Königlich Sächsische Staatseisenbahnen
Die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen waren die Staatseisenbahnen des Königreiches Sachsen von 1869 bis 1918. Nach der Abdankung des sächsischen Königs existierte die staatliche Länderbahn bis 1920 als Sächsische Staatseisenbahnen.
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Anfangs favorisierte der sächsische Staat die Finanzierung und den Betrieb des neuen Transportmittels Eisenbahn über private Eisenbahngesellschaften, die aber auch vom Staat unterstützt wurden. So wurde am 7. April 1839 die Leipzig-Dresdner-Eisenbahn (LDE) auf der Gesamtstrecke feierlich in Betrieb genommen. Das sächsische Königreich stattete diese „Eisenbahn-Compagnie“ 1835 mit einer halben Million Taler unverzinslicher Kassenscheine aus. Auch für weitere Eisenbahnstrecken wurden private Eisenbahngesellschaften gegründet, u. a.:
- 1837: die „Chemnitz-Riesaer Eisenbahn-Gesellschaft“,
- 1841: die „Sächsisch-Baierische Eisenbahn-Compagnie“,
- 1843: die „Sächsisch-Schlesische Eisenbahn-Gesellschaft“,
- 1845: die „Löbau-Zittauer Eisenbahn-Gesellschaft“ und
- 1853: die „Albertsbahn-Aktiengesellschaft“.
Am 1. August 1848 erfolgte die Betriebseröffnung auf der ersten rein auf staatlichen Kosten gebauten Strecke von Sachsen nach Böhmen und des Böhmischen Bahnhofs. Zum gleichen Zeitpunkt wurde die Königliche Direktion der Sächsisch-Böhmischen Staatseisenbahn gegründet. Bereits vorher, am 1. April 1847, übernahm das sächsische Königreich die in finanzielle Schwierigkeiten gekommene Eisenbahn nach Bayern und gründete die Königliche Direktion der Sächsisch-Bayrischen Eisenbahn, womit ab 1848 zwei unabhängige staatliche Eisenbahndirektionen entstanden. Nach der Übernahme der Chemnitz-Riesaer Bahn wegen gleichsamer finanzieller Schwierigkeiten wurde am 31. Dezember 1850 die dritte königliche Eisenbahndirektion gegründet.
Nachdem 1852 auch der Betrieb auf der Eisenbahnstrecke nach Görlitz an den sächsischen Staat ging, wurde die Direktion der Sächsisch-Böhmischen Eisenbahn in „Königlich Sächsische Staats-Eisenbahn-Direktion zu Dresden“ umbenannt, die 1858 in die „Königliche Direktion der östlichen Staatseisenbahnen“ umbenannt wurde. Gleichzeitig wurde in jenem Jahr aus den anderen beiden staatlichen Strecken (Leipzig–Hof und Riesa–Chemnitz) die „Königliche Direktion der westlichen Staatseisenbahnen“ mit Sitz in Chemnitz gebildet. Zu diesem Zeitpunkt gab es – außer über die nach wie vor private Leipzig-Dresdner-Eisenbahn – keine Verbindung zwischen beiden staatlichen Eisenbahnnetzen, da die Albertbahn, die erst 1868 vom sächsischen Staat übernommen wurde, noch nicht über Tharandt hinaus nach Chemnitz führte. Nachdem diese Verbindung 1869 zustande kam, wurde am 1. Juli 1869 die Königliche Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen gegründet.
[Bearbeiten] Geschichte
Ab 1869 bezeichnete man das nun zusammenhängende staatliche Eisenbahnnetz im Königreich Sachsen als „Königlich Sächsische Staatseisenbahnen“.[1] Die Staatseisenbahnen waren in Sachsen direkt dem königlichen Finanzministerium unterstellt.
