Leipzig-Dresdner Eisenbahn
Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn, kurz LDE, zuerst gegründet als "Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie" war eine private Eisenbahngesellschaft und die erste Fernbahnlinie (über 100 km) in Deutschland. Sie bestand als Eisenbahnunternehmen (inklusive der Bauphase) von 1835 bis 1876. Danach bezeichnete man den Streckenabschnitt der Kursbuchstrecke (KBS) von Leipzig nach Dresden in der Presse und im Volksmund auch weiterhin als Leipzig-Dresdner Eisenbahn. Bis heute haben sich Zeugnisse aus der Privatbahnzeit, u.a. Kilometersteine mit dem Kürzel "LDE", an verschiedenen Stellen der Strecke erhalten. Die Strecke begann im Dresdner Bahnhof in Leipzig, auf dessen Areal später die Gleisanlagen des neuen Leipziger Hauptbahnhofs entstanden, und endete im Leipziger Bahnhof in Dresden, der nach den Umbau der Dresdner Bahnanlagen nur noch als Güterabfertigung für den Neustädter Bahnhof diente.
Für die damalige Zeit stellte die Eisenbahnverbindung eine gewaltige ingenieurtechnische Leistung dar und brachte innerhalb weniger Jahre den Beweis, dass selbst schwieriges Gelände mit großen Höhenunterschieden bewältigt werden und die Betriebsabläufe auf einer Ferneisenbahn rentabel gestaltet werden können.
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Erste Bestrebungen einer Eisenbahnverbindung zwischen der sächsischen Residenz Dresden und der Messestadt Leipzig existierten bereits vor 1830 von dem Leipziger Kramermeister Carl Gottlieb Tenner, dessen Idee später Friedrich List (1789–1846) adoptiert wurde.
Vor der Eröffnung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn als Gesamtstrecke wurden in Deutschland folgende Eisenbahnen in Betrieb genommen:
- 7. Dezember 1835: Nürnberg – Fürth („Bayerische Ludwigsbahn“ - erste Eisenbahnlinie in Deutschland, diente vorwiegend dem Personenverkehr), 6,0 km Länge
- 29. Oktober 1838: Berlin – Potsdam, erste Eisenbahnstrecke Preußens, 26,1 km Länge, Teil der Eisenbahnlinie Berlin – Magdeburg
- 1. Dezember 1838: Braunschweig – Wolfenbüttel, Herzoglich-Braunschweigische Eisenbahn, erste staatliche Eisenbahn Deutschlands, 11,9 km Länge
- Dezember 1838: Düsseldorf – Erkrath, 8,0 km Länge, als Teil der Eisenbahnlinie Düsseldorf – Elberfeld (heute Wuppertal).
[Bearbeiten] Geschichte der Leipzig-Dresdner Eisenbahn
Einweihung der Muldenbrücke 1838
Die fertigstellten großen Kunstbauten der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie bis 1841
[Bearbeiten] Von der Planung bis zur Eröffnung der Gesamtstrecke
- 1833: Anregung zu einer Eisenbahnverbindung durch Friedrich List in seinem Buch „Ueber ein sächsisches Eisenbahn-System als Grundlage eines allgemeinen deutschen Eisenbahn-Systems und insbesondere über die Anlegung einer Eisenbahn von Leipzig nach Dresden“, Leipzig, Verlag A.G. Liebeskind, 1833
- 3. April 1834: 1. Sitzung des Leipziger Eisenbahnkommitees
- 6. Mai 1835: Ministerialdekret über die Genehmigung des Baus der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, der Statuten und die Aktienzeichnung
- 5. Juni 1835: konstituierende Generalversammlung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie mit 217 Aktionären im Gewandhaussaal am Leipziger Neumarkt
