Schwarzes Kreuz
Das Schwarze Kreuz (ursprünglich Antoniuskreuz; 1572 auch Drebischkreuz) befindet sich in der südwestlichen Dresdner Heide an der Kreuzung des Alten Kannenhenkel (der kürzesten Verbindung von Dresden nach Langebrück) mit dem Diebsteig.
Das heutige Schwarze Kreuz ist nicht mehr das mittelalterliche Original, sondern ein Rekonstruktion aus dem Jahr 2004 aus dem Holz einer Stieleiche, nachdem das 1993 erneuerte Kreuz gestohlen wurde.
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[Bearbeiten] Im Mittelalter: Antoniuskapelle und Antoniuskreuz
Im Mittelalter brachten die Reisenden vor den Toren der befestigten Neustadt in der Antoniuskapelle ein Reiseopfer und beteten für eine friedliche Reise und eine wohlbehaltene Ankunft am Reiseziel. Diese dem Hl. Antonius von Padua gewidmete kleine Kapelle wurde von den Franziskanern des Franziskanerklosters betreut, entstand wahrscheinlich am Ende des 13. Jahrhunderts und wurde bis 1476 erwähnt. Sie befand sich in der Nähe des heutigen Neustädter Bahnhofes und lag damals inmitten des Waldes, der sich bis in Höhe des Albertplatzes direkt vor das Schwarze Tor hinzog.
[Bearbeiten] Kolmischer Weg
Um den Geleitszoll auf der Straße nach Königsbrück zu umgehen, zogen viele Reisende damals über den als Kolmischen Weg (auch Kolbischen Weg) bezeichneten Waldweg nach Langebrück. Kolmischer oder Kolbischer Weg sind wahrscheinlich mundartliche regionale Verzeichnungen des Köllnischen Weges, eines Wegesystems in Richtung Alt-Kölln an der Spree (1237 erstmals urkundlich erwähnt). Kolmischer und Kolbischer Weg haben sich als Wegebezeichnung in Langebrück noch bis in das 19. Jahrhundert gehalten, bis sich dann auch dort die Bezeichnung Kannenhenkel durchsetzte (heute: Albert-Richter-Straße).
[Bearbeiten] Ausspann Zum Weißen Roß
Ähnlich wie auf der Königsbrücker Straße beim Schänkhübel gab es auch auf dem Kolmischen Weg einen Ausspann Zum Weißen Roß, von dem nur noch eine Lichtung blieb. Auf diesen Ausspann führte auch der Diebsteig zu, der sich hier mit dem Kolmischen Weg kreuzte. Im Spätmittelalter und der Reformationszeit florierte der Gasthof Zum Weißen Roß, da viele Reisende von Dresden Richtung Norden sich den Geleitszoll auf der Königsbrücker Straße sparen wollten.
[Bearbeiten] Antoniuskreuz (auch Schwarzes Kreuz)
An dieser Kreuzung wurde das Antoniuskreuz errichtet, an dem die Reisenden wiederum zum Hl. Antonius von Padua beteten und kleine Opfergaben für die wohlbehaltene Ankunft und eine weitere friedliche Reise spendeten. Auch diese Opfergaben kamen der Antoniuskapelle zugute. Das Antoniuskreuz (und dessen Anbeter) wurden von einem kleinen Dach geschützt. Von den vielen angezündeten Kerzen wurde es mit der Zeit so rußig, daß es das Schwarze Kreuz genannt wurde. Eine ähnliche Entwicklung gab es auch mit der Schwarzen Madonna, einer Ikone des 11. Jahrhunderts, zu der in der Frauenkirche gewallfahrt wurde. Es gibt auch die Meinung, ein Brand wäre die Ursache für den Namen des Schwarzen Kreuzes gewesen. Ein solcher ist aber historisch nicht verbürgt (er hätte nach den historischen Quellen zwischen 1572 und 1602 stattfinden müssen). Nach einer anderen Meinung wurde das Schwarze Kreuz nach dem Schwarzen Tor der Neustadt benannt. Dies ist eher unwahrscheinlich, weil im Gegenteil die Kamenzer Straße 1795 als Schwarze Kreuzgasse nach dem Schwarzen Kreuz bezeichnet wurde (diese Gasse lag auf dem Alten Kannenhenkel).
