Ferdinand Levin von Lindemann
Ferdinand Levin von Lindemann, geboren als Ferdinand Levin Lindemann, auch von Lindeman (* 17. Februar 1765 in Freyburg/ Unstrut; † 27. April 1842 in Leipzig)[1] war ein kurfürstlich-sächsischer, später königlich-sächsischer und zuletzt königlich-preußischer Offizier, zuletzt im Rang eines Majors. In seinen letzten Jahren betätigte er sich auch als Schriftsteller.
[Bearbeiten] Familie
Ferdinand Levin von Lindemann entstammte der Adelsfamilie von Lindeman(n). Diese Familie wurde durch Kurfürst August bereits 1563 mit dem kursächsischen Hofrat, Vizekanzler und Wirklichen Geheimen Rat Laurentius Lindemann (1520–1585) in den erblichen Adelsstand erhoben. Der Adelstitel wurde nur von wenigen Familienmitgliedern genutzt, die meisten nannten sich weiter nur Lindemann.
Erst 1783 wurde der Adelsstand erneuert. Am 31. Juli 1790, während des sächsischen Reichsvikariats, erhielt die Familie die Standeserhebung in den erblichen Freiherrenstand mit dem Privileg der Nichtbenutzung.[2] Lindemanns Großeltern väterlicherseits waren Levin Lindemann (1665–1729),[3][4] königlich-polnischer und kursächsischer Offizier, zuletzt im Rang eines Majors, später Geheimer Kabinettssekretär und dessen Ehefrau Sophia Maria geb. Abel (* ca. 1668), Tochter des Komponisten und Musikers Clamor Heinrich Abel (1634–1696).
Ferdinand Levin von Lindemann war der älteste Sohn des kursächsischen Hofrats zu Freyburg an der Unstrut, Levin August von Lindemann (* 29. Oktober 1722 in Dresden; † 30. Januar 1803 in Freyburg/ Unstrut) und dessen Ehefrau Rosine Sophie geb. Hahn, Tochter des Oberkämmerers zu Freyburg, fürstlich-sächsischen Gebietseinnehmers und Kaufmanns Caspar Heinrich Hahn (1697–1750) und dessen 1721 geheirateter Ehefrau Eva Elisabeth geb. Zeitschel (1702–1744)[5]. Sein Vater wohnte spätestens seit 1765 in der Stadt, wahrscheinlich sogar auf der Neuenburg, die ab ca. 1770 für staatliche Verwaltungsaufgaben als kurfürstliches Amt genutzt wurde. Er bekleidete ab etwa 1779 das Amt als Hauptsalz-Lizenteinnehmer des kursächsischen Thüringischen Kreises, zu dem auch das Amt Freyburg zählte, im Rang eines Kommissionsrats,[6] dem in Freyburg noch sechs weitere Beisalzlizenteinnehmer unterstellt waren.[7] Gleichzeitig war sein Vater, der am 11. Juli 1784 eine Adelserneuerung erhielt,[8] auch Aufseher über die Salinen im kursächsischen Thüringischen Kreis. Von Lindemann hatte noch einen Bruder:
- Peter Levin von Lindemann († 1834), königlich-sächsischer Hauptmann, später königlich-preußischer Obersteuerkontrolleur, zuletzt in Torgau [9]
Ferdinand Levin von Lindemann heiratete am 29. Mai 1796 in Merseburg Christina Augusta geb. Marché (* 12. Januar 1778 in Merseburg), älteste Tochter des Merseburger Ratsassessors, späteren Ratskämmerers und Domapothekers, Carl Christian Marché (1759–1808) auf Möckern und dessen Ehefrau Johanna Friederike Elisabeth geb. Hartmann (1755–1796). Der Jurist und Ratsherr August Christian Marché (1709–1747) war der Großvater, der kursächsische Amtmann zu Stolpen, Karl Christian Marché (1663–1710) der Urgroßvater seiner Ehefrau. Auch der kursächsische Hofapother und Dresdner Ratsherr Georg Marché (1603–1653) war ein Vorfahre seiner Ehefrau. Ferdinand Levin und Christina Augusta von Lindemann hatten sechs Kinder:
- Ferdinand Levin von Lindemann (1797–1868), königlich-sächsischer Leutnant, verließ 1818/19 Deutschland, später Kaufmann und Großhändler in Dänisch Westindien (später amerikanische Jungferninseln) ⚭ 1830 Ann Elisabeth geb. Schmaltz-Lind (1799–1874), Tochter von Jakob Hendrik Schmaltz-Lind (* 1774) und Helene Bodel geb. Moerch (* 1774),[10] Witwe von George A. Goszler († 1817). Ferdinand Levin begründete einen amerikanischen Familienzweig der Adelsfamilie Lindeman(n).
