Hugo Zietz

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Ansichtskarte der Yenidze
Werbung für die Yenidze, Holzschnitt
Anzeige für die Yenidze und Salem Aleikum-Zigaretten
Anzeige für Salem Aleikum-Zigaretten
Anzeige von 1912 mit den gewonnen Staats- und Messepreisen
Ansichtkarte der Zigarettenfabrik um 1910

Christian Bernhard Carl Hugo Zietz (* 1857; † 3. September 1927 in Dresden)[1] war ein sächsischer Kaufmann, Fabrikbesitzer und Unternehmer, zuletzt mit dem Titel eines königlich-sächsischen Kommerzienrates. Er ist der Auftraggeber der Dresdner Zigarettenfabrik Yenidze im Stil einer muslimischen Moschee. Zietz war königlich-bulgarischer Generalkonsul und seit 1918 lebenslängliches Mitglied der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS in Dresden.[2]


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie

Christian Bernhard Carl Hugo Zietz war der Sohn des Rentiers Carl (Karl) Zietz (* 16. August 1825; † 31. Oktober 1906 in Dresden). Hugo Zietz heiratete 1898 in Berlin Hedwig Zietz († 22. November 1945 in Meilen, Kanton Zürich/Schweiz). Das Ehepaar Zietz hatte zwei Söhne;

Zietz Witwe Hedwig zog nach dem Tod ihres Mannes mit den beiden Söhnen 1928 und dem ehemaligen Sekretär und Buchhalter ihres Mannes, Hans Seiler, in die Schweiz, wo sie ab 1929 mit einem Wohnsitz gemeldet waren.

[Bearbeiten] Leben und Wirken

Hugo Zietz kam 1886, zusammen mit seinem Vater, nach Dresden, wo sich beide anfangs in der Wallstraße 19 niederließen. Zietz war schon zu dieser Zeit inhaber der Firma „Orientalische Tabak- und Cigarettenfabrik Yenidze“, die an der gleichen Adresse ihr Geschäftslokal hatte. Sie sind erstmals 1887 im Dresdner Adressbuch verzeichnet und begannen die Fabrikation anfangs unter sehr bescheidenen Verhältnissen.[3][4] Noch im gleichen Jahr wechselte Zietz, wieder mit seinem Vater seinen Wohn-, als auch seinen Geschäftssitz in die Güterbahnhofstraße 11, [5] 1892 dann in die Strehlener Straße 11.[6][7]

1898, nach seiner Hochzeit, zog Zietz mit seiner Ehefrau in eine Wohnung in der Sedanstraße 33, während sein Vater weiter in einer Erdgeschosswohnung in der erneut verlagerten Zigarettenfabrik wohnte, die sich nun in der Gutzkowstraße 27 befand.[8] Nach der Geburt seines ersten Sohnes, Hugo Jr., zog Zietz mit seiner Ehefrau in die Franklinstraße 3,[9] 1903 weiter in dergleichen Straße in die Hausnummer 9.[10] 1905 erweiterte Zietz seinen Tababetrieb und eröffnete Zweiggeschäfte in der Conradstraße 6 und in der Tharandter Straße 30 in Löbtau.[11] Von 1907 bis 1909 ließ Zietz in einer repräsentativen Lage in der Weißeritzstraße 3 (neue Geschäftsadresse ab 1909) in der Friedrichstadt, direkt an der Eisenbahnlinie der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, unweit der Marienbrücke seine neue Tabakfabrik errichten. Architekt war Martin Hammitzsch (18781945).

