Hermann Reinhard
Dr. med. et phil. h.c. Hermann Reinhard, auch Herrmann Reinhard (* 15. November 1816 in Dresden; † 10. Januar 1892 ebenda) war ein sächsischer Arzt, Insektenkundler (Entomologe) und ehemaliger Präsident des Landesmedizinalkollegiums des Königreiches Sachsen, zuletzt im Rang und mit Titel eines Geheimen Medizinalrats.
[Bearbeiten] Familie
Hermann Reinhard entstammte der sächsischen Familie Reinhard(t). Er war der Sohn des Dresdner Juristen und General-Akzise-Inspektors zu Rabenau und Tharandt, Heinrich Reinhard (* 8. März 1784 in Dresden; † 15. August 1833 ebenda) und dessen 1815 geheirateter Ehefrau Johanna Caroline geb. Hauptmann (* 13. August 1790 in Dresden; † 7. Oktober 1847 ebenda), Tochter des königlich-sächsischen Oberlandbaumeisters und Professors an der Dresdner Kunstakademie, Johann Gottlob Hauptmann (1755–1813) und dessen Ehefrau Louise Salomé geb. Sachs (1761–1832). Reinhard hatte noch sechs Geschwister, u.a.:
- Oswald Reinhard (1818–1876), Jurist, zuletzt königlich-sächsischer Appellationsgerichtsrat, wohnte zuletzt in der Albrechtstraße 24,[1]
- Siegmund Reinhard (* 1819), Landwirt, wanderte 1846 nach Siebenbürgen aus,
- Otto Reinhard (1821–1882),
- Emma Reinhard (1822–1904), legte ein umfangreiches Familienarchiv an, ⚭ 1844 Paul Clemens Grohmann (1813–1885), Jurist, zuletzt königlich-sächsischer Bezirksgerichtsrat in Mittweida. Deren Tochter Caroline Grohmann (1846–1925) war Inhaberin einer Pension und Mitglied des Vereins für Geschichte Dresdens.
Hermann Reinhard heiratete am 2. Mai 1848 in Dresden Marie Magdalene geb. Dittmarsch (* 2. Juni 1822 in Dresden; † 8. Juli 1897 ebenda),[2] Tochter des Dresdner Stadtgerichtsaktuarius und späteren Dresdner Stadtschreiber Carl Moritz Dittmarsch (1790–1861) und dessen Ehefrau Christina Magdalena geb. Förster (1792–1855). Das Paar hatte sechs Kinder:
- Margarethe Reinhard (* 2. März 1849 in Bautzen; † 7. Juli 1935 in Dresden) ∞ 1870 Karl Arno Domsch (1840–1907), Ingenieur und Papierfabrikdirektor in Bautzen und Weisenbach im Murgtal. Dessen Sohn Hermann Domsch (1871–1945) war Präsident der Reichsbahndirektion Dresden.
- Magdalene Reinhard (* 16. September 1850 in Bautzen;[3] † 17. Oktober 1935 in Freiberg/ Sachsen) ∞ 1871 Christian Hugo Theodor Erhard (1839–1919), Dr. phil, Geheimer Bergrat und ordentlicher Professor an der Bergakademie in Freiberg, fünf Kinder
- Walther Reinhard (* 22. Juli 1852 in Bautzen; † 3. Januar 1934 ebenda),[4] Dr. med., praktischer Arzt in Bautzen, Polizeiarzt, bis 1924 Krankenhaus-Oberarzt und Anstaltsarzt für das Armen- und Siechenhaus, mit Rang und Titel eines königlich-sächsischen Hofrats und Geheimen Sanitätsrats.[5]
- Gertrud Reinhard (* 22. April 1856 in Bautzen; † 3. Juni 1856 ebenda),
- Aimée Reinhard (* 19. März 1859 in Bautzen; † 20. Februar 1933 in Dresden).[6][7] Sie ist erstmalig im Dresdner Adressbuch 1898 verzeichnet,[8], erhielt für ihre Verdienste in der Wohlfahrtspflege die Silberne Carolamedaille,[9] starb unvermählt und wohnte zuletzt in der Großen Klostergasse 12. Sie initiierte 1911 den 2. Reinhardschen Familientag auf dem Belvedere in Dresden und organisierte 1928 auch den 3. Familientag im Dresdner Hotel "Bristol", an dem 105 Familienmitglieder teilnahmen.
