Günter Behnisch
Prof. Dr. E.h. Günter Behnisch (* 12. Juni 1922 in Lockwitz; † 12. Juli 2010 in Stuttgart) war ein deutscher Architekt und Professor für Architektur. Sein berühmtestes Großwerk ist der Olympiapark in München (Bauzeit 1967–1972). Außerdem entwarf er das Gebäude des Bundestags in der ehemaligen Hauptstadt Bonn. In seiner Heimatstadt Dresden machte er sich nach der politischen Wende in der DDR mit dem Neubau des Schulgebäudes am St. Benno-Gymnasium einen Namen (Bauzeit 1994–1996).
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[Bearbeiten] Familie
Günter Behnisch wurde am 12. Juni 1922 als zweites Kind von Johannes Behnisch (* 27. Januar 1892 in Lommatzsch bei Meißen; † 1978 in Karl-Marx-Stadt) und dessen Ehefrau Martha (* Bad Elster; † 1984 in Karl-Marx-Stadt) in Lockwitz geboren. Er hatte noch zwei Geschwister:
Sein Vater war ein bekennender und aktiver Sozialdemokrat [1], Volksschullehrer an der Lockwitzer Schule und Mitglied des Gemeinderates in Lockwitz.
Günter Behnisch war seit 1952 mit Johanna Behnisch, geb. Fink verheiratet, die er 1950 in Stuttgart kennen gelernt hatte. Aus der Ehe gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor:
- Sabine Behnisch (* 1953 in Stuttgart),
- Charlotte Behnisch (* 1954 in Stuttgart) und
- Stefan Behnisch (* 1. Juni 1957 in Stuttgart), der das Werk seines Vaters als Architekt fortsetzt.[2]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Aufgewachsen in einem freidenkerischen Elternhaus, erlebte Günter Behnisch seine Kindheit in Lockwitz und wohnte mit seinen Eltern in der Alten Schule in der Tögelstraße direkt am Lockwitzbach, die nach dem Bau der neuen Schule in der Urnenstraße zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Von 1928 bis 1933 besuchte er die Volksschule in Lockwitz und ging ab 1933 an die Dürerschule nach Dresden. Da die Nationalsozialisten diese linksgerichtete, staatliche höhere Versuchsschule Mitte 1934 auflösten, musste er an eine Oberschule in Dresden-Neustadt wechseln, wo er bis Mitte 1935 blieb.
Zu dieser Zeit wurde der Vater, der Anfang 1933 aufgrund seiner politischen Gesinnung kurzzeitig verhaftet und aus dem Schuldienst entlassen wurde, nach Chemnitz versetzt. Dort schloss Günter Behnisch zwar die Oberschule 1939 mit einem „Reifevermerk“ ab, meldete sich jedoch mit 17 Jahren, drei Monate nach Kriegsbeginn am 1. Dezember 1939 freiwillig zur Marine als Offiziersanwärter und wurde nach dem Ausbildungslager auf der Ostseeinsel Dänholm und dem Besuch der Marineschule in Flensburg zum Leutnant zur See ernannt. Zuerst als Wachoffizier auf einem U-Boot eingesetzt, wurde er 1944, mittlerweile zum Oberleutnant zur See befördert, mit 22 Jahren einer der jüngsten U-Boot-Kommandeure der deutschen Kriegsmarine. Nach der Übergabe seines U-Bootes im südnorwegischen Kristiansand an die Engländer musste Behnisch das Boot noch bis nach England überführen. Dort ging er dann von Juni 1945 bis November 1946 in Kriegsgefangenschaft, wo er den Entschluss fasste, eine Architekturausbildung aufzunehmen.