[Bearbeiten] Reformation
Durch den Einzug von Heinrich den Frommen am 17. April 1539 wurde in Dresden die Reformation eingeführt. Spätestens kurz darauf wurde die Antoniuskapelle geschlossen. Der Antoniusverehrung der Reisenden tat dies keinen Abbruch. Noch 1572 wurde das Kreuz von der in den westlich der Heide gelegenen Dörfern verbreiteten Familie Trobisch erneuert (gestiftet) und in dem Zusammenhang als Drebischkreuz bezeichnet (auch um die Antonius-Verehrung zu verschleiern). Nach einer Mindermeinung geht das Kreuz erst auf diese Zeit zurück. Es ist aber nachweislich vorreformatorisch. Ein Gründung Ende des 16. Jahrhunderts wäre im orthodox lutherischen Sachsen undenkbar. Es konnte lediglich eine alte Tradition verlängert werden. 1602 war es bereits wieder das Schwarze Kreuz.
[Bearbeiten] Schwarzes Bild
Eine weitere vorreformatorische Gebetsstätte war das Schwarze Bild, an welches der Name Schwarzer Bildweg und das hier fließenden Schwarze Bildwasser erinnert. Über deren Aussehen und genauen Standort ist jedoch nichts bekannt. Sie wurde vermutlich nach der Reformation, möglicherweise durch Brandstiftung, zerstört.
[Bearbeiten] Weitere vorreformatorische Gebetsstätten
Es werden in der Dresdner Heide noch weitere vorreformatorische Gebetsstätten vermutet, die zeittypisch an bedeutenderen Wegekreuzungen gelegen haben. Allerdings sind über diese keine Nachrichten, noch nicht einmal Namen erhalten. Die Heidekapelle am Kapellenweg (auch: Kapellweg) könnte einen vorreformatorischen Ursprung haben, der aber nicht gesichert ist.
[Bearbeiten] Erhalt auch im 17. und 18. Jahrhundert
Die Gebetsstätte Schwarzes Kreuz wurde auch im 17. Jahrhundert weiter erhalten und gepflegt. Dies wird durch mehrere tragische Ereignisse aus dem Beginn des 18. Jahrhunderts an diesem Ort belegt, u. a.:
- 1706: die standrechtliche Erschießung eines schwedischen Offiziers aus der Armee von Karl XII. von Schweden im Großen Nordischen Krieg und
- 25. November 1715: ein tödliches Duell zweier sächsischer Gardeoffiziere.
Große Schäden richtete der Dreißigjährige Krieg in der unverteidigten Dresdner Heide an, in dem nicht nur die Wildbestände dezimert und der Forst stellenweise niedergebrannt wurde, sondern auch die Heideorte Bühlau, Klotzsche, Ullersdorf und Großerkmannsdorf geplündert und zerstört wurden. Auch das Gasthaus Zum Weißen Roß wurde geplündert und abgebrannt. Zum Glück überstanden die spätmittelalterlichen Fundamente den Brand.
Spätestens bis 1653 baute Melchior Hofmann (auch: Hoffmann) den Ausspann wieder auf. Er führte den Gasthof bis 1677.