- Carl Adolph Albert von Lindemann (1801–1858),[11] evangelisch-lutherischer Pfarrer in Sachsen,[12], ab 1829 in Liebschwitz bei Gera,[13] ab 1849 Buchhalter in Chemnitz, ab 1850 Salzschreiber, ab 1854 Erster Salzschreiber in Leipzig.[14][15] ⚭ 1. 1830 Natalie geb. von Ziegenhierd, ⚭ 2. Caroline geb. Nietzschmann, ein Sohn aus aus 2. Ehe.[16]
- Otto von Lindemann (* 1803),
- Emil Arndt von Lindemann (1806–1807),
- Clementine Aurora von Lindemann (* 1811),
- Carl Theodor von Lindemann (* 1812), wanderte zu seinem älteren Bruder nach Dänisch Westindien aus, Kaufmann in St. Thomas (später amerikanische Jungferninseln) ⚭ 1856 Emilie Alice Bithorn (1834–1904), Tochter des aus Dänemark stammenden Kaufmanns Carl Bithorn (1805–1856). Carl Theodor war der Ahnherr eines weiteren amerikanischen Familienzweigs der Adelsfamilie Lindeman(n).
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Lindemann besuchte ab dem 29. Oktober 1777 die Landes- und Fürstenschule im damals noch sächsischen Schulpforta bei Naumburg, wo er bis zum 15. Juni 1783 seine höhere Schulbildung erhielt.[17] Er schlug nach seinem Schulbesuch wie mehrere andere Familienmitglieder eine militärische Karriere ein. Spätestens ab 1796 diente von Lindemann im ersten Leutnantsdienstgrad als Sous-Lieutenant im 8. königlich-sächsischen Infanterie-Regiment "Prinz Xaver" in Merseburg. In diesem Dienstrang diente er auch noch bei der Geburt seines zweiten Sohnes im Jahr 1801. Am 27. Oktober 1802 wurde von Lindemann zum Premier-Lieutenant befördert.[18]
1806, bei der Geburt seines vierten Sohnes erscheint von Lindemann im Merseburger Kirchenbuch bereits als Premier-Lieutenant im gleichen Regiment, das noch im selben Jahr aufgelöst wurde. 1807 ist von Lindemann dann als Premier-Lieutenant in der Merseburger Kompanie unter Führung des Hauptmanns von Einsiedel verzeichnet. Die Kompanie gehörte zum neu formierten königlich-sächsischen Infanterieregiment unter der Führung des 1804 ernannten Generalmajors Johann Adolph von Oebschelwitz, zugleich Generalinspektor der Infanterie. Das Regiment war in den Garnisonen Merseburg, Naumburg und Laucha an der Unstrut stationiert und gehörte zur 5. königlich-sächsischen Division.
Am 3. November 1808 erhielt von Lindemann den Charakter eines Capitäns (Hauptmann) 2. Klasse im 2. Leichten Infanterie-Regiment von Oebschelwitz, obwohl er noch auf einer Planstelle als Premier-Lieutenant war. Mit diesem Regiment nahm 1812 von Lindemann am Russlandfeldzug mit der französischen Armee unter Führung von Napoleon Bonaparte, an dessen Seite die sächsische Armme kämpfte, teil. In diesem Feldzug geriet er für ungefähr eineinhalb Jahre in russische Gefangenschaft. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft wurde von Lindemann 1813 als Kompaniechef im Rang eines Capitäns 1. Klasse in das sächsische Leichte Infanterieregiment Sahrer von Sahr eingruppiert, dessen Stab und das 1. Bataillon sich zwar in Naumburg befand, von Lindemann aber im 2. Bataillon in Merseburg diente. Seine Einheit war im ehemaligen Benediktinerkloster St. Petri und Paul zu Merseburg untergebracht, das zwischenzeitlich als Kaserne umgebaut wurde.[19]
Im November 1813 , nach der Völkerschlacht bei Leipzig, in der die sächsische Armee von der französischen Seite zu den Alliierten überlief, wurde von Lindemann zuerst in Wartegeld gesetzt. Wenig später übernahm er 1814 als Kommandeur das 2. vogtländisch-erzgebirgische Landwehrbataillon, dessen Stab im vogtländischen Reichenbach untergebracht war. Er bedankte sich in zwei Zeitungsartikeln bei seinem Offiziers- und Unteroffizierskorps, den Soldaten und bei den Einwohnern der Stadt Reichenbach am 16. August 1814.[20]
Nach dem Wiener Kongress wurde von Lindemann noch am 20. Mai 1815 zum Major befördert und ungefähr einen Monat später, als Sachsen u.a. den ehemaligen Stift Merseburg an das Königreich Preußen abtreten musste, vom sächsischen König Friedrich August der Gerechte am 25. Juni 1815 als Bataillonskommandeur der Landwehr aus sächsischen Diensten entlassen.
