-Ackerbauschule in Zwätzen, Dr. phil. Otto Kleinstück († 1891 in Zwätzen bei Jena) und dessen Ehefrau Hulda Therese († 1933 in Dresden).[1] Otto Kleinstück war Mitglied des Zweigvereins Jena des Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erdkunde, dem u. a. als korrespondierendes Mitglied auch Dr. Alfons Stübel aus Dresden angehörte. Dr. Otto Kleinstück veröffentlichte u. a. 1888 das Buch
- „Über die Bestimmung des spezifischen Gewichts fester Körper in grösseren Mengen“ [2]
Johannes Kleinstück hatte noch folgende Geschwister:
- Otto Alexander Kleinstück (* 16. Mai 1880 in Zwätzen bei Jena; †). Er studierte von Ostern 1900 bis 1904 an der Gewerbschule in Chemnitz.[3]
- Oskar Martin Kleinstück (* 1882 in Zwätzen bei Jena; †). Er studierte Chemie und veröffentlichte 1905 seine Dissertation „Über Kondensationsprodukte aus Aldehyden und Dinitrilen“ an der philosophischen Fakultät der Friedrich-Alexanders-Universität Erlangen und erlangte damit den Grad eines Dr. phil.[4] Er unternahm eine Weltreise, arbeitete nach seiner Rückkehr nach Sachsen als Chemiker, war Privatdozent an der Kreuzschule und gab dort auch Musikaufführungen. Er wohnte ab 1922 in Dresden in der Müllerbrunnenstraße 1 im Erdgeschoss.[5]
- Elsa Hildegard Kleinstück (* 6. Dezember 1885 in Zwätzen bei Jena; †), Volksschul-Oberlehrerin. Sie wohnte zuletzt 1939 in der Mackensenstraße 23 [6] und reiste am 13. Mai 1939 ab Bremen mit der Deutschen Levante-Linie nach Istanbul zu einer Rundreise in die Türkei.[7] Sie stand in regem Briefkontakt mit Hermann Tögel (1869–1939).[8]
- Gertrud Kleinstück [9] Die beiden Schwestern wohnten 1933 zusammen mit ihrer Mutter in der Stephanienstraße 97.
- Rudolf Erhard Kleinstück (* 8. April 1890 in Zwätzen bei Jena; †). Er studierte Mathematik und Physik an der Technischen Hochschule Dresden, später an den Universitäten München und Leipzig und erlangte 1913 an der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig den Grad eines Dr. phil. mit seiner Inaugural-Dissertation „Über das Verhalten von Taschenuhren“.[10]
Gustav Johannes Kleinstück war verheiratet. Sein gleichnamiger Sohn Johannes Walter Kleinstück (1920–1992) war Anglist an der Universität Hamburg.[11]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Ein halbes Jahr nachdem Johannes Kleinstück in die erste Klasse der Schule seines Heimatortes eingeschult wurde, starb sein Vater. Daraufhin siedelte seine Mutter mit ihren sechs Kindern nach Dresden über, wo mit dem Bürgerschullehrer a.D. Hermann Moritz Kleinstück († 1892 in Dresden)[12], ein ehemaliger Lehrer an der 4. Bürgerschule zu Dresden,[13] ein Verwandter der Familie wohnte. Johannes zog mit seiner Mutter in eine Wohnung in der Pillnitzer Straße 42 im dritten Obergeschoss.[14] In Dresden besuchte er wie seine Brüder die I. Bürgerschule und ab Ostern 1895 das Gymnasium zum Heiligen Kreuz, wo er Ostern 1904 die Reifeprüfung ablegte. Da die Familie ohne den verstorbenen Vater kaum Einkommen hatte, Johannes Kleinstück aber sehr gute Schulergebnisse erzielte, erhielt er 1897 und 1898 die Zinsen der Wedde-Stiftung an der Kreuzschule.[15]
Kleinstück studierte anschließend in Leipzig deutsche und klassische Philologie und schlug wie sein Vater den Beruf eines Lehrers ein. Im Februar 1910 promovierte er mit der Dissertation:
- „Die Rhythmik der kurzen Reimpaare des Burkard Waldis“.