Nach der Gründung der sächsischen Staatseisenbahnen sowie bereits nach dem Ende des Preußisch-Österreichischen Krieges 1866, als das Militär die Eisenbahn als schnelles Transportmittel entdeckte, kam es zu einer sprunghaften Entwicklung des sächsischen Eisenbahnnetzes, dass im Laufe der Zeit das dichteste Netz in Europa wurde. Folgende Strecken – geordnet nach sächsischen Streckennummern – über fünf Kilometer im Großraum Dresden gingen in Betrieb:
- 92: Dresden-Friedrichstadt–Elsterwerda: 17. Juni 1875: 51,93 km
- 94: Pirna–Berggießübel: 19. Juli 1880: 14,93 km
- 95: Pirna–Großcotta: 21. März 1894: 6,54 km
- 97: Klotzsche–Königsbrück: 17. Oktober 1884: 19,46 km
- 98: Kamenz–Arnsdorf: 1. Oktober 1871: 24,81 km
- 98: Arnsdorf–Pirna: 15. Oktober 1875: 20,85 km
- 101: Neustadt i.Sa.–Dürröhrsdorf: 1. Juli 1877: 16,06 km
- 101: Dürröhrsdorf–Weißig-Bühlau: 1. Juli 1908: 14,69 km
- 105: Neustadt i.Sa.–Schandau: 1. Juli 1877: 27,96 km
- 105: Bautzen–Neustadt i.Sa.: 1. September 1877: 36,22 km
- 123: Hainsberg–Schmiedeberg: 1. November 1882: 21,10 km
- 125: Potschappel–Wilsdruff: 1. Oktober 1886: 10,90 km
- 125: Wilsdruff–Nossen: 1. Februar 1899: 27,89 km
- 126: Wilsdruff–Meißen–Triebischtal: 1. Oktober 1909: 20,55 km
- 131: Radebeul Ost–Radeburg: 16. September 1884: 16,49 km
- 132: Mügeln b. Pirna–Geising–Altenberg: 18. November 1890: 36,10 km
- 133: Kohlmühle–Hohnstein i.Sa., 1. Mai 1897: 12,13 km
Meilensteine der Entwicklung im Dresdner Raum sowie für Dresden von Bedeutung waren außerdem:
- 1876: Übernahme fast aller noch vorhandenen Privatbahnen durch den sächsischen Staat, u. a. der LDE,
- 16. Juli 1881: Baubeginn der zweiten sächsischen Schmalspurbahn von Hainsberg nach Kipsdorf,
- 1892–1902: Umfassender Umbau der Dresdner Bahnanlagen, u. a. mit dem Bau des Hauptbahnhofes, des Neustädter Bahnhofs und des Bahnhofs Wettiner Straße, der niveaufreien Trennung von Bahn und Straße durch Bau einer Hochbahn, der Erweiterung der Marienbrücke und dem Bau des Rangierbahnhofs Friedrichstadt,
- 1910: Umbau des Chemnitzer Hauptbahnhofs,
- 1913: Einführung der ersten firmeneigenen Buslinien durch die Königlich Sächsische Staatseisenbahnen,
- 1913–1915: Bau des Leipziger Hauptbahnhofs.
Als 1918 der letzte sächsische König Friedrich August III. abdanken musste, hörten damit auch die „Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen“ auf zu existieren. Bis 1920 entfiel der Begriff „Königlich“, sodass in diesem Zeitraum der Begriff „Sächsische Staatseisenbahnen“ verwendet wurde. Am 31. März 1920 schloss die sächsische Regierung mit der Reichsregierung der neuen Weimarer Republik einen Staatsvertrag zur Überführung der sächsischen Staatsbahnen ab. Damit hörte die sächsische Länderbahn auf zu existieren.
[Bearbeiten] Trivia
Bereits nach dem Deutsch-Französischen Krieg und der Gründung des Deutschen Kaiserreiches am 18. Januar 1871 wurde für alle deutsche Eisenbahnen ein einheitliches Betriebsreglement erlassen und für die rechtlich noch bis 1920 selbständigen Länderbahnen erstmals der Begriff „Deutsche Reichseisenbahnen“ verwendet.