Auch im Siebenjährigen Krieg war der Wald Schauplatz von Kriegshandlungen, als preußische Soldaten einige Schanzen anlegten, um die herannahenden Österreicher aufzuhalten. In der Nähe der Mordgrundbrücke liegt die sogenannte Napoleonschanze, die bereits im Siebenjährigen Krieg 1760 von den Preußen aufgeschüttet wurde. Ziel war der militärische Schutz der strategisch wichtigen Heerstraße nach Schlesien. Dafür entstanden mehrere Wälle und Gräben, die als Stellplatz für Kanonen dienten. Die Anlage war Teil eines Schanzengürtels rund um Dresden, zu der auch eine heute nur noch in Teilen erhaltene Anlage an der Fischhausstraße gehörte. Eine weitere Befestigung befand sich auf dem Meisenberg, die jedoch 1909 der dortigen Bebauung weichen musste. 1778/1779 wurden die Schanzen erneut im Zusammenhang mit dem bayerischen Erbfolgekrieg genutzt. Ihren heutigen Namen erhielt die Napoleonschanze im Zusammenhang mit den napoleonischen Kriegen. 1813 hatte der Franzosenkaiser Napoleon den Befestigungsring um Dresden reaktiviert, um so die Demarkationslinie an der Elbe militärisch verteidigen zu können. Dabei diente sie als Beobachtungsposten der französischen Armee vor der Schlacht von Dresden. Damals ließ General Louis-Nicolas Davout das Bollwerk eigens zum Schutz der strategisch wichtigen Mordgrundbrücke wiederherstellen. Später wurde das Areal der Napoleonschanze in den Albertpark einbezogen. Als letzte vollständig erhaltene Schanze aus dieser Zeit steht sie heute als archäologisches Bodendenkmal unter Schutz.
[Bearbeiten] Ab 1804: Abtragen des Gasthofes Zum Weißen Roß
Der Ausspann Zum Weißen Roß wurde 1758 letztmalig erwähnt. Möglicherweise wurde er durch die Kampfhandlungen 1760 zerstört. Andererseits fand der damalige Oberstallmeister Camillo Graf Marcolini hier noch recht intakte Gebäude vor, die er für seine mit Erbpachtvertrag vom 31. Juli 1804 gepachtete Langebrücker Hofewiese abtragen ließ (nur erbpachtsweise Überlassung, und nicht Eigentümer wie oft behauptet, und erst ab 1804 bis zu seinem Tod am 10. Juli 1814 - nicht bereits seit 1739 wie regelmäßig rezeptioniert: das war sein Geburtsjahr). Der Alte Kannenhenkel führte vom Schwarzen Kreuz weiter über die Hofewiese nach Langebrück. Dort errichtete Camillo Graf Marcolini damals die ersten massiven Gebäude - das Wohnhaus für den Wiesenvogt und ein Stallgebäude. Damals wurde die Hofewiese auch erstmals umzäunt, noch heute gibt es einige wenige Begrenzungssäulen aus dieser Zeit, die vielen anderen Säulen stammen aus späterer Zeit. Es bedurfte eines erheblichen Aufwandes, um diese bereits 1547 ersterwähnte jagdliche Einrichtung auf den damals modernsten Stand zu bringen. Hierzu nutzte Camillo Graf Marcolini sogar das Material des Jagdschlösschens des Dresdner Saugartens (um 1560 als "Treybegarten" angelegt), das Matthäus Daniel Pöppelmann im Jahr 1710 für August den Starken errichtet hatte. Der Dresdner Saugarten war Mittelpunkt der Dresdner Heide und Ausgangspunkt von acht strahlenförmigen Wegen, die noch heute als Alte Eins bis Alte Acht bezeichnet werden. Wie zum Ausgleich dafür ließ Camillo Graf Marcolini ab 1800 das Waldschlösschen errichten, das von Dresden erheblich bequemer zu erreichen war als das Jagdschlösschen tief in der Heide. Schon vor der Gründung der Societäts-Brauerei zum Waldschlösschen (in Betrieb seit Ende 1837) war das Gasthaus Waldschlößchen ein beliebtes Ausflugslokal für die Dresdner, die von hier den Waldschlößchenblick genießen konnten. Kurz nach der Inbetriebnahme der Societäts-Brauerei zum Waldschlösschen gab es deswegen dorthin Ende 1838 auch eine der ersten Dresdner Omnibus-Linien. Der Öffentliche Personennahverkehr begann die Verkehrsströme zu konzentrieren, und die Dresdner Heide begann zu verwaisen. Reisen fanden auf anderen Wegen, Straßen und nun auch Schienen statt, und das Schwarze Kreuz verlor endgültig seine Bedeutung. Es war bereits 1854 nur noch eine Sage. Ab 1861 wurde der Alte Kannenhenkel zu einer rein forstwirtschaftlichen Waldstraße umgebaut, dem Gebauten Kannenhenkel.