Ende 1946 kehrte Behnisch nach Deutschland zurück und kam zunächst acht Monate bei seinem ehemaligen Kriegskameraden Gert Pohle in Osnabrück unter, wo er ein viermonatiges Praktikum als Maurer bei der Baufirma Hagedorn absolvierte. Sein Versuch ein Architekturstudium an der Universität in Hannover aufzunehmen scheiterte jedoch. Im Sommer 1947 ging Behnisch nach Stuttgart und bewarb sich mit einer von ihm in der Gefangenschaft angefertigten Unterlage über den Architekten und Professor Paul Schmitthenner bei dem damaligen Dekan Richard Döcker an der dortigen Universität. Gleichzeitig war Behnisch während seines Studiums als „ungeprüfte Semesterhilfskraft“ im Architekturbüro von Günter Wilhelm tätig, der 1948 auch als Professor an die Universität berufen wurde. Er veröffentlichte während dieser Zeit u.a. Entwürfe zu Stahl- und Leichtmetallfenster für den Wohnungsbau. Nach dem Abschluss seines Studiums war Behnisch ab Mai 1951 zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft weiter am Institut von Günter Wilhelm tätig, wo er bis Januar 1953 blieb. Parallel dazu arbeitete er als Sachbearbeiter im Architekturbüro von Rolf Gutbrod.
Ende 1952 gründete er zusammen mit seinem ehemaligen Studienkollegen Bruno Lambart, der zusammen mit ihm 1951 das Abschlusssemester absolvierte, sein eigenes Architekturbüro. Lambart blieb bis 1956 sein Geschäftspartner. Ab 1966 arbeitete er mit verschiedenen anderen Architekten, u.a. mit Fritz Auer (bis 1979), Winfried Büxel, Erhard Tränkner, Karlheinz Weber, Manfred Sabatke (ab 1970) unter der Firmenbezeichung „Behnisch & Partner“ zusammen. Das Büro besteht bis heute. 1987 gründete er gemeinsam mit Sohn Stefan und Günther Schaller in der Stuttgarter Innenstadt ein Zweigbüro, das 1991 unabhängig wurde und sich ab 1997 erst „Behnisch, Behnisch & Partner“ nannte und seit 2005 unter der Bezeichnung „Behnisch Architekten“ firmiert.
1967 wurde Günter Behnisch als ordentlicher Professor für Entwerfen, Industriebau und Baugestaltung an die Technische Universität Darmstadt berufen und war gleichzeitig Direktor des dortigen Instituts für Normgebung. Diese Tätigkeit übte er bis 1987 aus. Von 1975 bis 1976 war er dort zugleich Dekan der Fakultät für Architektur.
1982 wurde Behnisch Mitglied der Akademie der Künste in Berlin in der Sektion Baukunst. 1984 wurde ihm von der Universität Stuttgart die Ehrendoktorwürde verliehen. 1991 wurde er zum Ehrenprofessor an die Internationale Akademie der Architektur in Sofia berufen, ein Jahr darauf, 1992 zum Ehrenmitglied der Königlichen Vereinigung der Architekten in Schottland. Im gleichen Jahr wurde er auch Ehrenmitglied des Bundes Deutscher Architekten (BDA). 1996, inzwischen mehrmals nach Dresden zu Besuchen und Architekturwettbewerben zurück gekehrt, wurde er Gründungsmitglied der Sächsischen Akademie der Künste, deren Klasse Baukunst er bis 2000 leitete. 1999 wurde Behnisch Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und 2006 Ehrenmitglied der Architektenkammer Keyseri in der Türkei.
2002 plante das Architekturbüro Behnisch & Partner das „Blumenhaus“-Projekt (Quartier V/1) am Neumarkt/ Frauenstraße einen neuen Wohn- und Geschäftskomplex.[3]
Günter Behnisch blieb Zeit seines Lebens stets mit seiner sächsischen Heimat verbunden. Auch den typisch sächsischen Dialekt legte er nie ganz ab. Noch am 12. Februar 2004 sagte er im Interview: "Ich bin Sachse, und wir haben immer mit Österreich zusammen gegen die Preußen gekämpft - und immer verloren. Friedrich der Große, das war ja ein Räuber. Die Österreicher waren mir immer sympathischer. Die kennen das auch, das Laufenlassen und das Schauen-wir-mal-wie's-Geht."[4] Günter Behnisch starb nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren in Stuttgart.