Da das Fabrikgebäude im Zentrum Dresdens stand, durfte es laut der 1906 erlassenen städtischen Bauordnung aus ästhetischen Gründen nicht aussehen wie eine Fabrik. Außerdem wünschte sich Zietz als Unternehmer einen Werbebau. So entstand ein Bau im Stil des Historismus mit Pseudo-Elementen sakraler muslimischer Architektur: ein prunkvolles Portal, eine Gebetsnische (Mihrāb), farbige Glasfenster und Mosaiken, eine beeindruckende verglaste Kuppel (62 Meter) und ein Schornstein in der Form eines Minaretts, so dass sich letztlich der Eindruck einer großen Moschee ergab. Dieser erste Stahlbetonskelett-Bau Deutschlands wurde somit zu einem einprägsamen Werbemonument der Orientalischen Tabak- und Zigarettenindustrie.[12] Mit dem Neubau an der Elbe schloss Zietz auch seine zwei Zweiggeschäfte. An der neuen Zigarettenfabrik prangte nun in großen weißen Buchstaben auch der Fabrikname - „Yenidze“, benannt nach einem Ort in Nordgriechenland, das damals unter osmanisch-türkischer Verwaltung stand und aus dem Zietz seinen Tabak importierte. Der Begriff ist allerdings nicht griechisch, sondern türkisch und bedeutet „Neues Land“.

Der Tabak kam nicht geschnitten wie in vielen damaligen Zigarettenfabriken in die Yenidze, sondern im Urzustand, in Ballen von 20 bis 60 Kilogramm in Zietz' Fabrik. In der eigentlichen Zigarettenfabrikation wurden die Ballen in ihre bündelartigen Bestandteile zerlegt und dann die Blätter nach vorangegangener Auflokerung zu verschiedenen Sorten gemischt. Nach der Aufarbeitung in den Tabakschneidemaschinen wurden die Vorräte - sofern sie nicht sofort weiter verarbeitet wurden in Kühlhallen kistenweise gelagert. Die Zigarettenhülsen wurden bedruckt und entweder bei den hochwertigen Marken in Handarbeit, bei den preiswerten Marken durch Maschinen gedreht und verklebt. Während bei den handgefertigten Zigaretten eine geschickte Arbeiterin in einer 9-Stunden-Schicht bis zu 2.000 Zigaretten schaffte, produzierte eine Maschine bus zu 200.000 Stück täglich. Danach wurde die Ware in der ebenfalls in der Yenidze befindlichen Kartonagefabrikation verpackt.

Auch innerhalb des Gebäudes führte Zietz für die damalige Zeit bahnbrechende Neuerungen ein und beschritt neue Wege in der Arbeitsorganisation:

Am 22. Februar 1910 besuchte der sächsische König Friedrich August III. die morderne Fabrik unweit des königlichen Schlosses. Aus Anlass dieses Besuches errichtete Zietz auch eine eigene Stiftung, die Hugo-Zietz-Stiftung. Seine exquisiten Zigarettenmarken „Salem Aleikum“ und „Salem Gold“ erhielten 1911 den königlich-sächsischen Staatspreis bei der Internationalen Hygieneausstellung in Dresden sowie eine Goldene Medaille bei der Ostdeutschen Ausstellung in Posen. Außerdem beauftragte Zietz einen Exportvertreter: Paul Ockert in Hamburg. In dieser Zeit beschäftigte Zietz über 900 Arbeiter in seiner Zigarettenfabrik, die auch in Handarbeit die seinerzeit hochwertigen Zigaretten herstellten. Die Beschäftigtenanzahl stieg im folgenden Ersten Weltkrieg auf über 2.000 Beschäftigte.

Zietz zog mit seiner Familie 1908 in die Villa des Kaufmanns Sauerzapf in die Bettinastraße 18 in der Dresdner Antonstadt.[13] 1910 kaufte Zietz von dem pensionierten Dresdner Straßenbahndirektor Ernst Paul Clauß das Haus in der Schillerstraße 34, das sich ebenfalls in der Antonstadt befand und bezog es mit seiner Familie.[14][15] Von 1910 bis 1912 ließ Zietz von Max Herfurt im Dresdner Nobelviertel Weißer Hirsch in der damaligen König-Friedrich-August-Straße 1 eine prachtvolle historistische Villa, die Villa Zietz erbauen, die ihm und seiner Familie ab Sommer 1913 als Sommerwohnung diente. Die Glasfenster der Villa, die den Weg des Tabaks aus dem nördlichen Orient nach Dresden zeigten, schuf Josef Goller. Bereits 1912 wurde Zietz zum königlichen Hoflieferanten des Königs Friedrich August III. ernannt,[16] 1913 erhielt er den Titel eines königlich-sächsischen Kommerzienrates. Ab 1914 erschien im Adressbuch unter seinem Eintrag der recht seltene Hinweis: Zu sprechen nur nach vorheriger Vereinbarung.[17]