- Marie Reinhard (* 10. Oktober 1863 in Bautzen; † 11. November 1934 in Dresden) ∞ 1891 Johannes Heinrich Zenker, Dr. med. und praktischer Arzt in Dresden, keine Kinder.
Reinhards Witwe wohnte nach dessem Tod in der Kurfürstenstraße 8.[10]
[Bearbeiten] Leben und Wirken
Hermann Reinhard besuchte die Kreuzschule in Dresden, bevor er von 1830 bis 1836 an der Fürstenschule St. Afra in Meißen lernte, wo er auch Primus war. Anschließend studierte er Medizin an der Universität in Leipzig. 1840 promovierte er dort zum Doktor der Medizin (Dr. med.). Seine lateinische Inaugural-Dissertation über die Tränenwege beim Menschen und beim Tier widmete Reinhard seinem Onkel Jacques Reinhard.
Vor seiner Niederlassung begleitete Reinhard als ärztlicher Betreuer einen russischen Adligen auf dessen Reise von Wien nach Italien. Seine Reiseeindrücke schrieb er in einem Tagebuch nieder. 1845 ließ er sich als praktizierender Arzt in Bautzen nieder. Er arbeitete aber auch um 1850 als provisorischer Lehrer der Naturwissenschaften am Gymnasium in Bautzen.[11] 1855 wurde Reinhard zum königlich-sächsischen Medizinalrat ernannt und wirkte ab diesem Zeitpunkt bis 1865 als Beisitzer der Kreisdirektion Bautzen.
1865 erhielt Reinhard vom sächsischen König Johann den Rang und den Titel eines Geheimen Medizinalrates. Er ist erstmals 1866 im Dresdner Adressbuch verzeichnet. Bis 1870 wirkte er als niedergelassener Arzt am Johannesplatz 4. Im gleichen Jahr zog er in die Johannisstraße 14.[12] Er arbeitete gleichzeitig bei der sogenannten Sanitätspolizei als Medizinalreferent im königlichen Ministerium des Innern. Am 3. Dezember 1866 wurde Reinhard Mitglied der seinerzeit in Dresden ansässigen Leopoldina. Bereits ab 1869 war er Mitarbeiter der Berliner Entomologischen Zeitschrift.
1872 wurde Reinhard vom sächsischen König Albert zum Präsidenten des königlichen Landesmedizinalkollegiums ernannt,[13] womit er zum Vorstand der höchsten medizinischen Behörde des Königreichs Sachsen aufstieg. Bis 1888 wirkte er dort als Präsident. 1889 ging er in den Ruhestand und zog in eine Wohnung im ersten Obergeschoss der Kurfürstenstraße 2.[14]
1890 erhielt Reinhard ehrenhalber den akademischen Titel eines Dr. phil. h.c. der Universität Leipzig für seine entomologischen Forschungen (Bestimmung mehrerer Arten von Schlupfwespen) und „für seine mikroskopische Literatur“. Reinhard hat über mehrere Gruppen der Ichneumoniden (im weiteren Sinne vor allem über Brackwespen /Braconidae) taxonomisch gearbeitet, neue Arten gefunden, sie beschrieben und ihnen einen Namen gegeben.
Eine Ehrung seiner Person fand durch die Namensvergabe bei einer neuen Art statt, z.B. 1867 mit Phygadeuon Reinhardi Jennicke (Familie Ichneumonidae) und 1936 mit Glypapanteles Reinhardi Wilkinson (Familie Braconidae). Die Schlupfwespen sind eine äußerst schwierige Gruppe, an die sich kaum ein professioneller und erst recht kein Freizeitforscher ernsthaft herantraut. Umso bemerkenswerter ist Reinhards Leistung auch heute noch mit zeitlichen Abstand zu werten.[15] Reinhard bearbeitete in seinen wissenschaftlichen Arbeiten auch andere Themen. Davon zeugen seine Arbeiten über die Grundwasserforschung im Dresdener Raum von 1869 und seine Beiträge zur Gräber-Fauna von 1881.