[Bearbeiten] Bauwerke (Auswahl)
- 1955–1961 Vogelsangschule in Stuttgart
- 1955–1960 Volksschule in Lorch
- 1956–1959 Hohenstaufengymnasium in Göppingen
- 1959–1963 Ingenieurschule/ Staatliche Fachhochschule für Technik in Ulm
- 1962–1969 Ingenieurschule/ Staatliche Fachhochschule für Technik in Aalen
- 1966–1969 Mittelpunktschule „In den Berglen“ in Oppelsbohm
- 1967–1972 Bauten und Anlagen für die Olympische Sommerspiele in München/ Münchner Olympiapark
- 1970–1973 Progymnasium und Realschule „Auf dem Schäfersfeld“ in Lorch
- 1972–1979 Studien- und Ausbildungszentrum der Evangelischen Landeskirche Württemberg in Stuttgart-Birkach
- 1978–1982 Hauptschule „Auf dem Schäfersfeld“ in Lorch
- 1979–1984 Landesgeschäftsstelle der Evangelischen Landeskirche Württemberg in Stuttgart
- 1980–1987 Zentralbibliothek der Katholischen Universität in Eichstätt
- 1982–1990 Bundespostmuseum/ Museum für Kommunikation in Frankfurt/ Main
- 1983–1987 Zentralbereich/ Plenarsaal des Deutschen Bundestages in Bonn, Umbau 1992
- 1986–1987 Hysolar Forschungs- und Institutsgebäude der Universität in Stuttgart
- 1987–1990 Kindergarten Lotharstraße in Stuttgart-Luginsland
- 1994–1996 St. Benno-Gymnasium in Dresden
- 1994–2006 Neubau der Akademie der Künste in Berlin, Pariser Platz
[Bearbeiten] Preise und Ehrungen (Auswahl)
- 1972 Großer Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten (BDA)
- 1984 Ehrendoktorwürde der Universität Stuttgart
- 1992 Auszeichnung "Médaille d´Or" durch l´Académie d´Architecture in Paris
- 1992 Ehrenpreis des Internationalen Olympischen Komitees für besondere Leistungen im Bereich Sport und Architektur
- 1993 Hans-Molfenter-Preis der Stadt Stuttgart für besondere künstlerische Leistungen
- 1994 Ehrenplakette des Litauischen Architektenverbandes in Vilnius
- 1994 Heinrich-Hertz-Professur an der Universität Fridericiana Karlsruhe
- 1995 Ehrenmitglied des Royal Institute of British Architects in London
- 1997 Bundesverdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 1998 Fritz-Schumacher-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. in Hamburg
- 2001 Wolfgang- Hirsch- Auszeichnung der Architektenkammer Rheinland-Pfalz in Mainz
- 2008 Deutscher Kritikerpreis (Ehrenpreis)
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Günter Behnisch – Die Entwicklung des architektonischen Werkes, Elisabeth Spieker, 2005 in der Bibliothek der Universität Stuttgart
- ↑ Traueranzeige in der SZ
- ↑ „Blumenhaus“-Projekt (Quartier V/1) auf www.neumarkt-dresden.de
- ↑ Interview mit der Tageszeitung „Die Zeit“ am 12. Februar 2004 auf www.neumarkt-dresden.de
- Günter Behnisch – Die Entwicklung des architektonischen Werkes, Elisabeth Spieker, 2005 in der Bibliothek der Universität Stuttgart
- Günter Behnisch in der Künstlerdatenbank ifa
- Günter Behnisch auf archINFORM
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Günter Behnisch“
- Dateien und Bilder zu Günter Behnisch auf Wikipedia Commons
- Bilder zu Günter Behnisch auf Google Bilder
- Datensatz zu Günter Behnisch in der Deutschen Nationalbibliothek
- Baumeister der Demokratie, Günter Behnisch auf www.spiegel.de
- Zum Tod des Architekten Günter Behnisch, Baumeister der Demokratie in der Süddeutschen Zeitung
- Günter Behnisch auf www.munzinger.de, Wissen, das zählt
- Der Olympiapark München 1972 und das Reichssportfeld Berlin 1936, Werner Pres 2010, GRIN Verlag, Online Ausgabe auf Google Books
- Modell des Olympiaparks München inkl. Einer Kurzbiographie von Günter Behnisch auf www.wegderdemokratie.de
- Website von „Behnisch Architekten“, seinem Sohn Stefan Behnisch