- 15. Juni 1835: Wahl des fünfköpfigen Direktoriums der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie mit den Direktoren: Gustav Harkort (Vorsitzender), Dr. Wilhelm Crusius (Stellvertretender Vorsitzender), Albert Dufour-Feronce, Gustav Ludwig Preußer und Dr. Robert Vollsack
- 13. Oktober 1835: Eintreffen der englischen Ingenieure Sir James Walker und seines Assistenten Hawkshaw in Leipzig, Prüfung der beiden vorgelegten Routen über Strehla und Lommatzsch/ Meißen
- 22. Oktober 1835: Entscheidung des Baus der nördlichen Trasse, wobei der Elbübergang von Walker von Strehla nach Riesa verlegt wurde
- 1. November 1835: Dienstantritt des Oberingenieurs der LDE, Karl Theodor Kunz (1791–1863)
- 1. März 1836: Beginn der Erdarbeiten an der Trasse, Beginn des Baus der Elbbrücke bei Riesa
- Februar 1837: Eröffnung des Werkplatzes Oberau: Bau des ersten deutschen Eisenbahntunnels am Oberauer Berg, zeitweise mit knapp 700 Berg- und Förderleute
- 28. März 1837: Erste Probefahrt mit der aus England stammenden Lokomotive „Komet“ bei Machern
- 24. April 1837: Erste Eröffnungsfahrt auf der Teilstrecke Leipzig – Althen
- Mai 1837: Eröffnung des Werkplatzes Dresden
- Juni 1837: Eröffnung der Werkplätze Coswig und Trachau
- 19. Juli 1838: Eröffnung des Vorortverkehrs auf der Strecke Dresden – Radebeul-Weintraube
- 16. September: Eröffnung des Teilstückes Weintraube über Coswig bis zum Bahnhof Oberau vor dem damals sich im Bau befindlichen Oberauer Tunnel
- 7. April 1839: Feierliche Eröffnung der ersten deutschen Fernbahn zwischen Leipzig und Dresden mit dem ersten Sonderzug und der ersten in Deutschland gebauten Dampflokomotive Saxonia (die allerdings dem Eröffnungszug nur hinterher fahren durfte).
- 8. April 1839: Weitere Eröffnungszüge auf der Strecke Leipzig – Dresden und Dresden - Leipzig
- 9. April 1839: Eröffnung des öffentlichen Personen- und Güterverkehrs auf der LDE
An der Vermessung der Leipzig-Dresdner Eisenbahn hatte der Dresdner Ingenieur und Eisenbahnpionier Gustav Heinrich Rachel (1815–1886), später königlich-sächsischer Baurat, zuletzt als Direktionsrat und Geheimer Finanzrat Mitglied der Generaldirektion der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen maßgeblichen Anteil.
[Bearbeiten] Die Privatbahn- und Länderbahnzeit
- 1864: 25-Jahr-Feier auf und an der Strecke mit einer Denkschrift des LDE-Direktoriums
- März 1876: Beschluss der Generalversammlung der LDE über den Verkauf der Eisenbahn an den sächsischen Staat.
- 1. Juli 1876: Die LDE geht mit Betrieb und Verwaltung an die Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen über.
- 1878: Errichtung eines Obelisken aus Porphytuff am Dresdner Bahnhof in Leipzig auf eigene Kosten durch den Leipziger Bankier Wilhelm Theodor Seyfferth (1807–1881) mit der Inschrift „Erste große Verkehrsbahn Deutschlands. Erste Lokomotivbahn Sachsens. Wurde angeregt 1833 durch Friedrich List. Ins Leben gerufen durch Bürger Leipzigs.“
- 1892–1902: Neubau der Bahnanlagen in Dresden
- 1. März 1901: Schließung des Leipziger Bahnhofs in Dresden für den Personenverkehr, Einbindung der LDE in die neue Dresdner „Hoch- und Stadtbahn“, gleichzeitige Eröffnung des Bahnhofs Dresden-Neustadt
- 1902: Beginn der Bauarbeiten des neuen Leipziger Hauptbahnhofes
- 4. Dezember 1915 Inbetriebnahme des sächsischen Teils des Leipziger Hauptbahnhofs, der zusammen mit dem preußischen Teil der seinerzeit größte Kopfbahnhof Europas war.
