Hans Friedrich Karl von Kirchbach
Hans Friedrich Karl von Kirchbach, auch Hans Carl Friedrich von Kirchbach auf Lauterbach (* 22. Juli 1847 in Auerbach im Vogtland; † 15. Januar 1929 in Dresden) war ein sächsischer Jurist, Abgeordneter und Beamter, zuletzt als Generaldirektor der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen im Rang und mit Titel eines Geheimen Rates.
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[Bearbeiten] Familie
Karl von Kirchbach entstammte der am 27. Juli 1663 in den rittermäßigen Reichsadelstand erhobenen Famile Kirchbach auf Lauterbach, für Jonas Kirchbach (1608–1683) und seine Schwester Veronika verw. Beyerin. Die Familie stammt ursprünglich aus Kirchbach bei Oederan im Erzgebirge und ist 1472 Paul Kirchbach in Roßwein und Döbeln nachweisbar. Eine weitere Adelsbestätigung erfolgte am 20. April 1682 für den kursächsischen Offizier Gottfried Kirchbach. Viele Vertreter der Familie hatten hohe Hof- und Beamtenpositionen inne bzw. schlugen Militärlaufbahnen ein, die es teilweise bis zum General brachten.
Von Kirchbach entstammte dem 2. Ast der II. Linie der Familie Kirchbach mit dem Stammvater Hans Gustav von Kirchbach auf Lauterbach (1744–1802), kursächsischer Generalmajor und Kommandeur der Garde du Korps. Karl von Kirchbach war der Sohn des königlich-sächsischen Kammerherrn, Oberlandforstmeisters und Geheimen Finanzrates, Hans August Karl von Kirchbach auf Lauterbach (* 29. Januar 1799; † 4. Februar 1893 in Dresden) und dessen 1846 geheirateter zweiter Ehefrau Josephine Ferdinande von Bodenhausen (* 12. Juli 1825 in Pöhl im Vogtland; † 1. Oktober 1898 in Dresden), Tochter des Erb-, Lehn und Gerichtsherrn auf Brandis und Pöhl, Hans Burghard von Bodenhausen (1795–1845) und dessen Ehefrau Johanna Charlotte geb. Casten (1797–1827).[1] Von Kirchbach hatte noch zwei Geschwister:
- Rudolf Bodo Hans von Kirchbach (1849–1928), königlich-sächsischer Offizier und Generaladjutant des Königs Friedrich August III., zuletzt im Rang eines Generalobersts. Dessen Sohn Hans-Karl von Kirchbach (1874–1946) hatte zuletzt den Dienstrang eines Obersts und starb nach dem Zweiten Weltkrieg im sowjetischen Zentralgefängnis in Dresden.
- Johanna Charlotte Elisabeth von Kirchbach (1854–1946). Sie heiratete den Herrn auf Dorfstadt (bei Falkenstein/ Sachsen) und Domherren von Meißen, Konrad Freiherr von Trützschler zum Falkenstein (1830–1907).
Aus der 1832 geschlossenen, zweiten Ehe seines Vaters mit Mathilde Wilhelmine von Sprenger (1813–1839) hatte von Kirchbach noch zwei weitere Halbgeschwister:
- Hanns Karl Hugo von Kirchbach (1833–1914), königlich-sächsischer Amtshauptmann, Geheimer Rat. Dessen ältester Sohn Hanns Karl Adolf Max von Kirchbach (1870–1933) war königlich-sächsischer Major, dessen zweiter Sohn Hanns Moritz Hugo Ewald von Kirchbach (1871–1953) war königlich-sächsischer Finanzrat bei der Generaldirektion der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, zuletzt Oberregierungsrat.[2]
- Hans Kurt Eugen von Kirchbach (1835–1911), ebenfalls königlich-sächsischer Offizier, zuletzt im Rang eines Generals der Kavallerie.