Von Lindemann trat danach in die preußische Armee ein und wurde dort als Major im 1. Thüringischen (königlich-preußischen) Infanterie-Regiment Nr. 31 aggregiert. Er diente in diesem Truppenteil u.a. in Weißenfels, Arnstadt und Erfurt. Im April 1820, im 56. Lebensjahr wurde er unter Fortzahlung einer Pension in den Ruhestand verabschiedet. Danach lebte er bis mindestens 1824, mehrere Jahre in Erfurt, später in Zeitz.
Nach seinem Militärdienst betätigte sich von Lindemann auch als Schriftsteller. Er veröffentlichte mehrere Nachrufe und Lebensläufe über Personen im Nekrolog der Deutschen, so 1826:
- über den Doktor der Medizin zu Merseburg und Inhaber der dortigen Domapotheke, Johann Heinrich Christoph Friederci (1786–1826), einem Schwager von ihm,
- über den königlich-sächsischen Kammerrat und Wirklichen Land-Rentmeister zu Dresden Ludwig Schneider (1750–1826),
- über den Superintendenten zu Querfurt, Joachim Sigismund Georg Fischer (1753–1826),
- über den Magdeburger Kaufmann und Fabrikanten Ernst Christoph Helle (1759–1826) sowie
- über den königlich-preußischen Oberstleutnant und Kommandeur des 1. Garde-Ulanen-Regiments zu Potsdam, Wilhelm von Trotha (1781–1826).[21]
Weiter im Nekrolog der Deutschen von 1829:
- über den Justizkommissar und Gerichtsdirektor zu Merseburg, Hieronymus Friedrich Segnitz (1753–1829),
- über den königlich-preußischen Förster zu Dommitsch bei Torgau, Heinrich Gottfried Linstädt (1748–1829),
- über den Doktor der Philosophie, Aktuarius und Mitglieds des sächsisch-thüringischen Vereins für Altertumskunde, Heinrich Theodor Meckel (1786–1829),
- über den Doktor und Professor der Anatomie und der gerichtlichen Medizin zu Bern/ Schweiz, August Albrecht Meckel (1790–1829), geboren in Halle/ Saale, Sohn des Geheimrats und Professors Meckel und Bruder des Geheimrats Johann Friedrich Meckel sowie Heinrich Theodor Meckel zu Halle,
- über den königlich-preußischen Oberforstmeister und Ritter des Johanniterorden, Otto von Löben zu Torgau (1770–1829) und
- über den Geleits- und Akzisekommissar zu Weißenfels, Johann Sigismund Jenzsch (1750–1829).
Weiter im Nekrolog der Deutschen von 1830:
- über den Rektor der Trivialschule in Laucha an der Unstrut, Carl Friedrich Werner (1790–1830),
- über den Oberpfarrer zu Mühlberg an der Elbe, Adolph Traugott Eifert (1774–1830), geboren in Frankleben bei Merseburg,
- über den General-Akzise-Obereinnehmer und Fleisch-Steuer-Haupteinnehmer zu Torgau, Johann Gottlob Rost (1761–1830) und
- über den Pfarrer und Magister zu Ruppersdorf bei Herrnhut, Friedrich Traugott Gärtner (1747–1830).
Anfang der 1830er Jahre schrieb von Lindemann ein Buch (94 Seiten) über seine Gefangenschaft in Russland in den Kriegsjahren 1812 und 1813. Das Buch erschien in erster Auflage 1833 in Ronneburg und kostete 12 Groschen.[22] Die zweite Auflage, die 1835 in Gera erschien, kostete 9 Groschen.[23] Von Lindemann starb am 27. April 1842 in Leipzig an Altersschwäche.