Ab dem Jahr 1868 wurden die restlichen Steine des ehemaligen Gasthauses Zum Weißen Roß zum Wiederaufbau des Dorfes Klotzsche nach einem Dorfbrand verwendet. Dieses Baumaterial (aus dem Spätmittelalter bis um 1650) war von erheblich höherer Qualität als das von 1868. Von diesem Schicksal waren auch jagdliche Einrichtungen wie der Lausaer Saugarten (um 1710 zwischen Langebrück und Weixdorf angelegt, auch als "Sausprudel" bezeichnet) und der Langebrücker Saugarten (1781/1782 als "neuer Saugarten" angelegt) betroffen. Nach den Ereignissen von 1830 wurden alle Saugärten aufgegeben, da die bisherigen Hetz- und Parforcejagden nicht mehr in Mode waren. Eine volkstümlich "Pilz" genannten Sandsteinsäule mit Holzdach im Langebrücker Saugarten erinnert noch an die letzte Parforcejagd in der Dresdner Heide durch König Friedrich August dem Gerechten in seinem Todesjahr 1827.
[Bearbeiten] Sagen um das Schwarze Kreuz
Eng verbunden mit dieser Stelle am Schwarzen Kreuz sind mehrere Sagen, u.a. das Auftauchens der Mittagsfrau (als Mittagsweibleins umgedeutet) und des verfluchten Försters Hans Jagenteufel, der mit seinem abgeschlagenen Kopf unter dem Arm arglose Heidewanderer erschreckte. Im Sagenschatz von Johann Georg Theodor Grässe wird das Schwarze Kreuz nicht explizit erwähnt, das aber in anderen Fassungen bevorzugter Erscheinungsort von Hans Jagenteufel ist. Die hier erwähnten Volksetymologien sind unhistorisch, haben aber historische Kerne wie die Wallfahrten zu einem Gnadenbild in Langebrück oder die Erneuerung des Kreuzes stets auf Kosten der Paruckenmacherinnung (sie hatte mehrere Gebetserhörungen zum Hl. Antonius von Padua wegen Fieber, Pest, Viehkrankheiten und in Kriegsnöten). Auch die Warnung vor heranrückenden Heeren aus dem Jahr 1644 hat einen realen Kern: erst am 27. August 1645 beschließen Sachsen und Schweden in der Kirche zu Kötzschenbroda (heute deswegen Friedenskirche genannt) einen Waffenstillstand, der das Ende des dreißigjährigen Krieges einläutet.
[Bearbeiten] Die Sage von der Mittagsfrau
"223) Das schwarze Kreuz in der Dresdner Haide."
"Novellistisch behandelt von K. Winter in der Const. Ztg. 1854. Nr. 153-155."
"Wenn man von Dresden aus durch das Priesnitzthal über die sogenannte neue Brücke nach einer ziemlich umfangreichen Waldblöße geht, und dann die durch diese führende [199] Pillnitz-Moritzburger Straße überschreitet, so gelangt man auf einem Fußwege zu einer Anhöhe, auf der sich ein sehr hohes, schwarz angestrichenes Kreuz befindet, das immer wieder erneuert wird und in dessen Nähe es zwischen 12–2 Uhr Mittags nicht geheuer sein soll. Es soll sich da das sogenannte Mittagsweibchen sehen lassen, d. h. eine steinalte Frau in einem weiten weißen Kleide und mit einem weißen Tuche über dem Kopfe, welche den dort hinkommenden Holzlesern den Weg zu versperren, sie anzureden, zu ermahnen und zuweilen auch zu beschenken pflegt. Nach einigen wäre dies der Geist einer hier nebst ihrem Bräutigam von Mörderhänden erschlagenen Braut, die diesen Ort auf einer Wallfahrt zu einem Gnadenbilde in Langebrück passiren mußte, und jenes Kreuz müsse laut einer Stiftung ihrer reichen Schwiegermutter, die nach dem Tode ihres einzigen Sohnes Alles ihrer Vaterstadt Dresden vermacht habe, vom Rathe der Residenzstadt stets wieder erneuert werden; nach Andern wäre hier ein armer Perrückenmacher, der aus Armuth Botschaft lief, von einem Mörder umgebracht worden, und es geschehe die Erneuerung des Kreuzes stets auf Kosten der Perrückenmacher-Innung."
