Gerhart Hauptmann
Gerhart Hauptmann (* 15. November 1862 in Salzbrunn (Schlesien); † 6. Juni 1946 in Agnetendorf/Agnieszków (Schlesien)) war ein bedeutender Dramatiker des deutschen Naturalismus. Große Bekanntheit erlangten vor allem seine Schilderungen der Lebensumstände des Proletariats (Die Weber).
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Gerhart Hauptmann besuchte von 1874 bis 1878 in Breslau die Realschule und erhielt danach auf dem Rittergut eines Onkels eine landwirtschaftliche Ausbildung. 1880 bezog er die Breslauer Kunstakademie, um Bildhauer zu werden. 1881 kam Hauptmann nach Radebeul, so sein Bruder Georg die Tochter Adele des reichen Kaufmanns Thienemann heiratete. Gerhart Hauptmann widmete ihnen ein Festspiel ("Liebesfrühling"), das in Radebeul im Hohenhaus als erstes seiner Stücke überhaupt uraufgeführt wurde.[1] Hier lernte er auch seine Schwägerin und spätere Ehefrau Marie kennen. 1882 wechselte Hauptmann zum Studium nach Jena zu den Naturwissenschaften. Von 1883 bis 1884 lebte er als Bildhauer in Neapel und Rom, wo er an Typhus erkrankte.
Nach seiner Rückkehr aus Italien ließ sich Hauptmann zunächst in Dresden nieder. 1884 nahm er an der Kunstakademie Zeichenunterricht. Im selben Jahr heiratete sein Bruder Carl Martha Thienemann. Die Trauung von Gerhart Hauptmann mit Marie Thienemann fand 1885 in der Johanneskirche statt, die Hochzeitsfeier im Belvedere.[2] Die Heirat mit der vermögenden Kaufmannstochter ermöglichte Hauptmann wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die Zeit in Radebeil verewigte er später in Die Jungfern vom Bischofsberg[3] und Die Hochzeit auf Buchenhorst.
Hauptmann unternahm viele Auslandsreisen und lebte abwechselnd in Berlin, in Schlesien und Italien sowie auf Hiddensee.[4] In Berlin fanden seine ersten uraufgeführten Dramen großen Beifall, die Uraufführung von "Die Weber" aber ließ Kaiser Wilhelm II. seinen Logenplatz im Berliner Theater kündigen. Auch der Kunstwart, der ihn zunächst kritisiert hatte, beurteilte ihn inzwischen positiv.[5]
Mit Unterstützung von Leonhard Lier vom Dresdner Anzeiger fanden Hauptmanns Stücke Eingang in das Repertoire des Hoftheaters, seine Ehe geriet aber in eine Krise und Hauptmann kam nur noch gelegentlich nach Dresden. Schilling & Graebner bauten für ihn 1900 in Blasewitz in der Hochuferstraße 12 eine Villa. Sie wurde nach der Trennung der Eheleute von seiner ersten Frau bewohnt.[6] Hauptmann selbst zog mit seiner Geliebten und späteren zweiten Ehefrau, Margarete Marschalk, nach Schlesien. 1912 wurde er zum Vorstandsmitglied im Dürerbund gewählt.[7]
Anlässlich der Hundertjahrfeier der Befreiungskriege schuf Hauptmann als Auftragswerk das Festspiel in deutschen Reimen. Dessen Uraufführung zur Eröffnung der Jahrhunderthalle in Breslau verursachte einen großen Skandal. Hauptmann gehörte zu jenen Dichtern und Denkern, die den Ersten Weltkrieg begeistert begrüßten.[8]
Gerhart Hauptmann erlebte den Höhepunkt seines Ansehens während der Weimarer Republik, zu der er sich ausdrücklich bekannte. Im Dresdner Staatsschauspiel wurde am 23. Februar 1922 die dramatische Dichtung "Indipohdi" (in Dresden unter dem Titel "Das Opfer") uraufgeführt, wobei Hauptmann selbst Regie führte.[9] In seiner Villa in Agnetendorf sammelte er bildende Kunst, darunter von Wanda Bibrowicz und Johannes Maximilian Avenarius.[10]
In der Zeit der Nazidiktatur arrangierte sich Hauptmann mit den Herrschenden. Während der Luftangriffe am 13. Februar 1945 hielt er sich in Dr. Weidners Sanatorium auf.[11] Die Zerstörung seiner über alles geliebten Kulturmetropole Dresden gehört zu den einschneidensten Erlebnissen seines Lebens. „Wer das Weinen verlernt hat, lernt es wieder beim Untergang Dresdens. Ich stehe am Ausgangstor meines Lebens und beneide meine toten Geisteskameraden, denen dieses Erlebnis erspart geblieben ist.” In größter existenzieller Not feierten die Kammerspiele Johannstadt am 8. Dezember 1945 Premiere von Hauptmanns "Der Biberpelz", ein Ausdruck des allgemeinen Kulturhungers jener Zeit.
Im Zusammenhang mit der Vertreibung der Deutschen aus Schlesien nach dem Zweiten Weltkrieg stand Hauptmann kurz vor seiner Ausweisung nach Deutschland, als er 1946 starb. Mit Zustimmung der polnischen und sowjetischen Behörden wurde sein Leichnam nach Deutschland überführt und auf Hiddensee bestattet.
