Eugen Freiherr von Gutschmid
Ludwig Alfred Eugen Clementin Freiherr von Gutschmid (* 31. Januar 1806 in Dresden; † 29. September 1855 auf einer Auslandsreise) war ein königlich-sächsischer Kadett, studierte Jura, wurde ab 1830 herzoglich-Anhalt-Bernburgischer Offizier, zuletzt dort im Rang eines Hauptmanns. Er war - anders als in mehreren Publikationen veröffentlicht und auch auf der Gedenktafel am Taschenbergpalais beschrieben - nie königlich-sächsischer Hauptmann.[1] Von Gutschmid war Schriftsteller, Übersetzer, Kunstmäzen, Philanthrop, Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste, Erbauer und Hausbesitzer des Venezianischen Hauses in Dresden sowie Stifter des Gutschmidbrunnens oder Cholerabrunnens, heute unweit des Dresdner Zwingers.
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[Bearbeiten] Familie
Ludwig Alfred Eugen Clementin Freiherr von Gutschmid entstammte dem 1770 durch Kaiser Joseph II. in den erblichen Reichsfreiherrenstand erhobenen Adelsgeschlecht von Gutschmid, das im Mannesstamm erloschen ist. Stammvater der Familie ist Matthias Gutschmid (* vor 1600), Ackermann zu Bredow.[2] Von Gutschmids Urgroßvater war Christoph Friedrich Gutschmid (1683–1758), Pfarrer in Kahren bei Cottbus. Sein Großvater war der kurfürstlich-sächsische Vizekanzler und Geheime Kabinettsminister, Christian Gotthelf Freiherr von Gutschmid (1721–1798).
Eugen von Gutschmid war der jüngste Sohn des königlich-sächsischen Generalleutnants Christoph Sigismund Freiherr von Gutschmid (* 14. Oktober 1762 in Dresden; † 7. Juni 1812 in Puławy, Herzogtum Warschau, Polen) und dessen am 9. September 1798 in Walda bei Großenhain geheirateter Ehefrau Friederike Rudolfine Ursula geb. Fischer (* 18. August 1777 in Walda bei Großenhain; † 22. Dezember 1858 in Dresden), Tochter des Juristen und kursächsischen Appellationsrates, Prof. Dr. jur. Friedrich August Fischer (1727–1787). Aus dieser Ehe hatte er noch einen älteren Bruder:
- Hermann Otto Theodor Freiherr von Gutschmid (1800–1836), später königlich-sächsischer Justizrat, heiratete seine Cousine, Luise Wilhelmine Freiin von Gutschmid (1797–1848), Tochter seines Onkels Gottlieb August Freiherr von Gutschmid (1757–1815), drei Kinder.
Aus der ersten Ehe seines Vaters hatte er einen weiteren älteren Bruder:
- Adolph (auch Adolf) Freiherr von Gutschmid (1788–1814),[3] 1804 Sous-Lieutenant, zuletzt königlich-sächsischer Rittmeister im Chevauxlegers-Regiment Prinz Albrecht. Selbsttötung.[4]
Eugen von Gutschmid war unverheiratet und ohne Kinder. Mit ihm starb der Zweig seines Vaters im Mannesstamm aus.
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Eugen von Gutschmid besuchte - wie sein ältester Bruder bereits mehrere Jahre vor ihm - von 1818 bis 1824 das Kadettenkorps in Dresden, anfangs unter dem Kommando des Generalmajors Gottlob Christian von Tettenborn, ab 1822 dann unter der Führung des Generalleutnants Karl von Gersdorff. 1824 ist er dort als ältester Kadett unter Nummer 1 in der obersten Klasse, der 1. Division des Kadettenhauses aufgeführt. Direkt im Anschluss studierte er für zwei Jahre Rechtswissenschaften, bevor er einige Reisen unternahm, u.a. auch zum Sterbeort seines Vaters in Polen und gemeinsam mit dem russischen Staatsrat und Generalkonsul für das Königreich Sachsen, Wilhelm von Freygang in den Harz. Bereits Ende der 1820er Jahre begann er seine schriftstellerischen Tätigkeiten. 1830 entschied sich von Gutschmid aber doch für eine militärische Karriere, allerdings nicht in der sächsischen Armee.