Johann Georg Theodor Grässe: "Das schwarze Kreuz in der Dresdner Haide." Zit. n. "Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen", Band 1. S. 198-199, Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Verlag Schönfeld (Drucker Johannes Päßler), Dresden 1874.
[Bearbeiten] Die Sage vom kopflosen Förster Hans Jagenteufel
"155) Hans Jagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden."
"Gewisse Relation von einem Weibe, das bey Dreßden Eicheln gelesen, und daselbst ihr ein schon vor hundert und ein und dreissig Jahren verstorbener Förster ohne Kopff erschienen und künfftigen Welt- und Kriegslauf angezeiget. Gedr. im 1644. Jahr. o. O. 4. S. a. Daumer, Geheimnisse des Christenthums. Bd. II. S. 218. sq. Dresd. Anzeiger 1870. Nr. 104 u. 105 (nach den Rathsprotocollen.)"
"Am 13. October des Jahres 1644 ist eine gewisse [138] Katharine Ullmannin Sonntags früh mit ihrer Tochter beim Thoröffnen in die Haide gegangen, sie hatten anfangs Holz gesucht, dann aber Eicheln auflesen wollen, bis es um 11 Mittags geworden. Als sie nun zur Predigt läuten hören, ist die Tochter Margarethe, des Postboten Nic. Heydenreichs Eheweib, weil es sehr geregnet, fortgegangen, und die Mutter, welche linker Hand an der Radebergischen Straße an einem Grunde bei dem Fischhause nicht weit von dem Orte, der das verlorene Wasser heißt, stand, hat eine Viertelstunde nachher ein Jägerhorn stark blasen hören, dann ist etwas stark gefallen, als wenn ein starker Baum umstürze, und sie erschrocken und in der Meinung, daß es Förster wären, hat ihr Säckchen mit Eicheln ins Gestrüppe getragen, da hat sie wiederum blasen hören, und als sie sich umgesehen, da ist ein Gespenst zwei Schritte von ihr vorüber geritten, das folgendermaßen ausgesehen. Ein Grauschimmel mit Sattel und Zeug trug einen Reiter ohne Kopf, der hatte einen grautuchenen Rock an, einen Hirschfänger an der Seite, ein Jägerhorn auf dem Rücken, und trug schwarze Stiefeln mit Spornen. Der ist anfangs schnell, dann langsam vorübergeritten, so daß sie ihm ziemlich weit am Hange reitend hat nachsehen können, und ist sie bis halb 3 Uhr dort allein geblieben und hat sich mit Eichelsuchen beschäftigt. Den neunten Tag hernach, als am 22sten October, eines Montags früh ist dieselbe Frau früh abermals in die Haide gegangen und hat da bis Mittags nach 11 Uhr Eicheln gesammelt, und als sie sich rechter Hand an der Radeberger Straße beim Fürstenberge im Gestrüpp neben ihrem Eichelsack niedergesetzt und einen Apfel geschält, hat sie eine Stimme gehört, die folgende Worte gesagt: „Habt Ihr den Sack voll, seid Ihr auch gepfändet worden, so habt Ihr gute Förster?“ Sie antwortete: „Ja die Förster sind fromm, sie haben mir nichts gethan.“ „Ach Gott! sei mir armen Sünder gnädig.