Karl von Kirchbach heiratete am 20. Mai 1882 Agnes Henriette geb. von Tschirschky und Boegendorff (* 31. Januar 1856 in Dresden; † 1938 ebenda), Tochter des königlich-sächsischen Generalleutnants Adolf von Tschirschky und Bögendorff (1828–1893) und dessen erster Ehefrau Helene Luise Wilhelmine geb. von Heynitz 1832–1862). Agnes von Tschirschky und Boegendorff war gleichzeitig eine Nichte des ersten Generaldirektors der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen, Otto von Tschirschky und Boegendorff (1818–1903). Karl und Agnes von Kirchbach hatten zwei Söhne:
- Arndt Friedrich Hans von Kirchbach (* 30. Januar 1885 in Dresden; † 28. Februar 1963 in Goslar), anfangs königlich-sächsischer Offizier bis zum Rang eines Majors. Später Theologe, Pfarrer an der Sophienkirche, Dresdner Domprediger sowie Superintendent in Freiberg. Er heiratete in erster Ehe Amalia Barbara Sibylla geb. Edle von der Planitz (1882–1919). In zweiter Ehe war er mit Esther Gräfin zu Münster (1894–1946), die Tochter des königlich-sächsischen Kriegsministers Adolph von Carlowitz (1858–1928) verheiratet.
- Erich Georg Hans von Kirchbach (* 14. April 1886 in Dresden; † 2. Oktober 1944 in St. Die), anfangs königlich-sächsischer Offizier, zuletzt Generalmajor der Wehrmacht.[3] Er heiratete Berta geb. von Broizem (* 1891), eine Tochter des königlich-sächsischen Generals der Kavallerie Georg Hermann von Broizem (1850–1918).
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Von Kirchbach erhielt zuerst im elterlichen Haus, später im Pfarrhaus in Kötzschenbroda die Vorbereitung auf seine höhere Schulbildung. Ostern 1861 wurde er an die Fürstenschule St. Afra in Meißen aufgenommen, die er Ostern 1867 mit dem Reifezeugnis abschloss.
Anschließend ging von Kirchbach nach Leipzig, um an der dortigen Universität Rechtswissenschaften zu studieren. Bereits ab Michaelis 1867 leistete er als Einjährig-Freiwilliger seinen Wehrdienst bei der sächsischen Armee, bevor er 1868 sein Studium fortsetzte. 1870, mit dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges unterbrach von Kirchbach erneut sein Studium und nahm mit seiner Einheit am Frankreichfeldzug teil. Noch während des Krieges 1870/71 wurde er zum Reserveoffizier ernannt, später im Rang eines Hauptmanns der Landwehr. Ein Jahr später, im Juli 1872 bestand von Kirchbach das juristische Staatsexamen.
Am 15. September 1872 trat von Kirchbach als Akzessist in das königliche Gerichtsamt zu Pirna ein. Mit Wirkung vom 15. Mai 1873 wurde er an das königliche Bezirksgericht nach Chemnitz versetzt, wo er seine erste Anstellung als Hilfsreferendar erhielt. Im Chemnitzer Adressbuch von 1874 ist er noch als Bezirksgerichtsreferendar verzeichnet. Er wohnte in Chemnitz am dortigen Neustädter Markt 18.[4] Ebenfalls als Hilfsreferendar wurde von Kirchbach bereits zwei Monate nach seiner Amtseinführung in Chemnitz zur Generaldirektion der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen nach Dresden abkommandiert. Als solcher ist er erstmals 1874 im Dresdner Adressbuch verzeichnet, zu dieser Zeit noch in der Reitbahnstraße 6 wohnend.[5]
Am 1. Juli 1874 wurde von Kirchbach zum Direktionssekretär bei der Generaldirektion befördert. Ende des Jahres zog er in die Reitbahnstraße 10.[6] Danach durchlief er fast alle Dienstzweige der Direktion. 1876 wurde er Assessor in der königlichen Generaldirektion,[7] ab dem Folgejahr Finanzassessor und Hilfsarbeiter in der Direktion.[8]
Am 1. August 1880 wurde von Kirchbach zum Mitglied der Generaldirektion im Rang eines königlich-sächsischen Finanzrats ernannt. Im gleichen Jahr zog er in die Ammonstraße 83,[9] 1882 in die Wielandstraße 6,[10] 1885 zurück in die Reitbahnstraße 10.[11]
Am 1. April 1887 wurde von Kirchbach an das königliche Finanzministerium, dem die Staatseisenbahnen unterstellt waren, berufen. 1888 erhielt er den Rang eines königlich-sächsischen Oberfinanzrates.[12] Im Ministerium gehörte er ab 1891 der III. Abteilung des Ministeriums als vortragender Rat im Rang und mit Titel eines Geheimen Finanzrates an. Am 1. April 1892 zog er in die Kaitzer Straße 14,[13] vier Jahre später, am 1. April 1896 in die Reichsstraße 8,[14] wiederum zwei Jahre danach, am 1. April 1898 in die Carolastraße 16,[15] einem Haus des Staatsfiskus.
