Pieschener Hafenfest
Das Pieschener Hafenfest gehörte bis 2014 neben dem Elbhangfest und dem Stadtteilfest Bunte Republik Neustadt zu den größten und bedeutendsten Dresdner Stadtteilfesten und zu einem der ältesten außerdem.
Als „Strandfest im Pieschener Winkel“ hatte es 1921 der gemischte Volkschor Dresden, Mitglied des 1908 gegründeten und 1933 durch die Nationalsozialisten aufgelösten Deutschen Arbeiter-Sängerbundes, ins Leben gerufen.
- „Obwohl überall am Elbestrand ähnliche Feste gefeiert werden“, so die Dresdner Volkszeitung im August 1926, „bleibt die Originalausgabe, die der Dresdner Volkschor am Pieschener Hafen bietet, bis jetzt unübertroffen.“‘ Die Zeitung lobte die Ausgestaltung des Festgeländes und das Programm: „Wieder war das tagsüber so wenig schöne Gelände an zwei Abenden völlig verzaubert. Wer am Freitag und Sonnabend nach Sonnenuntergang in diese Gegend kam, konnte sie kaum wiedererkennen. Wieder fand eins der edelsten volkstümlichen Feste Dresdens an der scharfen Elbekrümmung in Pieschen statt. [...] Unter geschickter Ausnutzung des Geländes sowohl auf der Neustädter als auch auf der Altstädter Seite, unter hocherfreulicher aktiver Teilnahme zahlreicher Vereine, kam bei einer den großen Apparat geradezu fabelhaft beherrschenden Regie wieder diese nun schon ziemlich bekannt gewordene sommerliche Abendfeier zustande. Die sportlichen Vorführungen wurden auf einer schwimmenden Bühne am Altstädter Ufer, die mit fünf Scheinwerfern beleuchtet wird, abgehalten. Die Turnerschaft Pieschen stellte Massengruppen von ca. 150 Turnern auf einem hierzu besonders erstellten Gerüst. Die Schwimm- und Bootsabteilungen zeigten interessante Wasserkünste.“
In seinen „Erinnerungen an das Strandfest im Pieschener Winkel des Jahres 1932“ schreibt der 1924 in Pieschen geborene und 2013 verstorbene Wolfgang Roder, nach 1990 Mitglied der Seniorenakademie „Zeitzeugenarchiv“, das Folgende:
- „Die Restaurants und Gaststätten in Pieschen und seiner unmittelbaren Umgebung waren geschmückt und boten den vielen Besuchern ihre Getränke und Speisen an. Mittelpunkt war die Hafenschenke an der Ecke Leipziger/Rehefelder Straße. Im Vorgarten saßen bei Bier und Wein ausgelassene Menschen, die für ein paar Stunden die miserable wirtschaftliche Lage vergessen wollten. In den Abendstunden des Wochenendes wimmelte es auf den Straßen von neugierigen Menschen, die in Erwartung der großen Abschlussveranstaltung zum Hafen strebten. Die meisten der Veranstaltungen konzentrierten sich auf die Hafeneinfahrt. Die Menschen stauten sich demzufolge auf der Leipziger Straße und auf den darunter liegenden Elbhängen. Auch auf Paddelbooten, kleinen Kähnen und auf der Landzunge zur Einfahrt in den Hafen versammelten sich die Schaulustigen. Das Spektakel begann mit der Einfahrt eines großen Floßes, darauf fest verbunden eine riesige Tanzfläche. Auf der einen Seite war ein Sprungturm montiert. Beleuchtet wurde die Fläche mit Fackeln und Leuchtfeuern. Auf dem Floß waren Volkskunstgruppen und Sportler, die komplizierte Turnübungen zeigten und eine Pyramide aus mehreren Etagen entstehen ließen. Kunstspringer führten turbulente und lustige Sprünge vom Turm ins Elbwasser aus und die Volkstanzgruppen tanzten zur Freude der Menschen alte Bauerntänze bei lustiger Musik. Beeindruckend waren die zahlreichen kleinen Leuchtfeuer auf der Landzunge. Viele Boote, die um die Einfahrt kreisten, führten Lampions mit sich und erhellten somit den nächtlichen Himmel. Den Abschluss krönte ein Höhenfeuerwerk.“
Einer der an den Strandfesten maßgeblich beteiligten Vereine war der von 1912 bis 1933 bestehende Arbeitersportverein Dresden-Pieschen. Ihm gehörten insgesamt 1.600 bis 1.700 Mitglieder sowohl der KPD als auch der SPD an. Außerdem besaß er mit 120 Musikern den größten Spielmannszug aller Dresdner Arbeitersportvereine.
Das letzte Strandfest im Pieschener Winkel wurde 1932, also ein Jahr vor Beginn der nationalsozialistischen Diktatur, organisiert und auch durchgeführt.
Erst Anfang der 1960er Jahre lebte es in alter Tradition wieder auf. So veranstalteten 1962 die Pieschener Wohnbezirksausschüsse (WBA) 522 und 523 im Bereich der Torgauer und Konkordienstraße ein erstes sogenanntes Wohngebietsfest. Ein Jahr später wurde unter Beteiligung von nunmehr vier Wohnbezirksausschüssen ein weiteres durchgeführt. Nach diesen Erfolgen forderte der Stadtbezirk Dresden-Nord alle WBA der Dresdner Neustadt auf, im Jahre 1964 ein gemeinsames Fest zu veranstalten. Unter dem Motto „Familienfest im Mai, alle sind dabei“ fand die Hauptprobe für das erste große Fest im Pieschener Winkel am 10. Mai 1964 statt. Selbiges feierten die Pieschener und ihre Gäste dann am 3./4. Oktober des gleichen Jahres, bekannt geworden als das „Fest der 30.000“.