“ Als sie auf der Seite aufwärts gesehen, sey ein Mann an ihrer rechten Seite ohne Pferd gestanden, der habe den Kopf mit bräunlichen und krausen Haaren unter dem linken Arme gehabt, daß man das [139] Gesicht nicht sehen können. Auf dem grauen Rocke hatte er ein kleines schmales Ueberschlägelein, unter dem aufgeschlagenen Rocke ein gelbledernes Wamms mit grünen Schnüren und grünen Aermeln, das Jägerhorn auf dem Rücken, den Hirschfänger auf der Seite, auch Stiefeln mit Spornen angehabt und hierauf weiter gesagt: „Hieran thut Ihr recht und wohl, daß Ihr um Vergebung der Sünden bittet, es hat mir so gut nicht werden können, sie sollen die Leute die Eicheln auflesen lassen, es sind viele arme und vertriebene Leute, die es benöthigt sind, sie sollen gelinde und nicht scharf sein. Wollte Gott, ich wäre in meines Vaters Fußtapfen getreten, wozu er mich anermahnt gehabt, daß ich den Leuten nicht so scharf sein sollte, so wäre ich nicht vor 131 Jahren durch übriges Saufen und Trunkenheit zu dieser Verdammniß gekommen. Mein Vater hat Hans Jagenteufel geheißen und ich heiße auch Hans Jagenteufel, bin meines Vaters einziger Sohn, und mein Vater sowie auch ich sind Förster hier gewesen. Die Menschen sollen Buße thun und sich bekehren, oder Gott wird eine große Strafe über die Stadt Dresden ergehen lassen, daß zwei neue Armeen ankommen werden, die eine ist schon im Anzuge; wenn sie noch nicht Buße thun werden, wird Gott sie mit einem großen Sterben strafen, daß nicht genug Todtengräber zu erlangen sein werden, die Menschen zu begraben. Ihr Menschen verachtet Gott und sein Wort, Gott wird sich von Euch wenden mit seinem Wort und Sacramenten: wollte Gott, es wäre dazu gekommen, daß ich mich hätte bekehren können, so wäre ich durch’s Saufen und Trinken zu dieser Verdammniß nicht gebracht worden, sage es ihnen, sie sollen herzliche Buße thun, sich zu Gott bekehren, von der großen Hurerei, leichtfertigem Hoffart, Saufen, Völlerei, Spielen, Wuchern, Gotteslästern, Fluchen und Schelten abstehen, denn Gott über Euch sehr erzürnt ist, also daß er auf seinem Stuhle blutige Zähren weinen thut. Werden sie sich bekehren, so wird Gott auf kommendes Jahr an Korn, Wein, Obst und allen Früchten mehr und reichlicher geben, als diese vergangene Jahre. Wollt Ihr es ansagen, [140] so gebt mir die Hand darauf.“ Sie (das Weib) sey aber dermaßen erschrocken und habe nicht gewußt, was sie thun solle, und so habe sie der Mann abermals gefragt: „Wollet Ihr es ansagen?“ Sie habe darauf mit erschrockenem Gemüthe ja gesagt, der Mann ihr die rechte Hand geboten und weiter gesagt: „So gebt mir die Hand darauf“, welches sie in Gottes Namen gethan und gefühlt, daß des Mannes Hand wie Schnee kalt gewesen, daß ihr gegraust und sie gezuckt, darauf der Mann wieder gesagt: „Fürchtet Euch nicht, meine Hand ist Euch kalt anzufühlen, mir aber brennt sie ewiglich und ohne Ende; ich bin nicht gekommen, die Menschen zu quälen, ich bin selbst gequält“, – und ist darauf verschwunden. Diese Katharine Ullmannin ist nach geschehenem Zureden hierbei geblieben und hat sich anerboten, diese ihre Aussage weiter vor geistlicher und weltlicher Obrigkeit zu wiederholen."
Johann Georg Theodor Grässe: "Hans Jagenteufel, der wilde Jäger bei Dresden." Zit. n. "Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen", Band 1. S. 137-140, Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Verlag Schönfeld (Drucker Johannes Päßler), Dresden 1874.