1830 erhielt von Gutschmid sein Offizierspatent als Leutnant in der herzoglich-Anhalt-Bernburgischen Garde-Grenadier-Kompanie, die am Schloss Ballenstedt stationiert war. Anfangs als Kommandeur eines Grendierzuges brachte er es über den Dienstrang Premier-Lieutenant bis zum Hauptmann in der Gardekompanie in Herzogtum Anhalt. 1842 kehrte von Gutschmid nach Dresden zurück, wo er sich als Kunstmäzen verdient machte und später auch Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste wurde. Er stiftete seiner Geburtsstadt den heute noch existierenden Cholerabrunnen und ließ im Herzogtum Warschau, im dortigen Puławy, wo sein Vater gestorben war, einen Gedenkstein für ihn setzen. 1843 finanzierte von Gutschmid den erst nach ihm benannten Brunnen, damals noch auf dem Postplatz.
1849 kaufte von Gutschmid das alte Haus An der Elbe 20 von der Witwe des damaligen Schenkwirtes, Johanna Störch.[5] Noch im gleichen Jahr begann er mit dem Bau eines repräsentativen Hauses im Stil eines italienischen Palazzos, des sogenannten Venezianischen Hauses.[6] Allerdings baute er das Haus, in dem er 1850 selbst eine Halbetage bezog, nicht für sich allein, sondern vermietete die Wohnungen im oberen Geschoss, der dritten Etage an die Dresdner Maler Moritz Rietschel und August Ludwig Kriebel.[7] Im Erdgeschoss befand sich der Speisewirt Johann Daniel August Oehlschlägel. Dem Militärarzt Ludwig Beyrich vermietete er anfangs die andere Halbetage, die 1. Etage dagegen an den Dresdner Gerichtsdirektor Carl Franke,[8] später an den königlich-sächsischen Oberberg- und Regierungsrat Heinrich Eduard Thiele.[9] In die 2. Etage zog 1852 die Gattin des Historienmalers Babette Wagner aus Berlin.[10] Von Gutschmid lebte bis 1854 in seinem Haus. Im gleichen Jahr verkaufte er es an seine Mutter, die mit dem ersten Direktor der Dresdner Dampfschifffahrts-Gesellschaft, Carl Ludwig Reichelt, einen weiteren prominenten Mieter finden konnte.[11]
Eugen von Gutschmid starb auf einer Auslandsreise. Seine Mutter veröffentlichte die Todesanzeige in der Leipziger Zeitung.
[Bearbeiten] Venezianisches Haus
Der Entwurf des Dresdner Architekten Heinrich Hermann Bothen für das Palais des Hauseigentümers Eugen von Gutschmid ist keine wirkliche Kopie eines Palazzo in Venedig oder anderen italienischen Städten. Allerdings hatte das Haus Anleihen aus der dortigen Architektur im mittleren Fassadenbereich und ähnelte dem Palazzo Pisani Moretta am Canale Grande. Das Genäude ist ein viergeschossiger, heller Sandsteinbau mit flachem Walmdach und spitzbogigen Fenstern. 1860 wohnten in diesem Haus elf verschiedene Mieter, dabei mit Adolf Höninghaus auch eine weiterer bekannter Dresdner Landschaftsmaler sowie in der großen Wohnung in der Halbetage Frau Ida Sophie Pauline von Bünau, die Ehefrau von Professor von Bünau.[12] Das Venezianische Haus war nach dem Tod von Gutschmids Mutter noch bis 1862 im Besitz der Geschwister von Gutschmid. Die spätere Adresse des Hauses war ab 1880 Terrassenufer 20, ab 1881 Terrassenufer 3. Bei den Luftangriffen am 13. Februar 1945 wurde das Haus zerstört.
[Bearbeiten] Cholerabrunnen
Der Cholerabrunnen (auch Gutschmid-Brunnen) ist ein neugotischer Brunnen. Er steht in Dresden an der Sophienstraße, zwischen Zwinger und Taschenbergpalais. Er wurde von Eugen von Gutschmid finanziert, der dadurch seinen Dank dafür ausdrücken wollte, dass Dresden von der Cholera verschont geblieben war, die sich epidemisch 1830/31 in vielen europäischen Ländern verbreitete und ab 1841 auch Dresden bedrohte. Neben Gottfried Semper, der 1843 als Architekt einen ersten Entwurf erstellte, übernahmen Karl-Moritz Seelig den Entwurf, der am 15. Juli 1846 feierlich an die Stadt übergeben wurde.