Ab 1918 war Zietz mit seinen Zigarettenmarken auch Hoflieferant des deutschen Kaisers sowie Ehren-Generalkonsul von Bulgarien.[18] Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Zietz 1920 von seinen Aufgaben als Generalkonsul von Bulgarien entbunden, durfte aber weiterhin den Titel als Generalkonsul a.D. (außer Dienst) weiterführen.[19] 1922 verlegte Zietz seinen Wohnsitz von der Schillerstraße an seinen bisherigen Sommersitz in seine Villa am Weißen Hirsch,[20] 1926 umbenannt in: Am Hochwald 1,[21] wo er bis zu seinem Tod lebte.[22]

Bereits am 8. Mai 1925 verfasste Zietz in Dresden sein Testament und seinen letzten Willen. Er machte sein Vermögen an seine Ehefrau als Vorerbin und nach dem Tod seiner Frau an seine zwei Söhne als Nacherben. Am 29. Oktober 1925 verkaufte Zietz seine Zigarettenfabrik und sein gesamtes Unternehmen samt Immobilien an den Reemtsma-Konzern für ungefähr 4 Millionen Reichsmark, was heute einer Kaufkraft von ungefähr 18 Millionen Euro entsprechen würde. Zietz verteilte das Geld auf 23 verschiedene Banken in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und in Buenos Aires/Argentinien. Hugo Zietz starb 1927 und wurde auf dem Johannisfriedhof beigesetzt. Das Grab ist aufgelöst.[23]

[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)

[Bearbeiten] Trivia

1949 wurde die Yenidze in die volkseigene Tabakindustrie der DDR eingegliedert, 1953 die dortige Produktion beendet. Das Gebäude diente danach der Verwaltung und zur Lagerung von Tabakwaren und wurde 1980 unter Denkmalschutz gestellt. Heute beherbergt die Yenidze Büro- und Gewerbeflächen sowie sowie eine Gastronomie. In der ehemaligen Fabrik finden kulturelle Veranstaltungen statt und beleben ihre imposante Glaskuppel.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Datensatz auf Ancestry
  2. Gesellschaft Isis in Dresden: Sitzungsberichte und abhandlungen der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis in Dresden, 1924, Digitalisat auf Google Books, Seite XL
  3. Adressbuch Dresden 1887, S. 623, SLUB
  4. Adressbuch Dresden 1887, S. 1499, SLUB
  5. Adressbuch Dresden 1888, S. 657, SLUB
  6. Adressbuch Dresden 1893, S. 849, SLUB
  7. Nach der Umnummerierung 1894 Strehlener Straße 6: Adressbuch Dresden 1895, S. 915, SLUB
  8. Adressbuch Dresden 1899, S. 802, SLUB
  9. Adressbuch Dresden 1901, S. 869, SLUB
  10. Adressbuch Dresden 1904, S. 1094, SLUB
  11. Adressbuch Dresden 1906, S. 1129, SLUB
  12. Orient und Tabak im Blog des Stadtmuseums Dresden, Onlineartikel vom 29. März 2021 auf www.blog-stadtmuseum-dresden.de
  13. Adressbuch Dresden 1909, S. 1425, SLUB
  14. Adressbuch Dresden 1910, S. 1983, SLUB
  15. Adressbuch Dresden 1911, S. 2012, SLUB
  16. Adressbuch Dresden 1913, S. 1228, SLUB
  17. Adressbuch Dresden 1914, S. 1220, SLUB
  18. Adressbuch Dresden 1919, S. 949, SLUB
  19. Adressbuch Dresden 1921, S. 982, SLUB
  20. Adressbuch Dresden 1922/23, S. 1106, SLUB
  21. Adressbuch Dresden 1926/27, S. 969, SLUB
  22. Adressbuch Dresden 1927/28, S. 1010, SLUB
  23. Johannisfriedhof auf www.dresdner-stadtteile.de (Archivversion)

[Bearbeiten] Weblinks

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