Am 1. Oktober 1898 wurde von Kirchbach zum Stellvertreter des Generaldirektors der sächsischen Staatseisenbahnen, seines Amtsvorgängers Ewald Alexander Hoffmann ernannt. Bereits drei Monate später, mit Wirkung vom 1. Januar 1899 wurde von Kirchbach zum Generaldirektor der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen im Rang eines Geheimen Rates ernannt. 1902 zog er an den Wiener Platz 4,[16] einem Gebäude des königlichen Finanzministeriums.
Von Kirchbach reformierte in seiner Amtszeit gleich zweimal die Struktur der Königlichen Generaldirektion. War diese vorher noch in Abteilungen, Verwaltungen und Inspektionen unterteilt, wurde die Direktion ab 1899 in Abteilungen, Technische Büros und Verwaltungsstellen untergliedert. In der 1909 erfolgten zweiten Umstrukturierung wurden nun Bezeichnungen wie Direktion und Amt gebräuchlich. Die oberste Position der Behörde, seine eigene Funktion, wurde umbenannt in Präsident der Königlichen Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen. Ihm unterstanden im Jahre 1910:
- 6 Betriebsdirektionen (Chemnitz, Dresden-Altstadt, Dresden-Neustadt, Leipzig I, Leipzig II und Zwickau), verantwortlich für Stationen und Güterabfertigungen, Bauämter, Bahnmeistereien und Holztränkstellen,
- 5 Maschinenämter (Chemnitz, Dresden-Altstadt, Dresden-Neustadt, Leipzig-Ost und Zwickau) zur Überwachung der Heizhäuser,
- 4 Werkstättenämter zur Überwachung der Haupt- und Nebenwerkstätten,
- 3 Elektrotechnische Ämter, zuständig für die Einrichtung, Beaufsichtigung und Unterhaltung der Telegrafen-, Fernsprech-, Signal- und Sicherungsanlagen sowie der elektrischen Beleuchtungs- und Kraftanlagen,
- 22 Neubauämter, zuständig für die unmittelbare Leitung von Neubauten.
Wie bereits unter seinen Vorgängern erreichte das Sächsische Eisenbahnnetz unter Karl von Kirchbach bis 1910 eine weitere beträchtliche Ausdehnung. Die Betriebslänge stieg auf 3326 Kilometer. Die Staatseisenbahnen hatten über 1500 Lokomotiven im Bestand und beförderten 1910 über 100 Millionen Personen und über 35 Millionen Gütertonnen. Die Bedingungen für Baukantinen bei Staatseisenbahnbauten, 1901 von Karl von Kirchbach erlassen, sind eine der Bestimmungen, die der Nachwelt überliefert sind.
In die Amtszeit von Kirchbach fielen auch viele Bahnhofsum- und -neubauten inklusive der damit verbundenen Streckenanpassungen, so auch der Abschluss der Umgestaltung des Dresdner Eisenbahnnetzes nach der 1898 erfolgten Eröffnung des Dresdner Hauptbahnhofs, der Bau des Neustädter Bahnhofs und die Grundsteinlegung des neuen Leipziger Hauptbahnhofs.
1909 wurde das Amt des Generaldirektors in das eines Präsidenten umbenannt, so dass ab jenem Jahr von Kirchbach als Präsident der sächsischen Staatseisenbahnen fungierte.[17]
Mit Wirkung vom 30. September 1910 schied von Kirchbach aus der Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen aus und ging in den folgenden Jahren in die Politik. Sein Nachfolger im Amt des Präsidenten der Generaldirektion war ab dem 1. Oktober 1910 der bisherige Professor an der Technischen Hochschule, Richard Ulbricht. Von 1911 bis 1918 war Kirchbach als Vertreter des Hochstifts Meißen Abgeordneter der 1. Kammer des Sächsischen Landtags im Zeitraum vom 34. bis zum 37. ordentlichen Landtag.[18] Außerdem wurde von Kirchbach zum Domdechent zu Meißen ernannt.