[Bearbeiten] Werke/ Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1829: Erinnerungen an Pulawy mit Ansichten aus den Gärten von Pulawy
- 1830: Wilhelmus von Freygang, Kaiserl. Russ. Staatsrathes... Briefe über Alexisbad und die Umgebung, Übersetzung aus dem Französischen und Anmerkungen von Eugen von Gutschmid
- 1833: Dichtungen aus dem Selkethale [13]
- 1835: Champollion's des Jüngern Briefe aus Aegypten und Nubien: geschrieben in den Jahren 1828 und 1829, Übersetzung aus dem Französischen [14]
- 1842: Reise Sr. Majestät des Königs Friedrich August von Sachsen durch Istrien, Dalmatien und Montenegro (1838), Übersetzung aus dem Italienischen sowie Anmerkungen von Eugen von Gutschmid [15]
- 1843: Das Venetianische Museum in Dresden
[Bearbeiten] Quellen
- Stamm- und Rang-Listen der Königl.-Sächsischen Armee, 1818 bis 1824, Digitalisat der SLUB
- Justus Perthes: Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser, 1880, Band 30, Gotha 1880, Digitalisat auf Google Books, S. 270ff.
- Karl Goedeke, Herbert Jacob: Goedekes Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung: Achtes Buch: Vom Frieden 1815 bis zur französischen Revolution 1830, herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften der DDR, Berlin 1990, Leseprobe auf Google Books, S. 483f.
- Klaus Maier: Ein Hauch von Venedig an der Elbe, Onlineartikel auf Sächsische.de, Artikel vom 03.04.2008
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Er fehlt - bis auf seine Jahre im sächsischen Kadettenkorps - in allen Ranglisten der sächsischen Armee. Auch nach seiner Rückkehr in Dresden ist er in den Ranglisten der sächsischen Armee nicht unter den Pensionären aufgeführt, die die Erlaubnis zum Tragen der Uniform hatten.
- ↑ Till von Egidy: Die Vorfahren der Familien von Egidy und von Koppenfels, Ahnenliste für die Brüder Holm, Hans und Max von Egidy in: Studien zur Kultur und Geschichte - Band 2, Herausgeber: Lars-Arne Dannenberg und Matthias Donath, Verlag Zentrum für Kultur//Geschichte, Niederjahna 2016
- ↑ Datensatz auf Ancestry
- ↑ Auguste Charlotte von Schönberg, Gräfin von Kielmansegg: Memoiren der Gräfin Kielmannsegge über Napoleon I., auf Grund des Original Manuskripts in Besitz des Grafen Guerrino zu Lynar, Lübeck 1927, Verlag P. Aretz, Snippet-Ansicht auf Google Books, S. 242: ... Unter den Offizieren dieses Regiments befand sich der Rittmeister Adolf von Gutschmidt, der sich am darauffolgenden 8. März 1814 in Lübben erschoß, weil ihm nur die Wahl blieb, im sächsischen Heere zu dienen oder beschimpft zu bleiben.
- ↑ Noch als Eigentümer im Adreß-Handbuch Dresden 1849, S. 174, SLUB
- ↑ Freiherr von Gutschmid als Eigentümer im Adressbuch Dresden 1850, S. 273, SLUB: ... im Bau begriffen
- ↑ Adressbuch Dresden 1851, S. 194, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1852, S. 200, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1853, S. 197, SLUB
- ↑ Adressbuch Dresden 1853, S. 197, SLUB
- ↑ Mutter als Eigentümerin im Adressbuch Dresden 1855, S. 273
- ↑ Adressbuch Dresden 1860, S. 293
- ↑ S.a. Kleine Schriften, Jenaische allgemeine Literatur-Zeitung, Band 187, Digitalisat auf Google Books, S. 207
- ↑ Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur, Band 2, Teil 3, Quedlinburg und Leipzig 1867, Digitalisat auf Google Books
- ↑ Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach: Erinnerung an die Stunden der Muse Sr. Majestät des höchstseligen Königs FRIEDRICH AUGUST..., Hamburg & Leipzig 1855, Digitalisat auf Google Books, S. III
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Cholerabrunnen“
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Venezianisches Haus (Dresden)“