Im Dezember 1910 legte er seine Staatsprüfung als Lehrer ab. Am 1. Januar 1911 wurde Kleinstück dem Gymnasium in Bautzen zur Ableistung des Seminarjahres zugewiesen. Ab Ostern desgleichen Jahres wurde er außerdem Tutor am neu gegründeten Ritterschaftlichen Internat und blieb in diesem Amt in Bautzen bis Michaelis 1911. Am 1. Oktober 1911 wurde Kleinstück als Vikar an das Gymnasium in Zwickau überwiesen, wo er am dortigen Schloßgrabenweg 3 wohnte.[16]
Am 1. April 1912 berief der Rat zu Dresden Kleinstück als nichtständigen wissenschaftlichen Lehrer an das Vitzthumsche Gymnasium. Kleinstück ist erstmals 1913 im Dresdner Adressbuch als Dr. phil. und Gymnasiallehrer verzeichnet. Zu dieser Zeit wohnte er noch kurzzeitig in der Wohnung seiner verwitweten Mutter am am Georgplatz 3 im vierten Obergeschoss.[17] Im gleichen Jahr zog Kleinstück nach Plauen in den Plauenschen Ring 17 ins zweite Obergeschoss, seine Mutter dagegen in die Stephanienstraße 97.[18] Bereits ein Jahr später, 1914 zog Kleinstück an das Johannstädter Ufer 7,[19] das 1916 in Hindenburgstraße umbenannt wurde. 1914/15 war Kleinstück Klassenlehrer der Untersekunda am Vitzthumschen Gymnasium und unterrichtete u. a. Geschichte und Sport. Er nahm in den Osterferien zusammen mit dem Rektor Prof. Dr. Richard Wagner (1860–1937) an einem archäologischen Lehrgang im Albertinum teil. Zum 50. Geburtstag des sächsischen Königs Friedrich August III. am 25. Mai 1915 sprach Kleinstück die Festrede am Gymnasium. Ab August 1915 übernahm Kleinstück auch das Amt des Schulbibliothekars am Vitzthumschen Gymnasium von Dr. Windisch.
1919 wurde Kleinstück in den Rang eines Gymnasial-Oberlehrers erhoben,[20] ein Jahr später, 1920 erhielt er den Titel eines Studienrates.[21] Michaelis 1924 übernahm Kleinstück das Amt des Rektors des Vitzthumschen Gymnasiums von seinem Vorgänger Prof. Dr. Wagner. Kleinstück gab traditionell in der Sexta Geschichte, um die neuen Gymnasiasten kennenzulernen. Dabei hatte er eine Vorliebe für griechische Geschichte sowie deren Mythologie und zitierte die Voßsche Homerübersetzung. Außerdem war Kleinstück reger Nutzer der sächsischen Landesbibliothek, um die neuesten philologischen Fachzeitschriften zu studieren. 1925 wurde er in den Rang eines Oberstudiendirektors erhoben.[22]
Nach dem Tod seiner Mutter zog Kleinstück 1933 in die Körnerstraße 9 in eine Wohnung im dritten Obergeschoss,[23] wo er bis 1945 wohnte. In den Tagebüchern von Victor Klemperer wird Rektor Kleinstück zweimal erwähnt, so u. a. bei einer Abiturprüfung im März 1928 sowie 1936, als er am 10. Juni seinen Sohn Johannes, der zu dieser Zeit Obersekundaner am Vitzthumschen Gymnasium war, persönlich zu Klemperer schickte, damit dieser dessen Sohn in französischer Literatur weiter beriet. Klemperer, der während der nationalsozialistischen Diktatur bereits zu dieser Zeit erhebliche Nachteile aufgrund seiner jüdischen Abstammung hatte, beurteilte dies mit einem Vermerk: "Mutig!"[24] Offiziell hatte Kleinstück freilich den Anbruch der Nationalsozialistischen Herrschaft begrüßt: "Rückblickend können wir sagen: Lehrer- und Schülerschaft des Vitzthumschen Gymnasiums haben keiner ruckartigen Umstellung bedurft. Nationale Gesinnung war bei uns immer der alles durchdringende Geist, auch in den Jahren, wo das nicht selbstverständlich war, ja, wo es uns manche Anfechtung brachte." [25] 1944 erschien in der Dresdner Zeitung ein Aufsatz zum 60. Geburtstag von Rektor Kleinstück.Rektor Dr. H. Kleinstück 60jährig in der SLUB Dresden Im gleichen Jahr feierte er auch sein 20-jähriges Dienstjubiläum als Rektor des Vitzthumschen Gymnasiums. In diesem Amt verblieb Kleinstück bis zum Kriegsende 1945. Nach seinem Tod erschien im Jahr 1959 in den Dresdner Monatsblättern ein Nachruf mit Erinnerungen an Dr. Kleinstück.[26]
[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1910: „Die Rhythmik der kurzen Reimpaare des Burkard Waldis“, Dissertation zum Dr. phil.