[Bearbeiten] Familie
Hauptmanns Vaters, Robert Hauptmann, war ein Hotelier und mit Maria geb. Strähler verheiratet. Wie Gerhart wurde auch dessen Bruder Carl Hauptmann, geboren 1858 in Salzbrunn, ein Dramatiker. Sowohl Carl als auch Georg, ein weiterer Bruder, waren mit Schwägerinnen von Gerhart Hauptmann verheiratet.
1885 heiratete Hauptmann die Radebeuler Kaufmannstochter Marie Thienemann. Das Paar hatte drei Söhne. Zusammen mit ihrem Sohn Ivo war Marie Mitglied in der Litterarischen Gesellschaft.[12] Nach der Scheidung von Marie heiratete Hauptmann 1904 Margarete Marschalk. Mit ihr hatte er zwei weitere Söhne.[13]
[Bearbeiten] Ehrungen
- 1896 Grillparzer-Preis in Wien
- 1905 Ehrendoktorwürde der Universität Oxford
- 1909 Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig
- 1911 Königlich Bayerischer Maximiliansorden
- 1912 Nobelpreis für Literatur
- 1921 Ehrendoktor der deutschen Universität Prag
- 1922 Gerhart-Hauptmann-Festspiele in Breslau anlässlich seines 60. Geburtstages
- 1923 Gerhart-Hauptmann-Straße in der Seevorstadt
- 1924 Orden "Pour le mérite"
- 1924 Ehrenmitgliedschaft in der Akademie der bildenden Künste in Wien
- 1928 Mitglied der Preußischen Dichterakademie
- 1942 Ehrenbürger der Universität Breslau[14]
- nach 1945 Gerhart-Hauptmann-Straße in Langebrück
- 1946 Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz
- 1949 Gedenkstein in Zitzschewig
[Bearbeiten] Werke
- »Vor Sonnenaufgang« (1889)
- »Das Friedensfest« (1890)
- »Einsame Menschen« (1891)
- »Kollege Crampton« (1892)
- »Die Weber« (1892; zuerst in schles. Dialekt)
- »Der Apostel. Bahnwärter Thiel« (1892)
- »Der Biberpelz« (1893)
- »Hannele« (1893)
- »Florian Geyer« (1896)
- »Die versunkene Glocke« (1897)
- »Fuhrmann Hentschel« (1898; in schles. Dialekt)
- »Schluck und Jau« (1900)
- »Michael Kramer« (1900)
- »Der rote Hahn« (1901)
- »Der arme Heinrich« (1902)
- »Rose Bernd« (1903)
- »Elga« (1904)
- »Und Pippa tanzt« (1906)
- »Die Ratten« (1911)
- »Der Ketzer von Soana« (1918)
- »Vor Sonnenuntergang« (1932)
- »Das Abenteuer meiner Jugend« (1937)
[Bearbeiten] Quellen
- Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 769
- Biografie auf nobelpreis.org
- Biografie beim Deutschen Historischen Museum
- Biografie im Bücher-Wiki
- Biografie von Dieter Wunderlich
- Zeittafel - Gerhart-Hauptmann-Gesellschaft eV, Berlin
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Über den Stellenwert des Elblandes im facettenreichen Leben von Gerhart Hauptmann
- ↑ Paul Schlenther: Gerhart Hauptmann, Leben und Werke. Neue, gänzlich umgearbeitete Ausgabe, Mit acht Abbildungen, 1912, S. Fischer, Verlag/Berlin, Kapitel 3
- ↑ Die Jungfern vom Bischofsberg
- ↑ Ostseeinsel Hiddensee: Unaufhörlich bläst das Meer, auf spiegel.de
- ↑ Gerhard Kratzsch. Kunstwart und Dürerbund. Ein Beitrag zur Geschichte der Gebildeten im Zeitalter des Imperialismus. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1969. ISBN 3-525-36125-4
- ↑ Adreßbuch für Dresden und seine Vororte, 1901
- ↑ Gerhard Kratzsch. Kunstwart und Dürerbund. Ein Beitrag zur Geschichte der Gebildeten im Zeitalter des Imperialismus. Vandenhoeck u. Ruprecht, Göttingen 1969. ISBN 3-525-36125-4
- ↑ "Sein, sein, deutsch sein!!"
- ↑ Uraufführung "Das Opfer" bei der Deutschen Fotothek
- ↑ Silesian Art Collections
- ↑ Wachwitz 1945 auf http://www.dresdner-stadtteile.de/
- ↑ Dirk Hempel: Literarische Vereine in Dresden. Kulturelle Praxis und politische Orientierung des Bürgertums im 19. Jahrhundert. Walter de Gruyter - Max Niemeyer Verlag, Berlin und New York, 2008
- ↑ Hass, Hans-Egon, "Hauptmann, Gerhart Johann Robert" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 103-107
- ↑ Urkunde zur Ehrenbürgerschaft der Universität Breslau
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Gerhart Hauptmann“
- Bücher über Gerhart Hauptmann bei books.google.com
- Medien bei europeana.eu