[Bearbeiten] Werke (Auswahl)
- 1831: Die Welt im Kleinen, ein Journal gemischten Inhalts, 1 Jahrgang, 12 Hefte, Zeitz [24]
- 1833: Meine Gefangenschaft in Russland in den Jahren 1812 und 1813, ein Blick in Russlands Grösse und Herrlichkeit, 2. Auflage 1835
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 6. August 1809: Ritterkreuz des königlich-sächsischen Militär-St.-Heinrichsordens wegen "Bravour in der Schlacht bei Wagram"
- nach 1816: Königlich-preußisches Dienstauszeichnungskreuz
[Bearbeiten] Quellen
- Kirchenbücher Stadtkirche St. Maximi sowie Domkirche der Stadt Merseburg (Taufen, Heirat und Sterbebücher)
- Holtzendorff: Geschichte der Königlich Sächsischen leichten Infanterie von ihrer Errichtung bis zum 1. October 1815, Seite 332
- Ranglisten der Königlich-Sächsischen Armee, 1807 bis 1849, Digitalisierte Bände der SLUB
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Neuer Nekrolog der Deutschen 1842, 2. Teil, Weimar 1844, Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 1077
- ↑ Zeitung für den deutschen Adel, Band 3, Nordhausen und Leipzig 1842, 3. Jahrgang, 1. Semester, Digitalisat auf Google Books, S. 153f.
- ↑ Datensatz auf Gedbas, inkl. weiterer Vorfahren der Familie Lindemann
- ↑ Datensatz auf Geneanet, inklusive weiterer Vorfahren der Familie Lindemann
- ↑ Datensatz zur Schwester Friedericke Erdmuthe Hahn auf www.heidermanns.net und auf MyHeritage.
- ↑ Erstmals als solcher im: Churfürstlich-Sächsischer Hof- und Staatscalender auf das Jahr 1780, Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek, S. 113
- ↑ Johann Ernst Fabri: Geographie für alle Stände..., Leipzig 1791, Digitalisat auf Google Books, S. 364
- ↑ Johann Siebmacher: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch..., Band 3, Teil 2, Digitalisat auf Google Books, S. 239
- ↑ Neuer Nekrolog der Deutschen 1834, Digitalisat auf Google Books, S. 960
- ↑ Datensatz auf MyHeritage
- ↑ Starb nicht wie im Pfarrerbuch angegeben schon 1849, sondern legte da nur sein Amt als Pfarrer nieder. Später Buchhalter und ab 1854 Salzschreiber in Leipzig, Quelle
- ↑ Datensatz auf pfarrerbuch.de
- ↑ Wilhelm Haan: Kirchlich-statistisches Handbuch für das Königreich Sachsen, Dresden 1845, Digitalisat auf Google Books, S. 306
- ↑ on Rossleben, Germany. Klosterschule: Album der Schüler zu Kloster Rossleben von 1742-1854, Digitalisat auf Google Books, S. 68
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Leipzig 1858, S. 123, SLUB
- ↑ Todesanzeige des Vaters in der Leipziger Zeitung 1858, Digitalisat auf Google Books, S. 318
- ↑ C.F.H. Bittcher: Pförtner Album, Verzeichnis sämtlicher Lehrer und Schüler der Königl. Preuß. Landesschule Pforta, 1543-1843], Leipzig 1843, Digitalisat im Internet Archiv auf archive.org, S. 391/392
- ↑ Stamm- und Rang-Liste der Königl.-Sächsischen Armee 1808, Digitalisat der SLUB, S. 190
- ↑ Das ehemalige Benediktinerkloster St. Petri und Paul zu Merseburg auf www.kloster-merseburg.de
- ↑ Leipziger Zeitung 1814, Digitalisat auf Google Books, S. 2368
- ↑ Neuer Nekrolog der Deutschen ..., Band 4, 2. Teil, Ilmenau 1828, Digitalisat auf Google Books, S. 914f., 917ff., S. 968ff., S. 1005ff., S. 1028ff.,
- ↑ Bibliographie von Deutschland oder wöchentliches Verzeichnis aller in Deutschland herausgekommenden neuen Bücher und Kunstsachen,... Band 8, Leipzig 1833, Digitalisat auf Google Books, S. 167
- ↑ E.G. Gersdorf: Repertorium der gesammten deutschen Literatur, Leipzig 1835, Digitalisat auf Google Books, S. 211
- ↑ Allgemeines Verzeichnis derer Bücher, welche in der Frankfurter und Leipziger Ostermesse des 1831. Jahres, Digitalisat auf Google Books, S. 227
[Bearbeiten] Weblinks
- Bildnis von Ferdinand Levin von Lindemann auf findagrave.com
- Adelsurkunde des Vaters von Ferdinand Levin von Lindemann im Österreichischen Staatsarchiv