- 1912: „Zu Maternus Steyndorffer“, Beitrag zur Festschrift für Albert Köster, Leipzig, Inselverlag
- 1925: „Das Vitzthumsche Gymnasium 1916 – 1925“, Co-Autor mit seinem Vorgänger dem Rektor Prof. Dr. Richard Wagner, Verlag Zahn & Jaensch [27]
- 1927: „Das Vitzthumsche Gymnasium 1925 – 1927“, Co-Autor mit Prof. Dr. Richard Wagner, Verlag Teubner [28]
- 1928: „Hundert-Jahrfeier des Vitzthumschen Gymnasiums zu Dresden 1828 – 1928“, Co-Autor mit Edmund Wauer [29]
[Bearbeiten] Quellen
- Programm des Vitzthumschen Gymnasiums zu Dresden 1913, Franz Kössler, Personenlexikon von Lehrern des 19. Jahrhunderts
- Jahresbericht des Vitzthumschen Gymnasiums, Onlineausgaben auf digital.ub.uni-duesseldorf.de
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Dresden 1933, SLUB, S. 427
- ↑ Über die Bestimmung des spezifischen Gewichts fester Körper in grösseren Mengen auf onlinelibrary.wiley.com
- ↑ Findbuch Gewerbschule auf www.tu-chemnitz.de
- ↑ Martin Kleinstück auf abebooks.de
- ↑ Adressbuch Dresden 1922/23, SLUB, S. 497
- ↑ Adressbuch Dresden 1939, SLUB, S. 528
- ↑ Bremer Passagierlisten in der Gesellschaft für Familienforschung e. V. Bremen, „Die Maus“
- ↑ Hildegard Kleinstück im Kalliope-Verbund
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Dresden 1935, SLUB, S. 516
- ↑ pdf-Download auf www.google.de
- ↑ Johannes Kleinstück im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- ↑ Letztmalig im Dresden 1892, SLUB, S. 351
- ↑ Adreß- und Geschäftshandbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Dresden für das Jahr 1868 auf adressbuecher.genealogy.net
- ↑ Adressbuch Dresden 1892, SLUB, S. 351
- ↑ Schulnachrichten und Jahresbericht der Kreuzschule 1887/1888 auf archive.org
- ↑ Adressbuch Zwickau 1912, SLUB, S. 366
- ↑ Adressbuch Dresden 1913, SLUB, S. 580
- ↑ Adressbuch Dresden 1914, SLUB, S. 561
- ↑ Adressbuch Dresden 1915, SLUB, S. 553
- ↑ Adressbuch Dresden 1920, SLUB, S. 443
- ↑ Adressbuch Dresden 1921, SLUB, S. 450
- ↑ Adressbuch Dresden 1925/26, SLUB, S. 491
- ↑ Adressbuch Dresden 1934, SLUB, S. 526
- ↑ Tagebuch von Victor Klemperer vom 10. Juni 1936, S. 270
- ↑ Johannes Kleinstück: Jahresbericht des Vitzthumschen Gymnasiums 1933/34. Dresden 1934, S.4
- ↑ Erinnerungen an Dr. Kleinstück in der SLUB Dresden
- ↑ Das Vitzthumsche Gymnasium 1916 – 1925 auf buch-info.org
- ↑ Das Vitzthumsche Gymnasium auf buch-info.org
- ↑ Johannes Kleinstück auf buch-info.org