Ab dem 1. April 1920 wurden die verschiedenen deutschen staatlichen Länderbahnen als „Reichseisenbahnen“ zusammengefasst; die Gründung der „Deutschen Reichsbahn“ wurde im Erlass der Reichsregierung vom 12. Februar 1924 beschlossen. Mit dem Gesetz vom 30. August 1924 wurde die „Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft“ für den Betrieb der Reichseisenbahnen gegründet. Für das Land Sachsen entstand hauptsächlich die Reichsbahndirektion Dresden, die am 6. Juli 1922 gebildet wurde. Über DDR-Zeit und politische Wende hinaus existierte sie bis zum 31. Dezember 1993. Danach schlossen sich die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Bundesbahn zu den Deutschen Bahnen (DB) zusammen.
[Bearbeiten] Generaldirektoren/Präsidenten (ab 6. Juli 1922 der Reichsbahndirektion Dresden)
- 1. Juli 1869 bis 31. März 1887: Otto Julius von Tschirschky-Boegendorff
- 1. April 1887 bis 31. Dezember 1898: Ewald Alexander Hoffmann
- 1. Januar 1899 bis 30. September 1910: Hans Friedrich Karl von Kirchbach
- 1. Oktober 1910 bis 31. März 1919: Richard Ulbricht
- 1. April 1919 bis 15. Oktober 1925: Richard Kurt Mettig
Siehe auch:
[Bearbeiten] Weitere Abteilungsdirektoren
Karl Hermann Andrae | Karl Hermann von Craushaar | Karl Dannenfelßer | Ernst Georg Friedrich | Alfred Karl Julius Ernst Gasterstädt | Anton Hallbauer | Alfred Holekamp | Richard Kluge | Georg Ferdinand von Koppenfels | Kurt Mettig | Maximilian Ludwig Otto Neumann | Edmund Nobe | Franz Nowotny | Alexander Freiherr von Oer | Walter Oschwald | Alwin Robert Otto | Otto Edler von der Planitz | Karl Pokorny | Erich Eduard Poppe | Gustav Heinrich Rachel | Kurt Ludwig Rother | Albert von Schönberg | Carl Ernst Zieger
[Bearbeiten] Weitere Beamte
Kurt Freiherr von Brandenstein | Hans von Brescius | Hermann Domsch | Karl Georg Fochtmann | Philipp Hallbauer | Ewald von Kirchbach | Karl Friedrich Kluge | Karl Theodor Kunz | Georg Karl Franz Benno Larraß | Gustav Walther Ledig | Bernhard Franz Mettig | Horst Nobe | Friedrich O'Byrn | Hanns Reinige | Fedor Scherffig | Robert Wilke
[Bearbeiten] Bahnhöfe
Ostseite des Dresdner Hauptbahnhofs, Richtung Strehlen
Königliches Fürstenzimmer im Dresdner Hauptbahnhof
Dresdner Bahnhof in Leipzig
[Bearbeiten] Betriebsmittel
Ein Großteil der sächsischen Lokomotiven wurden in der Maschinenfabrik „Richard Hartmann“ in Chemnitz erbaut.
typischer, 1912 erbauter Windbergwagen C Sa 12 der Windbergbahn
5-Tonnen-Kohlewagen der Hänichener Kohlezweigbahn, 1898 übernommen von der Staatsbahn
Sächsischer Museumszug, Aufnahme von 1968, Traditionsbahn Radebeul e. V.
[Bearbeiten] Quellen
- Victor von Röll: Sächsische Eisenbahnen. In: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. Band 8, Berlin, Wien 1917, S. 287-294
- Erich und Reiner Preuß: Sächsische Staatseisenbahnen. Transpress Motorbuch Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-344-70700-0
- Helga Kuhne: Deutsche Eisenbahndirektionen, Eisenbahndirektion Dresden 1869-1993. VBN Verlag B. Neddermeyer, 2010, ISBN 978-3-941712-05-8
[Bearbeiten] Anmerkung
- ↑ Aufgrund der Historie nutzte man für die Zusammenfassung der Bahnen den Plural, sodass bei einer übergeordneten Nennung der staatlichen Eisenbahngesellschaft für Sachsen die Betonung auf „Staatseisenbahnen“ liegt.