Der Leipziger Bahnhof in Dresden
Der Leipziger Bahnhof in einer colorierten Radierung von J.C.A. Richter um 1850
Lage des Leipziger Bahnhofs im Stadtplan von Dresden 1852, direkt neben dem Schlesischen Bahnhof in der Dresdner Neustadt
Der Leipziger Bahnhof 1861 mit den Verbindungsgleisen zur Marienbrücke im Vordergrund
Der Dresdner Bahnhof in Leipzig vor dem Umbau der dortigen Bahnanlagen
[Bearbeiten] Die Deutsche Reichsbahn auf der LDE
- 1. April 1920: Übernahme der Strecke durch die neu gegründete Deutsche Reichsbahn
- 1. Juli 1933: Beginn der Abbrucharbeiten am Oberauer Tunnel. Die Bauarbeiten dauerten bis Juli 1934. Ein Denkmal aus dem Material des alten Tunnels erinnert am Kilometer 93,2 der Bahn auf der Krone des neuen Einschnittes an den ehemaligen Tunnel.
- ab Sommer 1945: Abbau des zweiten Streckengleises nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationsleistung an die Sowjetunion
- ab Frühjahr 1946: Rückbau der viergleisigen Strecke zwischen Coswig und dem Bahnhof Dresden-Neustadt auf eine eingleisige Strecke als Reparationsleistung an die Sowjetunion
- 1964: Wiederaufbau eines zweiten Streckengleises zwischen dem Neustädter Bahnhof und Radebeul-Ost
- bis 1967: durchgehender Wiederaufbau des 2. Streckengleises auf der gesamten Bahnlinie von Dresden nach Leipzig
- 25. September 1969: Beginn des elektrischen Zugbetriebes auf dem Teilstück der Strecke von Leipzig bis Wurzen
- 28. September 1969: Eröffnung des elektrischen Zugverkehrs zwischen Dresden-Neustadt und Riesa
- 31. Mai 1970: Beginn des durchgehenden elektrischen Zugbetriebes auf der LDE
- 1988/ 89: Bahnhofsfeste zum 150. Jubiläum in den Bahnhöfen Radebeul, Niederau und Oschatz
- 8./ 9. April 1989: Große Fahrzeug- und Zugparade bei Riesa zu „150 Jahre erste deutsche Ferneisenbahn Leipzig – Dresden“. (Dazu wurde die Teilstrecke bei Riesa komplett für den planmäßigen Verkehr gesperrt!). Größte Fahrzeugparade der Deutschen Reichsbahn der DDR mit dem Nachbau der Saxonia, der ersten deutschen Dampflok und 320.000 Besuchern.
[Bearbeiten] Die LDE nach der politischen Wende in der DDR
- 9. April 1991: Aufnahme der Strecke als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 9 (VDE 9) durch Beschluss des Bundeskabinetts. Nach mehrmaligen Verzögerungen, Änderungen in der Planung, Streichung der ursprünglichen Konzeption (Bau einer Neubaustrecke) soll dieses Verkehrsprojekt nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums als Ausbaustrecke möglichst bis 2016 fertiggestellt werden. Im Zuge dieses Projektes wird auch aktuell der viergleisige Wiederaufbau der Strecke zwischen Dresden und Coswig realisiert.[1]
- 7.–13. April 2014: Festwoche zum 175. Jubiläum der Ferneisenbahn Leipzig – Dresden mit Einbindung des 6. Dresdner Dampfloktreffens
[Bearbeiten] Veranstaltungen zum 175. Jubiläum der LDE in Dresden
- Mo., 7. April, Sonderfahrt eines exklusiv gestalteten ICE’s der BR 407: 13.34 Uhr ab Leipzig, 16.41 Uhr an Dresden-Hauptbahnhof, Rückfahrt 17.59 Uhr, Besucherinformation zur Festwoche im Hauptbahnhof.