Nach dem Ableben seines Halbbruders Hugo von Kirchbach (1833–1914) war Karl ab 1915 außerdem 1. Vorsitzender des Kirchbachschen Familienverbandes. Den Vorstand legte er 1928, wenige Monate vor seinem Tode, nieder. Zuletzt wohnte Karl von Kirchbach in der Dippoldiswaldaer Gasse 10.[19]
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 1870/71: Königlich-sächsische silberne St.-Heinrichs-Medaille
- 1870/1871: Eisernes Kreuz 2. Klasse
- 1883: Königlich-preußischer Kronenorden 3. Klasse
- 1890: Königlich-preußischer Kronenorden 2. Klasse
- 1892: Königlich-bayrischer Verdienstorden vom Heiligen Michael 2. Klasse
- 1893: Ritterkreuz 1. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
- 1894: Königlich-sächsische Landwehrdienstauszeichnung 2. Klasse
- 1897: Komturkreuz 2. Klasse des königlich-sächsischen Albrechtsordens
- 1900: Komturkreuz 2. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
- 1901: Komturkreuz mit dem Stern des kaiserlich-österreichischen Franz-Josephs-Ordens
- 1901: Komturkreuz 1. Klasse des Sachsen-Ernestinischen Hausordens
- 1902: Komturkreuz 1. Klasse des herzoglich-Sachsen-Weimarischen Ordens des Weißen Falken
- 1902: Großoffizierskreuz mit Stern des kaiserlich-persischen Löwen- und Sonnenordens
- 1902: Stern zum königlich-bayrischen Verdienstordens vom Heiligen Michael 2. Klasse
- 1903: Herzoglich-Sachsen-Altenburgische Erinnerungsmedaille zum 50-jährigen Regierungsjubiläum
- 1905: Komturkreuz 1. Klasse des königlich-sächsischen Albrechtsordens
- 1910: Komturkreuz 1. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
[Bearbeiten] Quellen
- Justus Perthes: Gothaisches genealogisches Taschenbuch der briefadeligen Häuser, 1918. Zwölfter Jahrgang, Digitalisat der Universität Düsseldorf, S. 536ff.
- Kalender für den Sächsischen Staatsbeamten, 1902, Verlag Wilhelm Baensch, Dresden 1901, S. 8
- Deutsche Eisenbahndirektionen, Eisenbahndirektion Dresden 1869–1993, Helga Kuhne, VBN Verlag B. Neddermeyer, 2010, ISBN 978-3-941712-05-8.
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ FamilySearch-Stammbaum auf MyHeritage, Anmeldung erforderlich
- ↑ Vorsitzende des Kichbachschen Familienverbandes in: Familiengeschichte auf www.vonkirchbach.de
- ↑ Datensatz auf www.geocities.ws
- ↑ Adressbuch Chemnitz 1874, SLUB, S. 184
- ↑ Adressbuch Dresden 1874, SLUB, S. 183
- ↑ Adressbuch Dresden 1875, SLUB, S. 189
- ↑ Adressbuch Dresden 1877, SLUB, S. 200
- ↑ Adressbuch Dresden 1878, SLUB, S. 213
- ↑ Adressbuch Dresden 1881, SLUB, S. 235
- ↑ Adressbuch Dresden 1883, SLUB, S. 215
- ↑ Adressbuch Dresden 1886, SLUB, S. 259
- ↑ Adressbuch Dresden 1889, SLUB, S. 297
- ↑ Adressbuch Dresden 1892, SLUB, S. 346
- ↑ Adressbuch Dresden 1896, SLUB, S. 423
- ↑ Adressbuch Dresden 1899, SLUB, S. 396
- ↑ Adressbuch Dresden 1903, SLUB, S. 456
- ↑ Adressbuch Dresden 1910, SLUB, S. 541
- ↑ Josef Matzerath: Aspekte sächsischer Landtagsgeschichte – Präsidenten und Abgeordnete von 1833 bis 1952. Dresden 2001, S. 44.
- ↑ Adressbuch Dresden 1929, SLUB, S. 487
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Karl von Kirchbach“
- Liste der Generaldirektoren und Präsidenten der (Königlichen) Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen und der Reichsbahndirektion Dresden
- Personenangaben aus GeneAll.net
- Sachsenschiene, Bedingungen für Baukantinen bei Staatseisenbahnbauten, unter Archiv/Historisches/1901
- Historische Protokolle des Sächsischen Landtages
- Stockfoto von Karl von Kirchbach auf www.alamy.de