Unter dem neuen Namen Pieschener Hafenfest fand die zweitägige Veranstaltung erstmals im Juni 1965 und danach im Sommer eines jeden Jahres statt. Bis 1988 avancierte es zu einem Stadtteilfest, das weit über die Grenzen des damaligen Stadtbezirkes Dresden-Nord hinaus bekannt war und dessen Festgelände sich immer mehr ausdehnte. Zur traditionellen schwimmenden Bühne kam eine auf den Elbwiesen (Kötzschenbroder Straße, Höhe Herbststraße) hinzu. Kleine Bühnen wurden zeitweise auch an der Konkordienstraße, Rehefelder Straße und Franz-Lehmann-Straße errichtet. Neben verschiedenen Handelseinrichtungen und Freigaststätten bestand die Möglichkeit, im Café "Maulwurf" auf der Franz-Lehmann-Straße oder im Klub der Werktätigen (Altpieschen Nr. 17) einzukehren. Veranstaltungsorte waren u.a. das Jugendklubhaus „Rudi Arndt“ (Fechnerstraße), das Filmtheater Faunpalast, der Jugendclub Mohnstraße und der Sportplatz Wurzener Straße. In Altpieschen (Lindenplatz) bzw. auf der Robert-Matzke-Straße fanden K-Wagenrennen und Radrennen und auf der Elbe Wasserski- und Motorbootrennen statt. Den Auftakt für die Veranstaltungen bildete traditionell der Aufmarsch Dresdner Spielmannszüge vom Trachenberger Platz zum Hafengelände.
Das letzte Pieschener Hafenfest vor der „politischen Wende“ war das vom 24. bis 26. Juni 1988. Ein für den 24./25. Juni 1989 vorgesehenes wurde trotz bestätigten Finanzierungsplanes nicht durchgeführt.
Im wiedervereinten Deutschland wurden vor allem von den auch in Pieschen wie aus dem Boden schießenden Vereinen Überlegungen angestellt, jährlich ein Fest, ähnlich dem ehemaligen Strand- bzw. Hafenfest, zu gestalten. Ausschlaggebend für alle weiteren Aktivitäten waren die Festtage „700 Jahre Pieschen“ (Oktober 1992), die vom Gewerbeverein „Rund um die Oschatzer“ organisierten Kinder- und Straßenfeste (1993 und 1994) sowie die Stadtteilfeste des Vereins „Pro Pieschen“ (1995 und 1996).
Als für die in den Folgejahren geplanten Veranstaltungen ein Name gesucht wurde, gingen zahlreiche Vorschläge ein. Man besann sich des Namens aus „DDR-Zeiten“. Unter diesem fand vom 6. bis zum 8. Juni 1997 das erste Pieschener Hafenfest nach der „politischen Wende“ wieder an der Elbe statt. Das Festgelände war seit 2010 die Kötzschenbroder Straße zwischen Herbststraße und Trachauer Straße sowie die Festbühne auf den in direkter Nähe gelegenen Elbwiesen, Kopf der Organisatorengruppe war Schausteller Mario Müller-Milano. Wegen des Elbhochwassers konnte das Fest 2013 nicht stattfinden und fiel 2015 und 2016 ersatzlos aus.[1] Das bisher letzte Pieschener Hafenfest fand im Jahre 2014 statt.
Bierdeckel 1984
[Bearbeiten] Hafenfest ≠ Stadtteilfest Pieschen
In Pieschen wurde von 2004 bis 2011 nicht nur auf dem Hafenfest, sondern auch auf einem Stadtteilfest „feste“ gefeiert. Beide fanden zur gleichen Zeit, aber an unterschiedlichen Orten statt. Der Verein „Pro Pieschen“ organisierte in Zusammenarbeit mit dem „Unternehmerverein Pieschen“ das Stadtteilfest und der 1996 gegründete Verein „Pieschener Hafenfest“ – er löste sich 2015 auf – die Veranstaltung am Elbufer. Im Jahr 2012 hatte der Verein „Pro Pieschen“ die Organisation des Stadtteilfestes dem im gleichen Jahr gegründeten Verein „Sankt Pieschen“ übergeben, der nun sein eigenes Stadtteilfest feiert. Aber damit hat das Pieschener Hafenfest, das 1921 als Strandfest im Pieschener Winkel seinen Anfang nahm, nur mittelbar etwas zu tun.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ "Das seit Jahrzehnten unter der Regie von Schausteller Mario Müller-Milano (66) etablierte Pieschener Hafenfest (zwischen Ballhaus Watzke und Elbe) findet in diesem Jahr (2015) nicht statt. 'Wir haben den Verein Pieschener Hafenfest aufgelöst', sagt Müller-Milano. 'Das Hochwasser 2013 hat uns das Genick gebrochen. Plakate waren gedruckt, Bands angezahlt. Ich selbst habe 27.000 Euro zuschießen müssen. Außerdem fördert die Stadt das Fest nicht mehr. Es war nicht viel, aber immerhin bekamen wir 3000 Euro.' Aber: '2016 wird es wieder ein Fest am ersten Juni-Wochenende geben, organisiert von einer neuen Agentur, unterstützt von einer Brauerei', verspricht Müller-Milano." Mopo 2.6.2015
[Bearbeiten] Weblinks
- www.pieschenerhafenfest.de (archivierte Version von 24. August 2014)
- Pieschener Hafenfest bei Facebook