- Mo., 7. April bis So., 13. April: täglich 15–18 Uhr, Sa. und So. 10–18 Uhr Modellbahnausstellung der Sächsischen Modellbahner-Vereinigung (SMV) in der Centrum-Galerie
- Di., 8. April: Podiumsgespräch „Industriekultur und Eisenbahntourismus – gut für Dresden ?!“ TU Dresden
- Mi, 9. April: Vortrag im Verkehrsmuseum: „Neue Forschungen zur Leipzig-Dresdner Eisenbahn“
- Do., 10. April bis So., 13. April: Ausstellung „Bahnpost im Laufe der Zeit“, 11–18 Uhr im Leipziger Bahnhof
- Do, 10. April, 17 Uhr Eröffnung der historischen Modellbahnanlage mit Podiumsdiskussion zur LDE im Eisenbahnmuseum IG Bw Dresden-Altstadt e.V. in der Zwickauer Straße 86
- Fr., 11. April bis So., 13. April: 6. Dresdner Dampfloktreffen im Eisenbahnmuseum IG Bw Dresden-Altstadt
- Fr., 11. April: Führungen über die Areale des alten Leipziger Bahnhofs und des Neustädter Bahnhofs in Dresden, Präsentation der geplanten Sanierung des Leipziger Bahnhofs
- Fr., 11. April: Dampfsonderfahrten an der Tharandter Rampe mit der BR 18 201, weitere Sonderfahrt nach Riesa, Nachtfotofahrten
- Sa., 12. April: verschiedene Dampfsonderfahrten: 18 201 nach Leipzig, Parallelfahrten nach Riesa und Pirna
- Sa, 12. April: Sonderfahrten mit historischen Straßenbahnen der Dresdner Verkehrsbetriebe als Rahmenprogramm
- So, 13. April: Dampfsonderfahrten, zum Teil als Parallelfahrten Richtung Riesa und Pirna.
Die alte Güterabfertigung des Leipziger Bahnhofs, Zustand November 2002
Transparent „175 Jahre 1. Europäische Ferneisenbahn Dresden–Leipzig, Kulturdenkmal erhalten!“ auf den Gleisanlagen des Leipziger Bahnhofs[2]
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Die Zukunft fährt auf unseren Gleisen – Ausbau der Infrastruktur im Raum Dresden als Rückgrat des SPNV, ÖPNV-Fachtagung von VDV und VVO, 27. Juni 2013, Radebeul, Michael Wuth
- ↑ Das Transparent ist allerdings inhaltlich leider falsch: Die erste dampfbetriebene Fernbahn in Europa war (nach der ersten pferdebetriebenen zwischen Budweis und Linz) die gut 82 Meilen (132 km) lange „Grand Junction Railway“ in Mittelengland, die am 4. Juli 1837 in Betrieb ging.
[Bearbeiten] Quellen
- Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn, Fritz Borchert, Transpress, VEB Verlag für Verkehrswesen, 1989, ISBN 3-344-00354-2
- Der Fernbahn-Methusalem, Leipzig-Dresden: Eine 175-Jährige im Wandel der Zeit, O. Haensch in: Modelleisenbahner, Nr. 4, April 2014, 63. Jahrgang, S. 14ff.
- Eröffnung der ersten deutschen Ferneisenbahn von Leipzig nach Dresden am 7. April 1839, hrsg. von der Kustodie mit der Bibliothek der Hochschule für Verkehrswesen Dresden aus Anlaß der 150. Wiederkehr des Streckenjubiläums, 7. April 1989
- Deutsche Eisenbahndirektionen, Eisenbahndirektion Dresden 1869–1993, Helga Kuhne, VBN Verlag B. Neddermeyer, 2010, ISBN 978-3-941712-05-8