Hermann Reinhard wurde auf dem Johannisfriedhof in Tolkewitz beerdigt.
[Bearbeiten] Veröffentlichungen (Auswahl)
- 1840: "Patruo optimo carissimo Jaques Reinhard, Doctori medicinae et chirurgiae, Dresdano", Inaugural-Dissertation
- 1857: "Das Mikroskop und sein Gebrauch für den Arzt"
- 1862: "Statistische Studien über den Einfluss der Sumpfgegenden auf die mittlere Lebensdauer" in: Monatsschrift für exacte Forschung auf dem Gebiete der Sanitätspolizei, Berlin 1862, Verlag Pappenheim
- 1869: "Über die Grundwasserverhältnisse Dresdens"
- 1872: "Die Verbreitung der Cholera im Königreich Sachsen nach den Erfahrungen der Jahre 1832-1872"
- 1872: Pharmakopoea germanica
- seit 1873: Herausgeber der "Jahresberichte über das Medizinalwesen im Königreich Sachsen"
- 1874: "Die Medicinalgesetze und Verordnungen des Königreiches Sachsen", Leipzig 1874 (gemeinsam mit Hans Alexander Bosse)
[Bearbeiten] Auszeichnungen (Auswahl)
- 1866: Ritterkreuz 1. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
- 1867: Kaiserlich-Österreichische Eiserne Krone 3. Klasse
- 1870: Königlich-preußischer Kronenorden 3. Klasse
- 1876: Rotes Kreuz auf weißem Feld am Erinnerungsband des königlich-preußischen Kronenordens 3. Klasse
- 1880: Komturkreuz 2. Klasse des königlich-sächsischen Verdienstordens
[Bearbeiten] Quellen
- Dresdner Geschichtsblätter, Band 1, Nr.1/5, 1892/1896, S. 16, Digitalisat in der SLUB Dresden
- Dr. Michael Heinrich Reinhard: Familie Reinhard in: Deutsches Geschlechterbuch, Band 217, S.381-462, Ausgabe 2004, Starke Verlag Limburg/Lahn, Snippet-Ansicht auf Google Books, einschließlich Ergänzungen von 2011
- Jahresbericht des Landes-Medicinal-Collegiums über das Medicinalwesen im Königreich Sachsen auf das Jahr 1867, Onlineversion auf archive.org
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Adressbuch Dresden 1876, S. 317, SLUB<
- ↑ Datensatz auf Ancestry
- ↑ Veröffentlicht im Dresdner Anzeiger vom 16. September 1850, Digitalisat auf Google Books, S. 2145
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Bautzen 1925, S. 167, SLUB
- ↑ Adressbuch Bautzen 1924, S. 128, SLUB
- ↑ Letztmalig im Adressbuch Dresden 1933, SLUB, S. 675
- ↑ Datensatz auf Ancestry
- ↑ Adressbuch Dresden 1898, SLUB, S. 505
- ↑ Adressbuch Dresden 1921, SLUB, S. 698
- ↑ Adressbuch Dresden 1893, SLUB, S. 594
- ↑ Staats-Handbuch für das Königreich Sachsen, 1850, Digitalisat auf Google Books, S. 253
- ↑ Adressbuch Dresden 1871, SLUB, S. 270
- ↑ Adressbuch Dresden 1873, SLUB, S. 282
- ↑ Adressbuch Dresden 1890, SLUB, S. 460
- ↑ Beispiele einer Reinhardschen Beschreibung die Brackwespen: Apanteles pallipes Reinhard, 1880 und Apanteles nanus Reinhard 1880. Seine Typen befinden sich im Museum für Naturkunde Berlin, Schriftwechsel: Dr. Michael H. Reinhard mit Prof. Dr. Holger Dathe, Direktor des Deutschen Entomologischen Instituts Senckenberg in 15374 Müncheberg am 6.10.2010, Familienarchiv Reinhard
[Bearbeiten] Weblinks
- Die deutschsprachige Wikipedia zum Thema „Hermann Reinhard“
- Die englischsprachige Wikipedia zum Thema „Hermann Reinhard”